Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: 3 U 161/99
Rechtsgebiete: GG, BGB, UrhG


Vorschriften:

GG Art. 1
GG Art. 5
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 823
BGB § 1004
UrhG § 31
UrhG § 32
1. Die vertragliche Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten kann sich im Wege der Vertragsauslegung ergeben (hier: vertragsgemäße Übergabe von Briefen unter Einräumen des Zitatrechts).

2. Zum postmortalen Persönlichkeitsrecht bei dem Veröffentlichen von Briefzitaten aus der Privatsphäre.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

3 U 161/99

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 21. August 2003 durch die Richter Gärtner, v. Franqué, Spannuth beschlossen:

Tenor:

Die Kosten des Rechtsstreits werden mit der Maßgabe gegeneinander aufgehoben, dass die Drittwiderbeklagte keine Kosten zu tragen hat und ihre außergerichtlichen Kosten die Beklagten zu tragen haben.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf insgesamt 84.363,16 € (= 165.000 DM) festgesetzt. Hiervon entfallen auf die Unterlassungsanträge 56.242,11 €, auf den Auskunftsantrag 11.248,42 € und auf den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht 16.872,63 €.

Gründe:

Die Parteien haben sich in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 26. Juli 2003 im Rahmen eines Vergleichs darauf geeinigt, dass das Gericht eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO treffen soll. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen wie tenoriert auf die Parteien zu verteilen.

I.

Die Kläger und die in der Berufungsinstanz hilfsweise in Anspruch genommene Widerbeklagte

I. W. sind die Kinder und gesetzliche Erben des am 17. Oktober 1966 verstorbenen Regisseurs und Festspielleiters Wieland Wagner und seiner am 13. Juli 1998 verstorbenen Ehefrau Gertrud Wagner, geb. Reisinger. Wieland Wagner ist Enkel des berühmten Komponisten Richard Wagner.

Die Kläger haben in erster Instanz die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung begehrt, und zwar im Hinblick auf ihrer Auffassung nach ohne Genehmigung in einem im Juli 1998 im Verlag der Beklagten zu 1) erschienenen und von der Beklagten zu 2) verfassten Buch "Hinter Wahnfrieds Mauern - Gertrud Wagner. Ein Leben" abgedruckte Zitate aus Briefen Wieland Wagners sowie von Wieland Wagner geschaffene Fotos und ein Porträtgemälde seines Großvaters Richard Wagner.

Durch Urteil vom 18. Juni 1999 hat das Landgericht der Klage im Hinblick auf das Porträt Richard Wagners und die Fotos vollen Umfangs stattgegeben, hinsichtlich der Briefzitate wurde dem Feststellungsantrag zur Schadensersatzpflicht stattgegeben, die Anträge auf Unterlassung und Auskunftserteilung wurden insoweit abgewiesen.

Gegen das Urteil hat sich die Berufung der Kläger wegen der Versagung der Ansprüche im Hinblick auf die Briefzitate gerichtet, sie haben ihre erstinstanzlichen Anträge auf Unterlassung und Auskunftserteilung weiter verfolgt.

Die Beklagten haben im Rahmen ihrer Anschlussberufung die vollständige Klageabweisung beantragt. Sie haben weiter hilfsweise Widerklage und - gegen I. W. - Drittwiderklage mit dem Antrag erhoben,

die Kläger und die Drittwiderbeklagte zu verurteilen, der Beklagten zu 1) die für die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bilder, Fotos und Briefe von Wieland Wagner in dem Buch "Hinter Wahnfrieds Mauern - Gertrud Wagner. Ein Leben" erforderlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte einzuräumen.

Die Kläger haben beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen sowie die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Drittwiderbeklagte hat beantragt,

(1.) das Verfahren gegen die Dritthilfswiderbeklagte abzutrennen;

(2.) die Dritthilfswiderklage als unzulässig abzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger und die zulässige Anschlussberufung der Beklagten einschließlich der von den Beklagten hilfsweise erhobene (Dritt-) Widerklage wären voraussichtlich jeweils - jedenfalls ganz überwiegend - ohne Erfolg geblieben. Demgemäß entspricht es der Billigkeit (§§ 91 a, 92 Abs. 2 ZPO), die Kosten beider Instanzen entsprechend dem Beschlussausspruch zu verteilen.

1.) Die Klageanträge der Kläger auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung des Buchs "Hinter Wahnfrieds Mauern - Gertrud Wagner. Ein Leben", wenn und soweit dort die streitgegenständlichen Zitate aus bislang unveröffentlichten Briefen von Wieland Wagner enthalten sind, und zwar aus den Briefen gemäß den Anträgen zu 1.) bis 30.) und zu 32.) sowie der auf diese Briefe bezogene Antrag auf Auskunftserteilung waren auch nach Auffassung des Senats nicht begründet. Insoweit wäre die Berufung der Kläger voraussichtlich erfolglos geblieben.

(a) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch stand den Klägern nicht zu. Im Hinblick auf die Briefe gemäß den Anträgen zu 1.) bis 30.) und zu 32.) haben die Kläger die Vervielfältigung und Verbreitung des Buches mit den entsprechenden Briefzitaten genehmigt. Insoweit ist der Beklagten zu 1) jedenfalls ein Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht eingeräumt worden, so dass die zwischen den Parteien umstrittene Frage dahinstehen kann, ob den Klägern als Erben des Urheberrechts Wieland Wagners urheberrechtliche Verwertungsrechte bezüglich dieser Briefe zustanden. Im Einzelnen:

(aa) Aus dem Briefvertrag vom 31. Oktober/9. Dezember 1995 ergibt sich Verpflichtung der Gertrud Wagner, der Beklagten zu 1) in ihrem Besitz befindliche Briefe Wieland Wagners zu übergeben und der Beklagten zu gestatten, diese Briefe in dem geplanten Buch über das Leben Gertrud Wagners auch zu zitieren.

