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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 16.07.2001
Aktenzeichen: 2 Wx 47/01
Rechtsgebiete: FGG, BGB, BRAGO, WEG
Vorschriften:
FGG § 43 Abs. 1 S. 1 | |
FGG § 27 | |
FGG § 29 | |
FGG § 118 Abs. 1 S. 1 | |
BGB § 286 | |
BGB § 285 | |
BGB § 133 | |
BGB § 157 | |
BRAGO § 12 | |
BRAGO § 6 | |
WEG § 47 | |
WEG § 48 Abs. 3 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß
verkündet am 16.07.01
In der Wohnungseigentumssache
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 11. April 2001 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern die ihnen im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.513,02 DM festgesetzt.
Gründe:
Die gemäß §§ 43 Abs. 1 S. 1, 27, 29 FGG form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 45 Abs. 1 WEG), aber nicht begründet, denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, auf die hin das Rechtsbeschwerdegericht in seiner Überprüfung beschränkt ist.
Der Antragsgegner schuldet das von den Antragstellern geforderte Anwaltshonorar als Verzugsschadensersatz gemäß § 286 BGB.
1) Der Antragsgegner befand sich mit der Zahlung der Sonderumlage mit Ablauf des 30. April 2000 im Verzug, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, denn er hat die gemäß bestandskräftigen Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 7. März 2000, bestätigt durch den ebenfalls bestandskräftigen Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 31. März 2000 geschuldete Zahlung bis zum 30. April 2000 nicht erbracht. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die Entscheidung der Kammer verwiesen.
Durch die spätere Korrespondenz zwischen dem Antragsgegner und dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. geschäftsführenden Hauptgesellschafter......der Verwalterfirma ist dem Antragsgegner kein Zahlungsaufschub eingeräumt worden, vielmehr hat der genannte Gesellschafter mit Schreiben vom 8. Mai 2000 den Antragsgegner aufgefordert, die beschlossene Umlage pünktlich zu bezahlen.
Selbst wenn dem Antragsgegner mit Schreiben der Verwalterfirma vom 2. Mai 2000 eine Verlängerung der Zahlungsfrist bis zum 9. Mai 2000 bewilligt worden sein sollte und der Antragsgegner dieses Schreiben entsprechend seinem Vortrag erst am 10. Mai 2000 erhalten haben sollte, würde dies nichts daran ändern, daß der auf Seiten der Antragsteller am 17. Mai 2000 entstandene Schaden, dessen Ersatz sie in diesem Verfahren fordern, infolge des Verzugs des Antragsgegners eingetreten ist und der Antragsgegner ihn zu ersetzen hat, denn nach dem Vortrag des Antragsgegners wäre der Verzug spätestens am 10. Mai 2000 eingetreten.
2) Entgegen seiner Auffassung hat der Antragsgegner seinen Verzug auch zu vertreten (§ 285 BGB). Seine Berufung darauf, daß er sich angesichts der unklaren Beschlußfähigkeit der am 7. März 2000 abgehaltenen Wohnungseigentümer-Versammlung im Ungewissen darüber befunden habe, ob er verpflichtet sei, die Umlage zu bezahlen, ist nicht erfolgreich.
Zwar enthält das Protokoll über die Wohnungseigentümer-Versammlung vom 7. März 2000 Anhaltspunkte, wonach die Versammlung seinerzeit nicht beschlußfähig war. Aber die zweifelsfrei beschlußfähige Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 31. März 2000 hat den Beschluß vom 7. März 2000 bestätigt, so daß der Antragsgegner jedenfalls aufgrund dieses Beschlusses gehalten war, die geschuldete Zahlung entsprechend der Aufforderung gemäß Schreiben vom 13. April 2000 bis zum 30. April 2000 oder, wenn man seinem Vortrag folgen will, aufgrund des am 10. Mai 2000 empfangenen Schreibens vom 2. Mai 2000 spätestens am 11. Mai 2000 zu erbringen. Tatsächlich haben die Antragsteller die vom Antragsgegner veranlaßte Überweisung vom 17. Mai 2000 jedoch erst am 22. Mai 2000 auf ihrem Konto gutgeschrieben erhalten. Dem Antragsgegner ist es angesichts dieser Umstände verwehrt, sich darauf zu berufen, daß er als juristischer Laie nicht gewußt habe, daß er die am 7. März und 31. März 2000 gefaßten Beschlüsse der Wohnungseigentümer-Versammlung habe anfechten müssen, um den Eintritt ihrer Bestandskraft zu verhindern.
