Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 03.02.2004
Aktenzeichen: 2 Wx 80/03
Rechtsgebiete: WEG, ZPO, FGG


Vorschriften:

WEG § 47
ZPO §§ 91 ff.
ZPO § 91 a
FGG § 20 a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 80/03

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 3. Februar 2004 durch die Richter

Dr. Lassen, Albrecht, Meyn

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 11. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert wird auf € 550,00 festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft in Hamburg.

Zwischen den Beteiligten kam zu heftigen Unstimmigkeiten über die Rechtslage an einer Sondernutzungsfläche und dem Zugang zu dieser Fläche. Diese Unstimmigkeiten waren Gegenstand eines Verfahrens vor dem Amtsgericht Hamburg (102 b II 171/90), das mit Teilvergleich und Beschluss des Landgerichts Hamburg (318 T 217/92) vom 16. Juni 1993 beendet wurde.

Im Jahre 2002 kam es zu erneuten Unstimmigkeiten und der Einleitung eines Verfahrens durch den Antragsteller, in dem die Antragsgegnerin Gegenanträge stellte.

Durch den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 11. Juli 2002, auf den wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde der Antragsteller verpflichtet, ein Holztor nebst Zubehör zu entfernen und ein Flechtzaunelement zu errichten. Die weiteren Anträge der Beteiligten wurden zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Verfahrens hat das Amtsgericht dem Antragsteller auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht angeordnet worden. Den Geschäftswert hat das Amtsgericht auf € 11.600,00 festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Nach Abschluss eines Zwischenvergleichs am 18. Dezember 2002 und Durchführung eines Ortstermins am 10. Januar 2003 haben die Beteiligten am 4. Juni 2003 zur Erledigung des Verfahrens einen Vergleich abgeschlossen. Wegen des genauen Inhalts wird auf das Protokoll vom 4. Juni 2003 verwiesen. Im Wesentlichen hat sich der Antragsteller verpflichtet, ein Holz-Türelement und eventuell ein Sichtschutzelement zu entfernen, die Antragsgegnerin hat sich verpflichtet, einen Komposthaufen zu beseitigen. Ferner sollte im gemeinsamen Auftrag der Beteiligten ein neuer Stahlmattenzaun durch die Firma Gavron errichtet werden, deren Kosten von den Beteiligten hälftig zu tragen sind. Über die Kosten des Verfahrens sollte das Gericht entsprechend §§ 47 WEG, 91 a ZPO entscheiden.

Durch Beschluss vom 11. Juni 2003, auf den Bezug genommen wird, hat das Landgericht entschieden, dass die Gerichtskosten des Verfahrens in beiden Instanzen von den Beteiligten jeweils zur Hälfte zu tragen sind; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten hat es nicht angeordnet.

Gegen diese am 23. Juni 2003 zugestellte Entscheidung hat die Antragsgegnerin mit einem am 5. Juli 2003 eingegangenen Schriftsatz, auf den wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird, sofortige Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Kostenentscheidung des Amtsgerichts dahingehend abzuändern, dass die Kosten insgesamt dem Antragsteller auferlegt werden.

Der Antragsteller beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 19. August 2003, auf den ebenfalls verwiesen wird.

II. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist zulässig. Gegen eine vom Landgericht als Beschwerdegericht erstmalig getroffene isolierte Kostenentscheidung gem. §§ 47 WEG, 91 a ZPO ist die weitere sofortige Beschwerde gem. § 20 a Abs. 2 FGG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes € 100,00 übersteigt und gegen eine Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel zulässig wäre, weil die Beschwerdesumme in der Hauptsache über € 750,00 liegt (vgl. Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl., RN 63 zu § 47 WEG; OLG Celle, OLGR 1998, 62). Beide Voraussetzungen liegen hier vor.

Die weitere Beschwerde ist aber unbegründet.