Zwar ist eine entsprechende Verpflichtung in dem Briefvertrag nicht ausdrücklich benannt worden. Eine ausdrückliche Regelung ist aber auch nicht erforderlich, und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - die Vertragsformulierungen von einem Verlag vorgenommen werden. Eine vertragliche Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten kann sich vielmehr auch im Wege der Vertragsauslegung ergeben.

Dabei sind neben besonderen urheberrechtlichen Grundsätzen, insbesondere der Zweckübertragungslehre, die allgemeinen privatrechtlichen Auslegungsregeln gemäß §§ 133, 157 BGB zu berücksichtigen (Schricker, Urheberrecht, 2. Auflage, §§ 31/32 UrhG, Rn. 9 f.).

Sowohl aus dem Vertragstext und den Umständen als auch aus dem Vertragszweck folgt vorliegend, dass Gertrud Wagner verpflichtet war, der Beklagten zu 1) zu gestatten, die streitgegenständlichen Briefe in dem Buch über ihr Leben zu zitieren.

Der Briefvertrag ist als gegenseitiger Vertrag abgeschlossen worden. Für die Leistung, die Beklagte zu 2) mit persönlichen Informationen und Material für das geplante Buch über ihr Leben zu unterstützen, stand Gertrud Wagner ein Zahlungsanspruch in Höhe von 10.000 DM sowie ein Behaltensrecht betreffend den ihr bereits im Hinblick auf einen im Jahre 1992 geschlossenen Verlagsvertrag mit der Beklagten zu 1) ausbezahlten Betrag von 30.000 DM zu. Dass das nach dem Vertrag zu übergebende Material auch Briefe enthalten sollte und die Beklagte zu 1) insoweit das Recht zum Zitieren dieser Briefe in dem zu veröffentlichenden Buch erhalten sollte, ergibt sich aus dem drittletzten Absatz des Vertrages, in dem es heißt:

"...Bei der Veröffentlichung von Zitaten aus Ihren Briefen, Dokumenten und Tagebüchern haben Sie das Recht, nach Erstellung des Manuskripts, die wortgenaue Wiedergabe zu überprüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen...."

Ein Recht zur Überprüfung korrekter Zitate setzt jedoch, soll es überhaupt einen Sinn haben, voraus, dass auch das Zitatrecht selbst eingeräumt wird oder bereits besteht.

Nach den Umständen ging es bei dieser vertraglichen Bestimmung nicht allein um Briefe, welche Gertrud Wagner selbst verfasst hatte, sondern jedenfalls auch um solche Wieland Wagners. Für ein Buch über das Leben Gertrud Wagners waren nicht allein die von ihr selbst verfassten Briefe interessant, sondern auch die von ihrem Ehemann Wieland geschriebenen. Denn gerade die eheliche Verbindung mit Wieland als einem exponierten Mitglied der weltbekannten Familie Wagner ist der Gesichtspunkt, welcher das öffentliche Interesse an der Person der Gertrud Wagner, geb. Reisinger, wesentlich mitbestimmt und deshalb Grundlage des gesamten Buchprojekts war. Es liegt deshalb auf der Hand, dass ein Buch über das Leben seiner Ehefrau auch die Person Wieland Wagners behandeln sollte und deshalb für die Beklagte gerade auch die Auswertung der von Wieland Wagner geschriebenen Briefe von Interesse war. Die Verpflichtung zur Einräumung eines entsprechenden Zitatrechts entsprach damit auch dem Vertragszweck im Sinne des § 31 Abs. 5 UrhG bzw. der allgemeinen Zweckübertragungslehre.

Bestätigt wird dies durch die im Rahmen der Vertragsauslegung zu berücksichtigenden tatsächlichen Vertragsdurchführung. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass aufgrund dieses Vertrages eben nicht nur von Gertrud Wagner verfasste, sondern auch die streitgegenständlichen Briefe Wieland Wagners übergeben wurden.

Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien in Bezug auf die Auswertung danach differenzieren wollten, wer Urheber der übergebenden Briefe war, sind weder von den Klägern vorgetragen worden noch sind sie sonst ersichtlich. Der Wortlaut der Vertragsbestimmung, in dem von "Ihren" Briefen die Rede ist, bezog sich nach alledem nicht auf die Urheberschaft, sondern auf die Besitzverhältnisse an den Briefen.

(bb) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Gertrud Wagner der Beklagten zu 1) zur Unterstützung der Arbeiten an dem Buch in der Folgezeit auch die streitgegenständlichen Briefe übergeben hatte. Nach den Umständen erfolgte diese Übergabe in Erfüllung der Pflichten aus dem Briefvertrag. Dass dies auch die Kläger so sehen, ergibt sich jedenfalls daraus, dass diese von der Beklagten zu 1) den vertraglichen Honorarbetrag verlangt und entgegengenommen haben. Dies lässt den Schluss zu, dass in der Übergabe des Materials einschließlich der von Wieland Wagner geschriebenen Briefe durch Gertrud Wagner auch aus Sicht der Kläger eine Vertragserfüllung zu sehen war.

