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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 31.05.2001
Aktenzeichen: 3 U 13/01
Rechtsgebiete: AMG, UWG, LMBG


Vorschriften:

AMG § 21
AMG § 2
UWG § 1
LMBG § 17 Abs. 5 Buchst. c
LMBG § 18 Abs. 1 Nr. 1
1. Mit natürlichen "Umstellungsvorgängen" des Körpers (wie Menstruationsbeschwerden der Frau, Schwangerschaft, androgener Haarausfall usw.) verbundene Beschwerden bzw. Befindlichkeitsstörungen stellen sich nicht zwangsläufig als "Krankheit" i.S.d. herkömmlichen Definition dar, selbst wenn konkreten Beeinträchtigungen vielfach durchaus Krankheitswert zukommen kann.

2. Zielt ein Produkt ausschließlich darauf ab, den über die Nährstoffzufuhr beeinflussbaren Wechseljahrsbeschwerden entgegenzuwirken (hier: durch Zuführung von Soja-Insoflavone als pflanzlichen Östrogenen), ist das Präparat selbst dann als ein Nahrungsergänzungsmittel und nicht als ein (nicht zugelassenes) Arzneimittel einzustufen, wenn mit dieser Indikation auch Arzneimittel auf dem Markt sind.

3. Der aufgrund anderer Verwendungszusammenhänge geprägten generellen Vorstellung des Verkehrs von der pharmakologischen Wirkung von Östrogen-Präparaten kann durch eine entsprechend eindeutige Gestaltung der Verpackung, Gebrauchsinformation und Werbung für das Nahrungsergänzungsmittel wirksam begegnet werden.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 013/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 31.05.2001

"Pflanzliche Östrogene"

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter v. Franqué, Spannuth, Rieger nach der am 10.05.2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 05.12.2000 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Antragstellerin 2/3, die Antragsgegnerin trägt 1/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragstellerin in voller Höhe.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf DM 166.667.- festgesetzt.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen. Sie bringt u.a. das Arzneimittel "R..............(r)" zur Behandlung von Wechseljahrsbeschwerden auf den Markt (Anlage ASt1). Die Antragstellerin vertreibt unter dem Namen "A...........(r)" ein auf der Packung mit "Nahrungsergänzung" bezeichnetes Produkt als "Klima-Aktiv-Kapseln mit Isoflavonen", welches ebenfalls zu Einnahme bei bestimmten Begleiterscheinungen der Wechseljahre empfohlen wird. Wegen der Gestaltung der Produktverpackung und der beigefügten Gebrauchsinformation wird auf die Anlagen ASt2 und ASt3 Bezug genommen. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung besitzt A...........(r) nicht.

Die Antragstellerin greift die aus der Anlage ASt2 ersichtliche Werbung für A...........(r) in der "Pharmazeutischen Zeitung" sowie die Produktpräsentation durch die Gebrauchsinformation (Anlage ASt3) als wettbewerbswidriges Inverkehrbringen bzw. Werben für ein nicht zugelassenes Arzneimittel an.

Ihren am 31.10.2000 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der Antragsgegnerin unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel zu verbieten,

das Mittel "A...........(r) - Klima-Aktivkapseln mit Soja-Isoflavonen" als Arzneimittel ohne die erforderliche Zulassung in den Verkehr zu bringen und/oder bringen zu lassen, sofern das Mittel wie folgt beworben wird:

a. "Soja-Isoflavone senken Hitzewallungen und Schweißausbrüche bis zu 50 %".

und/oder

b. "Soja-Isoflavone sind pflanzliche Östrogene...".

und/oder

c. "Isoflavone wirken sowohl östrogen als auch anti-östrogen. Die positive Wirkung von Soja-Isoflavonen auf die Begleiterscheinungen der Wechseljahre wie lästige Hitzewallungen und gelegentliche Schweißausbrüche wurden in einer placebo-kontrollierten Studie* mit 76 mg Phyto-Isoflavonen aus Soja-Protein an 104 Frauen in der Postmenopause bewiesen".

und/oder

d. "Die geringere Östrogen-Produktion führt häufig zu unangenehmen Begleiterscheinungen wie lästigen Hitzewallungen, gelegentlichen Schweißausbrüchen, Erschöpfung, Müdigkeit und nachlassende Leistungskraft".

und/oder

e. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese typischen Begleiterscheinungen der Wechseljahre nicht bei jeder Frau gleich ausgeprägt sind... So sind diese Beschwerden vor allem in asiatischen Ländern kaum bekannt und nur gering ausgeprägt."

und/oder

f. "Diesen Soja-Isoflavonen wird der Unterschied im Wohlbefinden während der Wechseljahr zugeschrieben."

hatte das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 05.12.2000 zurückgewiesen, nachdem die Antragsgegnerin in der Kammersitzung am 21.11.2000 hinsichtlich der Behauptungen zu a. und c. eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatte.

