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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.11.2001
Aktenzeichen: 3 U 162/01
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14
MarkenG § 24
1. Eine eigene, vom Parallelimporteur selbst hergestellte äußere Umverpackung ist nicht "erforderlich" (im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zur Erschöpfung des Markenrechts), wenn durch Bündeln von Originalpackungen und unter Aufstocken des Inhalts die inländische Packungsgröße des Arzneimittels erstellt werden kann.

2. Die "Erforderlichkeit" eigener Umverpackungen ergibt sich auch nicht aus arzneimittelrechtlichen Vorschriften, nach denen die Bündelpackung etwa zu verbieten wäre. Für von der Kommission ("zentral") zugelassene Arzneimittel gilt mangels entgegen stehender europarechtlicher Bestimmungen nichts anderes. Es besteht insoweit auch keine spezielle behördliche Anordnung oder allgemein durchgesetzte behördliche Praxis der Kommission, die sich gegen die Verwendung von Bündelpackungen richtete.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 162/01

Verkündet am: 29. November 2001

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 15. November 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 3. April 2001 abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 16. Januar 2001 wird erneut erlassen.

Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen wie Gesamtschuldner.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 500.000.- DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Antragstellerin - ein Pharmaunternehmen - vertreibt in Deutschland das zentral zugelassene Arzneimittel "Mxxxxx", ein verschreibungspflichtiges Herz-Kreislaufmittel mit dem Wirkstoff Ttttttttttt, an dessen Bezeichnung "Mxxxxx" sie als Markeninhaberin Markenrechtsschutz genießt (vgl. wegen der Eintragung und Umschreibung der Klagemarke "Mxxxxx" Nr. 000 00 000: Anlage AS 1; dass die Klagemarke "Mxxxxx" lautet, ergibt sich zwar nicht aus der Anlage AS 1, aber aus dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Antragstellerin).

Die Antragsgegnerinnen befassen sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln. Von ihnen wird das griechische Arzneimittel "Mxxxxx" in den Wirkstoffstärken 40 mg und 80 mg nach Deutschland importiert, und in der Packungsgröße N 3 (98 Tabletten) jeweils in eine von ihnen selbst gefertigte äußere Umverpackung umgepackt und im Inland vertrieben (Anlagenkonvolut AS 3).

Die Antragstellerin beanstandet das Umpacken des Arzneimittels "Mxxxxx" in eine neue äußere Umverpackung als Markenrechtsverletzung und nimmt die beiden Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Die Antragsgegnerinnen sind beim Parallelimport von "Mxxxxx" in der Packungsgröße N 3 folgendermaßen beteiligt: Die Antragsgegnerin zu 1) importiert das Arzneimittel aus Griechenland und stellt eine eigene äußere Umverpackung her, sie lässt das Arzneimittel von der Antragsgegnerin zu 2) in die neue äußere Umverpackung umpacken, lässt von der Antragsgegnerin zu 2) die Gebrauchsinformation austauschen und bringt das Arzneimittel in dieser Form im Inland in Verkehr (Anlagenkonvolut AS 3).

Die Antragstellerin vertreibt im Inland das Arzneimittel "Mxxxxx" (zu 40 mg und 80 mg) in den Packungsgrößen N 1 zu 28 Tabletten, N 2 zu 56 Tabletten und N 3 zu 98 Tabletten (Anlagenkonvolut AS 2). In dem Ausfuhrland Griechenland - aus dem das parallelimportierte Arzneimittel "Mxxxxx" vorliegend stammt - gibt es das Präparat nicht in der Packungsgröße N 3.

