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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 15.03.2002
Aktenzeichen: 2 Wx 94/99
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 43 Abs. 1 S. 1
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47
WEG § 48 Abs. 3
FGG § 27
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 94/99

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 15. März 2002 durch die Richter Dr. Lassen, Puls, Stöger

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 16. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.000,00 DM entsprechend rund 4.090,00 € festgesetzt.

Gründe:

Das gem. §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 S. 1 WEG, 27, 29 FGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist unbegründet, denn die angefochtene Ent scheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, auf die allein hin das Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung vornehmen darf (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Die Voristanzen haben die Antragsgegnerin ohne Rechtsverstoß dazu verpflichtet, die von ihr bzw. auf ihre Veranlassung im Dachgeschoß des Hauses ...........auf der Ostseite des Westflügels eingebauten zwei Dachflächenfenster zu entfernen und die dortige Dachhaut sach- und fachgerecht wieder zu schließen.

Die von der Antragsgegnerin veranlasste bauliche Veränderung an der Ostseite des Daches ist unstreitig nicht von einem Beschluss der Eigentümergemeinschaft gedeckt (vgl. Beschlüsse der Wohungseigentümerversammlung vom 28.04.1997 und 04.12.1997). Sie widerspricht auch der Teilungserklärung vom 1. November 1997, wonach die Wohnungseigentümer an der äußeren Gestalt des Gebäudes keine Änderungen vornehmen dürfen. Die Antragsgegnerin nimmt in der Rechtsbeschwerdeinstanz mit Recht hin, dass die von ihr vorgenommene Änderung des Daches vom in der Teilungserklärung enthaltenen Verbot erfasst wird und deshalb grundsätzlich unbeachtlich ist, ob die Veränderung des Daches den Gesamteindruck der Wohnanlage nachteilig beeinflusst.

Der Antragsgegnerin steht entgegen ihrer Auffassung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) kein Anspruch auf Gestattung des Dachfenstereinbaus nach Osten zu. Ihre Berufung auf den Grundsatz, dass alle Wohnungseigentümer durch die Wohnungseigentümergemeinschaft gleich zu behandeln seien und ihr wegen der vielfachen Durchbrechung des in der Teilungserklärung enthaltenen Veränderungsverbots ebenso wie anderen Wohnungseigentümern der Einbau von zwei Dachflächenfestern gestattet werden müsse, ist von den Vorinstanzen rechtsfehlerfrei als unbegründet zurückgewiesen worden. Die Handhabung der Wohnungseigentümergemeinschaft, auf der von der Elbe abgewandten Dachseite Dachfenstereinbauten zu dulden, gibt der Antragsgegnerin keinen Anspruch darauf, auf der Ostseite des Westflügels der Wohnungsanlage auf der der Elbe zugekehrten Seite Dachflächenfenster einbauen zu dürfen. Dies hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß aufgrund sorgfältiger Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse festgestellt. Eine Nachprüfung der tatsächlichen Verhältnisse in der dritten Instanz ist ausgeschlossen. Die Tatsachenwürdigung ist nur dahin nachprüfbar, ob der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Sachverhalts alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze sowie den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat (vgl. Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn 42 m.w.N.). Mit der Rechtsbeschwerde kann aber nicht geltend gemacht werden, dass die tatsächlichen Folgerungen des Tatrichters nicht die einzig möglichen, nicht schlechthin zwingend sind. Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann auch nicht beanstandet werden, dass eine andere Schlussfolgerung ebenso nahe oder noch näher gelegen hätte (BayObLG FamRZ 1988, 1099; 1995, 1235; Keidel/Kahl a.a.O. § 27 Rn 42 m.w.N.).

Fehler im dargestellten Sinne sind dem Landgericht nicht unterlaufen. Der Gesichtspunkt sachgerechter Differenzierung rechtfertigt die vom Landgericht gezogene Schlussfolgerung, dass die Antragsgegnerin keinen Anspruch darauf habe, auf der Ostseite des Westflügels der Wohnanlage auf der der Elbe zugekehrten Seite zwei Dachflächenfenster einbauen zu dürfen, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft die Übung habe, auf der von der Elbe abgewandten Dachseite Dachfenstereinbauten zu dulden. Das Landgericht hat für das Rechtsbeschwerdegericht bindend festgestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft auch von den anderen Wohnungseigentümern, die an der zur Elbe ausgerichteten Südseite der Anlage Dachflächenfenster haben anbringen lassen, den Rückbau verlangt, weil die Wohnungseigentümerge meinschaft auf dieser Seite der Wohnanlage die Einheitlichkeit des Eindrucks durch die im Dach an der Südseite angebrachten Gauben nicht beeinträchtigt sehen will. Der Umstand, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft an den beiden Ecken der Dachfläche des Mitteltrackts zwei Dachlukenfenster genehmigt hat, um so von den beiden Eckwohnungen einen sonst nicht möglichen Blick auf die Elbe zu eröffnen, gibt der Antragsgegnerin keinen Anspruch darauf, an der Ostseite des Daches zwei Fenster zu errichten, weil das Landgericht die unterschiedliche Handhabung je nachdem, wo die Fenster errichtet werden, rechtsfehlerfrei als sachgerecht und nicht willkürlich beurteilt hat. Das Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft daran, die zur Elbe gelegene Seite des Bauwerks in ihrer ursprünglichen architektonisch gestalteten Harmonie und Formstrenge zu erhalten, während auf die der Elbe abgewandte Nordseite wegen der den Blick verstellenden sonstigen Bauten nicht soviel Wert gelegt wird, liegt auf der Hand und stellt nach Treu und Glauben zulässiges Steuerungselement bei der Genehmigungspraxis dar. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die nach Süden zeigenden Fassaden des Mitteltrackts und der beiden Flügelbauten deshalb nicht einheitlich sind, weil die Fenster im Erdgeschoß an der Südseite des Ostflügels anders gestaltet sind als die übrigen Fenster. Durch diese - nach dem Vortrag der Antragsteller in der Rechtsbeschwerdeinstanz bereits bei der Errichtung des Gebäudes eingebauten - Fenster ist auch nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in der Beschwerdeinstanz (neuem Tatsachenvortrag darf das Rechtsbeschwerdegericht nicht nachgehen) nicht etwa ein Wirrwar von Stilelementen entstanden, vielmehr hat das Landgericht dies aufgrund der vorgenommenen Ortsbesichtigung im angefochtenen Beschluss verneint. Demgemäß hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß festgestellt, dass das Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft an der einheitlichen Gestaltung des Daches an der der Elbe zugewandten Seite an der Innenseite der u-förmig gebauten Anlage schützenswert ist.

