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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 06.02.2003
Aktenzeichen: 2 Wx 74/99
Rechtsgebiete: FGG, WEG, BGB, ZPO


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
FGG § 45
FGG § 43 Abs. 1 S. 1
WEG § 10 Abs. 1 S. 2
WEG § 13 Abs. 2
WEG § 13 Abs. 2 S. 1
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15 Abs. 2
WEG § 47
BGB § 580 a Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 543 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 74/99

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 6. Februar 2003 durch die Richter Dr. Lassen, Puls, Stöger

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 12. Mai 1999 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Den Beteiligten im Verfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht entstandene außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert wird auch für die dritte Instanz auf 2.400,00 DM, entsprechend 1.227,10 €, festgesetzt.

Gründe:

Das gem. §§ 45, 43 Abs. 1 S. 1, 27, 29 FGG form- und fristgerecht eingereichte Rechtsmittel des Antragstellers ist unbegründet, denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Rechtsverletzung, auf die allein hin das Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung vornehmen darf (§§ 27, FGG, 561 ZPO a.F.).

Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt, wonach die Anfechtung des Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. Juni 1998 zu TOP 07 als unbegründet zurückgewiesen wird. Mit diesem Beschluss, der weder der Teilungserklärung noch einer sonstigen Vereinbarung widerspricht, war die Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich übereinkommen, alle 26 Parkplätze der Wohnungseigentumsanlage gegen ein Entgelt von 40,00 pro Monat zu vermieten, und zwar zunächst an die 53 Wohnungseigentümer bzw. deren Mieter und dann, wenn nicht alle Stellplätze an diese Personen vermietet werden können, an andere Personen jeweils in der Reihenfolge ihrer Nachfrage nach Stellplätzen, wobei jedoch Behinderte vorrangig berücksichtigt werden sollen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsbegründung durch das Landgericht, welcher der Senat beipflichtet, wird auf den angefochtenen Beschluss gem. § 543 Abs. 1 ZPO verwiesen. Mit der Rechtsbeschwerde tritt der Antragsteller der Auffassung des Beschwerdegerichts ohne Erfolg entgegen, wonach der angefochtene Mehrheitsbeschluss eine wirksame Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 Abs. 2 WEG enthält und keine Entziehung des in § 13 Abs. 2 S. 1 WEG garantierten Mitgebrauchs des Gemeinschaftseigentums darstellt, welche wirksam nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 2 WEG herbeigeführt werden könnte. Der Bundesgerichtshof hat die auch in der Literatur und Rechtsprechung der Oberlandesgerichte strittige Rechtsfrage mit Beschluss vom 29. Juni 2000 (ZMR 2000, 845 f.) dahin entschieden, dass über die Vermietbarkeit von im Gemeinschaftseigentum stehenden Räumen (oder Flächen) einer Wohnungseigentumsanlage im Wege der Gebrauchsregelung durch Mehrheitsbeschluss entschieden werden kann, soweit nicht eine Vereinbarung entgegensteht und den Wohnungseigentümern kein Nachteil erwächst. Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass ein solcher Mehrheitsbeschluss über die Vermietung von Gemeinschaftseigentum den Wohnungseigentümern nicht das Recht zum Mitgebrauch entzieht, sondern es weiterhin voraussetzt und nur die Art und Weise der Ausübung regelt, indem er die Möglichkeit des unmittelbaren (Eigen-)Gebrauchs durch die des mittelbaren (Fremd-) Gebrauchs ersetzt und an die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs den Anteil an der Mieteinnahme treten lässt. Der Senat folgt dieser Auffassung, die er in der Vergangenheit selbst mehrfach vertreten hat (vgl. WE 1993, 167, 168; ZMR 2000, 628 ff., 630). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die auf die Vorlage des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 1999, 377) gegen die vom Oberlandesgericht Zweibrücken vertretene und vom Antragsteller geteilte Auffassung (NJW-RR 1986, 1338 = ZMR 1986, 368 = MDR 1986, 60) ergangen ist.