Das Landgericht hatte mit seiner Beschlussverfügung vom 16. Januar 2001 unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,

I. der Antragsgegnerin zu 1) das Arzneimittel "Mxxxxx" in den Wirkstoffstärken "40 mg" und/oder "80 mg" aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und/oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu importieren, die äußere Originalpackung durch eine eigene - insbesondere durch eine Verpackung gemäß beigefügter Anlage I und/oder II - zu ersetzen oder ersetzen zu lassen, das Arzneimittel in diese Verpackung umzupacken oder durch einen Dritten - insbesondere die Antragsgegnerin zu 2) - umpacken zu lassen, die Gebrauchsinformation auszutauschen oder durch einen Dritten - insbesondere die Antragsgegnerin zu 2) - austauschen zu lassen und das Arzneimittel in solcher Form in der Packungsgröße N3 (98 Tabletten) in Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen;

II. der Antragsgegnerin zu 2) in Deutschland die äußere Originalpackung des Arzneimittels "Mxxxxx", das von der Antragsgegnerin zu 1) aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und/oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Wirkstoffstärken "40 mg" und/oder "80 mg" importiert wurde, durch eine eigene Verpackung der Antragsgegnerin zu 1) - insbesondere durch eine Verpackung gemäß beigefügter Anlage I und/oder II - zu ersetzen, das Arzneimittel in diese Verpackung umzupacken und die Gebrauchsinformation auszutauschen (es folgen als Beschlussanlagen I und II die Fotokopien der "Mxxxxx"-Umverpackungen der Antragsgegnerinnen zu 40 mg und 80 mg zu je 98 Tabletten gemäß Anlagenkonvolut AS 3).

Mit seinem Urteil vom 3. April 2001 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung aufgehoben und die auf ihren Erlass gerichteten Anträge zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin, die ihre Unterlassungsanträge gemäß Beschlussverfügung gegen die Antragsgegnerinnen weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Demgemäß ist die Beschlussverfügung des Landgerichts unter Abänderung des angefochtenen Urteils erneut zu erlassen.

I.

Der Unterlassungsantrag gegen die Antragsgegnerin zu 1) gemäß dem Verbotsausspruch zu I. der Beschlussverfügung ist nach Auffassung des Senats aus den §§ 3, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3-5 MarkenG begründet.

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist der Vertrieb des aus der Europäischen Union (bzw. aus einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) parallelimportierten Arzneimittels "Mxxxxx" zu 40 mg und 80 mg in der Packungsgröße N 3 (98 Tabletten) in Deutschland, und zwar unter Verwendung einer eigenen (seitens der Antragsgegnerinnen hergestellten) äußeren Umverpackung, insbesondere in der Umverpackung gemäß Anlagen I und/oder II der Beschlussverfügung.

Die einzeln aufgeführten Handlungen ("importieren", äußere Originalverpackung "ersetzen", in neue Verpackung "umpacken", "Gebrauchsinformation austauschen" und "in solcher Form anzubieten") sind nicht alternativ, sondern kumulativ verboten; es geht um den Inlandsvertrieb der so umkonfektionierten "Mxxxxx"-Packungen.

Im übrigen stellt der Antrag gemäß Ziffer I. der Beschlussverfügung auf die Tatbeiträge der Antragsgegnerin zu 1) ab, und zwar im Zusammenwirken mit dem Tun der Antragsgegnerin zu 2).

2.) Nach 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren zu benutzen, die mit derjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt. Die Verwirklichung dieses gesetzlichen Tatbestand ist dadurch gegeben, dass das griechische Arzneimittel "Mxxxxx" nach Deutschland importiert und hier nach Erstellen einer neuen (eigenen) äußeren Umverpackung unter der gleichnamigen Klagemarke angeboten und vertrieben wird (vgl. § 14 Abs. 3 Nr. 2 und 4 MarkenG).

Die durch das Umkonfektionieren für den Inlandsmarkt bedingten Veränderungen auf bzw. an der Packung seitens des Parallelimporteurs sind an sich markenrechtliche Verletzungstatbestände des Versehens mit einer Marke oder des "Wieder-Anbringens" (vorliegend durch das Anbringen der Bezeichnung "Mxxxxx" auf der neuen äußeren Umverpackung). Diese Handlungen sind normalerweise dem Markeninhaber (wie hier der Antragstellerin betreffend die Klagemarke) selbst vorbehalten und bei der Vornahme durch Dritte von seiner Zustimmung abhängig, an der es vorliegend fehlt.