Den in erster Instanz darüber hinaus gestellten Hilfsantrag, der Antragsgegnerin unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel zu verbieten,

das Mittel "A...........(r) - Klima-Aktivkapseln mit Soja-Isoflavonen" mit folgenden Aussagen zu bewerben oder bewerben zu lassen:

- es folgen die vorstehenden Aussagen b. und d. bis f. -

hatte das Landgericht ebenfalls abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin. Die Aussagen a. und c. sind nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsverfahren.

Bereits vorprozessual hatte sich die Angtragsgegnerin auf die Abmahnung der Antragstellerin vom 23.10.2000 am 26.10.2000 strafbewehrt zur Unterlassung der Verwendung der konkreten Werbeanzeige verpflichtet, der die Angaben zu den Verfügungsanträgen zu a. bis c. entnommen sind.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat die Verfügungsanträge - soweit sie noch zur Entscheidung stehen - zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Mit den angegriffenen Angaben in der Produktwerbung (Antrag zu b.) sowie in der Gebrauchsinformation (Anträge zu d. bis e.) wirbt die Antragsgegnerin weder entgegen § 3a HWG wettbewerbswidrig für ein nicht zugelassenes Arzneimittel bzw. vertreibt dieses unter Missachtung von §§ 21, 2 AMG i.V.m. § 1 UWG noch bewirbt sie ein Lebensmittel entgegen §§ 17 Abs. 5 Buchst. c., 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG irreführend als Arzneimittel bzw. schreibt diesem krankheitsverhütende, -lindernde oder -beseitigende Wirkungen bei. Vielmehr handelt es sich bei A...........(r) um ein Nahrungsergänzungsmittel, dessen streitgegenständliche Bewerbung und Beschreibung die angesprochenen Verkehrskreise - soweit der Senat dies im Rahmen des Verfügungsverfahrens beurteilen kann - auch zutreffend verstehen.

I.

Der Verfügungsantrag ist zulässig. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung liegen vor. Die Antragsgegnerin hat die gem. § 25 UWG kraft Gesetzes zugunsten der Antragstellerin sprechende Dringlichkeitsvermutung nicht zu widerlegen vermocht.

Die Antragstellerin hat die angegriffenen Werbeaussagen in der am 16.10.2000 erschienenen Anzeige mit Schreiben vom 23.10.2000 abgemahnt und am 31.10.2000 einen entsprechenden Verfügungsantrag bei Gericht eingereicht. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von der konkreten Produktwerbung bzw. von dem Inhalt der Gebrauchsinformation gehabt hat, liegen nicht vor.

II.

Der Verfügungsantrag ist aber weder nach dem Hauptantrag noch nach dem Hilfsantrag begründet.

1. Gegenstand der Verfügungsanträge ist die Werbung für das Produkt A...........(r) mit den in den Anträgen genannten Angaben in jedem denkbaren Zusammenhang. Soweit die Verfügungsanträge mit der "oder"-Verknüpfung ohne Bezug auf einen konkreten Zusammenhang angegriffen werden, sind sie in der konkreten Antragsform nur dann zu beanstanden, wenn jede Äußerung bereits für sich betrachtet unzulässig ist.

2. Mit der streitgegenständlichen Produktwerbung bzw. Gebrauchsbeschreibung (Anlagen ASt2 und ASt3) wirbt die Antragsgegnerin hingegen nicht in irreführender oder sonstwie wettbewerbswidriger Weise für ihr Nahrungsergängzungsmittel A...........(r) als Arzneimittel. Soweit die für dieses Produkt verwendeten werblichen Angaben berechtigten Anlass zu Beanstandungen gegeben haben, hat sich die Antragsgegnerin bereits vorprozessual bzw. zu Protokoll der Kammersitzung des Landgerichts zur Unterlassung verpflichtet. Die danach noch verbleibenden Angaben rechtfertigen kein weitergehendes Verbot.