Der vom Antragsteller angefochtene Mehrheitsbeschluss ist vom Landgericht auch ohne Rechtsverstoß als ordnungsgemäßem Gebrauch entsprechend beurteilt worden. Ob ein Gebrauch ordnungsgemäß ist, richtet sich nach der Verkehrsanschauung, wobei der Tatsacheninstanz ein Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Frage eingeräumt ist, ob dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst, wie § 14 Nr. 1 WEG vorschreibt (BGH ZMR 2000, 845, 846 m.w.N.). Nachteile hat das Landgericht anhand der konkreten Umstände des Falles bei Beachtung des Gebots der allgemeinen Rücksichtnahme unter Abwägung der Interessen der Wohnungseigentümer (vgl. BGHZ 139, 288, 296) nicht festgestellt und befindet sich damit in Übereinstimmung mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Juni 2000 (ZMR 2000, 845 f.), wonach der Verlust der unentgeltlichen Eigennutzung der Stellplätze der Anlage keinen Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG darstellt, weil § 13 Abs. 2 WEG kein Recht zum Eigengebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums gewährt, sondern nur das Maß der Mitbenutzung bei geregelter Benutzungsart bestimmt (Zipperer, WE 1991, 142, 143). Um die Vermietung von im Gemeinschaftseigentum stehenden Räumen oder Flächen als nachteilig erscheinen zu lassen, müssen besondere Umstände vorliegen, welche nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts jedoch nicht gegeben sind.

Allerdings trifft das Argument des Antragstellers zu, dass die frühere unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit des für alle Wohnungseigentümer der Anlage zu knappen Stellplatzangebots nunmehr entfällt und insbesondere ein zur Wohnungseigentumsanlage gehörender Parkplatz nicht benutzt werden darf, selbst wenn er nicht vom Mieter des Platzes in Anspruch genommen wird, und die auch dem Antragsteller zugutekommenden Einnahmen aus der Vermietung der Stellplätze nur eine unzulänglich erscheinende Kompensation für die verlorene Möglichkeit der Nutzung der Stellplätze nach dem - durch eigenes Verhalten in begrenztem Maße steuerbaren - Zufallsprinzip der jeweils ersten Inanspruchnahme darstellt, weil Parkraum äußerst knapp ist. Aber eine Verteilungsgerechtigkeit bezüglich des unzureichenden Stellplatzangebots lässt sich kaum anders als durch Vermietung herbeiführen. Dies gilt umso mehr, als die Vermietung nach dem Beschluss der Wohnungseigentümer vorrangig an die Wohnungseigentümer bzw. deren Mieter erfolgen soll. Damit ist ein Ausschluß des Antragstellers von der Nutzung der Stellplätze entgegen seiner Ansicht nicht auf Dauer festgeschrieben. Jedenfalls hat er nichts dafür vorgetragen, dass die Umsetzung des Mehrheitsbeschlusses durch die Ausgestaltung der Mietverträge ihm keine Chance auf Anmietung eines Stellplatzes bietet. Es fehlt jeglicher Anhalt dafür, dass die jeweils vor gesehene Dauer der Mietverträge den Antragsteller auf unzumutbar lange Zeit von der Möglichkeit der Anmietung eines Stellplatzes ausschließt. Ein Verstoß gegen die Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 12 FGG) durch das Landgericht liegt nicht vor, denn im Rahmen eines streitigen FGG-Verfahrens, wozu Wohnungseigentumssachen gehören, hätte der Antragsteller von sich aus solche sein Mitgebrauchsrecht beschränkende Umstände mitteilen und gegebenenfalls Beweis anbieten müssen (BGH NJW 2001, 1212). Sollten die Mietverträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, können sie im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gem. § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB jeweils bis zum dritten Werktag eines Monats zum Ablauf des übernächsten Monats gekündigt werden, so dass Stellplatzinteressenten unter den vorrangig zu berücksichtigenden Wohnungseigentümern nach einer unter den Wohnungseigentümern zu vereinbarenden angemessenen Wartezeit in den Genuß einer Stellplatz-Anmietung kommen können und dadurch dem Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme entsprochen wird. Diesem Anliegen des Wohnungseigentumsgesetzes hat der Mehrheitsbeschluss auch dadurch Rechnung getragen, dass behinderte Wohnungseigentümer vorrangig einen Stellplatz sollen anmieten können. Hinzukommt, dass der vorgesehene Mietzins für die Anmietung eines Stellplatzes mit 40,00 DM monatlich so moderat bemessen ist, dass kein Wohnungeigentümer aus finanziellen Gründen vom Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums durch Anmietung eines Stellplatzes ausgeschlossen sein dürfte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Dabei sind die Gerichtskosten entsprechend der Regel (BGHZ 111, 148) der unterlegenen Seite aufzuerlegen. Gesichtspunkte, die es angezeigt erscheinen lassen könnten, diese Regel zu durchbrechen, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten, die in Wohnungseigentumssachen grundsätzlich von jedem Beteiligten selbst zu tragen sind, zumal es sich um eine typische Streitigkeit unter Wohnungseigentümern handelt.

Die Geschäftswertfestsetzung (§ 48 Abs. 3 WEG) folgt der Entscheidung des Landgerichts, da sie das Interesse der Beteiligten angemessen berücksichtigt.

Ende der Entscheidung

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