Die Antragsgegnerin kann ihr mit der Rechtsbeschwerde verfolgtes Begehren nicht durchsetzen mit ihrem Hinweis auf die angeblich bauordnungsrechtliche Notwendigkeit für den von ihr veranlassten Einbau von zwei Fenstern an der Ostseite des Westflügels. Das Landgericht hat das Schreiben des Bezirksamts Altona vom 16. November 1998 (im angefochtenen Beschluß ist irrtümlich das Datum vom 17.06.1997 genannt, Anl. B 1) ohne Verstoß gegen Auslegungsregeln dahin interpretiert, dass der Antrags gegnerin lediglich empfohlen wird, den Ausbau im Dachgeschoß ihrer im Westflügel der Anlage belegenen Wohnung mit ausreichend großen Fenstern zu versehen. Eine Auflage enthält dieses Schreiben nicht. Selbst wenn die Baubehörde auf dem Einbau von Fenstern auf der Ostseite des Daches bestanden hätte, wäre die Antragsgegnerin nicht berechtigt gewesen, dieser Auflage ohne Genehmigung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu folgen. Vielmehr hätte sie ihr Bauvorhaben mit der Wohnungseigentümergemeinschaft abstimmen müssen, wenn sie der Empfehlung oder Auflage folgen wollte, da die Teilungserklärung und die Zustimmungspraxis der Wohnungseigentümergemeinschaft ihrem Vorhaben entgegenstanden, zumal die ihr erteilte Erlaubnis sich auf den näher beschriebenen Einbau eines Dachfensters auf der westlichen Seite des Westflügels beschränkte.

Dies gilt auch angesichts der von der Antragsgegnerin behaupteten Notwendigkeit, Fenster im Dach an der Ostseite des Westflügels einzubauen, um bei stärkerem Nordwestwind einen Fluchtweg durch ein Fenster zu haben. Wenn sich das von der Wohnungseigentümergemeinschaft erlaubte (eine) Dachfenster an der Westseite des Daches bei bestimmten Windstärken nicht öffnen lässt, durfte die Antragstellerin nicht eigenmächtig weitere Fenster an der Ostseite einbauen lassen, sondern hätte dafür wiederum das Einverständnis der Wohnungseigentümergemeinschaft herbeiführen müssen; notfalls hätte sie eine andere Fensterkonstruktion wählen müssen.

Auch bei einer erneuten Befassung der Wohnungseigentümergemeinschaft mit ihrem Wunsch, an der östlichen Dachseite des Westflügels ein oder zwei Dachflächenfenster anzubringen, hätte die Antragsgegnerin jedoch keinen Anspruch auf Zustimmung zu einem solchen Vorhaben, wie die obigen Ausführungen ergeben. Die Wohnungs eigentümergemeinschaft nimmt eine sachgerechte und damit zulässige Differenzierung zwischen den Dachflächen an der der Elbe abgewandten nördlichen Seite der Wohnungsanlage einschließlich der Westseite des Ostflügels und der Ostseite des Westflügels einerseits und andererseits der nach Süden zur Elbe gelegenen Seite des Mitteltrakts einschließlich der beiden Flügelbauten mit ihrer Ostseite am Westflügel und der Westseite am Ostflügel vor, weil die sich zur Elbe öffnende Seite des u-förmigen Baus eine architektonische Einheit bildet, bei deren Betrachtung die der Elbe abgewandten Seite des Bauwerks nicht wahrgenommen wird. Die Wohnungseigentümergemeinschaft nimmt diese Differenzierung, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei feststellt hat, nicht nur theoretisch vor, sondern richtet ihre Genehmigungs- bzw. Billigungspraxis konsequent nach dieser Differenzierung aus und verfolgt Verstöße gegen ihre als schutzwürdig anzuerkennende Genehmigungspraxis. Angesichts dessen sind an die Antragsgegnerin mit der Aufforderung, die an der Ostseite ihrer Wohnung angebrachten Dachfenster auszubauen und die Dachhaut ordnungsgemäß wieder zu verschließen, keine schikanösen oder willkürlichen Anforderungen gestellt worden.

Der Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Rückbau ist auch nicht verwirkt, denn die Wohnungseigentümergemeinschaft hat die Antragsgegnerin noch im Jahr 1997, als die Fenster eingebaut worden waren, zum Rückbau auffordern lassen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 47, 48 Abs. 3 WEG. Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluß verwiesen.

Ende der Entscheidung

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