Der Antragsgegner muß gemäß § 285 BGB nur für einen unverschuldeten Rechtsirrtum nicht einstehen. An den Entlastungsbeweis sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH NJW 1994, 2755), insbesondere muß der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen und gegebenenfalls Rechtsrat einholen. Dahinstehen kann, ob der Antragsgegner einen in Wohnungseigentumssachen versierten Rechtsanwalt wegen seiner Bedenken gegen die Wirksamkeit des am 7. März 2000 gefaßten Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft hätte konsultieren müssen, denn der Antragsgegner war, wie bereits ausgeführt, schon rechtzeitig durch die Verwaltung darüber aufgeklärt worden, daß der Beschluß vom 7. März 2000 bestandskräftig geworden war und wußte zudem, daß gegen den Beschluß vom 31. März 2000 keine Einwände gegen die Beschlußfähigkeit der Wohnungseigentümer-Versammlung bestanden hatten. Bei etwa gleichwohl noch vorhandenen Zweifeln an der Verbindlichkeit dieser Beschlüsse für ihn und die Auswirkungen auf seine Zahlungspflicht und den Zeitpunkt ihrer Erfüllung hätte er anwaltlichen Rat einholen müssen.
3) Der von den Antragstellern geltend gemachte Schadensersatzanspruch beruht auf dem Verzug des Antragsgegners, denn der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller ist erst nach Eintritt des spätestens am 11. Mai 2000 eingetretenen Verzugs mit dem am 15. Mai 2000 eingegangenen Schreiben der Verwalterfirma vom 12. Mai 2000 beauftragt worden, den Antragsgegner zur Zahlung der Umlage zu veranlassen.
4) Den vom Antragsgegner zu leistenden Verzugsschadensersatz hat das Landgericht rechtsfehlerfrei bestimmt.
a) Die für die außergerichtliche Mahnung angesetzte und vom Landgericht für angemessen beurteilte Anwaltsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 FGG mit der Mittelgebühr von 7,5/10 ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Diese Geschäftsgebühr ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände gemäß § 12 BRAGO zu bestimmen. Ermessensentscheidungen dürfen auf ihre sachliche Richtigkeit durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht überprüft werden, weil die Entscheidung in das pflichtgemäße billige Ermessen der Tatsacheninstanz gestellt ist. Vielmehr ist der Senat auf die Prüfung beschränkt, ob die Tatsacheninstanz den diesbezüglichen Sachverhalt rechtsfehlerfrei und ausreichend aufgeklärt und umfassend gewürdigt hat, ohne wesentliche Umstände unerörtert zu lassen oder Umstände mit zu berücksichtigen, die nach der ermächtigenden Norm nicht maßgebend sein dürfen (Keidel/Kuntze/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn 26 d, 27 m.w.N.).
Gemessen an diesen Kriterien ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden, da Fehler nicht erkennbar sind; auch der Beschwerdeführer nennt solche nicht. Das Landgericht hat sich mit den für die Gebührenhöhe nach § 12 BRAGO maßgeblichen Gesichtspunkten auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts umfassend und sachgerecht auseinandergesetzt. Dem Antragsgegner ist es im Rechtsbeschwerdeverfahren verwehrt, seine Beurteilung insbesondere der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit an die Stelle der gerichtlichen Beurteilung zu setzen mit der Begründung, seine aus dem Sachverhalt gezogenen Schlußfolgerungen seien ebenso gerechtfertigt oder gar naheliegender als die des Landgerichts.
b) Aus Rechtsgründen ist nicht zu beanstanden, daß das Landgericht bei der Bestimmung des Schadensumfangs § 6 BRAGO angewendet hat. Es ist nicht rechtsfehlerhaft, daß die Kammer das Auftragsschreiben an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller dahin interpretiert hat, daß den Wohnungseigentümern und nicht der Verwalterfirma die Stellung des Auftraggebers zukommt und deshalb § 6 BRAGO wegen der Mehrzahl der Auftraggeber für einschlägig gehalten hat.
