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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 20.09.2004
Aktenzeichen: 2 Wx 122/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 13
WEG § 14
WEG § 14 Ziffer 1
WEG § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

2 Wx 122/01

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 20.09.2004 durch die Richter Dr. Lassen, Jahnke, Meyn

beschlossen:

Tenor:

1. Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und haben der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der dritten Instanz zu ersetzen.

2. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.225,- € (20.000.,- DM) festgesetzt.

Gründe:

I.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner war statthaft und zulässig, insbesondere auch form- und fristgerecht eingelegt (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Ziffer 1 WEG, 22, 29 Abs. 1, 21 Abs. 2 Satz 2 FGG), sachlich aber unbegründet. Nach Erledigung der Hauptsache ist noch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden.

Die Beteiligten bildeten die Wohnungseigentümergemeinschaft in Hamburg-Blankenese. Ursprünglich hat die Antragstellerin in dem vorliegenden Verfahren die Feststellung begehrt, dass die Antragsgegner nicht berechtigt seien, den nur durch das Sondereigentum der Antragstellerin erreichbaren Spitzboden im Dachgeschoss jederzeit zu betreten bzw. zu nutzen. Über die Zurückweisung des entsprechenden Antrages der Antragstellerin hinaus haben die Antragsgegner mit mehreren Wideranträgen erreichen wollen, dass gerichtlich das Gemeinschaftseigentum an dem Spitzboden sowie die Verpflichtungen der Antragstellerin festgestellt werden sollten, den Antragsgegnern Zugang zum Spitzboden zu gewähren und vor einer Vermietung der Wohnung die Einwilligung der Antragsgegner einzuholen. Weiterhin sollte der Antragsstellerin verboten werden, Kellerräume an Dritte zu überlassen.

Nach Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichtes Hamburg vom 15.8.2001, mit dem die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den den genannten Antrag der Antragstellerin stattgebenden und die Anträge der Antragsgegner zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichtes Hamburg-Blankenese vom 27.2.2001 zurückgewiesen wurde, haben die Antragsgegner in Ausübung des Vorkaufsrechtes gemäß der Teilungserklärung den Miteigentumsanteil der Antragstellerin im Jahre 2002 erworben. Die Antragsgegner haben daraufhin mit Schriftsatz vom 16.9.2002 den Rechtsstreit für erledigt erklärt und nunmehr beantragt, der Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen.

Im Rahmen der aufgrund der Erledigungserklärung lediglich noch erforderlichen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der sofortigen weiteren Beschwerde (vgl. BayObLG WuM 1993, 210, Bärmann-Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 9. Aufl., § 47 Rdnr. 26) kann unter Hinweis auf die Ausführungen in Ziffer I. des landgerichtlichen Beschlusses auf die weitere erneute Darstellung des Sach- und Streitstandes verzichtet werden (§ 543 ZPO a.F.). Es wird im Übrigen auf die im Rechtsbeschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Antragsgegner haben nach billigem Ermessen sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Rechtsbeschwerdeverfahren zu tragen (§§ 47 WEG, 91 a ZPO). Nach summarischer Prüfung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Amtsgerichtes Hamburg-Blankenese zurückgewiesen. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Rechtsfehler, auf den hin die Prüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht beschränkt ist (§§ 27 FGG, 550 ZPO a.F.).

Nachdem durch die Übereignung des Miteigentumsanteils der Antragstellerin an die Antragsgegner die auch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfende Erledigung der Hauptsache herbeigeführt worden ist, ist das Rechtsmittel zur Hauptsache zunächst unzulässig geworden. Auf den vorliegenden Antrag der Antragsgegner gemäß Schriftsatz vom 16.9.2002 ist aber noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (vgl. Keidel (Meyer-Holz), FGG, 15. Aufl., § 27 Rdnr. 15, 51).

Nach Erledigung der Hauptsache im Wohnungseigentumsverfahren ist bei der Kostenentscheidung gemäß § 47 WEG entsprechend § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über den mutmaßlichen Verfahrensausgang im Falle der Fortsetzung zu entscheiden. Dabei darf sich das Gericht mit einer weniger eingehenden (summarischen) Prüfung der Sach- und Rechtslage begnügen, als es für die Hauptsacheentscheidung erforderlich wäre (vgl. Bärmann-Merle, a.a.O.). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt in Betracht, wenn bereits das Amtsgericht den Streitstand ausreichend geklärt und das Landgericht seinen Beschwerdebeschluss ausführlich, fehlerfrei und verständlich begründet hat (vgl. Bärmann-Merle, a.a.O., § 47 Rdnr. 38 m.w.N.).