3.) Da das parallelimportierte Arzneimittel "Mxxxxx" ursprünglich in Griechenland und damit in der Europäischen Union mit Zustimmung des dortigen Markeninhabers in den Verkehr gebracht worden ist, ist das Markenrecht allerdings grundsätzlich erschöpft (vgl. § 24 Abs. 1 MarkenG), sofern der Markenrechtsinhaber (hier die Antragstellerin betreffend die Klagemarke) sich der Markenbenutzung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Ware durch die Antragsgegnerinnen aus berechtigten Gründen nicht widersetzen kann (§ 24 Abs. 2 MarkenG).

Die Bestimmung des § 24 MarkenG beruht auf der entsprechenden Regelung in Art. 7 der ersten Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken 89/104/EG vom 21. Dezember 1988 (ABl. 1989 Nr. L 40/1). Die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist zur Auslegung des § 24 MarkenG heranzuziehen.

Nach der EuGH-Rechtsprechung tritt unter bestimmten, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen wegen des gemäß Art. 28, 30 EG (damals: Art. 30, 36 EG-Vertrag) zu gewährleistenden freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union eine gemeinschaftsrechtliche Erschöpfung ein, so dass der Parallelimporteur insoweit auch ohne Zustimmung des Markeninhabers zum Umkonfektionieren fremder Markenware befugt ist (EuGH WRP 1996, 867 - Eurim Pharm, WRP 1996, 874 - MPA Pharma, WRP 1996, 880 - Bristol-Myers Squibb; vgl. auch EuGH WRP 1999, 1264 - Pharmacia & Upjohn).

4.) Den Voraussetzungen gemäß der EuGH-Rechtsprechung entspricht die Verwendung der beanstandeten, neu hergestellten, äußeren "Mxxxxx"-Umverpackungen nicht, weil das Umpacken in eine neue äußere Umverpackung nicht erforderlich ist, um das parallelimportierte Arzneimittel im Inland vertreiben zu können. Demgemäß ist im Hinblick auf die Klagemarke keine markenrechtliche Erschöpfung (§ 24 MarkenG) eingetreten.

Wie der Senat bereits entschieden hat, ist der Parallelimporteur nach der EuGH-Rechtsprechung im Grundsatz gehalten, in das Kennzeichnungsrecht des Markeninhabers so wenig wie möglich einzugreifen. So kann sich der Markenrechtsinhaber dem Umpacken der Ware in eine neue äußere Umverpackung widersetzen, wenn es dem Importeur möglich ist, eine im Einfuhrmitgliedstaat vertriebsfähige Verpackung zu schaffen, indem er statt dessen z. B. auf der äußeren Originalverpackung neue Etiketten in der Sprache des Einfuhrmitgliedstaates anbringt und/oder eine Bündelung der Originalverpackungen (mit oder ohne Aufstocken des Packungsinhalts) vornimmt. Das gilt auch in den Fällen, in denen - wie vorliegend beim Arzneimittel "Mxxxxx" - das Arzneimittel in der für das Inland maßgeblichen Packungsgröße im Ausfuhrmitgliedstaat nicht vertrieben wird (vgl. zu den Grundsätzen: HansOLG Hamburg, Urt. v. 24. August 2000 - 3 U 51/99, MagazinDienst 2000, 1176). Hieran ist festzuhalten.

(a) Es ist technisch und in der praktischen Handhabung bei dem Arzneimittel "Mxxxxx" ohne weiteres möglich, die griechischen Original-Packungen so zu bündeln, mit Tabletten aufzustocken und mit entsprechenden Aufklebern zu versehen, dass ein Gebinde in der Packungsgröße N 3 (98 Tabletten) entsteht. Demgemäß bedarf es insoweit keiner eigenen, neu von den Antragsgegnerinnen hergestellten Umverpackung.

Das ist unstreitig, zumal das in dieser Weise durch einen konkurrierenden Parallelimporteur (durch die EURIM-PHARM Arzneimittel GmbH, Piding) bei "Mxxxxx" (zu 40 mg und 80 mg) in der hier in Rede stehenden Packungsgröße als Bündel zu 98 Tabletten ohne Probleme geschieht (Anlage AS 4).

