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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 3 U 173/02
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
1.) Wird in der Printwerbung innerhalb der Fachkreise für ein Arzneimittel mit vergleichenden Äußerungen geworben, zu denen jeweils die entsprechende Literaturstelle (Studie) über Bezugsziffern angegeben ist, so beschreibt ein Unterlassungsantrag mit dem Verbot dieser Äußerungen "schlechthin", d. h. ohne die Fußnotenvermerke mit den Hinweisen auf die Studie, nicht die konkrete Verletzungsform.

2.) Erkennen die von der Werbung angesprochenen Fachkreise, dass zu den vergleichenden Äußerungen jeweils eine bestimmte Belegstelle (Studie) genannt wird, so kommt ein Verbot dieser Werbung aus § 1 UWG nur in Betracht, wenn eine drohende Gefährdung des geschützten Leistungswettbewerbs zu besorgen ist (BVerfG GRUR 2001, 1058 - Therapeutische Äquivalenz). Das ist nicht der Fall, wenn sich die vergleichende Werbeäußerung aus der Belegstelle herleiten lässt und die betreffende Studie keine methodischen Mängel enthält und auch sonst wissenschaftlich gesichert ist.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 173/02

Verkündet am: 5. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter

Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler

nach der am 11. Dezember 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 27. August 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch der in der Berufungsverhandlung gestellte Hilfsantrag zurückgewiesen wird.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien produzieren und vertreiben Arzneimittel, u. a. Medikamente zur Behandlung der sog. COPD, einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerinnen haben für ihr COPD-Arzneimittel B-xxxxx mit Werbefoldern (Anlagen ASt 1-3) und einer sog. Basisbroschüre (Anlage ASt 8) geworben, die die Antragstellerin im Hinblick auf mehrere Angaben als wettbewerbswidrig beanstandet.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch. Für das Berufungsverfahren geht es nur noch um den Verfügungsantrag zu lit. b).

Die Antragstellerin vertreibt das Arzneimittel Ss-xxxxx mit dem Wirkstoff Salmeterol, das als Dosier-Aerosol und als sog. Diskus zur Pulverinhalation angeboten wird. Die Antragsgegnerinnen vertreiben das COPD-Arzneimittel B-xxxxx mit dem Wirkstoff Tiotropium in der Darreichungsform eines sog. HandiHaler zur Pulverinhalation (Anlagen ASt 1, 2, 9 der Beiakte Landgericht Hamburg 312 O 377/029).

Die Antragstellerin hat in erster Instanz beantragt, den Antragsgegnerinnen unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel im Wege der einstweiligen Verfügung zu verbieten, in der Werbung für das Arzneimittel B-xxxxx für die COPD-Therapie wie folgt zu werben:

(a) "durchgehend offen" gemäß nachfolgend eingeklebten Darstellungen (es folgen zwei Fotokopien mit jeweils einer stilisiert dargestellten Uhr, und zwar bei der linken Abbildung mit der Aufschrift: "Durchgehend offen" und bei der rechten Abbildung mit den Angaben: "24 h", "... lang anhaltende Bronchodilatation" und "Durchgehend offen: 1x täglich für 24 Std.")

und/oder

(b) "deutliche Verbesserung der Lungenfunktion gegenüber Salmeterol";

oder "Signifikante Verbesserung der Lungenfunktion im Trough-FEV 1: in der Dauertherapie signifikant besser als Salmeterol";

oder "B-xxxxx zeigt eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktion in der Dauertherapie versus Salmeterol";

und/oder

(c) "B-xxxxx zeigt eine signifikante Reduktion der Dyspnoe in der Dauertherapie versus Salmeterol";

oder "anhaltende Besserung der Dyspnoe" (im Vergleich zu Salmeterol);

oder "Die TDI-Gesamt-Scores werden durch B-xxxxx gegenüber ... Salemeterol deutlich verbessert";

und/oder

(d) "überlegener mittlerer SGRQ-Impact-Score bei B-xxxxx im Vergleich zu ... Salmeterol";

und/oder

(e) "keine feststellbare Toleranzentwicklung", wenn dies im Zusammenhang geschieht mit der Darstellung einer Vergleichsgrafik über die Entwicklung der FEV1-, bzw. TroughFEV1-Werte über ein halbes Jahr als Zeitraum der Einnahme von B-xxxxx gegen Salmeterol, wie nachfolgend in zwei Alternativen eingelichtet (es folgen zwei graphische Darstellungen).

