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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 26.01.2006
Aktenzeichen: 3 U 146/05
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 4 Nr. 11
HWG § 11 I Nr. 2
HWG § 11 I Nr. 4
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 1
UWG § 4 Nr. 2
UWG § 5
1. Eine Anzeige in einer Fachzeitschrift für Zahnärzte, die sich auch ihrem Inhalt nach nur an Zahnärzte richtet, wendet sich bestimmungsgemäß nicht an das allgemeine Publikum. Es fehlt dann an einer Werbung außerhalb der Fachkreisen i.S. der §§ 11 I, 2 HWG.

2. Wird gegenüber Fachkreisen (Zahnärzten) mit der Abbildung eines niederländischen Zahnarztes in Berufskleidung geworben, kommt keine wettbewerbsrechtliche Unterlassungshaftung des Werbenden unter dem Gesichtspunkt der Umgehung des deutschen Standesrechts in Betracht.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 146/05

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 26. Januar 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter ... nach der am 22.12. 2005 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5.4.2005 (407 O 62/05) teilweise abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 28.1.2005 (312 O 65/05) wird in Bezug auf den Verbotsausspruch zu 2. aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag wird insoweit zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin 80 % und die Antragstellerin 20 %.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für die Berufungsinstanz auf EURO 100.000,- festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien vertreiben Zahnpastaprodukte. Die Antragstellerin beanstandet Fernseh- und Anzeigenwerbung der Antragsgegnerin, in denen mit Empfehlungen und Abbildungen eines Zahnarztes geworben wird.

Die Antragsgegnerin warb für ihre Zahnpasta S. zum einen in einem bundesweit auf RTL ausgestrahlten TV-Werbespot mit einer Empfehlung eines Zahnarztes.

Der in dem TV-Spot auftretende Arzt "Dr. R." ist ein in Deutschland ausgebildeter Zahnarzt, der zunächst bis 2000 in Deutschland tätig war, dann aber in die Niederlande verzog und dort als Zahnarzt niedergelassen ist. Dass er derzeit in den Niederlanden tätig ist, wird durch eine Schrifteinblendung im TV-Spot kenntlich gemacht. Auf das Storyboard in der Anlage zum Verfügungsantrag sowie Anlage Ast 6 (TV-Spot auf CD-ROM) wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin warb weiter in der bundesweit erhältlichen und von der Antragstellerin abonnierten Zeitschrift "Die Zahnarztwoche", Ausgabe 3/05, mit der nachfolgend wiedergegebenen Anzeige (Anlage Ast 2):

(es folgt die Einblendung der Anzeige)

Bei dem in der Anzeige abgebildeten Zahnarzt in Berufskleidung handelt es sich um den besagten Dr. R..

Die Antragstellerin hat die Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet. Zum einen liege ein Verstoß gegen § 4 Nr. 2 UWG unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung der Leichtgläubigkeit durch Missbrauch von Autoritäten vor. Außerdem sei § 4 Nr. 11 UWG verletzt, denn es werde gezielt das Werbeverbot für deutsche Ärzte umgangen. Jedenfalls sei die wettbewerbsrechtliche Generalklausel des § 3 UWG verletzt. Auch liege eine Irreführung gem. § 5 UWG vor, da in der Werbung behauptet werde, Zahnärzte würden aufklären, während sich die Antragsgegnerin nur auf die Empfehlung eines einzelnen Zahnarztes stütze. Die Verallgemeinerung (Zahnärzte) sei mithin weder durch den Fernsehspot noch durch die Anzeigenwerbung gestützt und stelle deshalb eine irreführende Aussage dar.

Auf Antrag der Antragstellerin hat das Landgericht der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung verboten, für die Zahnpaste "S." wie folgt zu werben:

I.

1. mit einem Zahnarzt, der in einem Fernsehwerbespot empfiehlt, die Zahnpasta "S." zu verwenden, nämlich so, wie aus dem nachstehenden Storyboard ersichtlich: (es folgt eine Einblendung).

2. mit dem Slogan "S. und Zahnärzte klären auf" unter Bezugnahme auf die Abbildung einer mit einem weißen Kittel gekleideten Person sowie einem Begleittext mit dem Hinweis auf Empfehlungen von Zahnärzten, nämlich wie nachstehend abgebildet: (es folgt die Einblendung der oben wiedergegebenen Anzeige gem. Anlage Ast 2).