(b) Es gibt keine arzneimittelrechtliche oder sonstige - inländische oder gemeinschaftsrechtliche - Vorschrift, die etwa generell das Bündeln von Originalverpackungen und das Umkonfektionieren solcher Bündelpackungen mit entsprechenden Aufklebern untersagen oder besondere Bestimmungen für solche Packungen enthalten würde. Auch insoweit ist es nicht "erforderlich", das Präparat "Mxxxxx" beim Parallelimport in neue Umverpackungen umzupacken.

Das hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 12. Juli 2001 - nach Verkündung des vorliegend angefochtenen Urteils des Landgerichts - ausgeführt. Auch nach erneuter Überprüfung haben sich dahingehende Bestimmungen nicht feststellen lassen. Das Parteivorbringen enthält hierzu ebenfalls keinen Hinweis.

(aa) Das gilt auch im Hinblick auf den Umstand, dass es sich bei "Mxxxxx" um ein zentral zugelassenes Arzneimittel handelt, d. h. um ein von der Kommission - der für die Europäische Zulassung zuständigen Behörde - zugelassenes Arzneimittel. Die anderweitige Ansicht der Antragsgegnerinnen findet in der von ihnen herangezogenen Mitteilung 98/C 229/03 der EG-Kommission über die gemeinschaftlichen Zulassungsverfahren für Arzneimittel vom 16. Juli 1998 (vgl. Anlage AG 1) keine Stütze.

Vielmehr ergibt sich aus der Mitteilung 98/C 229/03, dass die EU-Zulassung alle "verfügbaren, zugelassenen Packungsgrößen umfasst" (Anlage AG 1). Die zentrale Zulassung bezieht sich jeweils auf ein bestimmtes Arzneimittel in einer bestimmten Zusammensetzung; dabei wird für jede pharmazeutische Form, Stärke und Packungsgröße des Arzneimittels eine gesonderte Zulassungsnummer vergeben (vgl. Anlage AS 17), die Packungsart ist nicht Teil der Zulassung (vgl. Anlage AS 18). Demgemäß wird in den für die zentrale Zulassung maßgeblichen Bestimmungen des Art. 11 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 vom 22. Juli 1993 irgendeine Packungsart (wie z. B. die Bündelpackung) nicht erwähnt.

Unstreitig ist "Mxxxxx" in der Packungsgröße N 3 (98 Tabletten) zugelassen; so hat "Mxxxxx 40 mg" zu 98 Tabletten die Zulassungsnummer EU/0/00/000/000 (vgl. in Anlage AS 4) und die entsprechende Packung "Mxxxxx 80 mg" die Zulassungsnummer EU/0/00/000/008 (vgl. in Anlage AS 2). Eine Änderung der Packungsgröße beim Parallelimport müsste allerdings "hinreichend begründet sein" (Anlage AG 1: Mitteilung 98/C 229/03 unter Buchstabe D 1.), die Notwendigkeit ergibt sich vorliegend aber aus dem Umstand, dass es in Griechenland nicht die inländische Packungsgröße N 3 (98 Tabletten) gibt, so dass eine entsprechende Aufstockung unter Verwendung der in Griechenland erhältlichen Packungsgrößen erforderlich ist. Die zugelassene Packungsgröße N 3 wird jedenfalls nicht verändert.

(bb) Aus der Anlage AS 2 (den von der Antragstellerin in den drei Packungsgrößen im Inland vertriebenen "Mxxxxx"-Packungen) ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen nicht herzuleiten, dass "Mxxxxx" zu 98 Tabletten (N 3) nur in "einer Faltschachtel, nicht aber für eine Bündelpackung" zugelassen sei. Es gibt - wie ausgeführt - keine ausdrückliche arzneimittelrechtliche Regelung, die eine Bündelung von Packungen verbietet oder näher bestimmt. Die Schlussfolgerungen der Antragsgegnerinnen, ein Vertrieb gebündelter "Mxxxxx"-Packungen wäre ein solcher ohne arzneimittelrechtliche Zulassung und deswegen rechtswidrig, teilt der Senat demgemäß nicht.