Mit dem Urteil vom 27. August 2002 hat das Landgericht den Verfügungsanträgen zu lit. c) bis lit. e) stattgegeben und die übrigen Verfügungsanträge zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Antragstellerin, soweit der Verfügungsantrag zu lit. b) zurückgewiesen worden ist.

Die Antragstellerin beantragt demgemäß, über die landgerichtliche Verurteilung hinaus den Antragsgegnerinnen im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verbieten, in der Werbung für das Arzneimittel B-xxxxx für die COPD-Therapie wie folgt zu werben:

(a) ...

(b) "deutliche Verbesserung der Lungenfunktion gegenüber Salmeterol";

und/oder

"Signifikante Verbesserung der Lungenfunktion im Trough-FEV1: in der Dauertherapie signifikant besser als Salmeterol";

und/oder

"B-xxxxx zeigt eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktion in der Dauertherapie versus Salmeterol"; und/oder ...;

hilfsweise mit der Maßgabe, dass das Verbot zu lit. b) mit dem Zusatz ausgesprochen wird: "wie geschehen in der Werbung der Antragsgegnerinnen gemäß Anlagen ASt 1 und ASt 2 zur Antragsschrift".

Die Antragsgegnerinnen verteidigen das landgerichtliche Urteil, soweit es den Verfügungsantrag zu lit. b) zurückgewiesen hat und bitten auch um Zurückweisung des Hilfsantrages.

B.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil den nunmehr als Hauptantrag weiter verfolgten Verfügungsantrag zu lit. b) zurückgewiesen (II.). Der in der Berufungsverhandlung hierzu außerdem gestellte Hilfsantrag ist nach Auffassung des Senats ebenfalls unbegründet (III.).

I.

Gegenstand der Berufung der Antragstellerin ist der vom Landgericht abgewiesene Verfügungsantrag zu lit. b), der seinerseits im Verbotsausspruch mit dem vom Landgericht ausgesprochenen Verbot mit "und/oder" verknüpft sein soll.

Gegenstand der Verurteilung durch das insoweit nicht angefochtene landgerichtliche Urteil sind die Verbote gemäß den Verfügungsanträgen zu lit. c) bis lit. e), wobei im Verbotsausspruch alle Verknüpfungen, auch die sprachlich ungenau nur mit "oder" bezeichneten, selbstverständlich jeweils "und/oder" bedeuten sollen. Das hat der Senat in der Berufungsverhandlung vorsorglich angesprochen, hierüber besteht zwischen den Parteien auch Einigkeit.

II.

Der nunmehr als Hauptantrag gestellte Unterlassungsantrag zu lit. b) gegen beide Antragsgegnerinnen ist auch nach Auffassung des Senats nicht begründet.

1.) Gegenstand des Verfügungsantrages ist das Werben für das Arzneimittel B-xxxxx für die COPD-Therapie mit den drei im Antrag aufgeführten Aussagen in jeweils isolierter und nicht weiter erläuterter Form; sie sind ihrerseits untereinander mit "und/oder" verknüpft. Es geht selbstverständlich nur um Werbung innerhalb der Fachkreise.

Gegenstand des Hauptantrages ist nicht die konkrete Verwendung der Werbeäußerungen in den beiden Werbefoldern der Antragsgegnerinnen (Anlagen ASt 1 und 2), um diese geht es im Hilfsantrag.

