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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 03.07.2003
Aktenzeichen: 3 U 181/02
Rechtsgebiete: UWG, HWG
Vorschriften:
UWG § 1 | |
UWG § 3 | |
HWG § 3 a |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 3. Juli 2003
In dem Rechtsstreit
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter
Gärtner, v. Franqué, Dr. Löffler
nach der am 26. Juni 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 05. Juni 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Verbotsteil der einstweiligen Verfügung vom 11. April 2002 die Fassung erhält:
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber Fachkreisen für das Arzneimittel Osteoplus mit der Aussage "Zur Basistherapie bei Osteoporose" zu werben, wie in der mit dem Beschluß verbundenen Anzeige geschehen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gründe:
I. Die Parteien vertreiben Arzneimittel, die Antragsgegnerin das Mittel O, zugelassen für die Anwendungsgebiete "Unterstützende Behandlung von Osteoporose, nachgewiesener Calcium- und Vitamin D3-Mangel", das sie in einer Anzeige in den "Orthopädischen Nachrichten" mit der hervorgehobenen Angabe "zur Basistherapie bei Osteoporose" bewarb.
Das Landgericht hat ihr verboten,
für das Arzneimittel Osteoplus mit der Aussage "Zur Basistherapie bei Osteoporose" zu werben, wie in der mit dem Beschluß verbundenen Anzeige geschehen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin, die mit ihrem Berufungsantrag die Aufhebung des Verbotes verfolgt. Sie hat zum Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise die Anlagen AG 9 bis 13 vorgelegt.
II. Die Berufung hat keinen Erfolg.
1. Streitgegenstand ist das Verbot, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber Fachkreisen für das Arzneimittel O mit der Aussage "Zur Basistherapie bei Osteoporose" zu werben, wie in der mit dem Beschluß verbundenen Anzeige geschehen. So hat das Landgericht den Antrag verstanden, denn es hat in seinem Urteil selbstverständlich auf die §§ 1, 3 UWG, die ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken voraussetzen, und auf eine Werbung gegenüber Fachkreisen abgestellt. Etwas anderes ist auch von den Parteien nicht problematisiert worden.
Die Präzisierung des Verbotes in der mündlichen Verhandlung hat dies nur klargestellt.
2. Zu Recht hat das Landgericht die Aussage in der Anzeige als Verstoß gegen §§ 1, 3 UWG, 3 a HWG als unzulässige Werbung außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete verboten.
Ausgangspunkt der Erwägungen ist das, was die angesprochenen Fachkreise der Angabe in der angegriffenen Werbung entnehmen.
a. Das kann der Senat ebenso wie das Landgericht aus eigener Sachkunde beurteilen. Zwar gehören seine Mitglieder nicht zum angesprochenen Verkehr, hier geht es aber um das Verständnis der deutschen Sprache, die Juristen wie Medizinern gemeinsam ist. "Basistherapie" ist ein Wort, dessen Sinn sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ergibt. Auch den Anlagen, die die Antragsgegnerin zum Verständnis der medizinischen Fachwelt vorgelegt hat, ist nicht zu entnehmen, daß Mediziner das Wort "Basistherapie" in einer anderen Bedeutung verwenden, als es jeder andere auch tut, der die deutsche Sprache beherrscht.
Deshalb läßt sich dem Landgericht nicht vorwerfen, es habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Fragen hierzu stellen sich nur, wenn das Gericht im Hinblick auf Tatsachen zu keiner Feststellung gelangen kann. Das Landgericht hat solche Feststellungen aber getroffen, und wenn es darauf hinweist, daß der Antragsgegnerin bestimmte Nachweise nicht gelungen sind, so hat es nicht die Darlegungs- und Beweislast verkannt und zu Unrecht der Antragsgegnerin auferlegt, sondern es hat damit zum Ausdruck gebracht, daß es der Antragsgegnerin nicht gelungen sei, dasjenige, was das Gericht als glaubhaft angesehen hat, durch gegenteilige Darlegungen und Nachweise zu erschüttern.
b. Die Antragsgegnerin zeigt selbst mit dem Roche Lexikon Medizin (Anlage AG 9), daß das Wort "Basis" in der Bedeutung "Sockel, Fundament, Grundstock, Grundlage" sich mit dem allgemeinen Sprachgebrauch deckt. Alle diese Begriffe beschreiben etwas, was nicht für sich genommen werden kann, sondern seinen Sinn darin findet, anderen Dingen dazu zu dienen, auf ihm aufzubauen. Wer diesen "Aufbau" vornehmen will, muß also zunächst sicherstellen, daß die "Basis" dafür gegeben ist. Damit wohnt dem Begriff "Basis" das Merkmal der Unverzichtbarkeit inne, wenn man aufbauende Maßnahmen ergreifen will. Ohne Fundament läßt sich kein Haus bauen.