(cc) In der Übergabe u. a. der Briefe in Erfüllung des Briefvertrages liegt jedoch angesichts dessen, dass der Vertrag - wie dargelegt - auch zur Einräumung des Rechts zum Zitat dieser Briefe im Buch verpflichtet, nicht nur die Erfüllung der Übergabeverpflichtung, sondern jedenfalls konkludent nach den Umständen auch die Erfüllung der Pflicht zur Einräumung der im Hinblick auf die Aufnahme der Briefzitate in das Buch benötigten Nutzungsrechte im Sinne des § 31 UrhG. Es kann deshalb dahinstehen, ob das Zitatrecht selbst bereits im Vertrag vom 31. Oktober/9. Dezember 1995 konkludent eingeräumt wurde.

(dd) Allerdings ergibt sich aus der Einräumung der erforderlichen Nutzungsrechte durch Gertrud Wagner allein noch kein hinreichendes Zitatrecht. Denn diese Rechteeinräumung war schwebend unwirksam.

Gertrud Wagner war im Hinblick auf eventuelle Urheberrechte ihres verstorbenen Mannes an den Briefen nicht allein, sondern als Mitglied der aus ihren Kindern (den Klägern sowie der Drittwiderbeklagten I. W. ) und ihr bestehenden Erbengemeinschaft gemäß § 2040 Abs. 1 BGB nur gemeinsam verfügungsbefugt. Gemäß § 28 Abs. 1 UrhG gehörte zum Nachlass Wieland Wagners, der gemäß § 2032 BGB gemeinschaftliches Vermögen der Erben geworden ist, auch ein eventuelles Urheberecht Wieland Wagners an den streitgegenständlichen Briefen.

(ee) Die durch die Miterbin Gertrud Wagner vorgenommene - schwebend unwirksame - Einräumung des Rechts zum Zitat der Briefe ist jedoch im Hinblick auf die Briefe gemäß den Anträgen zu 1.) bis 30.) und zu 32.) von den Klägern sowie I. W. und damit von den übrigen Miterben der Erbengemeinschaft genehmigt und damit endgültig ex tunc wirksam geworden (§ 185 Abs. 2 Satz 1, 1. Fall, § 184 Abs. 1 BGB).

Eine solche Genehmigung liegt in dem Schreiben der Kläger sowie der Drittwiderbeklagten I. W. vom 12. Juni 1998 an die Beklagte zu 2), welches ausweislich der Fußzeile in Kopie auch an die Beklagte zu 1) gegangen ist (Anlage B 2).

Zwar werden dort die streitgegenständlichen Briefzitate nicht ausdrücklich genehmigt.

Das Schreiben ist jedoch dahingehend auszulegen, dass die Miterben mit den streitgegenständlichen Zitaten jedenfalls der in Rede stehenden Briefe einverstanden waren.

Willenserklärungen sind nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB ausgehend vom Wortsinn unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände, insbesondere ihrer Entstehungsgeschichte und der Interessenlage, so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (vgl. nur Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Auflage, 2002, § 133 BGB, Rn. 14 ff. m. w. N.).

Mit dem Schreiben vom 12. Juni 1998 reagierten die Kläger sowie die Drittwiderbeklagte auf die vorherige Übersendung des Manuskripts der Beklagten zu 2). In diesem Manuskript waren unstreitig sämtliche vorliegend streitgegenständlichen Briefzitate enthalten. Die Kläger machen auch nicht geltend, diese nicht gelesen oder als Zitate wahrgenommen zu haben. Dennoch enthält das Schreiben keine ausdrückliche oder konkludente Untersagung dieser Zitate oder - allgemeiner - der Veröffentlichung des Buchtextes in der Form des Manuskriptes, also unter Einschluss der Briefzitate. Die Kläger und die Drittwiderbeklagte verlangen nach dem klaren Wortlaut des Schreibens vielmehr ausschließlich, dass ihre Namen aus der aufgeführten Liste der Personen und Institutionen gestrichen werden sollten, denen im Vorwort Dank gesagt wurde. Zur Begründung wenden sich die Kläger gegen den Inhalt des Textes, welcher in keiner Weise deren Wahrnehmung der geschilderten Personen oder Ereignisse entsprechen würde. Weder die Zitate selbst noch die Auswahl oder Form der Zitate werden bemängelt.

Nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Interessenlage und der Entstehungsgeschichte der Erklärung konnte die Beklagte zu 2) diese Äußerung jedoch dahingehend verstehen, dass die Kläger und die Drittwiderbeklagte gegen die Veröffentlichung des Manuskripts einschließlich der Briefzitate keine Einwände erheben. Dies ist für eine Genehmigung im Sinne des § 185 Abs. 2 BGB, die kein positives Gutheißen der schwebend unwirksamen Verfügung verlangt, sondern auch konkludent erklärt werden kann, ausreichend.

Zu berücksichtigen ist insoweit, dass sich der namentliche Dank der Autorin im Vorwort ausdrücklich auf die "Abdruckgenehmigung von Briefen und Aufzeichnungen" der Kläger sowie der Drittwiderbeklagten bezog. Wenn sich die Kläger danach nur gegen die namentliche Danksagung, nicht aber gegen die Behauptung der Erteilung einer Abdruckgenehmigung wenden, hat dies den Erklärungswert, dass eine solche Genehmigung nicht in Abrede gestellt werden soll.

