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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 18.10.2002
Aktenzeichen: 2 Wx 117/99
Rechtsgebiete: FGG, BGB, ZPO, WEG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 29
BGB § 1004
BGB § 1004 Abs. 1
ZPO § 559 Abs. 1
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15 Abs. 1
WEG § 15 Abs. 3
WEG § 22
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47
WEG § 47 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 117/99

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 18. Oktober 2002 durch die Richter Dr. Lassen, Stöger, Jahnke

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 26. August 1999 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und hat den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten der dritten Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 14.316,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die gem. den §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). In einem dem vorliegenden vorangegangenen Verfahren vor dem Amtsgerichts Hamburg-Harburg (Az.: 610 a II 11/93) ist der Antragsgegner verpflichtet worden, einer Verbreiterung der Zuwegung zum Sondereigentum der Antragsteller zum vorhandenen Stellplatz auf eine Breite von 2,30 m gemessen von der Podestplatte des Hauses der Antragsteller bis zum Traversenrand zuzustimmen und die diesbezüglich notwendigen Arbeiten durch ein Fachunternehmen zu dulden. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel des Antragsgegners blieben in zweiter und dritter Instanz ohne Erfolg. In den Entscheidungen aller drei Instanzen wurde übereinstimmend darauf erkannt, dass die Antragsteller einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Unterlassung der Veränderung an der Zuwegung und Duldung der Wiederherstellung des alten Zustandes aus den §§ 1004 BGB i.V.m. 14 Nr. 1, 15 Abs. 3, 22 WEG haben. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Teilungserklärung auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dem Aufteilungsplan keine Vermessung zugrundegelegen hatte, dahingehend auszulegen ist, dass die Sondernutzungsfläche des Antragsgegners in einer Entfernung vom Haus der Antragsteller endet, die diesen die Zufahrt zum Stellplatz im hinteren Teil ihrer Sondernutzungsfläche ermöglicht, und zwar ohne Änderung des Podestes vor ihrem Hause. Weiter hat das Amtsgericht Hamburg-Harburg in seinen Entscheidungsgründen festgestellt, dass die seinerzeit vorhandene Durchfahrtsbreite von 2,30 m durch Demontage der Pflasterung und Errichtung und Versetzung der Garage erheblich, jedenfalls auf unter 2,00 m reduziert worden ist. Nachdem bei der Durchsetzung der in diesem Beschluss rechtskräftig ausgesprochenen Duldungsverpflichtung keine Einigung über den Umfang der durchzuführenden Maßnahmen erzielt werden konnte und ein Antrag auf Zwangsgeldfestsetzung gegen den Antragsgegner, der die Versetzung seiner zwischenzeitlich mit einem Dachüberstand und einer Regenrinne in der Breite von insgesamt 27 cm ausgestatteten Garage um 57 cm in Richtung auf sein Haus abgelehnt hatte, zurückgewiesen worden war, haben die Antragsteller im vorliegenden Verfahren den Antragsgegner nunmehr selbst auf Beseitigung in Anspruch genommen und dabei zusätzlich die Klarstellung begehrt, dass der Abstand von 2,30 m auch im Luftraum über der Zuwegung einzuhalten ist.

Das Amtsgericht Hamburg-Harburg hat durch Beschluss vom 12. November 1998 den Antragsgegner - insoweit antragsgemäß verpflichtet, die vom ihm zum Teil in die Sondernutzungsfläche der Antragsteller hineingebaute Garage soweit von ihrem jetzigen Standort unter Abfangung der höher gelegenen Zufahrt der Antragsteller zu entfernen, dass keine Bauteile der Garage (insbesondere der Dachüberstand oder die Regenrinne) in den 2,30 m breiten Zufahrtsbereich der Antragsteller hineinragen, wobei die Breite der Zufahrt von 2,30 m zu messen ist von der Kante des Eingangspodests der Antragsteller hin zum Sondernutzungsrecht des Antragsgegners mit der Folge, dass die Zufahrt eine lichte Breite von insgesamt 2,30 m erhält, sowie ihn weiter verpflichtet, die zur Abfangung des Erdreichs notwendigen Traversen in einem Abstand von 2,30 m, gemessen ab der Podestkante des Podestes der Antragsteller hin zum Sondernutzungsrecht des Antragsgegners entsprechend der Duldungsverpflichtung im Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 7. Juni 1993 (Az.: 610 a II 11/93) neu setzen zu lassen.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht zurückgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt: Den Antragstellern stehe über die Duldung hinaus ein Anspruch auf Versetzung der Garage und der Traversen bis zu einer Entfernung von 2,30 m gemessen ab dem Podest ihres Hauses gem. § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. den §§ 15 Abs. 1 und 3, 22 WEG zu, da der Antragsgegner ihnen als Handlungsstörer auf Beseitigung der Störung hafte. Wie das Amtsgericht in dem Verfahren 610 a II 11/93 rechtskräftig festgestellt habe, liege eine bauliche Veränderung gem. § 22 WEG vor, die nicht aufgrund von § 5 b der Teilungserklärung gestattet ist, da die Traversen und die Garage teilweise auf die Sondernutzungsfläche der seit dem 17. November 1992 als Wohnungseigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragenen Antragsteller versetzt wurden. Die Teilungserklärung sei dahingehend auszulegen, dass den Antragstellern eine Zufahrt in einer Breite von 2,30 m zu ihrem Stellplatz zustehe und zwar ohne Änderung des Podestes vor dem Haus der Antragsteller. Es könne dahingestellt bleiben, ob das zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt im März 1993 durchgeführte Versetzen der Traversen und der Garage vor oder nach dem 12. März 1993 (Zeitpunkt der Eintragung des Antragsgegners als Wohnungseigentümer und Zeitpunkt des Erlasses einer einstweiligen Anordnung) erfolgt sei und ob der Antragsgegner selbst bei der Versetzung der Garage tätig mitgewirkt habe, denn jedenfalls sei ihm dies rechtlich als Handlungsstörer zuzurechnen. Grundsätzlich sei auch derjenige als Störer verantwortlich, der die Störung adäquat ursächlich veranlasst habe und in der Lage sei, solche Störungen zu verhindern. Eine Verpflichtung, die Störung zu verhindern folge für den Antragsgegner aus dem Gemeinschaftsverhältnis. Dies gelte auch für die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft. Da für den Antragsgegner zu seinen Gunsten bereits seit dem 26. März 1992 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen gewesen sei und er zu dem Zeitpunkt des Versetzens der Garage auch bereits dort gewohnt habe, habe er faktisch die Sachherrschaft über die Maßnahmen gehabt.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