1) Die weitere Beschwerde der Antragsgegner hinsichtlich der Feststellungsanträge betreffend die Nutzung des Spitzbodens war nach Würdigung der Sach- und Rechtslage ohne Erfolgsaussicht.

Zutreffend und mit rechtsfehlerfreier Begründung, auf die verwiesen werden kann, ist das Landgericht (in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichtes) von der Zulässigkeit des Antrages der Antragstellerin (grundsätzlich fehlende Berechtigung der Antragsgegner zum Betreten des Spitzbodens) ausgegangen. Nachdem die Antragsgegner vorgerichtlich deutlich gemacht haben, dass sie ein entsprechendes Recht (wie auch durch den Gegenantrag zu 3. gemäß Schriftsatz vom 11.9.2001 deutlich wird) jedenfalls im Zusammenhang mit der angekündigten Vermietung der Wohnung der Antragstellerin geltend machen wollten, hatte die Antragstellerin insoweit insbesondere auch ein rechtliches Interesse, die begehrte Feststellung gerichtlich durchzusetzen.

Soweit der Feststellungsantrag der Antragsgegner hingegen als unzulässig zurückgewiesen wurde, entsteht hierdurch, entgegen der Ansicht der Antragsgegner, kein Verdacht der Ungleichbehandlung der Beteiligten. Das Landgericht hat insoweit rechtsfehlerfrei darauf hingewiesen, dass es zwischen den Beteiligten im Verlauf des Rechtsstreites nie streitig war, dass es an einer Zuweisung des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Spitzbodens zum ausschließlichen Gebrauch durch die Antragstellerin fehlt.

Der Streit der Parteien um den gemeinschaftlichen Gebrauch des Spitzbodens orientiert sich auch hinsichtlich der schon vom Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Begründetheit des Antrages der Antragstellerin nicht an einem eventuellen Sondernutzungsrecht der Antragstellerin, sondern (wie auch vom Landgericht rechtsfehlerfrei und sorgfältig abgewogen) an den Rechten und Verpflichtungen der Wohnungseigentümer hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß §§ 13 - 15 WEG. Insoweit hat der Senat in einem vom Landgericht bereits zitierten Beschluss vom 18.7.2001 (vgl. ZMR 2001, 999) schon ausgeführt, dass der Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 Ziffer 1 WEG nur so erfolgen darf, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Bei der von den Antragsgegnern beabsichtigten Nutzung des Spitzbodens war insoweit zu berücksichtigen, dass dieser nur über eine schmale Einschubtreppe durch die Wohnung der Antragstellerin erreichbar ist. Angesichts der besonderen Bedeutung, die die Wohnung für den einzelnen Menschen als Lebensmittelpunkt und Bereich der Privatsphäre hat (Art. 13 GG) und unter Berücksichtigung der sich im vorliegenden Verfahren spiegelnden Auseinandersetzung der Wohnungseigentümer, war der durch die Mitbenutzung des Spitzbodens durch die Antragsgegner verursachte Nachteil für die Sondereigentümerin der oberen Wohnung so erheblich, dass dieser auch unter Berücksichtigung des prinzipiellen Rechtes des Eigentümers der unteren Wohnung auf Mitbenutzung nicht als bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbar angesehen werden kann. Bei der von den Antragsgegnern angedeuteten eigenen Nutzung des Spitzbodens durch das Einlagern von Gegenständen aber auch durch den hilfsweise beantragten Zugang einmal die Woche nach Terminsabsprache wäre die Eigentümerin (oder der Mieter) der oberen Wohnung derart in ihrer Privatsphäre und damit in der Nutzung ihres Sondereigentumes beeinträchtigt worden, dass die Grenze des Zumutbaren bei der Heranziehung der Antragstellerin zur Ermöglichung des Mitgebrauches am gemeinschaftlichen Eigentum überschritten worden wäre. Im Übrigen ist anzumerken, dass die Antragstellerin durch Art und Umfang des Gebrauches des Spitzbodens die grundsätzlichen Rechte aller Wohnungseigentümer auf Zugang zum Spitzboden (z.B. für dringende Instandsetzungsmaßnahmen) nicht beeinträchtigen durfte. Eine Benutzung, die ausschließlich den Interessen der Antragstellerin diente, war ebenso ausgeschlossen.

