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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 07.03.2003
Aktenzeichen: 2 Wx 85/99
Rechtsgebiete: ZPO, WEG


Vorschriften:

ZPO § 264 Nr. 2
WEG § 24 Abs. 6
WEG § 47
WEG § 47 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 85/99

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 7. März 2003 durch die Richter Dr. Lassen, Stöger, Meyn beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag der Antragsgegner auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreites wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Geschäftswert wird für die dritte Instanz auf 5112,82 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist statthaft und zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Ziffer 1 WEG, 22, 29 Abs. 1, 21 Abs. 2 Satz 2 FGG). Der Antrag auf Feststellung der Erledigung ist jedoch unbegründet.

Die Beteiligten sind Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft .........in Hamburg. In den Tatsacheninstanzen haben sie gegenseitig voneinander verlangt, vorgenommene Veränderungen an der Fassade der Wohnungseigentumsanlage (Markisen, Fenstergitter) zu beseitigen.

Nach Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichtes vom 7.6.1999, mit der die Antragsgegner im Ergebnis die Abweisung des Antrages der Antragssteller auf Entfernung der von den Antragsgegnern angebrachten Markisen erreichen wollten, haben die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 2.5.2000 den Rechtsstreit unter Hinweis auf das Protokoll einer Wohnungseigentümerversammlung vom 6.12.1999 für erledigt erklärt.

Aus dem vom Protokollführer und vom Verwalter unterschriebenen Versammlungsprotokoll vom 14.12.1999 (Anlage Bf 1, Bl. 297 d.A.) geht unter Tagesordnungspunkt IV. ("Markisen/Fenstergitter") u.a. folgendes hervor:

"Beschluß Markisen dafür 5 (......................................) dagegen 2 (................................) Enthaltung 2 (.....................) Beschluß Gitter dafür 8 dagegen 1 (.........)

Hinweis: Keine Genehmigung von Gitter und Markisen, da nach der Gemeinschaftsordnung, für bauliche Veränderungen, Einstimmigkeit vorliegen muß."

In einem Anfechtungsverfahren vor dem Amtsgericht Hamburg (Az.: 102 c II 7/00), dass sich gegen den obigen Beschluss richtete, haben die dortigen Antragsteller des Verfahrens den Antrag nach einem Hinweis des Amtsgerichtes zurückgenommen.

Die Antragsgegner tragen zur Begründung ihrer Erledigungserklärung vor, dass nach dem Beschluss der Wohnungseigentümer vom 6.12.1999 die Anbringung der Markisen mit Mehrheit von 5 Stimmen beschlossen worden sei. Nach Rücknahme der Anfechtung des Beschlusses sei dieser auch wirksam, so dass die Anbringung der Markisen genehmigt sei. Ein Rechtsschutzinteresse für die Fortsetzung des Verfahrens sei danach nicht mehr gegeben.

Die Antragsteller haben die Erledigungserklärung der Antragsgegner als Rücknahme des Antrages gewertet. Der Beschluss des Landgerichtes vom 7.6.1999 habe auch nach Rücknahme der Anträge im obigen Anfechtungsverfahren vor dem Amtsgericht nicht seine Wirkung verloren.

II.

Der Antrag der Antragsgegner war aufgrund der nicht vorliegenden Erledigung des Rechtstreites als Entscheidung in der Hauptsache zurückzuweisen.

Nachdem die Antragsteller der Erledigungserklärung der Antragsgegner nicht zugestimmt haben, war die Erklärung der Antragsgegner in entsprechender Anwendung des § 264 Nr. 2 ZPO auch im Wohnungseigentumsverfahren als Antragsänderung dahingehend auszulegen, dass die Antragsgegner ihren ursprünglichen Antrag nicht mehr weiterverfolgen wollen und stattdessen die gerichtliche Feststellung begehren, dass sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt hat (vgl. Bärmann-Merle WEG, 8. Aufl., § 44 Rdnr. 99). Dieser Festellungsantrag ist nur dann begründet, wenn eine Erledigung in der Hauptsache tatsächlich eingetreten ist. Im Unterschied zum Zivilprozess kommt es im Wohnungseigentumsverfahren nicht darauf an, ob der (hier zulässige) ursprüngliche Antrag begründet war. (vgl. Bärmann-Merle, a.a.O., m.w.N.). Die Hauptsache ist dann erledigt, wenn ein Ereignis die Fortführung des Verfahrens sinnlos und eine Sachentscheidung entbehrlich macht (vgl. BayObLG WE 1995,347 (348)).