(cc) Dass es keine europarechtlichen Vorschriften gibt, die dem Vertrieb von Bündelpackungen in so einem Falle entgegenstehen könnten, wird indirekt noch durch das Fax der EMEA (der "European Agency for the Evaluation of Medicinal Products") vom 26. Juli 2000 bestätigt; denn in ihrer Stellungnahme bezieht sich diese Behörde für den von ihr eingenommenen Standpunkt ("bundle pack presentations ... can ... not be accepted for parallel distribution") nicht auf gesetzliche Bestimmungen (Anlage AG 2). Eine Begründung enthält die behördliche Stellungnahme ebenfalls nicht.

(c) Es liegt keine die Antragsgegnerinnen irgendwie bindende behördliche Anordnung vor, die ihnen etwa das Bündeln beim Parallelimport von "Mxxxxx" untersagte.

Zulassungsbehörde ist die Kommission, diese ist wegen der "Mxxxxx"-Bündelpackung gegenüber den Antragsgegnerinnen nicht vorgegangen. Hiervon ist mangels gegenteiligen Vorbringens auszugehen.

Das Fax der EMEA (Anlage AG 2) enthält - anders als die Antragsgegnerinnen meinen - keine behördliche Anordnung, die ihnen etwa das Bündeln beim Parallelimport von "Mxxxxx" untersagte.

Zum einen ist die EMEA nicht die Zulassungsbehörde, sondern nur eine Agentur ("Agency"), die die Zulassungsentscheidung der Kommission vorbereitet (vgl. hierzu die EWG-Verordnung Nr. 2309/93 vom 22. Juli 1993; abgedruckt in: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht-Kommentar, Band VIII, EU 1); demgemäß wäre die EMEA nicht befugt, bindende Anordnungen zu treffen. Wie die bereits im Erlassverfahren vorgelegte Eigenbeschreibung des "EMEA-Verfahrens zur Notifizierung des Parallelvertriebs zentral genehmigter medizinischer Produkte" aufzeigt, geht es bei dem "EMEA"-Verfahren lediglich darum, auf Anfragen des Parallelimporteurs Empfehlungen ("Anleitung und Unterstützung") auszusprechen (Anlage AS 14). Das freiwillig vom Parallelimporteur gewählte "EMEA"-Verfahren muss nicht beschritten werden, irgendwelche Untersagungsbefugnisse hat die EMEA nicht (vgl. Anlage AS 15).

Zum anderen hat die EMEA tatsächlich gegenüber den Antragsgegnerinnen irgendein Verbot oder eine Anordnung nicht ausgesprochen; es handelt sich bei ihrem Fax (Anlage AG 2) - in Übereinstimmung mit ihrer Funktion - um eine den Parallelimporteur nur beratende Stellungnahme.

Dass die EMEA eine solche Bündelpackung zu 98 Tabletten nicht akzeptieren möchte, ist für die Antragsgegnerinnen als Parallelimporteure selbstverständlich ohne rechtliche Bindungswirkung.

Der anderweitigen Rechtsauffassung in der noch vorgelegten Entscheidung des Landgerichts Frankfurt vom 30. August 2000 (Anlage AG 3) vermag sich der Senat aus den dargestellten Gründen nicht anzuschließen. Das Landgericht Frankfurt hat aus der dortigen Stellungnahme der EMEA hergeleitet, dass sie den Vertrieb einer Bündelpackung nicht gestatte, so dass mit erheblichem Widerstand der EMEA zu rechnen sei. Die tatsächlichen und rechtlichen Befugnisse der EMEA sind dort aber unerörtert geblieben.

(d) Es gibt schließlich auch keine durchgesetzte behördliche Praxis, nach der die Kommission gegen die Verwendung solcher Bündelpackungen vorgehen würde.

Die Antragsgegnerinnen haben zu einer dahingehenden Vorgehensweise der Kommission nichts vorgetragen. Sie haben auch keinen Einzelfall erwähnt, bei dem die Bündelpackung etwa unterbunden worden wäre.