Soweit der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde meint, die Garage sei nicht in die Sondernutzungsfläche der Antragsteller gebaut worden, ist er mit diesem Vorbringen durch die rechtskräftige Entscheidung in dem vorangegangenen Verfahren ausgeschlossen. In Rechtskraft erwachsen außer dem Entscheidungssatz auch die ihn tragenden rechtlichen Erwägungen (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., § 45 Rn 115 m.w.N.). Danach steht hier mit Bindungswirkung für die Beteiligten (§ 45 Abs. 2 S. 2 WEG) fest, dass die Grenze des Sondernutzungsrechts der Antragsteller in einem Abstand von 2,30 m gemessen vom Podest ihres Hauses verläuft und dass sich die Garage teilweise auf der so festgelegten Sondernutzungsfläche befindet, was eine nicht genehmigte bauliche Veränderung nach § 22 WEG darstellt, die die Antragsteller nicht gem. den §§ 14, 15 WEG zu dulden haben. Der Antragsgegner kann auch nicht damit gehört werden, dass sich in der Teilungserklärung an keiner Stelle die Wörter Stellplatz und Zufahrt finden würden. Abgesehen davon, dass der Teilungserklärung in der zuletzt gültigen Fassung eine Skizze mit als solcher erkennbarer Einzeichnung von Zufahrt und Stellplatz beigefügt war, und der Senat im übrigen die Auslegung der Teilungserklärung jetzt noch ebenso wie im vorangegangenen Verfahren mit Beschluss vom 4. September 1995 (2 Wx 32/94) vornehmen würde, ist die von dem Landgericht zugrundegelegte Auslegung der Teilungserklärung in diesem die ausgesprochene Duldungsverpflichtung tragenden Teil der Begründung der rechtskräftigen Entscheidung auch für die Beteiligten verbindlich festgelegt worden. Zu Recht hat das Landgericht deshalb in dem Versetzen der Garage und der Traversen bis auf eine Entfernung von 2,50 m gemessen ab dem Haus der Antragsteller eine fortdauernde Beeinträchtigung des den Antragstellern zustehenden Sondernutzungsrechts gesehen. Mit seiner weiteren Beschwerde macht der Antragsgegner daneben im Wesentlichen - wie zuvor - geltend, dass nicht er, sondern die Firma Projektmanagement GmbH als teilende Eigentümerin und Bauträgerin die Traversen versetzt und die Garage an dieser Stelle erstellt bzw. die Aufträge für die Arbeiten erteilt habe. Dem ist das Beschwerdegericht zutreffend unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Hamm (WE 93, 318, 320) entgegengetreten, in der darauf abgestellt wird, dass auch bei Durchführung der baulichen Veränderungen durch den Bauträger der Erwerber und zukünftige Wohnungseigentümer selbst als Störer anzusehen sein kann, wenn die der Teilungserklärung nicht entsprechende bauliche Maßnahme im Wesentlichen erst ab geschlossen wurde, als zwischen den Beteiligten bereits eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft infolge Besitzeinräumung und grundbuchlicher Sicherung des Wohnungseigentums bestand (vgl. auch BayObLG WE 92, 194). Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht ferner festgestellt, dass der Antragsgegner das Eigentum nicht bereits in dem störenden Zustand von der Bauträgerin, die ihm aus dem Kaufvertrag die Errichtung der Garage schuldete, übernommen hat, sondern dass die Störung unter seiner Regie erfolgte, weil er die Maßnahmen gesehen und gewollt hat und es ihm möglich gewesen wäre, sie zu verhindern, zumal die Verhandlungen über den Standort der Garage und die Breite der Zufahrt stets auch persönlich mit ihm erfolgt seien. Die Schlussfolgerung des Beschwerdegerichts aus diesen verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen, dass er es in der Hand gehabt hätte, die ausführende Firma an der Weiterführung der Arbeiten zu hindern, ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit der Antragsgegner mit der Beschwerde in diesem Zusammenhang erstmals vor trägt, erst Ende 1992 umgezogen zu sein, als nach seiner Auffassung die Ursachen für den störenden Zustand schon gesetzt gewesen seien, können diese neuen Tatsachenbehauptungen gem. den §§ 27 Abs. 1 FGG, 559 Abs. 1 ZPO im Verfahren der Rechtsbeschwerde