Weder der Beschluss der Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 6.12.1999 noch die Rücknahme der Anfechtungsanträge im Verfahren vor dem Amtsgericht (102 c II 7/00) haben zur Entbehrlichkeit der Sachentscheidung geführt, da es entscheidend auf die vom Versammlungsleiter der Wohnungseigentümerversammlung getroffene Feststellung des Beschlussergebnisses, nach dem gerade keine Genehmigung der Markisen erfolgte, ankommt (Negativbeschluss).

Der hier durch den Versammlungsleiter (Verwalter) erfolgte "Hinweis" nach Abstimmung der Wohnungseigentümer ist nach seinem Inhalt sowie Sinn und Zweck als Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses (keine Genehmigung der Markisen) zu werten, dem grundsätzlich konstitutive Bedeutung zukommt. Dem Versammlungsleiter obliegt nämlich entsprechend der gesetzgeberischen Wertung i.S.d. § 24 Abs. 6 WEG, nach der der Versammlungsleiter dafür zu sorgen hat, dass nicht nur das Abstimmungsergebnis, sondern auch das Beschlussergebnis zutreffend in die Niederschrift aufgenommen wird, nicht nur die Auszählung der gültigen Stimmen sondern auch die (vorläufig) für die Wohnungseigentümer verbindliche rechtliche Beurteilung des Abstimmungsergebnisses (vgl. BGHZ 148, 335 (343)). Da nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen nur innerhalb einer kurzen Frist von inem Monat seit der Beschlussfassung möglich ist, sind die Wohnungseigentümer als Anfechtungsberechtigte darauf angewiesen, von einem bestimmten Beschlussergebnis als maßgebend ausgehen zu können. Dies dient der notwendigen Rechtssicherheit der Wohnungseigentümer, insbesondere auch derjenigen, die an der Versammlung nicht teilgenommen haben. Maßgeblich für den Beschlussinhalt ist hiernach nicht das tatsächliche Abstimmungsergebnis (hier: mehrheitlich für das Verbleiben der Markisen) sondern die Ergebnisfeststellung durch den Versammlungsleiter, die nicht nur eine inhaltsfixierende Wirkung hat (vgl. BGHZ a.a.O. (341,344)). Der entstehenden Gefahr einer Manipulation des Beschlussergebnisses bei der Feststellung durch den Versammlungsleiter können die Wohnungseigentümer während der Versammlung durch Austausch des Versammlungsleiters (§ 24 Abs. 5 WEG) und nach Schluss der Versammlung im Wege der gerichtlichen Anfechtung (§ 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG) begegnen .

Dem ablehnenden Beschluss der Eigentümerversammlung kommt im Übrigen auch Beschlussqualität zu (vgl. Bärmann-Merle, § 23 Rdnr. 40; BGHZ a.a.O. (348)). Zwar lässt die Ablehnung des Beschlussantrages (wie hier) die Rechtslage unverändert. Wie ein positiver Beschluss kommt aber auch ein negatives Abstimmungsergebnis (Negativbeschluss) in Verwirklichung der Beschlusskompetenz der Wohnungseigen tümerversammlung zustande und ist daher das Resultat einer verbindlichen Willensbildung der Gemeinschaft.

Maßgeblich ist nach alledem die vom Versammlungsleiter der Eigentümerversammlung verlautbarte Feststellung, wonach Gitter und Markisen, entgegen der Ansicht der Antragsgegner, keine Genehmigung erhalten haben. Auf die Problematik, ob ein bauliche Maßnahmen (§ 22 Abs. 1 WEG) mehrheitlich aber nicht einstimmig genehmigender Beschluss (nur) anfechtbar oder nichtig ist, kommt es damit nicht an.

Der Rechtsstreit hat sich hiernach nicht erledigt, die Fortführung des Verfahrens war nicht sinnlos.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Es entspricht der Billigkeit, den im Rechtsbeschwerdeverfahren unterliegenden Antragstellern die Gerichtskosten aufzuerlegen. (§ 47 Satz 1 WEG). Die Erstattung außergerichtlicher Kosten war entsprechend der Grundregel des § 47 Satz 2 WEG nicht anzuordnen, da es sich um eine nicht untypische Streitigkeit zwischen Wohnungseigentümern handelt.

IV.

Den Geschäftswert hat der Senat mit den von den Beteiligten insoweit nicht angegriffenen Entscheidungen der Vorinstanzen hinsichtlich der hier noch streitbefangenen Markisen mit insgesamt 5112,92 € (= 10.000,- DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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