a. Hinsichtlich der Werbebehauptung nach dem Verfügungsantrag zu b. fehlt es bereits - unabhängig von der konkreten Einordnung der Produktwerbung - an der für einen Verstoß gegen § 3a HWG bzw. § 1 UWG i.V.m. §§ 2, 21 AMG vorausgesetzten Begehungs - bzw. Wiederholungsgefahr. Die Behauptung "Soja-Isoflavone sind pflanzliche Östrogene.." ist für sich betrachtet inhaltlich nicht unrichtig, sondern beschreibt einen zutreffenden Sachverhalt. Dies stellt auch die Antragstellerin nicht in Abrede. Die Angabe ist erschienen im Rahmen einer konkreten Werbeanzeige in der Pharmazeutischen Zeitung (Anlage ASt3), hinsichtlich derer die Antragsgegnerin schon vorprozessual auf die Abmahnung der Antragstellerin (Anlage ASt4) eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatte (Anlage ASt5). Hierdurch ist die Wiederholungsgefahr für den konkreten Verwendungszusammenhang und kerngleiche Verletzungshandlungen ausgeräumt worden. Soweit die Antragstellerin behauptet, diese Erklärung sei nicht für die Antragsgegnerin, sondern für das von ihr zeitgleich ebenfalls angegriffene Unternehmen S........... GmbH & Co. KG abgegeben worden, steht dem der eindeutige Wortlaut des Schriftsatzes vom 26.10.2000 entgegen, mit dem sich die Rechtsanwälte F.............. u.a. ausdrücklich für die Antragsgegnerin gemeldet haben. Selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin davon ausgeht, dass hiermit die Gefahr nicht ausgeräumt ist, die Antragsgegnerin werde diese Wendung in anderem Zusammenhang weiterhin für die Beschreibung bzw. Bewerbung ihres Produkts verwenden, vermag dies den gestellten Antrag in seiner Allgemeinheit nicht zu rechtfertigen. Da die angegriffene Behauptung nicht schon für sich genommen unzutreffend ist, kommt es für die Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit entscheidend auf den Äußerungszusammenhang an, in dem sich verwendet wird. Es ist ohne weiteres vorstellbar, dass die Darstellung "Soja-Isoflavone sind pflanzliche Östrogene.." im Zusammenhang mit erläuternden Zusätzen auch in einer wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstandenden Art und Weise Verwendung finden kann. Diesem Umstand wird der weit gefasste Verfügungsantrag zu b. nicht gerecht. Eine im Verfügungsverfahren im Rahmen von § 938 Abs. 2 ZPO mögliche Beschränkung auf die konkrete Verletzungsform scheidet aus, da die Wiederholungsgefahr insoweit bereits ausgeräumt ist. Die gewählte "und/oder" - Verknüpfung mit den übrigen Werbebehauptungen führt ebenfalls nicht weiter, weil es auch insoweit an einer Wiederholungsgefahr fehlt. Während die Angabe zu b. einer konkreten Werbeanzeige entstammt, sind die Angaben zu d. bis e. in der Gebrauchsinformation des Produkts enthalten. In der Kombination hat die Antragsgegnerin diese Aussagen bislang nicht verwendet und es bestehen auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass dies zukünftig der Fall sein wird.

b. Auch die Angaben nach den Verfügungsanträgen zu d., e. und f. sind weder nach dem Hauptantrag noch nach dem Hilfsantrag zu beanstanden. Mit den angegriffenen Behauptungen beschreibt die Antragsgegnerin in zulässiger Form die Wirkungsweise ihres Nahrungsergänzungsmittels A...........(r). Eine wettbewerbswidrige Arzneimittelwerbung ist hierin nicht zu sehen.

aa. Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe und Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper Körperschäden zu verhüten (Nr. 1), vom menschlichen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen (Nr. 3) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen (Nr. 5). Danach würde im Regelfall jedes Nahrungsmittel dazugehören, das dazu dient, den Körper gesund und funktionsfähig zu erhalten. Andererseits ergibt sich aus § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG, daß ein Lebensmittel im Sinne von § 1 LMBG nicht zugleich ein Arzneimittel sein kann. Nach dieser Vorschrift sind Lebensmittel Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden, es sei denn, dies geschehe überwiegend zu anderen Zwecken als denen der Ernährung oder des Genusses.

Entscheidend für die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel oder Lebensmittel ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Die maßgebende Verkehrsanschauung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (BGH WRP 2000, 510, 512 - L-Carnitin; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln).

bb. Bei Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei A...........(r) zumindest mit der für die Beurteilung im Rahmen des Verfügungsverfahrens ausreichenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht um ein Arznei-, sondern um ein Nahrungsergänzungsmittel. Ein verständiger Durchschnittsverbraucher wird den werbenden Angaben für das Produkt bei Anlegung der Prüfungskriterien des BGH aus der Entscheidung "L-Carnitin" (BGH GRUR 00, 528) weder eine verbotene Werbung für ein nicht zugelassenes Arzneimittel (§§ 3a HWG, 1 UWG - hierauf bezieht sich der Hauptantrag) noch eine unzulässige, weil den Anschein eines Arzneimittels erweckende Werbung für ein Lebensmittel oder eine sonstwie unzulässige gesundheitsbezogene Werbung (§§ 17 Abs. 1 Nr. 5.c., 18 Abs. 1 Nr. 1 - hierauf bezieht sich der Hilfsantrag) entnehmen. Vielmehr hat die Antragsgegnerin - jedenfalls bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Angaben der Produktinformation - hinreichend deutlich kenntlich gemacht, dass ihrem Produkt lediglich nahrungsergänzende, nicht aber pharmakologische Wirkungen beizumessen sind, und sich damit von einer unzulässigen Arzneimittelwerbung abgegrenzt. Damit hält sie sich mit ihrer Werbung im Rahmen der ständigen Rechtsprechung auch des Senats zur Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln gegenüber Arzneimitteln (vgl. Urt. v. 04.05.00, 3 U 173/88 - Pu-Erh-Tee; Urt. v. 10.08.00, 3 U 9/00 - Creatine Pur 100 %; Urt. v. 05.10.00, 3 U 233/99 - Amino Tabs).

aaa. Bei A...........(r) handelt es sich nach der Zweckbestimmung des Präparats - für den Verkehr erkennbar - nicht um ein Arzneimittel. Die Einnahme dient insbesondere nicht der Linderung von Krankheiten bzw. krankhaften Beschwerden.