Entsprechend der Regelung in Ziffer 6 des Vergleichs hatte das Landgericht in seinem Beschluss vom 11. Juni 2003 über die Kosten des Verfahrens entsprechend §§ 47 WEG, 91 a ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann die Ermessensentscheidung des Landgerichts nur daraufhin überprüfen, ob das Landgericht die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten hat, insbesondere ob es wesentliche Gesichtspunkte außer Betracht gelassen hat, ob es sich mit Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder ob sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat (vgl. z.B. BayObLG NZM 2002, 623 m.w.N.).

Eine solcher Ermessensverstoß kann vorliegend nicht festgestellt werden. Die Entscheidung des Landgerichts die Gerichtskosten - auch des amtsgerichtlichen Verfahrens - hälftig zu teilen und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht anzuordnen, beruht wesentlich darauf, dass das Landgericht angenommen hat, dies entspreche der Billigkeit im Sinne von § 47 WEG und § 91 a ZPO jedenfalls im Hinblick darauf, dass sich die Beteiligten über den gewichtigsten Streitpunkt des Verfahrens - die Rechtslage an dem Sondernutzungsstreifen vor dem Haus des Antragstellers - und die beiderseitige Abgrenzung der Nutzungsrechte bei gemeinsamer Kostentragung gütlich geeinigt haben. Da diese letztlich erzielte Einigung dem Interesse beider Beteiligten an einer dauerhaften Abgrenzung und Trennung der Rechtssphären dienlich sei, sei es gerechtfertigt, den Gesichtspunkt der Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage hinter den der Billigkeit zurücktreten zu lassen. Diese an dem hier zu entscheidenden Einzelfall orientierten Erwägungen des Landgerichts, die befriedende Funktion des Vergleichs bei der Billigkeitsentscheidung in den Vordergrund zu stellen und diese Billigkeitsentscheidung stärker an § 47 WEG, der nicht notwendig am Verfahrensausgang orientiert ist (vgl. Bärmann/Pick/Merle RN 17 zu § 47 WEG), auszurichten als an § 91 a ZPO, der stärker auf den mutmaßlichen Verfahrensausgang bei streitiger Fortsetzung des Verfahrens abstellt, sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in Wohnungseigentumssachen nach Erledigung der Hauptsache zwar die in §§ 91 ff. ZPO enthaltenen Rechtsgrundsätze Berücksichtigung finden können, dass aber maßgebend für die Kostenentscheidung immer § 47 WEG bleibt, der die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts stellt (vgl. z.B. BayObLG WE 1990, 75; BayObLG WuM 1989, 468). Auch im vorliegenden Fall gilt durch die Regelung im Vergleich unter Anführung der §§ 47 WEG und 91 a ZPO nichts anderes.

Das am vermutlichen Verfahrensausgang bei streitiger Fortsetzung des Verfahrens orientierte Vorbringen der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung kann deshalb nicht zu einer abweichenden Entscheidung führen und - soweit es neues Vorbringen enthält - im Rechtsbeschwerdeverfahren ohnehin nicht berücksichtigt werden.

Soweit es um die den wesentlichen Beschwerdewert ausmachenden außergerichtlichen Kosten geht, hat im Übrigen schon das Amtsgericht - trotz des für die Antragsgegnerin günstigen Ausgangs des Verfahrens - an dem Grundsatz des Wohnungseigentumsverfahrens festgehalten, wonach außergerichtliche Kosten grundsätzlich nicht erstattet werden. Nach aller Erfahrung spricht nichts dafür, dass das Landgericht diese Entscheidung bei streitiger Fortsetzung des Verfahrens mit einem für die Antragsgegnerin günstigen Ausgang geändert hätte. Auch unter den von der Antragsgegnerin angeführten Gerechtigkeitsgesichtspunkten ist der angefochtene Beschluss daher nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG; der Geschäftswert für dieses Verfahren ist gem. § 48 Abs. 3 WEG nach dem geschätzten Kosteninteresse festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

Zurück