2.) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist mangels Begehungsgefahr nicht begründet. Das gilt hinsichtlich der drei im Antrag aufgeführten Aussagen in gleicher Weise.

(a) Der Antrag erfasst nicht die konkrete Verletzungsform.

Die Antragsgegnerinnen haben nicht isoliert mit den beanstandeten Angaben geworben, sondern ausdrücklich - über entsprechende Fußnoten - jeweils unter Hinweis auf die Studie "Donohue et al."; das ist die zur Akte gereichte, sog. "Studie 130" (Anlage ASt 4, im Folgenden: DONOHUE-Studie):

- Die erste Werbeaussage ("deutliche Verbesserung der Lungenfunktion gegenüber Salmeterol") findet sich im Werbefolder "B-xxxxx öffnet eine neue Welt der COPD-Therapie" der Antragsgegnerinnen (Anlage ASt 1) auf der mit "Hoch wirksam bei 1x täglicher Inhalation" überschriebenen Seite 6 unterhalb einer graphischen Darstellung und der Angabe zur Quelle ("nach Donohue et al.").

- Die zweite Werbeaussage des Antrages ("Signifikante Verbesserung der Lungenfunktion im Trough-FEV1: in der Dauertherapie signifikant besser als Salmeterol") steht in demselben Werbefolder (Anlage ASt 1), und zwar auf der mit "Volle 24-Stunden-Wirkung als Basis für eine erfolgreiche Dauertherapie" überschriebenen Seite 3 unterhalb einer graphischen Darstellung und der Angabe zu derselben Literaturstelle ("nach Donohue et al.").

- Die dritte Werbeaussage ("B-xxxxx zeigt eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktion in der Dauertherapie versus Salmeterol") findet sich im Werbefolder "Neu - B-xxxxx öffnet eine neue Welt der COPD-Therapie - Hinweise für die Ein- und Umstellung" der Antragsgegnerinnen (Anlage ASt 2) auf der Seite, die mit "B-xxxxx - Der erste lang anhaltende cholinerge M3-Blocker" überschrieben ist (Seite 3 nach der Heftung der Anlage der Akte). Hinter der Angabe sind zwei Fußnotenziffern (4,5) vermerkt, auf der letzten Seite des Folders finden sich dazu die Quellen (u. a. die Veröffentlichung "Donohue et. al.").

Mit dieser Art der werblichen Darstellung werden die streitgegenständlichen Aussagen nicht isoliert, sondern für die angesprochenen Fachkreise erkennbar jeweils unter Hinweis auf die DONOHUE-Studie aufgestellt.

(b) Die Antragsgegnerinnen haben auch nicht durch Berühmung eine Begehungsgefahr gesetzt. Sie verteidigen lediglich ihre Werbefolder und nehmen nicht für sich die Berechtigung in Anspruch, generell mit diesen Aussagen in isolierter Form und ohne Hinweis auf die DONOHUE-Studie zu werben.

III.

Der mit dem in der Berufungsverhandlung gestellten Hilfsantrag zu lit. b) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist gegen beide Antragsgegnerinnen nicht begründet.

1.) Gegenstand des Verfügungsantrages ist das Werben innerhalb der Fachkreise für das Arzneimittel B-xxxxx für die COPD-Therapie mit den drei im Antrag aufgeführten, jeweils mit "und/oder" verknüpften Aussagen wie in den Werbefoldern der Antragsgegnerinnen gemäß Anlagen ASt 1-2 geschehen. Damit hat die Antragstellerin - bezogen auf den Hauptantrag - zusätzlich den Umstand zum Streitgegenstand gemacht, dass in der Werbung auf die DONOHUE-Studie Bezug genommen wird.

Gegenstand des Hilfsantrages sind aber trotz der Bezugnahme auf die Anlagen ASt 1-2 nicht die Besonderheiten der graphischen Darstellungen in den beiden Werbefoldern; die Antragstellerin hatte schon in der Antragsschrift klargestellt, dass es um diese Aspekte im vorliegenden Verfügungsverfahren nicht gehen soll (Bl. 12, Seite 12 der Antragsschrift).