Im Hinblick auf die Interessenlage ist weiter zu beachten, dass die Vorabübersendung des Manuskripts erkennbar den Zweck gehabt hat, der Erbengemeinschaft Gelegenheit zur Äußerung zu geben, bevor aus dem Manuskript unter Aufwendung erheblicher Kosten ein Buch hergestellt und dieses dann unter weiterem Kostenaufwand vertrieben werden sollte. Diese Interessenlage der Beklagten hatten die Kläger nach Treu und Glauben bei ihrer Antwort zu beachten. Wenn sie sich dennoch allein gegen die namentliche Danksagung, nicht aber gegen die Herstellung und den Vertrieb des Buches also solches bzw. speziell gegen die streitgegenständlichen Briefzitate sowie die Berühmung einer Abdruckgenehmigung von Briefen wenden, dann mussten sie davon ausgehen, dass das Buch - lediglich abgeändert im Hinblick auf die Danksagung - ansonsten aber inhaltlich unverändert herausgegeben werden würde. Ob die Kläger bzw. die Drittwiderbeklagte tatsächlich eine juristische Bewertung der Zitate vorgenommen bzw. aktuell an die Zitatproblematik gedacht hatten, ist unerheblich, da es vorliegend um die Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung geht, für welche die objektive Erklärungsbedeutung maßgebend ist. Einen irgendwie gearteten Vorbehalt näherer oder juristischer Überprüfung lässt sich dem Schreiben vom 12. Juni 1998 jedenfalls nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Für das vorstehend dargelegte Verständnis des Schreibens vom 12. Juni 1998 spricht schließlich, dass die Beklagte zu 2) das Schreiben auch vor dem Hintergrund des Briefes der Klägerin zu 1) vom 24. Mai 1998 (Anlage K 2) lesen durfte. Darin wird zwar wiederholt die Verwertung von Briefen in dem Manuskript angesprochen, jedoch, was noch näher ausgeführt werden wird, lediglich das wörtliche (nicht inhaltliche) Zitat eines einzigen Briefes, nämlich nach den Umständen des Briefes gemäß dem Antrag zu 31.) beanstandet. Daraus konnte die Beklagte zu 2) im Gegenschluss entnehmen, dass jedenfalls die Klägerin zu 1) die übrigen Briefzitate hinnehmen wollte. Weitere - abweichende -Reaktionen einzelner Miterben gab es vor dem gemeinsamen Schreiben vom 12. Juni 1998 nicht.

Allerdings liegt in dem Schreiben der Klägerin zu 1) vom 24. Mai 1998 (Anlage K 2) zugleich die Verweigerung ihrer Genehmigung für den dort auf der letzten Seite, 1. Absatz, genannten Brief. Insoweit fehlt es, da die Verweigerung einer Genehmigung unwiderruflich ist (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Auflage, 2002, § 184 BGB, Rn. 4) und daher auch durch das spätere, auch von der Klägerin zu 1) unterschriebene Schreiben vom 12. Juni 1998 nicht unwirksam geworden sein kann, hinsichtlich dieses einen Briefes an der erforderlichen Genehmigung jedenfalls eines Miterben und damit gemäß § 2040 Abs. 1 BGB an einer wirksamen Verfügung über ein etwaiges urheberrechtliches Verwertungsrecht. Nach den Umständen handelt es sich bei diesem Brief um den im Antrag zu 31.) genannten Brief an alle Kinder Wieland Wagners vom 30. Juli 1966. Denn dies ist der einzige streitgegenständliche Brief an alle Kinder, welcher "zur Gänze" im Sinne des Schreibens gemäß Anlage K 2 zitiert wird und dessen Inhalt, nämlich die Schilderung der Folgen ehelicher Untreue Wieland Wagners, den "Sakralbereich" der Kinder beeinträchtigen könnte.

(ff) Unerheblich ist, ob die Kläger nach dem Schreiben vom 12. Juni 1998, insbesondere mit der Abmahnung vom 2. Juli 1998 (Anlage Ast 6 der Beiakte Landgericht Hamburg 308 O 213/98) und dem der Abmahnung folgenden Verfügungsverfahren (mit diesem Aktenzeichen) ihre Genehmigung widerrufen haben. Denn eine einmal erteilte Genehmigung ist als rechtsgestaltende Erklärung unwiderruflich (Palandt- Heinrichs, a. a. O., § 184 BGB, Rn. 4).

(b) Wegen der demgemäß vorliegenden Genehmigung der Vervielfältigung und Verbreitung des Buches mit den in Rede stehenden Briefen kann dahingestellt bleiben, ob diese Briefe urheberrechtlich geschützt sind, wie das Landgericht gemeint hat, oder nicht.

2.) Ob die Klageanträge der Kläger auf Unterlassung und Auskunftserteilung hinsichtlich der Vervielfältigung und Verbreitung des beanstandeten Buches begründet waren, wenn und soweit der Brief Wieland Wagners an die Kläger sowie die Drittwiderbeklagte vom 30. Juli 1966 gemäß Antrag zu 31.) enthalten ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, da dies die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen im Ergebnis nicht beeinflusst (§ 92 Abs. 2 ZPO).

(a) Eine Genehmigung der Verwendung des Zitates dieses Briefes bei der Veröffentlichung und Verbreitung des Buches wurde allerdings nicht von der gesamten Erbengemeinschaft erteilt.

(b) Die in Rede stehenden Klageanträge waren aus dem Gesichtspunkt der Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts Wieland Wagners nicht begründet.