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht Hamburg die Beschlussverfügung mit Urteil vom 5.4.2005 bestätigt.

Gegen das Urteil, auf das Bezug genommen wird, wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung. Nachdem sie die Berufung im Hinblick auf das Verbot zu I.1. (Fernsehwerbung) zurückgenommen hat, ist Gegenstand der Berufung nur noch der

Antrag der Antragsgegnerin,

das Urteil der Kammer für Handelssachen 7 des Landgerichts Hamburg vom 05.04.2005 (Az.: 407 O 62/05) abzuändern und die einstweilige Verfügung der Zivilkammer 12 vom 28.01.2005 im Hinblick auf den Tenor zu I. 2. (Slogan "S. und Zahnärzte klären auf") unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Ergänzend macht sie geltend, die Zeitschrift "Die Zahnarztwoche" werde regelmäßig in Wartezimmern von Zahnärzten ausgelegt. Die streitgegenständliche Anzeige spreche jedenfalls auch das allgemeine Publikum an. Dieses erkenne die TV-Werbung wieder und werde der Anzeige entnehmen, dass auch die Zahnärzte entsprechend angesprochen würden. Bei der Spotwerbung und der Anzeigenwerbung handele es sich um sog. "Kombinationswerbung".

B.

Soweit die Antragsgegnerin ihre Berufung nicht zurückgenommen hat (Antrag zu I.1.: TV-Werbung), hat die zulässige Berufung in der Sache Erfolg (Antrag zu I. 2., Anzeigenwerbung). Denn die Anzeige wendet sich bestimmungsgemäß nur an Fachkreise und nicht an das allgemeine Publikum. Deshalb scheidet eine Wettbewerbswidrigkeit unter den von der Antragstellerin geltend gemachten Gesichtspunkten aus. Im Einzelnen:

I. Gegenstand des Antrags ist die konkrete Verletzungsform, nämlich die Anzeige in der Zeitschrift "Die Zahnarztwoche".

Dass die Anzeige in anderen Publikationen veröffentlicht wurde, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Zwar ist in der Antragsschrift davon die Rede, dass die Antragsgegnerin "u.a." in der Zeitschrift "Die Zahnarztwoche" Werbeanzeigen schalte. Die Antragstellerin hat jedoch konkret keine weitere Zeitschrift vorgetragen, in der die streitgegenständliche Anzeige erschienen sei, und zwar auch nicht nach dem entsprechenden Hinweis des Senats in der mündlichen Berufungsverhandlung.

II. Die streitgegenständliche Anzeige wendet sich bestimmungsgemäß an Fachkreise, nämlich Zahnärzte, und nicht an das allgemeine Publikum.

1. Die Zeitschrift "Die Zahnarztwoche" ist eine Fachzeitschrift, die sich bestimmungsgemäß an Zahnärzte wendet. Dies ergibt sich bereits aus dem Titel der Zeitschrift und ist dem ständig mit heilmittelwerberechtlichen Fragen befassten Senat i.Ü. bekannt (vgl. auch die Angaben auf Internetseite der Zeitschrift unter "www.dzw.de").

2. Die Antragstellerin hat allerdings behauptet, die Zeitschrift werde regelmäßig in Wartezimmern von Zahnärzten ausgelegt und richte sich insoweit auch an das allgemeine Publikum.

a) Diese vom Antragsgegnervertreter in der mündlichen Berufungsverhandlung bestrittene Behauptung hat die Antragstellerin weder durch konkreten Tatsachenvortrag näher substantiiert noch glaubhaft gemacht. Auch den Mitgliedern des Senats, die regelmäßig ihren Zahnarzt aufsuchen, ist eine solche Praxis nicht bekannt, so dass eine Glaubhaftmachung auch von daher nicht entbehrlich ist.

b) Auch aus der Anzeige selbst ergibt sich nicht, dass diese sich bestimmungsgemäß jedenfalls auch das allgemeine Publikum richtet.

aa) So werden in der Anzeige ausdrücklich Zahnärzte angesprochen. Gegenstand der Anzeige ist eine Aufklärungskampagne von S. über das Thema "schmerzempfindliche Zähne", die den Patienten motivieren soll, "mit diesem Problem zum Zahnarzt zu gehen". Sodann wird der Zahnarzt ausdrücklich und persönlich angesprochen, bei dieser Kampagne mitzumachen ("Helfen Sie bei der Aufklärung"; "Zusammen mit Ihrer fachlichen Beratung in der Praxis werden die Patienten umfassend über schmerzempfindliche Zähne und deren Behandlungsmöglichkeiten informiert"; "Ziel: Eine bessere Zahngesundheit Ihrer Patienten"). Sogar der abschließende Werbeslogan "Ihr Partner bei schmerzempfindlichen Zähnen" greift die vorstehende persönliche Ansprache des Zahnarztes auf.