(1) Allerdings kann Wechseljahrsbeschwerden der Frau ohne weiteres ein Krankheitswert zukommen, so dass die Begleiterscheinungen in pharmakologisch wirksamer Weise (nur) durch Verabreichung von Arzneimitteln zu bekämpfen sind. Unter einer "Krankheit" wird nach gängiger Rechtsauffassung "jede, also auch eine nur unerhebliche oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers, die geheilt, d.h. beseitigt oder gelindert werden kann und die nicht nur eine normale Schwankung der Leistungsfähigkeit, der jeder Körper ausgesetzt ist, darstellt", verstanden (Doepner, HWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 52 m.w.N.). Hierauf hat die Antragstellerin zutreffend hingewiesen.

Mit dem Klimakterium der Frau können eine Vielzahl von Beschwerden verbunden sein, die sich als Krankheiten im Sinne dieser Definition darstellen. So werden als Indikationen der von der Antragstellerin in der Anlage ASt11 aufgeführten Arzneimittel zur Bekämpfung von Wechseljahrsbeschwerden etwa Urogenital-Migräne, Depressionen, Schmerzzustände, Ausfallerscheinungen, Durchblutungsstörungen, Kopfschmerzen, nervöse Erschöpfungszustände, ovarielle Insuffizienz, psychosexuelle Störungen und Osteoporose genannt. Zur Behandlung solcher Gesundheitsstörungen bedarf es eines für den entsprechenden Anwendungsbereich zugelassenen Arzneimittels. So ist etwa das von der Antragstellerin vertriebene Medikament R..............(r) u.a. zur Behandlung von "depressiven Verstimmungszuständen" vorgesehen, bei denen es sich um krankhafte Veränderungen handelt.

(2) Jedoch führt der Umstand, dass das Klimakterikum der Frau häufig auch mit krankhaften Störungen einhergeht nach Auffassung des Senats nicht zwangsläufig dazu, dass es sich - wie es die Antragstellerin sieht - bei Wechseljahrsbeschwerden generell um einen krankhaften Zustand handelt, dessen Linderung und Behebung aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ausschließlich mit Hilfe von Arzneimitteln geschehen kann. Zumindest hat die Antragstellerin dies nicht mit dem im Rahmen eines Verfügungsverfahrens erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit dargelegt. Die Antragsgegnerin bewirbt ihr Produkt nicht einschränkungslos zur Behebung von Wechseljahrsstörungen, sondern hat sich hinsichtlich der "Indikationen" auf die zum Gegenstand des Verfügungsantrags zu d. gemachte Aussage beschränkt. Danach geht es im Anwendungsbereich von A...........(r) nur um einen Ausschnitt der typischen Wechseljahrsbeschwerden, nämlich die "unangenehmen Begleiterscheinungen" wie lästige Hitzewallungen, gelegentliche Schweißausbrüchen, Erschöpfung, Müdigkeit und nachlassende Leistungskraft. Derartige Symptome haben nach Auffassung des Senats nicht ohne weiteres Krankheitswert, sondern stellen sich in der Regel als Befindlichkeitsstörungen unterhalb der Schwelle der Krankheit dar, so dass es zu ihrer Behebung nicht notwendigerweise eines Arzneimittels bedarf.

Es mag durchaus so sein, dass es sich bei "klimakterischen Beschwerden" um ein etabliertes Krankheitsbild handelt, soweit man darunter alle während des Klimakterikums auftretenden Störungen fasst. Darum geht es hier aber gerade nicht - und das sagt die Antragsgegnerin in ihrer Werbung auch hinreichend deutlich. Sie verspricht gerade kein Allheilmittel, sondern beschränkt den Anwendungsbereich ihres Produkts auf ganz konkrete Symptome der Wechseljahrsbeschwerden. Hierbei handelt es sich um solche, die - dies steht zwischen den Parteien letztlich nicht im Streit - durch ausreichende Nährstoffzufuhr (aber auch genügender Schlaf, Spaziergänge an frischer Luft usw.) am ehesten auszugleichen sind.

bbb. Die gegenteilige Auffassung der Antragsgegnerin teilt der Senat nicht. Auf der Grundlage ihres Begriffsverständnis gäbe es letztlich als Befindlichkeitszustände nur das Gegensatzpaar (einschränkungslos) gesund oder (bereits) krank. Die Wirklichkeit verhält sich anders. Dies zeigt insbesondere die ernährungswissenschaftliche Diskussion über die Mangelversorgung mit bestimmten Vitaminen und Nährstoffen z.B. bei einseitiger Ernährung, besonderer körperlicher Beanspruchung, in bestimmten Lebenslagen usw..