2.) Die drei beanstandeten Werbeaussagen in den Werbefoldern (Anlagen ASt 1-2) enthalten, wie oben ausgeführt, jeweils einen für die angesprochenen Fachkreise ohne weiteres erkennbaren Hinweis auf die DONOHUE-Studie. Das ist für die wettbewerbsrechtliche Bewertung der Aussagen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG GRUR 2001, 1058 - Therapeutische Äquivalenz) von Bedeutung.

Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Entscheidung für die werbliche Äußerung "Therapeutische Äquivalenz bewiesen" eine Meinungsäußerung der dortigen Beschwerdeführerin angenommen und dazu ausgeführt, dass eine Meinung durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werde. Indem die dortige Beschwerdeführerin die therapeutische Äquivalenz des von ihr vertriebenen Arzneimittels als "bewiesen" bezeichne und in diesem Zusammenhang auf die Doppelblindstudie Bezug nehme, mache sie sich deren Ergebnis zu Eigen; darin liege eine Stellungnahme, die sich nicht in der bloßen Wiedergabe und Herausstellung der in der Studie gewonnenen Erkenntnisse erschöpfe. Vielmehr äußere sich die Beschwerdeführerin, die als Pharmaherstellerin Sachkunde auf den Gebieten der pharmazeutischen und medizinischen Wissenschaft für sich beanspruche, billigend zur Studie (BVerfG, a. a. O. - Therapeutische Äquivalenz).

Dieser Maßstab ist auch für die in Rede stehende Werbung der Antragsgegnerinnen zu Grunde zu legen. Die drei Werbeäußerungen betreffen das Arzneimittel B-xxxxx der Antragsgegnerinnen, sie nehmen jeweils vergleichend auf den ausdrücklich genannten Wirkstoff Salmeterol und damit erkennbar auf das konkurrierende Arzneimittel Ss-xxxxx der Antragstellerin Bezug und nennen - angeknüpft durch entsprechende Fußnotenvermerke - als Belegstelle jeweils die DONOHUE-Studie.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt § 1 UWG nicht die guten Sitten im Wettbewerb als solche, sondern als Grundlage der Funktionsfähigkeit des Leistungswettbewerbs (BVerfG, a. a. O. - Therapeutische Äquivalenz). Demgemäß kann die Meinungsäußerungsfreiheit der Antragsgegnerinnen vorliegend gemäß § 1 UWG durch ein entsprechendes Unterlassungsgebot nur eingeschränkt werden, wenn die beanstandeten Werbeaussagen gegenüber den Fachkreisen eine drohende Gefährdung des geschützten Leistungswettbewerbs besorgen lassen.

3.) Die in den angegriffenen Werbeangaben behauptete deutliche bzw. signifikante Verbesserung der Lungenfunktion durch die Verwendung von B-xxxxx gegenüber Salmeterol lässt sich, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, aus der DONOHUE-Studie (Anlage ASt 4) als solcher - unbeschadet der Einwände zum Aufbau der Studie und zur Vereinbarkeit der Studienergebnisse mit neueren Erkenntnissen - herleiten.

Die DONOHUE-Studie ist eine Vergleichsstudie zwischen Tiotropiumbromid (SPIVIRA der Antragsgegnerinnen) und Salmeterol (Ss-xxxxx der Antragstellerin). Wie sich aus dieser, insbesondere aus der von der Antragstellerin selbst herangezogenen Darstellung "Figure 1" (Anlage ASt 4, Seite 50) und der Abhandlung dazu (Anlage ASt 4, Seite 49: "Spirometry") ergibt, hat am ersten Anwendungstag ("during 12 h after the first dose") der Wirkstoff Tiotropium einen vergleichbaren ("similar") FEV1-Wert (in Litern gemessen) erzielt wie Salmeterol, dagegen hat Tiotropium nach 168 Tagen ("at 24 weeks") eine bessere Erhöhung des FEV 1-Wertes gegenüber Salmeterol bewirkt, der Unterschied zwischen beiden Ergebnissen wird in der Studie als "significant" bezeichnet (Anlage ASt 4, Seite 49).