Zwar endet der rechtliche Schutz der Persönlichkeit gemäß Art. 1 Abs. 1 GG nicht mit dem Tode, sondern der allgemeine Wert- und Achtungsanspruch besteht für eine gewisse Zeit fort (BGHZ 107, 384, 391 m. w. N.). Vorliegend ist jedoch bereits zweifelhaft, ob ein entsprechender Schutz wegen der seit dem Tod Wieland Wagners im Jahre 1966 vergangenen Zeit bereits entfallen ist. Denn anders als bei einem bildenden Künstler, der seiner Nachwelt ein bleibendes Werk hinterlässt, und bei dem das künstlerische Ansehen deshalb noch Jahrzehnte nach dem Tod fortbestehen kann, ohne dass der erforderliche Bezug zur Person des Verstorbenen verloren geht, wird ein ausübender Künstler, z. B. ein Theaterregisseur, in der Regel nur seinen Zeitgenossen in Erinnerung bleiben (BGHZ 107, 384, 393). Zwar ist Wieland Wagner, wie dieser Fall zeigt, auch als Fotograf und Maler tätig gewesen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob er aufgrund dieser Tätigkeit als bildender Künstler oder nicht vielmehr als Opernregisseur in besonderer Erinnerung geblieben ist.

Letztlich kann die Frage des zeitlichen Schutzaspekts jedoch auf sich beruhen.

Denn das postmortale Persönlichkeitsrecht schützt das fortwirkende Lebensbild eines Verstorbenen allein gegen schwerwiegende (BGHZ 107, 384, 391), insbesondere grob ehrverletzende Entstellungen (Palandt-Thomas, BGB, 61. Auflage, § 823 BGB, Rn. 180 m. w. N.). Hierfür fehlen jedoch im Hinblick auf die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Briefzitats hinreichende Anhaltspunkte, zumal das Zitat unverkürzt wiedergegeben wurde und deshalb auch nicht unter dem Gesichtspunkt des inhaltsentstellenden Weglassens von für die Gesamtbeurteilung des Briefes maßgebenden Teilen entstellend sein kann (vgl. dazu BGHZ 31, 308, 311 f.).

Aus dem persönlichen Inhalt des Briefes selbst ergibt sich offenbar auch nach Auffassung der Kläger keine entsprechende Entstellung des Lebensbildes des Vaters, denn eine inhaltliche Wiedergabe sollte nach ausdrücklicher Stellungnahme der Klägerin zu 1) in dem Schreiben vom 24. Mai 1998 (Anlage K 2) möglich sein. Damit ist der Umstand, dass Wieland Wagner eine außereheliche Beziehung hatte, auch nach Auffassung der Klägerin zu 1) nicht geeignet, das fortwirkende Lebensbild des Vaters schwerwiegend zu entstellen. Anhaltspunkte dafür, dass dies eine singuläre Einschätzung der Klägerin zu 1) war und die anderen Kläger dies abweichend gesehen haben, sind nicht vorgetragen.

c) Die Klageanträge waren auch aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB nicht begründet.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. Durch den Brief vom 30. Juli 1966 wird auch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger eingegriffen.

Allerdings ist insoweit nicht die grundsätzlich absolut geschützte Intimsphäre betroffen, zu der die innere Gedanken- und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen wie vertrauliche Briefen, Tagebuchaufzeichnungen sowie die Angelegenheiten gehören, für die ihrer Natur nach Anspruch auf Geheimhaltung besteht, z.B. der Gesundheitszustand oder Einzelheiten über das Sexualleben (Palandt-Thomas, a. a. O., § 823 BGB, Rn. 178). Zwar geht es in dem Brief um die innere Gefühlswelt des verstorbenen Wieland Wagners in Bezug auf seine außereheliche Beziehung, was dessen Intimsphäre betreffen mag. Die betroffene Sphäre der Kläger ist jedoch eine andere, da sie lediglich als Familienmitglieder von dieser Thematik betroffen sind. Eingegriffen wird insoweit in die Privatsphäre der Kläger, welche das Leben im häuslichen oder Familienkreis und das sonstige private Leben umfasst (Palandt-Thomas, a. a. O.).

Diese Sphäre ist durch den Inhalt des Briefes betroffen, weil in ihm der Ehebruchs des Vaters und die Bewältigung dieses Ereignisses in der Familie Wagner, auch das Verhältnis der Kläger zur Mutter und zum Vater sowie zur Partnerin Wieland Wagners, angesprochen sind.

Die für einen Abwehranspruch notwendige Widerrechtlichkeit des Eingriffs wird, da es sich bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht um einen offenen Tatbestand handelt, nicht durch den tatbestandlichen Eingriff indiziert. Nötig ist vielmehr in jedem Einzelfall unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände, insbesondere des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, abzugrenzen, ob der Eingriff befugt war oder nicht. Maßgebend für diese Abgrenzung ist das Prinzip der Güter- und Interessenabwägung.

Bei der Abwägung sind auf Seiten des Verletzten insbesondere die betroffene Sphäre seiner Persönlichkeit, die Schwere des Eingriffs mit seinen Folgen und das eigene Verhalten, welches dem Eingriff vorausgeht, zu beachten. Auf Seiten des Schädigers müssen das Motiv und der Zweck des Eingriffs, dabei insbesondere Inhalt und Stellenwert der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, sowie die Art und Weise des Eingriffs berücksichtigt werden (Palandt-Thomas, a. a. O., § 823 BGB, Rn. 184 ff.).