(1) Bei konsequenter Fortführung der Argumentation der Antragstellerin hätte jede Art von "Beschwerden", selbst wenn sie auf einer dieser Mangelerscheinungen mit natürlichen Stoffen beruht, die normalerweise mit der Ernährung aufgenommen werden oder aufgenommen werden können und die Körperfunktionen bzw. das Wohlbefinden beeinträchtigen, sogleich Krankheitswert. Eine Zwischenstufe zwischen "gesund" und "krank" gäbe es praktisch nicht. Lästige Begleiterscheinungen während einer körperlichen Umstellung würden dann auch unter den Begriff "Krankheit" fallen. Bei diesem Verständnis wäre für Nahrungsergänzungsmittel schon kraft Definition kein Platz. Denn alles das, was der Körper braucht, damit er sich besser fühlt, wäre bereits "Arznei". Diesem Verständnis ist der Senat schon in der Vergangenheit nicht gefolgt (Urt. v. 04.05.00, 3 U 173/88 - Pu-Erh-Tee; Urt. v. 10.08.00, 3 U 9/00 - Creatine Pur 100 %; Urt. v. 05.10.00, 3 U 233/99 - Amino Tabs). Auch die Antragstellerin räumt unter Hinweis auf die Entscheidung "Dentinox" des BVerwG (DAZ 73, 1360, 1363) ein, dass es "eine Beschwerdezone, der auch nach dem AMG ein Krankheitswert nicht zukommt" gibt, obwohl die herkömmliche Definition von "Krankheit" durch das Erfassen selbst "unerheblicher" Störungen eine solche Differenzierung nach ihrem Wortlaut kaum zulässt. Soweit das BVerwG diese "Beschwerdezone" lediglich auf "solche normal verlaufenden Erscheinungen oder Schwankungen der Funktion" begrenzt hat, "denen jeder Körper ausgesetzt ist, die seiner Natur oder dem natürlichen Auf und Ab seiner Leistungsfähigkeit entsprechen", ist diese Abgrenzung nach Auffassung des Senats zu eng, sofern damit etwa auch die Folgen natürlicher "Umstellungsvorgänge" des Körpers (wie Menstruationsbeschwerden der Frau, Schwangerschaft, androgener Haarausfall des Mannes usw.) generell dem Krankheitsbegriff zugeordnet werden sollen. Hierbei handelt es sich nicht per se um "Krankheiten", vielmehr ist nach der konkreten Art der Beeinträchtigung zu unterscheiden, der im Einzelfall durchaus Krankheitswert zukommen kann. Dies zeigt auch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte in der Entscheidung "Naturheilmittel" im Hinblick auf die Werbeaussage "Dieses Naturheilmittel ist sei Jahrhunderten zur Behandlung von Menstruationsbeschwerden bekannt und bewährt" ausdrücklich beanstandet, das Berufungsgericht hätte "auch den Umstand heranziehen müssen, dass es sich bei den Menstruationsbeschwerden, soweit sie in dem genannten Artikel angesprochen werden, regelmäßig nicht um Krankheiten oder jedenfalls krankhafte Erscheinungen handelt, sondern um eine natürliche Beeinträchtigung der Befindlichkeit" (BGH WRP 97, 1175, 1176 - Naturheilmittel).

(2) Diese Ausführungen haben auch für den vorliegenden Fall Geltung zu beanspruchen, und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen kann die Beurteilung des Krankheitswerts von "Menstruationsbeschwerden" und "Wechseljahrsbeschwerden" nicht grundsätzlich unterschiedlichen Kriterien folgen. Die mit diesen körperlichen Umstellungsvorgängen einhergehenden Befindlichkeitsstörungen sind dem Grunde nach vergleichbar, wenn auch Intensität und Erscheinungsform unterschiedlich ausgeprägt sein mögen. Die hiervon betroffene Frau mag sich in dem einen wie in dem anderen Fall - je nach Art sowie Intensität der Beschwerden und innerer Einstellung zu körperlichen Umstellungsvorgängen - veranlasst sehen, entweder (zunächst) "natürliche" Mittel, Anwendungen bzw. Verhaltensweisen zur Anwendung zu bringen oder aber (sogleich) zu pharmakologisch wirksamen Stoffen zu greifen, um sich Erleichterung zu verschaffen. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof in dem Fall "Naturheilmittel" den Krankheitswert von Menstruationsbeschwerden nicht einer pauschalen, an der Begrifflichkeit orientierten Betrachtung unterzogen, sondern mit der Einschränkung "soweit sie in dem genannten Artikel angesprochen werden" zutreffend eine Differenzierung danach vorgenommen, welche konkreten Beschwerden im jeweiligen Einzelfall Gegenstand der angegriffenen Werbebehauptung sind. Ebenso verhält es sich im hier zur Entscheidung stehenden Sachverhalt. Die Angaben in der Gebrauchsinformation betreffen nicht "klimakterische Beschwerden" allgemein, sondern ausschließlich ganz bestimmte Begleiterscheinungen der Wechseljahre, nämlich "Hitzewallungen", "Schweißausbrüche", "Erschöpfung", "Müdigkeit" und "nachlassende Leistungskraft". Auch wenn diese Symptome - ebenso wie bestimmte Menstruationsbeschwerden - durchaus heftige und unangenehme Wirkungen zeigen können, handelt es sich nach Auffassung des Senats zumindest bei diesen konkreten Auswirkungen (nur) um "natürliche Beeinträchtigungen der Befindlichkeit" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne Krankheitswert. Die Feststellung des BGH im Zusammenhang mit Menstruationsbeschwerden ("Denn angesichts der relativen Geringfügigkeit der Beeinträchtigung, von der Frauen naturgemäß betroffen werden, erscheint die Annahme der Erforderlichkeit einer ärztlichen Behandlung eher fernliegend"; BGH a.a.O. - Naturheilmittel) gilt jedenfalls im Grundsatz auch für die von der Antragsgegnerin in der Werbung genannten konkreten Wechseljahrsbeschwerden, selbst wenn - ebenso wie bei Menstruationsbeschwerden - die Beeinträchtigung im Einzelfall eine Intensität erreichen kann, die ärztlichen Rat oder medikamentöse Behandlung erforderlich macht. Dies erkennt auch die angesprochene Verbraucherin. Dementsprechend hatte der BGH in der Entscheidung "Hypotonietee" die Werbung für einen "Hypotonietee aus Besenginsterkraut" für den Anwendungsbereich "niedriger Blutdruck (Hypotonie)" nicht grundsätzlich beanstandet, sondern ausgeführt: "Nach dem Gesamteindruck der angegriffenen Werbung ist es vielmehr erfahrungswidrig anzunehmen, die angesprochenen Verkehrskreise könnten aus dieser den Eindruck gewinnen, der beworbene Hyptotonietee werde zur Behandlung organischer Erkrankungen des Herzens und des darauf beruhenden niedrigen Blutdrucks empfohlen und sei dafür geeignet. Die Werbung spricht in ihrer Gesamtheit im Gegenteil dafür, dass der beworbene Hypotonietee lediglich zur Beeinflussung des konstitutionsbedingten niedrigen Blutdrucks bestimmt ist" (BGH WRP 99, 918, 920 - Hypotonietee). Auch diese Grundsätze gelten im vorliegenden Fall entsprechend. Insbesondere aufgrund der mit den Verfügungsanträgen zu e. und f. angegriffenen Aussagen wird aus dem Gesamtzusammenhang der Gebrauchsinformation deutlich, dass A...........(r) ausschließlich den über eine Nährstoffzufuhr beeinflussbaren Wechseljahrssymptomen entgegenwirken soll, nicht jedoch generell zur Beseitigung darüber hinausgehender krankhafter Zustände geeignet ist.