4.) Auch nach Auffassung des Senats kann die Antragstellerin nicht mit dem Argument durchdringen, die DONOHUE-Studie sei methodisch mangelhaft und daher kein hinreichend wissenschaftlich abgesicherter Beleg für die Werbebehauptungen, weil die verglichenen Wirkstoffe unterschiedlich verabreicht worden seien.

Im Rahmen der DONOHUE-Studie wurde der Tiotropium-Wirkstoff (B-xxxxx) mittels HandiHaler zur Pulverinhalation ("using a drypowder inhaler device") und Salmeterol in Form des Dosier-Aerosols ("metered-dose inhaler") angewendet (Anlage ASt 4, Seite 48).

(a) Aus den von der Antragstellerin hierzu eingereichten Untersuchungen ergibt sich, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kein sicherer Anhalt, dass deswegen die DONOHUE-Studie mangelhaft durchgeführt worden ist.

So betraf die Studie Broeders et al. (Anlage ASt 5) über die Einnahme der Inhalation mittels Pulver bzw. Aerosol nur ein kleines Patientenkollektiv von 15 Personen; auch im Berufungsverfahren haben sich keine Gesichtspunkte dafür ergeben, dass sich hieraus gesicherte Rückschlüsse auf eine prinzipielle Unvergleichbarkeit der beiden Verabreichungsformen ziehen lassen könnten. Anderseits hat die Studie Wolf et al. (Anlage ASt 6) mit knapp 500 Patienten, wie die Antragstellerin selbst zutreffend eingeräumt hat, keine signifikanten Unterschiede bei den beiden Verabreichungsformen ergeben.

(b) Das Argument der Antragstellerin, es gebe beim Dosier-Aerosol mehr mögliche Anwendungsfehler (vgl. Anlagen ASt 7, ASt BF 2-4) kann ebenfalls letztlich nicht durchgreifen.

Im Hinblick auf die DONOHUE-Studie haben die Antragsgegnerinnen dargelegt, dass die Patienten bei Durchführung der Studie sorgfältig geschult worden seien, um bei beiden Verabreichungsformen keine Fehler zu machen (Anlagen AG 14-15). Dagegen sprechende Gesichtspunkte haben sich insoweit nicht ergeben.

(c) Das weitere, damit auch geltend gemachte Argument der Antragstellerin, die Werbung sei deswegen unzulässig, weil jedenfalls künftig die in Betracht kommenden Patienten beim Dosier-Aerosol mehr Fehler machen könnten, ist ebenfalls nicht stichhaltig. So kann nicht davon ausgegangen werden, dass den angesprochenen Fachkreisen die Risiken bei einer bestimmten Verabreichungsform nicht geläufig sind. Welche Behandlung der Arzt wählt, steht in seiner Verantwortung, hierzu gehört auch die Überlegung, ob bei dem betreffenden Patienten im Einzelfall wegen der Besonderheiten eine bestimmte Verabreichungsform weniger geeignet erscheinen muss.

5.) Das Argument der Antragstellerin, im Hinblick auf die weitere Studie, die sog. "Studie 137", seien die beworbenen Ergebnisse der DONOHUE-Studie nicht hinreichend gesichert, kann ebenfalls nicht durchgreifen.