bb) Irgendwelche Anhaltspunkte, dass auch das allgemeine Publikum - etwa Patienten in Wartezimmern - durch die Anzeige angesprochen werden sollen, finden sich nicht. Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin kann ein solcher Anhaltspunkt nicht in der Erwähnung der "TV-Aufklärungskampagne" in der Anzeige gesehen werden. Zwar richtet sich diese Kampagne in der Tat an das allgemeine Publikum. Die Kampagne wird in der Anzeige jedoch zum Anlass genommen, Zahnärzte anzusprechen und diese zu einem weiteren Teil dieser sich an die Patienten richtenden Aufklärungskampagne zu machen ("Helfen Sie bei der Aufklärung. Zusammen mit Ihrer fachlichen Beratung in der Praxis ..."). Die Erwähnung der TV-Kampagne ist damit nur Aufhänger für die persönliche Ansprache der Zahnärzte und nicht ein sich an den allgemeinen Verkehr gerichtetes Mittel zur Wiedererkennung und damit zur Schaffung von Aufmerksamkeit i.S. einer "Kombinationswerbung".

cc) Allerdings handelt es sich bei der Anzeige um Produktwerbung, ein werblicher Effekt dürfte faktisch allein aufgrund der Nennung der Marke und des übrigen Inhalts auch gegenüber einem Patienten erreicht werden, der die Anzeige zur Kenntnis nimmt. Auf einen solchen werblichen Reflex kommt es jedoch aus Rechtsgründen für die hier auf Wettbewerbsrecht gestützten Anträge nicht an. Denn maßgebend für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung ist bekanntlich allein die Zielgruppe, an die sich die Werbung richtet (vgl. Baumbach/Hefermehl-Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 1 Rnrn. 20, 27 m.w.N.). Wendet sich der Werbende gezielt an eine bestimmte Bevölkerungsgruppe (z.B. Fachleute), so muss er sich an einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Angehörigen dieser Gruppe orientieren (Köhler a.a.O. Rn. 27). Gewisse Streuwirkungen bei für das Fachpublikum bestimmte Medien, die dadurch entstehen, dass letztlich fast alle Fachmedien über öffentliche Bibliotheken, Fachbuchhandlungen usw. jedem zugänglich sind, sind hinzunehmen (Doepner, HWG, 2. Aufl. 2000, § 2 Rn. 14). Nichts anderes gilt für Fachpublikationen, die sich allein an Ärzte wenden und von diesen ggf. im Wartezimmer auch ihren Patienten zugänglich gemacht werden. Ob insoweit etwas anderes für Publikationen gilt, die bestimmungsgemäß - etwa nach Art einer Kundenzeitschrift - dem Verbraucher zugänglich gemacht werden sollen, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Antragstellerin hat weder nachvollziehbar dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass es sich bei der Zeitschrift "Die Zahnarztwoche" um eine solche Kundenzeitschrift bzw. jedenfalls um eine Fachzeitschrift mit sich teilweise an die Kunden des Fachkreises wendenden Inhalt und damit um eine Zeitschrift mit einem doppelten bestimmungsgemäßem Adressatenkreis handelt. Ob sich in dem hier konkret maßgebenden Heft 3/05 der "Zahnarztwoche" entsprechende Anhaltspunkte finden lassen, kann der Senat nicht beurteilen. Die Antragstellerin hat nur eine Kopie der Anzeige und kein vollständiges Exemplar der Zeitschrift eingereicht.

III. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich der Antrag nicht aus HWG bzw. §§ 3, 4 UWG. Auch eine relevante Irreführung gem. §§ 3, 5 UWG ist nicht gegeben.

1. Die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gem. § 4 Nr. 11, § 11 I Nr. 2, 4 HWG sind nicht gegeben. Es fehlt aus den vorstehend erörterten Gründen an einer Werbung außerhalb der Fachkreise i.S. der § 11 I i.V.m. § 2 HWG.

2. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 3, 4 Nrn. 1, 2 UWG.

a) Gem. § 4 Nr. 2 UWG handelt unlauter i.S. des § 3 UWG, wer Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit insbesondere von Kunden oder Jugendlichen, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen.

Vorliegend wird durch die angegriffene Anzeigenwerbung nicht die Leichtgläubigkeit von Verbrauchern ausgenutzt.

Hier kommt allenfalls eine Ausnutzung der Leichtgläubigkeit unter dem Gesichtspunkt des Autoritäts- und Vertrauensmißbrauchs in Betracht. Eine Autoritätswerbung ist dadurch geprägt, dass eine Autoritätsperson, dem der Umworbene besonderes Vertrauen entgegen bringt, wirbt. Die Autoritätswerbung verstößt unter dem Gesichtspunkt des Autoritäts- und Vertrauensmißbrauchs gegen § 4 Nr. 2 UWG, wenn sie zu einer zum Zeitpunkt der maßgeblichen Kaufentscheidung fortwirkenden unsachlichen Beeinflussung führt (Harte/Henning-Stuckel, UWG, § 5 Rn. a.a.O. Rn. 20). Zwar ist eine Einbindung von Autoritätspersonen im Allgemeinen in der Werbung unbedenklich. Allerdings kann das Einspannen von Autoritätspersonen in der Werbung gegen § 4 Nr. 2 verstoßen, wenn auch ein verständiger Verbraucher die Objektivität und Neutralität einer eingeschalteten Vertrauensperson zur Grundlage seiner Kaufentscheidung macht (Stuckel a.a.O. Rn. 22 a.E.). Dies mag insbesondere bei einer werblichen Einspannung von Ärzten in Betracht kommen (Stuckel a.a.O., Rn. 23; Baumbach/Hefermehl-Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, § 4 Rnrn. 2.25), gilt aber selbstverständlich nicht bei Werbung gegenüber Ärzten, sondern allenfalls bei einer Werbung unter Einspannung von Ärzten gegenüber dem allgemeinen Publikum. Nur dann kommt eine erhöhte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung in Betracht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - durch die Werbung Ärzte derselben Fachrichtung angesprochen sind.

b) Auch ein Verstoß gegen die §§ 3, 4 Nr. 1 UWG kommt aus diesen Gründen nicht in Betracht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidungsfreiheit von Zahnärzten im Hinblick auf den Erwerb von Zahnpasta durch eine Werbung mit zahnärztlichen Empfehlungen bzw. der Abbildung eines Kollegen in Berufskleidung unangemessen unsachlich beeinflusst wird.

3. Ein Verstoß gegen die §§ 3,4 Nr. 11 UWG i.V.m. Vorschriften der ärztlichen Berufsordnungen, die eine werbliche Tätigkeit von Ärzten u.a. für Körperpflegemittel oder ähnliche Waren verbieten (z.B. § 34 Abs. 3 MBO-Ä 1997, Anlage Ast 4), ist ebenfalls nicht gegeben.

Die Antragsgegnerin ist nicht Normadressat dieser für Ärzte geltenden Berufsordnung. Die Antragstellerin hat auch nicht behauptet, dass die Antragsgegnerin deutsche Ärzte, die an berufsrechtliche Vorschriften gebunden wären, in ihre Werbeaktionen einbindet, die Gegenstand der streitbefangenen Anzeige sind, so dass eine Teilnehmer- oder Störerhaftung der Antragsgegnerin insoweit ebenfalls ausscheidet.

4. Auch ein Verstoß unmittelbar gegen die Generalklausel des § 3 UWG kommt nicht in Betracht.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin mit der sich an Fachkreise wendenden Anzeige eine unlautere Wettbewerbshandlung begeht, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.

a) Die Antragstellerin macht insoweit eine Umgehung des deutschen Standesrechts für Ärzte geltend. Ein Verstoß gegen § 3 UWG bzw. § 134 BGB unter dem Gesichtspunkt der Umgehung scheitert jedoch an allgemeinen Grundsätzen.