Diese Abwägung führt zu einem Überwiegen der Interessen der Beklagten, so dass es an einer Rechtswidrigkeit des Eingriffs fehlt.

Betroffen ist auf Seiten der Kläger, wie bereits ausgeführt, nicht die grundsätzlich absolut geschützte Intimsphäre, sondern lediglich die Privatsphäre. Im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs und seine Folgen ist zu beachten, dass es sich um einen aus 1966 stammenden Brief handelt, der eine zum damaligen Zeitpunkt relevante familiäre Situation betraf. Infolge der seit dem vergangenen Zeit, nahezu 37 Jahre, hat sich die familiäre Situation der Kläger grundlegend gewandelt. Beide Eltern sind mittlerweile verstorben, Wieland Wagner bereits im Oktober 1966.

Gegen eine schwerwiegende Betroffenheit der Kläger spricht zudem, dass die Familie grundsätzlich mit einer Veröffentlichung der Lebensgeschichte Gertrud Wagners und damit im Grundsatz sachnotwendig auch mit einer gewissen Offenbarung familiärer Umstände einverstanden war. Die Drittwiderbeklagte hat zu diesem Zweck Briefe ihres Vaters zusammengestellt, unter anderem auch den streitgegenständlichen.

Diese Briefe wurden sodann von Gertrud Wagner den Beklagten zwecks Unterstützung der Bucherstellung übergeben. Die Kläger wiederum haben das Manuskript gelesen und - mit Ausnahme der Klägerin zu 1) - den Abdruck des Briefes nicht kritisiert. Im Hinblick auf die Klägerin zu 1) ist jedoch in diesem Zusammenhang wiederum relevant, dass sie sich in dem Schreiben vom 24. Mai 1998 (Anlage K 2) nicht gegen eine inhaltliche Wiedergabe des streitgegenständlichen Briefes, sondern nur gegen ein wörtliches Zitat ausgesprochen hat. Dies spricht ebenfalls dagegen, dass die in dem Brief behandelten privaten Aspekte die Sphäre der Kläger auch heute noch in schwerwiegender Weise betreffen.

Auf der anderen Seite ist hier das durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Interesse der Beklagten an der Veröffentlichung des Briefes zu berücksichtigen. Dabei streitet für die Beklagten die rechtssystematisch besonders gewichtige Meinungsäußerungsfreiheit.

Der Brief vom 30. Juli 1966 hat in dem Buch die Funktion einer Quelle zum Verständnis der Person Wieland Wagners, dem Ehemann der Protagonistin des Buches. Wieland Wagner wiederum ist ein exponierter Vertreter der Familie Wagner, auf welche sich nicht nur ein besonderes kulturelles, sondern - unter anderem aufgrund der Verstrickung der Familie mit dem Dritten Reich -in besonderem Maße auch ein historisches Interesse richtet. Diesen neben dem auf der Hand liegenden kulturellen Aspekt bestehenden historischen Gesichtspunkt heben auch die Kläger selbst im Hinblick auf die Frage des Werkcharakters der Briefe Wieland Wagners allgemein hervor.

Hinzu kommt, dass der Abdruck des streitgegenständlichen Briefes deshalb für die Konzeption des Buches der Beklagten als Lebensbeschreibung der Gertrud Wagner als eine "angeheiratete Wagner" wichtig ist, weil er anhand der Beschreibung einer Extremsituation der Untreue des Ehemannes die innerfamiliäre Stellung Gertrud Wagners betrifft und verdeutlicht.

(d) Ob dem Brief Wieland Wagners gemäß Antrag zu 31.) der Charakter als urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des § 2 Nr. 1 UrhG fehlte oder - wie das Landgericht gemeint hat - zuzuerkennen war und deswegen die Anträge auf Unterlassung und Auskunftserteilung hinsichtlich der Verwendung des Briefes aus § 97 UrhG nicht begründet bzw. begründet waren, kann aus dem Gesichtspunkt des § 92 Abs. 2 ZPO im Rahmen der Kostenentscheidung nach billigem Ermessen dahingestellt bleiben.

Es bedarf deshalb auch keiner Auseinandersetzung mit der von den Klägern aufgeworfenen Frage, ob die von der herrschenden Auffassung vertretenen Grundsätze zur Schutzfähigkeit von Briefen zu restriktiv sind und durch den Gesichtspunkt der Berücksichtigung des (bekannten) Autors in seiner Persönlichkeit als Teil des Werkes erweitert werden müssen.

3.) Die Klageanträge der Kläger auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung des beanstandeten Buches bezüglich der darin enthaltenen Fotos und des in Rede stehenden Porträts sowie die hierauf bezogenen Anträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht waren auch nach Auffassung des Senats begründet. Insoweit wäre die Anschlussberufung der Beklagten voraussichtlich erfolglos geblieben.

Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht zur Unterlassung und zur Auskunft im Hinblick auf die Verbreitung und Vervielfältigung des Porträts Richard Wagners sowie der Fotografien "Gertrud mit Friedelind am 14. September 1930", "Wieland und Gertrud", "Gertrud als Konfirmandin 1931", "Gertrud im Festspielkleid 1934" sowie "Das erste Baby, I. , 1942" verurteilt und die Schadensersatzpflicht dem Grunde nach im Hinblick auf das Porträt sowie die Fotos festgestellt.

(a) Der Unterlassungsantrag hinsichtlich der Fotos sowie des Porträts war gemäß § 97 Abs. 1 UrhG begründet.