Vielmehr zeigt der "Mxxxxx"-Parallelimport durch ein konkurrierendes Unternehmen (durch die Exxxx-xxxx Arzneimittel GmbH, sssssss) auf, dass der Vertrieb des zentral zugelassenen Arzneimittels in Bündelpackungen zu ebenfalls 98 Tabletten ohne tatsächliche und rechtliche Probleme und auch ohne behördliche Beanstandungen erfolgen kann (Anlage AS 4).

(e) Da nach alledem den Antragsgegnerinnen die Verwendung von einer eigenen äußeren Umverpackung beim Parallelimport von "Mxxxxx" nicht vorgeschrieben ist, ist sie nicht "erforderlich" und muss demgemäß von der Antragstellerin als Markenrechtsinhaberin auch nicht hingenommen werden.

Auf die Hilfserwägungen der Antragstellerin - im Anschluss an die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts - zur Bündelung von "Mxxxxx"-Packungen ohne Aufstocken des Packungsinhalts kommt es mithin nicht an: Das Landgericht hatte gemeint, die EMEA würde ein Bündeln von Einzelpackungen nicht beanstanden, wenn diese weder auf- noch abgestockt würden, deswegen könnten die Antragsgegnerinnen eine N 3-Packung zu 84 Tabletten (drei Packungen zu 28 Tabletten) erzielen. Es kann demgemäß dahinstehen, inwieweit die Antragsgegnerinnen darauf verwiesen werden könnten, statt "Mxxxxx" in N 3 zu 98 Tabletten (wie die Antragstellerin) in der "reduzierten" Packungsgröße zu 84 Tabletten anzubieten.

5.) Die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (auch in seinem "insbesondere"-Teil) sind ebenfalls gegeben.

Der Unterlassungsantrag zu I.) beschreibt die konkrete Verletzungsform. Die Antragsgegnerin zu 1) hat "Mxxxxx" aus Griechenland parallelimportiert. Insoweit ist es eine charakteristische Verallgemeinerung, das Verbot auf alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auszudehnen.

Auch im übrigen orientiert sich der Antrag am Verletzungsfall. Die Antragsgegnerinnen haben "Mxxxxx" in der Packungsgröße N 3 (98 Tabletten) in den Wirkstoffstärken 40 mg und 80 mg parallelimportiert (Anlagenkonvolut AS 3). Hierbei stellt der Antrag zu I.) auf die konkrete Beteiligung der Antragsgegnerin zu 1) am Parallelimport ab, der im Zusammenwirken mit der Antragsgegnerin zu 2) erfolgt.

Wie die obigen Ausführungen ergeben, ist für den beanstandeten Parallelimport von "Mxxxxx" in der Packungsgröße N 3 (98 Tabletten) die Verwendung einer eigenen äußeren Umverpackung als Markenrechtsverletzung generell untersagt, demgemäß auch in der im "insbesondere"-Teil des Antrags aufgeführten Gestaltung, die die Antragsgegnerinnen benutzt haben (Anlagenkonvolut AS 3); die Anlagen I und II der Beschlussverfügung des Landgerichts zeigen die "Mxxxxx"-Umverpackungungen der Antragsgegnerinnen zu 40 mg und 80 mg zu je 98 Tabletten (N 3).

II.

Der Unterlassungsantrag gegen die Antragsgegnerin zu 2) gemäß dem Verbotsausspruch zu II. der Beschlussverfügung ist nach Auffassung des Senats aus den §§ 3, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3-5 MarkenG begründet.

Der Unterlassungsantrag zu II.) stellt auf den Parallelimport der Antragsgegnerinnen in der Weise ab, dass die Tatbeiträge der Antragsgegnerin zu 2) hieran aufgeführt werden, und zwar im Zusammenwirken mit der Antragsgegnerin zu 1). Im übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter I. entsprechend Bezug genommen.

III.

Nach alledem war die Berufung der Antragstellerin begründet und die einstweilige Verfügung unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils erneut zu erlassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 100 Abs. 4 analog ZPO.

Ende der Entscheidung

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