2) Die Entscheidung des Landgerichtes hinsichtlich des Gegenantrages der Antragsgegner zur beabsichtigten Vermietung der Wohnung der Antragstellerin (Antrag 4. der weiteren Beschwerde) lässt ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen.

Nachdem die Antragstellerin entsprechend der Teilungserklärung ihre in Ziffer II. und III. des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 27.2.2001 tenorierten Verpflichtungen auf Einholung der Zustimmung der Antragsgegner zur Person eines familienfremden Mieters bzw. Auskunft über dessen Person anerkannt hat, ist nicht erkennbar, auf welcher Grundlage die Antragsgegner darüber hinaus auch noch das Recht haben sollten, die Übergabe der Wohnung an einen potentiellen Mieter durch weitere Zustimmungserfordernisse (insbesondere Auflagen zur Spitzbodennutzung) zu verhindern. Da die Antragsgegner in den Tatsacheninstanzen schon nicht hinreichend dargetan haben, dass die Antragstellerin die Wohnung auch ohne die gemäß § 5 der Teilungserklärung erforderliche Zustimmung an einen familienfremden Mieter übergeben würde, ist es, gerade auch nach den obigen Ausführungen zur Nutzung des Spitzbodens, rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht schon von einem fehlenden Feststellungsinteresse der Antragsgegner ausgegangen ist.

3) Schließlich sind auch Rechtsfehler nicht erkennbar, soweit das Landgericht mit Hinweis auf die amtsgerichtliche Entscheidung den Unterlassungsantrag der Antragsgegner hinsichtlich des Kellerraumes zurückgewiesen hat. Soweit den Beteiligten ein Kellerraum (ehemaliger Tankraum) zur gemeinsamen Nutzung zugewiesen wurde ist es aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin ihren Kindern die teilweise Nutzung des Kellers überlassen hat. In den Tatsacheninstanzen ist insoweit nicht vorgetragen worden, dass die Nutzung des Kellers durch die Lagerung eines Bootes der Angehörigen der Antragstellerin die rechtlich geschützten Interessen der Antragsgegner in erheblicher Weise beeinträchtigt hätte. Insoweit ist auch die Wertung des Landgerichtes, dass der Antrag auch gegen das Schikaneverbot verstoßen würde, nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden.

4) Nach alledem muss davon ausgegangen werden, dass die weitere Beschwerde der Antragsgegner nicht erfolgreich gewesen wäre. Insoweit entspricht es dem billigem Ermessen, gemäß § 47 WEG den Antragsgegnern auch die Gerichtskosten der Rechtsbeschwerdeinstanz aufzuerlegen.

Zwar hat im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren regelmäßig jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Entsprechend haben im vorliegenden Verfahren sowohl das Amts- als auch das Landgericht mit rechtlich nicht zu beanstandender Begründung eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten nicht angeordnet. Nachdem jedoch das Landgericht mit rechtlich durchgehend zutreffender Begründung die Beschwerde der Antragsgegner gegen den amtsgerichtlichen Beschluss insgesamt zurückgewiesen hatte, muss nach nunmehr eindeutiger Rechtslage davon ausgegangen werden, dass die Belastung der Antragstellerin mit den außergerichtlichen Kosten unbillig wäre (§ 47 WEG i.V.m. § 91 a ZPO). Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegner ihren Antrag, der Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen, auf das für die Entscheidung des Rechtsstreites nicht erhebliche Argument gestützt haben, dass die Antragsstellerin von vornherein beabsichtigt habe, ihre Wohnung nicht zu vermieten sondern zu verkaufen.

5) Der Geschäftswert für die dritte Instanz wird übereinstimmend mit der insoweit nicht angegriffenen Entscheidung der Vorinstanz gemäß § 48 Abs. 3 WEG auf 20.000 DM (= 10.225 €) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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