ccc. Dies erkennen auch die angesprochenen Verkehrskreise. Dabei kann der Senat diese Feststellungen aus eigener Sachkunde treffen, weil seine Mitglieder - obwohl ausschließlich männlichen Geschlechts - grundsätzlich zu den von einer derartigen Publikumswerbung für Nahrunsgergänzungsmittel angesprochenen Verkehrskreisen gehören und ausschließlich Fragen des allgemeinen Wortverständnisses zur Entscheidung stehen, zu deren Beurteilung keine besonderen Fachkenntnisse erforderlich sind.

Allerdings hatte der Bundesgerichtshof erst kürzlich in der "Franzbranntwein-Gel"-Entscheidung zu der Frage einer Abgrenzung zwischen Arzneimittel und kosmetischen Mitteln Stellung genommen und festgestellt, dass die allgemeine Verkehrsauffassung keineswegs allein durch das konkret vertriebene Produkt, sondern zunächst einmal durch die generelle Vorstellung des Verkehrs von den Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses der vorliegenden Art geprägt werde. Entscheidend sei deshalb die allgemeine Zweckbestimmung, die ein solches Mittel nach der Verkehrsanschauung gattungsmäßig besitzt (BGH WRP 01, 542, 544 - Franzbranntwei-Gel). Da das Produkt A...........(r) unter Bezugnahme auf eine nachlassende körpereigene Östrogen-Produktion u.a. als "pflanzliches Östrogen" beworben wird, ist für die Beurteilung deshalb im Ausgangspunkt entscheidend, ob die angsprochenen Verkehrskreise mit derartigen Inhaltsstoffen eher eine pharmakologische oder nahrungsergänzende Wirkung verbinden. Es kann zwar auch nach Auffassung des Senats keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, dass der Verkehr die gattungsmäßige Zweckbestimmung solcher Stoffe eher in derjenigen eines Arzneimittels sehen wird, weil eine Östrogenzufuhr als Ausgleich eines Hormonmangels im Regelfall einen medizinischen Verwendungszweck nahelegt. Dies führt im konkreten Fall jedoch nicht zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Angaben als zulässige Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel ausscheiden müssen. Denn der Bundesgerichtshof hat es in der zitierten Entscheidung "Franzbranntwein-Gel" durchaus für denkbar gehalten, dass "die durch die deutlichen Hinweise auf den Hauptinhaltsstoff [...] in Richtung auf ein Arzneimittel hingelenkte allgemeine Verkehrsauffassung" durch die die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses wesentlich verändert oder überlagert werden kann, dies im Ergebnis in dem zu entscheidenden Fall aber verneint (BGH a.a.O. - Franzbranntwein-Gel).