(aa) Das Porträt ist als Werk der bildenden Kunst gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG bis zum 31. Dezember 2036 geschützt, was das Landgericht zutreffend und von der Anschlussberufung nicht angegriffen festgestellt hat.

(bb) Die Fotos "Wieland und Gertrud", "Gertrud als Konfirmandin 1931" und "Gertrud im Festspielkleid 1934" genießen als Lichtbildwerke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG urheberrechtlichen Schutz noch bis 31. Dezember 2036, während die Fotos "Gertrud mit Friedelind am 14. September 1930" und "Das erste Baby, I., 1942" zwar nicht als Lichtbildwerke, jedoch als "Dokumente der Zeitgeschichte" im Sinne des § 72 Abs. 3 UrhG (1985) Schutz bis zum 31. Dezember 2016 beanspruchen können.

Dies hat der Senat bereits in seiner Entscheidung im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren vom 5. November 1998 (3 U 175/98, veröffentlicht in GRUR 1999, 717 - Wagner-Familienfotos) ausführlich begründet. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen.

Der Vortrag der Beklagten, der im Wesentlichen auf das Vorbringen im einstweiligen Verfügungsverfahren Bezug nimmt, gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

(cc) Die Beklagten haben an diesen Werken (an dem Porträt und den Fotos) kein Nutzungsrecht erworben (§ 31 UrhG).

Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob sich aus dem Briefvertrag vom 31. Oktober/9. Dezember 1995, der jedenfalls ausdrücklich nicht von Fotos oder Gemälden, immerhin aber von "Material" spricht, die Verpflichtung der Gertrud Wagner zur Übergabe auch der streitgegenständlichen Fotos bzw. des Porträts und zur Einräumung von Nutzungsrechten ergibt und diese Rechte bei Übergabe dieser Gegenstände durch Gertrud Wagner den Beklagten auch eingeräumt wurden. Denn diese Rechteeinräumung durch Gertrud allein war wiederum unwirksam, da eine Verfügung über die ererbten Urheberrechte an den Werken nur von der Erbengemeinschaft gemeinsam erfolgen konnte (§ 2040 Abs. 1 BGB), wobei - wie der Senat bereits im Urteil vom 5. November 1998 ausgeführt hat - eine Einigung der Miterben untereinander und die Ermächtigung einer Person zur Rechteübertragung ausreichend gewesen wäre.

Eine gemeinschaftliche Rechteeinräumung haben die Beklagten nicht hinreichend vorgetragen bzw. unter Beweis gestellt. Es fehlt vorliegend auch an einer nachträglichen Genehmigung einer eventuell zuvor durch Gertrud Wagner allein getätigten Rechteeinräumung.

Eine solche Genehmigung gemäß § 185 Abs. 2 Satz 1, 1. Fall BGB liegt insbesondere nicht in dem Schreiben der Kläger bzw. I. W.'s vom 12. Juni 1998 gemäß Anlage B 2. Denn die Kläger haben unwidersprochen und unter Beweisantritt vorgetragen, dass das zuvor übersandte Manuskript, auf das sich das Schreiben der Kläger bezog, keinerlei Hinweise auf Illustrationen enthielt. Damit konnten die Beklagten dem auf das Manuskript bezogene Antwortschreiben auch keine auf Fotos bzw. Porträtgemälde bezogenen Erklärungen entnehmen. Hinzu kommt, dass auch im Vorwort des Manuskripts den Klägern lediglich für die Abdruckgenehmigung "von Briefen und Aufzeichnungen", nicht aber von Fotos und Gemälden gedankt wurde, so dass auch von daher dem Schreiben vom 12. Juni 1998 kein auf letztere bezogener Erklärungswert zukommen konnte.

Ausweislich des Abmahnschreibens vom 8. Juli 1998 (Anlage Ast 3 zum Verfahren 308 O 228/98) haben die Kläger vielmehr erst anhand einer ihnen unmittelbar ("jetzt") vor der Abmahnung zugesandten "Abbildungsliste" Kenntnis von den im Buch verwendeten Bildnissen erhalten und durch das Abmahnschreiben sogleich Unterlassung verlangt. Darin liegt jedoch eine endgültige Verweigerung der Genehmigung. Da jedoch eine Verweigerung einer Genehmigung unwiderruflich ist (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 184 BGB, Rn. 4), kommt es auf ein späteres Verhalten der Kläger, insbesondere auf das Fordern und Verlangen der Gegenleistung aus dem Vertrag gemäß Anlage K 1 im August 1998 nicht mehr an. Hierin kann angesichts der zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien auch keine originäre Rechteeinräumung gesehen werden (dazu noch unten unter dd).

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass sich eine Genehmigung auch nicht aus § 185 Abs. 2 Satz 1, 3. Fall BGB ergibt, da die Genehmigung einer schwebend unwirksame Verfügung der Gertrud Wagner noch zu ihren Lebzeiten verweigert und damit endgültig unwirksam geworden war. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen, wobei eine Verweigerung der Genehmigung bereits in der Abmahnung vom 8. Juli 1998 gesehen werden muss.

(dd) Dem Unterlassungsbegehren steht auch nicht der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegen.

Ein rechsmissbräuchliches Verhalten unter dem Gesichtspunkt der Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr ("dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est") ist nicht gegeben.