In der Rechtsbeschwerdeinstanz ist eine Nachprüfung der vom Landgericht als Tatsacheninstanz vorgenommenen Auslegung des Inhalts rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen ausgeschlossen (Keidel/Kuntze/Kahl a.a.O. § 27 Rn 48 m.w.N.). Vielmehr ist das Gericht der weiteren Beschwerde an die Auslegung des Landgerichts gebunden, solange sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB und dem allgemeinen Sprachgebrauch in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt (BGH FamRZ 1995, 1482 f.; BayObLG NJW-RR 1996, 650, 651; Kahl a.a.O. § 27 Rn 42, 47 und 48). Verstöße gegen die angeführten Kriterien sind jedoch nicht gegeben, zumal das Landgericht auf das typische Verwalterhandeln im Namen der Eigentümergemeinschaft abgestellt hat und ein Anhalt für ein untypisches Verwalterhandeln im eigenen Namen, wozu der Verwalter im Streitfall gemäß § 3 des Verwaltervertrages berechtigt gewesen wäre, nicht erkennbar ist. Eine eindeutige Auslegung des Auftragsschreibens darüber, wer der Auftraggeber sein soll, nach dem Sprachgebrauch läßt sich den im Auftragsschreiben verwendeten Formulierungen wie "benötigen wir" und "wir möchten Sie bitten" angesichts des Ziels der Auftraggeber, der Wohnungseigentümergemeinschaft die benötigten Gelder für die geplante Sanierungsmaßnahme zu beschaffen, nicht entnehmen. Mit der Rechtsbeschwerde kann nicht geltend gemacht werden, daß die Folgerungen der Tatsacheninstanz nicht die einzig möglichen sind, sie also nicht schlechthin zwingend sind (ständige Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Kahl a.a.O. § 27 Rn 42). Ebenso wenig kann beanstandet werden, daß die gewünschte Auslegung genau so nahe oder näher gelegen hätte.
c) Den Antragstellern ist nicht zugunsten des Antragsgegners haftungsmildernd entgegenzuhalten, daß bei der Entstehung ihres Verzugsschadens ein ihnen anzulastendes Verschuldens des Verwalters mitgewirkt hat (§§ 254, 278 BGB). Zwar hätte die Beauftragung des Rechtsanwalts, den Antragsgegner außergerichtlich nochmals zu mahnen, statt durch den Verwalter als Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft auch durch den Verwalter im eigenen Namen erfolgen dürfen, weil er dazu kraft seines Verwaltervertrages berechtigt war mit der Folge, daß der Zuschlag gemäß § 6 BRAGO auf die vom Rechtsanwalt verdienten Gebühren für die Vertretung mehrerer Auftraggeber nicht als Honorar hätte gefordert werden dürfen. Aber der Sach- und Streitstand bietet keinerlei Anhalt dafür, daß dem Verwalter bei der Auftragserteilung diese Problematik bekannt war, wie die unklaren Formulierungen der Verwalterfirma im Auftragsschreiben belegen. Demgemäß bestand für das Landgericht auch keine Veranlassung den Sachverhalt insoweit weiter von Amts wegen aufzuklären.
5) Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG; wegen der Begründung wird auf die Entscheidung des Landgerichts verwiesen, die auch für die Verteilung der im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten eingreift.
Die Höhe des Geschäftswerts ist gemäß § 48 Abs. 3 WEG festgesetzt worden.
Ende der Entscheidung
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