ddd. Der vorliegende Fall verhält sich hingegen anders. Hier sind in der angegriffenen Gebrauchsinformation entsprechend eindeutige Angaben enthalten, die für die Leserin unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass es - anders als im Regelfall - bei A...........(r) gerade nicht allgemein um ein arzneilich wirkendes Hormonpräparat, sondern um ein Nahrungsergänzungsmittel geht. Die Gebrauchsbeschreibung ist unterhalb des Markennamens A...........(r) deutlich mit der Bezeichnung "Ernährungsinformation" überschrieben. Auch das Produkt selbst ist auf der äußeren Verpackung unübersehbar auf der Schauseite mit dem Hinweis "Nahrungsergänzung" gekennzeichnet. Zwar bewirkt diese Art der Bezeichnung für sich genommen noch nicht, dass das Produkt deshalb als Lebensmittel einzustufen ist. Dies hat der Bundesgerichtshof unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zutreffend festgestellt (BGH a.a.O, S. 530 - L-Carnitin). Im Zusammenhang mit den übrigen Angaben ist hierin aber ein weiterer Hinweis darauf zu sehen, dass die Antragsgegnerin ihr Produkt unter zutreffender Klassifizierung in irreführungsvermeidender Art und Weise anbietet. Denn die Antragsgegnerin weist auf die unterschiedlich starke Ausprägung der genannten Wechseljahrsbeschwerden in verschiedenen Ländern hin und stellt in diesem Zusammenhang etwa mit dem Satz "Ernährungswissenschaftliche Studien führen dies auf einen Unterschied in der Ernährung zurück" eine unmissverständliche Beziehung zu den unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten her. Auch in den folgenden Sätzen ist der Hinweis auf die Relevanz der unterschiedlichen Ernährung nicht nur unwesentliches Beiwerk, sondern mit der Wendung "So wird in asiatischen Ländern im Vergleich zu Europa (s. Tabelle) ein Vielfaches mehr an Soja im täglichen Essen verwendet" die zentrale Begründungslinie für die Sinnhaftigkeit der Zuführung von "Soja-Isoflavonen", die in der mit dem Verfügungsantrag zu f. angegriffenen Aussage mündet. Damit wird der Leserin deutlich vor Augen geführt, dass A...........(r) keine arzneiliche Wirkung für sich in Anspruch nimmt, selbst wenn mit Östrogenpräparaten eine solche im Regelfall assoziiert wird. Durch die konkrete Art dieser Darstellung wirkt die Antragsgegnerin der allgemeinen Verkehrsauffassung aus Sicht des Senats hinreichend deutlich entgegen, so dass die Leserin nicht im Zweifel darüber sein kann, dass es bei A...........(r) nicht um ein Arzneimittel, sondern um ein Nahrungsergänzungsmittel geht. Eine weitergehende Bedeutung misst der Verkehr der Beschreibung der Wirkungsweise diese Produkts nicht bei. Diese Angaben nimmt der Verkehr auch ernst und sieht in ihnen nicht lediglich inhaltsleere werbliche Anpreisungen. Denn die Konzentration der Phytoöstrogene in den "A..........."-Kapseln ist so gering, dass der pflanzliche Wirkstoffanteil auch - anders als bei anderen Nahrungsergänzungsmitteln - im Rahmen der normalen Ernährung nicht nur ohne weiteres aufgenommen werden könnte, ohne dass es einer konzentrierten Darreichungsform zur Wirksamkeitsverstärkung bedürfte, sondern auch tatsächlich mit der Nahrung aufgenommen wird. Die enthaltenen 50 mg Soja-Isoflavone sind durch den täglichen Verzehr einer vergleichsweise geringen Menge von 31 g Tofu, 15,3 g Miso und 8 g anderen Tofu-Produkten auf natürlichem Nahrungsweg zu decken. Allein der Umstand, dass Tofu- und Soja-Produkte in West-Europa - mit Ausnahme bei Vegetariern - nicht verbreitet sind, führt dazu, dass eine dementsprechende Nahrungsaufnahme nicht erfolgt. Aus der Produktinformation wird aber hinreichend deutlich, dass die Antragsgegnerin das verminderte Auftreten der beschriebenen Wechseljahrsbeschwerden in Asien gerade auf diese unterschiedliche Ernährung zurückführt und hierfür einen Ausgleich anbieten will. Dass diese Angaben inhaltlich unzutreffend sind, hat selbst die Antragstellerin nicht behauptet. Der Senat vermag nicht zu erkennen, warum die Antragsgegnerin aus Rechtsgründen gehindert sein sollte, ihr Produkt so zu beschreiben, wie dies geschehen ist.

eee. Demgegenüber lässt sich aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin ihr Produkt in der "Pharmazeutischen Zeitung" beworben hat, keine Indiz für eine Einordnung als Arzneimittel entnehmen. Der Antragsgegnerin steht es frei, auch gegenüber Verkehrskreisen, die sonst möglicherweise auf Arzneimittel zurückgreifen für ihr Nahrungsergänzungsmittel zu werben und dessen Vorzüge hervorzuheben. Auch der Umstand, dass das Produkt in Kapseln vertrieben und als "Klima-Aktiv-Kapseln" bezeichnet wird, entfaltet im konkreten Zusammenhang unter Anwendung der von dem Bundesgerichtshof in den Entscheidungen "L-Carnitin" und "Franzbranntwein-Gel" entwickelten Kriterien weder für sich betrachtet noch in einer Gesamtschau eine hinreichende Indizwirkung für die Annahme eines Arzneimittels.