Selbst wenn sich der Briefvertrag gemäß Anlage K 1 auch auf die streitgegenständlichen Fotos und das Gemälde beziehen und eine entsprechende Verpflichtung zur Übergabe und zur Einräumung von Nutzungsrechten begründen würde, wäre diese Leistungspflicht nicht gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf die Kläger übergegangen. Es wurde bereits ausgeführt, dass die Kläger noch vor dem Erbfall, nämlich mit der Abmahnung vom 08.07.1998, eine Nutzungsrechtsübertragung verweigert haben.

Damit trat im Hinblick auf eine eventuelle Pflicht der Gertrud Wagner zur Nutzungsrechtsübertragung Unvermögen im Sinne des § 275 Abs. 2 BGB ein, so dass Gertrud Wagner gemäß § 275 Abs. 1 BGB von der Verpflichtung zur Leistung frei wurde. Im Wege der Gesamtrechtsnachfolge konnte damit auf die Kläger allenfalls eine sekundäre Ersatzverpflichtung, jedoch keine primäre Leistungspflicht zur Einräumung von Nutzungsrechten übergegangen sein.

Ein rechtsmissbräuchliches weil widersprüchliches Verhalten liegt auch nicht in dem Verlangen und der Entgegennahme des in dem Briefvertrag vereinbarten Honorars.

Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Die Rechtsausübung wird erst dann unzulässig, wenn durch ein Verhalten des Berechtigten ein Vertrauenstatbestand entstanden ist und der andere Teil im Hinblick darauf bestimmte Dispositionen getroffen hat oder das Vertrauen sonst schutzwürdig ist (Palandt-Heinrichs, a. a. O., § 242 BGB, Rn. 55 f.). Daran fehlt es hier jedoch bereits deshalb, weil die Kläger durch die Abmahnung vom 8. Juli 1998, den anschließenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie ihren Prozessvortrag im Verfahren 308 O 228/98 hinreichend deutlich gemacht haben, dass eine Verbreitung und Vervielfältigung der Fotos und des Gemäldes durch die Beklagten nach ihrer Auffassung und ihrem Willen zu unterlassen ist. Das Fordern und die Entgegennahme des vertraglichen Honorarbetrages kann deshalb allenfalls ein Erklärungswert dahingehend beigemessen werden, dass die Kläger der Auffassung sind, die Honorarforderung sei bereits deswegen gerechtfertigt, weil Gertrud Wagner die Beklagten mit der Übergabe von Materialien und Informationen unterstützt und insoweit den Vertrag erfüllt hatte.

(b) Der Antrag auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht hinsichtlich der Fotos sowie des Porträts war ebenfalls aus § 97 Abs. 1 UrhG begründet.

Auf die zutreffenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils hierzu wird Bezug genommen, Im Übrigen wird ergänzend auf die obigen Ausführungen unter (a) wird entsprechend Bezug genommen.

4.) Der Klageantrag der Kläger betreffend die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Vervielfältigung und Verbreitung des beanstandeten Buches bezüglich der beanstandeten Briefe gemäß den Anträgen zu 1.) bis 30.) und zu 32.) war unbegründet. Insoweit hätte die Anschlussberufung der Beklagten Erfolg gehabt.

Die im landgerichtlichen Urteil ausgesprochene Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verwendung der Briefe war zu Unrecht erfolgt. Auf die obigen Ausführungen unter 1.) wird entsprechen Bezug genommen.

5.) Ob der Klageantrag der Kläger betreffend die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Vervielfältigung und Verbreitung des beanstandeten Buches bezüglich des beanstandeten Briefs gemäß dem Antrag zu 31.) begründet war oder nicht, kann dahingestellt bleiben, da dies die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen im Ergebnis nicht beeinflusst (§ 92 Abs. 2 ZPO). Auf die obigen Ausführungen unter 2.) wird entsprechend Bezug genommen.

6.) Die gegen die Kläger gemäß § 530 ZPO unter dem Gesichtspunkt der Sachdienlichkeit zulässige Widerklage war unbegründet.

Es wurde bereits dargelegt, dass den Beklagten gegen die Kläger kein Anspruch auf Einräumung der für die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bildes und der Fotos zusteht, da eine entsprechende eventuell bestehende Leistungspflicht aus dem Vertrag vom 31. Oktober/9. Dezember 1995 gemäß § 275 BGB erloschen ist.

7.) Die gegen die Drittwiderbeklagte hilfsweise erhoben Drittwiderklage war unzulässig.

Eine parteierweiternde Hilfswiderklage gegen einen Dritten kann nicht - wie hier - unter einer Bedingung erhoben werden, da das gegen diesen begründete Prozessrechtsverhältnis nicht in der Schwebe gehalten werden darf (Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Auflage, 2002, § 33 ZPO, Rn. 27). Es ist keinem Prozessgegner zuzumuten, sich auf ein Verfahren einzulassen, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es sich wieder in ein rechtliches Nichts auflöst (BGH NJW 2001, 2094, 2095).

Darüber hinaus ist die Erhebung einer parteierweiternden Widerklage in der Berufungsinstanz ohne Zustimmung des Drittwiderbeklagten, an der es hier fehlt, unzulässig (Zöller-Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 33 ZPO, Rn. 22).

III.

Nach alledem waren nach Billigkeit die Kosten wie tenoriert zu verteilen.

Mit der hilfsweise erhobenen Widerklage bzw. Drittwiderklage haben die Beklagten das gleiche wirtschaftliche Interesse wie mit der Anschlussberufung verfolgt, so dass eine Erhöhung des Streitwertes bzw. eine Berücksichtigung bei der Kostenquote zu Lasten der Beklagten insoweit nicht in Betracht kam.

Ende der Entscheidung

Zurück