nicht berücksichtigt werden. Hiervon abgesehen würde ihre Berücksichtigung im übrigen nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Das Landgericht ist in seiner Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beteiligten in den von ihnen eingereichten Schriftsätzen und in Übereinstimmung mit dem sich aus den Anlagen ergebenden Sachverhalt zu der Feststellung gelangt, dass die Garage zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt im März 1993 ca. 40 cm hin zum Haus der Antragsteller versetzt worden ist. Die Ausstattung mit einem Satteldach und die Anbringung der Regenrinne sowie der Säulen müssen, wie sich aus dem im dem angefochtenen Beschluss in Bezug genommenen Akteninhalt ergibt, noch zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen worden sein. Im übrigen trägt der Antragsgegner in seiner weiteren Beschwerde selbst vor, die Traversen seien im Anschluss an ein Schreiben vom 29. Januar 1993 zum zweiten Mal und anschließend ein drittes Mal an ihren jetzigen Standort versetzt worden. Alle wesentlichen Arbeiten sind danach zu Beginn des Jahres 1993 ausgeführt worden, als der Antragsgegner sein Sondereigentum bereits bewohnte und sein Anspruch auf Übertragung des Eigentums bereits seit Langem grundbuchlich durch eine Vormerkung gesichert war. Dass die Garage erst im März 1993 an ihren jetzigen Standort versetzt worden ist, wird schließlich auch bestätigt durch ein nunmehr von dem Antragsgegner mit Schriftsatz vom 1. Februar 2000 eingereichtes Schreiben einer Firma Vollmert, in dem diese bestätigte, am 11. März 1993 im Auftrag der Firma Gevers als Subunternehmer die Garage versetzt zu haben, wobei der Lieferschein auf die Firma GmbH lautete. Dass dem Antragsgegner diese Firma bisher seiner Behauptung nach unbekannt gewesen ist, ändert jedenfalls nichts daran, dass er als Störer dafür einzustehen hat, dass die Garage versetzt wurde. Denn die Firma GmbH als Auftraggeberin des tätig gewordenen Unternehmens handelte im Interesse des Antragsgegners, der an den Verhandlungen über den Verlauf der Grenze zwischen den beiden Sondernutzungsflächen beteiligt gewesen war und dabei für die Errichtung der Garage an anderer als der jetzt in Anspruch genommenen Stelle die Überlassung einer entsprechenden Ausgleichsfläche durch die Antragsteller verlangt hatte (vgl. Schriftsatz des Verfahrenbevollmächtigten des Antragsgegners vom 11. März 1998, S. 3 unten). Dafür, dass der Antragsgegner, wie er es darzustellen versucht, die Platzierung der Garage durch den Bauträger nicht zu beeinflussen vermochte und die Umsetzung ohne sein Wissen oder sogar gegen seinen Willen durchgeführt wurde, ergeben sich aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils in Übereinstimmung mit dem gesamten Akteninhalt keine auf Tatsachen gegründeten Hinweise. Dies würde auch der allgemeinen Lebenserfahrung geradezu widersprechen.

Schließlich ist das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsteller auch nicht verpflichtet waren zu dulden, dass in die entsprechend ihrem Sondernutzungsrecht wiederherzurichtende Zuwegung in Höhe von etwa 1,63 m Bauteile der Garage hineinragen. Dies ist von dem Antragsgegner auch nicht mehr angegriffen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass der Antragsgegner die Gerichtskosten für seine erfolglose weitere Beschwerde zu tragen hat. Darüber hinaus ist auch die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten gem. § 47 S. 2 WEG unter Billigkeitsgesichtspunkten geboten, da die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners offensichtlich aussichtslos war, nachdem zwei Instanzen übereinstimmend mit überzeugender und sorgfältiger Begründung dem Antrag der Antragsteller stattgegeben hatten.

Den Geschäftswert für die dritte Instanz hat der Senat in Übereinstimmung mit den von den Beteiligten insoweit nicht angegriffenen Entscheidungen der Vorinstanzen festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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