Es ist anerkannt, dass das Verbot von Umgehungsverhalten ausgehend vom Zweck der maßgeblichen Verbotsnorm zu bestimmen ist. Will diese nur einen bestimmten Weg zur Erreichung eines an sich zulässigen Erfolgs verbieten, ist das den gleichen Erfolg auf andere Weise herbeiführende Geschäft wirksam. Unwirksam ist dagegen ein Geschäft, das einen verbotenen Erfolg durch Verwendung von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, die (scheinbar) nicht von der Verbotsnorm erfasst werden (vgl. zum Ganzen Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl. 2005, § 134 Rn. 28 m.w.N.).

b) Vorliegend ergibt sich aus §§ 11 I, 2 HWG, dass eine Werbung mit Angaben zahnärztlicher Empfehlungen sowie mit der bildlichen Darstellung von Personen in Berufskleidung oder bei der Ausübung der Tätigkeit von Angehörigen der Heilberufe nur außerhalb von Fachkreisen unzulässig ist. Denn bei den Verbotstatbeständen des § 11 HWG handelt es sich um abstrakte Gefährdungsdelikte, die eine unsachliche Beeinflussung oder Irreführung des Laienpublikums verhindern sollen (vgl. Doepner, HWG, 2. Aufl. 2000, § 11 Rn. 6 f.). Hier wurde jedoch gegenüber Fachkreisen geworben. Da, wie bereits dargelegt, aus diesem Grunde auch keine sonstigen Unlauterkeitstatbestände i.S. der §§ 3, 4 vorliegen, ist eine entsprechende Werbung gegenüber Fachkreisen zulässig und kann nicht als verbotener Erfolg i.S. des Umgehungsverbots angesehen werden.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus berufsrechtlichen Vorschriften. Diese können allein die beruflichen Pflichten der in ihrem Anwendungsbereich fallenden Ärzte regeln und allein für diese Verhaltensregeln aufstellen. Für Personen, die nicht Normadressat sind, also insbesondere für im Ausland zugelassene und nicht in Deutschland tätige Ärzte, können sie keine "verbotenen Erfolge" normieren.

d) Weiter Umstände, die einen Verstoß gegen die Generalklausel des § 3 UWG nahelegen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Insbesondere hat die Antragstellerin die Anzeige mit der Fassung ihres Antrags und dessen Begründung nicht unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung der durch die Anzeige angesprochenen deutschen Zahnärzte zu einer berufsordnungswidrigen Werbung für S. gegenüber ihren Patienten angegriffen. Sie hat vielmehr allein die werbliche Wirkung der Anzeige auf das allgemeine Publikum zum Gegenstand ihres Antrags gemacht. Ob die Anzeige unter dem genannten Gesichtspunkt der Anstiftung wettbewerbswidrig wäre, kann deshalb auf sich beruhen.

4. Auch eine Irreführung gem. §§ 3, 5 UWG liegt nicht vor.

Die Verwendung des Plural in der Anzeige ist nicht irreführend.

Eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt, dass es objektiv allenfalls einen Arzt gibt, der S. empfiehlt, scheidet bereits deswegen aus, weil die Antragstellerin gar nicht behauptet, dass nur Dr. R. S. empfehle und sich kein weiterer Arzt finden würde, der eine solche Empfehlung aussprechen würde. Die Antragstellerin beruft sich vielmehr allein darauf, dass eine Verallgemeinerung auf den Plural durch die Anzeige selbst nicht gestützt werde, da diese nur Bezug auf einen einzigen Zahnarzt nehme.

Diese Argumentation ist bereits deshalb unschlüssig, weil die "Bezugnahme" in der Anzeige auf einen einzigen Zahnarzt, offenbar meint die Antragstellerin insoweit die Abbildung, auf der in der Tat nur eine Person in ärztlicher Berufskleidung zu sehen ist, nicht bedeutet, dass es nicht auch weitere (nicht abgebildete) Ärzte geben kann, die eine entsprechende Empfehlung aussprechen. Dass dies objektiv so sei, es also tatsächlich nur einen einzigen empfehlenden Arzt gebe, behauptet die Antragstellerin aber gar nicht.

Im Übrigen erhält der zum Gegenstand des abstrakten Antragsteils gemachte Slogan "S. und Zahnärzte klären auf" nach dem Kontext der Anzeige, die in ihrer Gesamtheit zum Gegenstand des Antrags gemacht wurde, den Erklärungswert, dass mit "Zahnärzte" auch solche gemeint sind, die erst aufgrund der streitgegenständlichen Anzeige für die Aufklärungskampagne der Antragstellerin gewonnen werden sollen. Kern der Anzeige ist der Appell an Zahnärzte, sich an der Kampagne der Antragsgegnerin zu beteiligen. Der Slogan umreißt damit in der Art eines Mottos die Zielvorstellung der Kampagne, der sich möglichst viele Zahnärzte anschließen sollen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 516 III ZPO.

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