Im Ergebnis ebenfalls unerheblich ist der Umstand, dass es sich bei der überwiegenden Mehrzahl der Präparate zur Behandlung von Wechseljahrsbeschwerden um Arzneimittel handelt und deren Indikationen - wie die Antragstellerin dargelegt hat - in der Regel auch die Befindlichkeitsstörungen erfassen, für die die Antragsgegnerin ihr Nahrungsergänzungsmittel A...........(r) bewirbt. Selbst wenn den angesprochenen Verkehrskreisen bewusst ist, dass derartige Wechseljahrsbeschwerden in der Regel (auch) medikamentös behandelt werden (können), steht dies der Annahme nicht entgegen, dass der Verkehr angesichts der diesem Eindruck eindeutig entgegenwirkenden Produktbeschreibung der Antragsgegnerin erkennt, dass für bestimmte Beeinträchtigungsstörungen (zunächst) auch der Verzicht auf ein Arzneimittel und der Weg über ein Nahrungsergänzungsmittel erfolgversprechend sein kann. Auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin ihr Produkt in der ursprünglich ebenfalls angegriffenen Werbung etwa durch die Bezugnahme auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien wesentlich stärker in die Nähe einer hormonersetzenden arzneilichen Wirkung gerückt hatte (Verfügungsanträge zu a. und c.), vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern. Denn insoweit hat sich die Antragsgegnerin bereits strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet, so dass diese Angaben selbst bei unterstellter Wettbewerbswidrigkeit außer Betracht zu bleiben haben.

fff. Soweit die Antragstellerin meint, auch das Präparat der Antragsgegnerin verfüge - da es eine für den Körper und die Linderung der Befindlichkeitsstörungen positive Wirkung entfalte - über "pharmakologische" Wirkungen und sei deshalb als Arzneimittel einzuordnen, handelt es sich hierbei mehr um einen Streit um Begrifflichkeiten als um eine rechtliche relevante Problemstellung. Wenn etwa eine Nährstoff- bzw. Vitaminunterversorgung ausgeglichen wird, stellen sich dadurch selbstverständlich spürbar positive Auswirkungen auf den Gesamtorganismus ein. Diese sind zwar nicht "pharmakologisch" im Rechtssinne, aber auch mehr als ein "Nichts", denn in jedem Fall rufen sie einen Wirkmechanismus hervor, der Veränderungen im Körper bewirkt. Deshalb handelt es sich bei dem Stoff aber noch nicht notwendigerweise um ein Medikament. Denn ansonsten existierte nur die Abgrenzung "Medikament" und "wirkungsloser Stoff". Demgegenüber ist die positive Wirkung von natürlichen bzw. körpereigenen Nahrungsergänzungsstoffen in Abgrenzung zu "Arzneimitteln" seit langem auch von der Rechtsprechung anerkannt.

Ebenso unergiebig ist der Streit um die Frage, ob die Antragsgegnerin hinreichend dargelegt hat, welche "Nährstoffe" konkret in Isoflavonen enthalten sind. Für die Klassifizierung als Nahrungsergänzungsmittel erscheint dem Senat weniger die Zuordnung zu einer bestimmten definierten "Nährstoff-Gruppe", sondern der Umstand entscheidend, dass Isoflavone in dem in A...........(r) enthaltenen Umfang ohne weiteres mit der Nahrung aufgenommen werden können und tatsächlich auch aufgenommen werden.

Schließlich hatte der Antragsgegner-Vertreter in der Senatssitzung unwidersprochen vorgetragen, dass Isoflavone auch in den übrigen Ländern der Europäischen Union nicht als Arzneimittel, sondern als Nahrungsergänzungsmittel eingeordnet werden. Auch dieser Umstand zeigt, dass die Begriffsbestimmung der Antragstellerin die Problemstellung in unzulässiger Weise verkürzt.

ggg. Sofern man die Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln in einem Bereich, in dem im Einzelfall auch Arzneimittel zur Anwendung kommen können, überhaupt - wie dies der Senat sieht - für grundsätzlich zulässig erachtet, wird die Darstellung der Antragsgegnerin in ihrer Gebrauchsinformation für A...........(r) den hieran zu stellenden Erfordernissen gerecht. Sie hat eine zurückhaltende, klare und irrtumsvermeidende Art der Werbung gewählt, die erkennbar darauf bedacht ist, die nahrungsergänzende Funktion ihres Produkts deutlich herauszustellen. Die Produktinformation enthält eine Reihe von allgemeinen Informationen zu der Befindlichkeit der Frau im Klimakterikum und zu deren Ursache. Auch wenn sich diese Angaben in einer konkreten Produktinformation befinden, wird dadurch kein unzutreffender Eindruck erweckt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, wobei der Senat hinsichtlich der Kosten erster Instanz gem. § 92 Abs. 1 ZPO eine einheitliche Verteilung aller Kostenanteile nach dem Umfang des Unterliegens und Obsiegens der Parteien vorgenommen hat.

Ende der Entscheidung

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