Hierbei handelt es sich um eine ebenfalls seitens der Antragsgegnerinnen durchgeführte, aber noch nicht veröffentlichte Vergleichsstudie zwischen Tiotropiumbromid und Salmeterol, Auszüge davon sind von der FDA im Internet veröffentlicht (Anlage ASt BF 1 - im Folgenden: STUDIE-137)

(a) Die Antragstellerin trägt hierzu vor, die Ergebnisse der DONOHUE-Studie wiederholten sich bei der STUDIE-137 nicht, vielmehr habe sich aus ihr ergeben, dass Salmeterol (Ss-xxxxx der Antragstellerin) nicht signifikant und insbesondere nicht klinisch relevant schlechter als Tiotropiumbromid (SPIVIRA der Antragsgegnerinnen) abgeschnitten habe.

(b) Demgegenüber verweisen die Antragsgegnerinnen darauf, bei der STUDIE-137 handele es sich um eine sog. Bestätigungsstudie für das US-amerikanische Zulassungsverfahren, deren Ergebnisse die der DONOHUE-Studie nicht abschwächten, sondern bestätigten. Zudem würde die von der Antragstellerin vorgenommene Gleichsetzung von "signifikanten" und "klinisch relevanten" Unterschieden die Besonderheiten des COPD-Krankheitsbildes vernachlässigen (Anlagen AG 12-14).

(c) Der Senat kann an Hand der von den Parteien vorgelegten Erkenntnismöglichkeiten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass den Ergebnissen der DONOHUE-Studie die Grundlage ihrer wissenschaftlichen Gesichertheit entzogen ist.

Der Umstand, dass die Messwerte der STUDIE-137 von denen der DONOHUE-Studie abweichen, mag durchaus - wie die Antragsgegnerinnen argumentieren - auch mit daran liegen, dass die Lungenfunktion nicht über 12 Stunden (bei der DONOHUE-Studie), sondern über 3 Stunden gemessen worden ist und dass es andere Prüfzentren, Prüfländer und Patientenkollektive gewesen sind.

Zudem ist unstreitig, dass auch nach der STUDIE-137 die Messwerte zur Bestimmung der Verbesserung der Lungenfunktion nach Gabe von Tiotropiumbromid über denen der Salmeterol-Vergleichsgruppe liegen (vgl. die tabellarische Übersicht zum FEV1-Anstieg im Vergleich zum Ausgangswert Bl. 132-133, vgl. außerdem die Tabelle Bl. 175). Dass diese Unterschiede nicht mehr signifikant sind, behauptet die Antragstellerin zwar, eine nähere Begründung liefert sie hierfür aber nicht.

Dass die Ergebnisse der STUDIE-137 die der DONOHUE-Studie entwerten, ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Das gilt auch im Hinblick auf das Argument der Antragstellerin, schon bei der DONOHUE-Studie selbst sei zu bemängeln, dass bei den dargestellten Messtagen (Tag 1, Tag 15 und Tag 169) jeweils nur die ersten 12 Stunden berücksichtigt worden seien, nicht aber die vollen 24 Stunden und dass bei der STUDIE-137 der Messzeitraum jeweils die ersten 3 Stunden erfasste. Es wird für die Beurteilung eines vollständigen Wirksamkeitsvergleich der beiden Wirkstoffe auch von Bedeutung sein, dass in der Studie Tiotropiumbromid alle 24 Stunden und Salmeterol alle 12 Stunden verabreicht worden ist. Damit ist aber weder ein Anhalt für Zweifel an der DONOHUE-Studie selbst aufgezeigt, noch für solche im Zusammenspiel mit dieser und der STUDIE-137, bei der der Messzeitraum jeweils die ersten 3 Stunden betrug.

IV.

Nach alledem war die Berufung der Antragstellerin unter Zurückweisung des in der Berufungsverhandlung gestellten Hilfsantrages zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO (Hauptantrag) und auf § 91 ZPO (Hilfsantrag). Durch den in der Berufungsverhandlung gestellten Hilfsantrag hat sich der Streitwert gegenüber dem des Hauptantrages zu lit. b) nicht erhöht, denn der Hilfsantrag ist wertmäßig im Hauptantrag enthalten.

Ende der Entscheidung

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