Wenn man mehr auf den metaphorischen Gehalt des Begriffes "Basis" abstellt, so besagt er, daß damit der erste Schritt im Hinblick auf ein zu erzielendes Ergebnis getan wird, der erst weitere Schritte ermöglicht, denn der zweite Schritt kann begrifflich nicht vor dem ersten stehen. In diesem Sinne ist es richtig, wenn die Antragsgegnerin darauf verweist, daß der Begriff "Basistherapie" eine Ergänzung impliziert und deshalb nicht die Bedeutung einer ausschließlichen Therapie habe, durch die allein Osteoporose behandelt werden könne. Insoweit mögen die Formulierungen des Landgerichts angreifbar sein, "der Begriff 'Basistherapie' meint im allgemeinen eine für die Durchschnittsfälle der Osteoporose hinreichende, vor allem allein ausreichende Heilbehandlung." Dahinter steht aber der richtige Gedanke, daß sich aus den Umständen der Heilbehandlung ergeben kann, daß weitere therapeutische Maßnahmen entbehrlich sind. In diesem Falle wäre die Basistherapie zugleich auch die alleinige Therapie, denn aus dem Begriff Basistherapie ergibt sich jedenfalls, daß mit ihr jede Behandlung eingeleitet wird.
Wer ein bestimmtes Mittel "zur Basistherapie bei Osteoporose" empfiehlt, bringt damit zum Ausdruck, daß diese Therapie unerläßlich ist, wenn man überhaupt therapeutische Schritte erwägt. Ohne diese Therapie kommt eine Behandlung nicht in Betracht. Sie muß am Anfang jeder Behandlung der Osteoporose stehen, bevor andere therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden. Damit nimmt die Antragsgegnerin eine Anwendung für ihr Mittel in Anspruch, für das es nicht zugelassen ist, denn es ist ja gerade umgekehrt nur zur "unterstützenden Behandlung bei Osteoporose" zugelassen, also gerade für eine begleitende Therapie, die andere therapeutische Maßnahmen voraussetzt, nicht aber selbst Voraussetzung für weitere therapeutische Maßnahmen ist.
Nach § 3 a HWG ist eine Werbung für Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind, unzulässig. § 3 a HWG betrifft die Fachwerbung ebenso wie die Werbung gegenüber dem allgemeinen Publikum (Zipfel, Lebensmittelrecht, D 510, § 3 a HWG, Rz. 3), die Vorschrift gilt auch für die Werbung mit einer Indikation, für die das Arzneimittel nicht zugelassen ist. Bei § 3 a HWG handelt es sich um eine wertbezogene Vorschrift zum Schutze der Gesundheit (BGH WRP 1998, 181 - Warentest für Arzneimittel), der Verstoß gegen diese Norm ist unlauter im Sinne des § 1 UWG.
c. Die von der Antragsgegnerin herangezogenen Belegstellen aus dem Schrifttum ändern an diesem Ergebnis nichts, denn sie stehen mit dem Gesagten in Einklang. Wenn beispielsweise Allolio et alii (Anlage G 1) empfehlen, "in der Basistherapie bei manifester Osteoporose sollten ein Calciumdefizit und ein Vitamin-D-Mangel ausgeglichen werden," so erlaubt das den Schluß, daß sie ein Mittel wie O im Hinblick auf seine Wirkstoffe Calciumcarbonat und Colecalciferol als Basistherapie bei Osteoporose für geeignet halten dürften, und nichts anderes gilt, wenn Dambacher und Neff feststellen (Anlage AG 4), "eine aus reichende Basisversorgung mit Kalzium und Vitamin D3 ist Voraussetzung jeder Therapie," oder K und H sich ähnlich äußern (Anlage AG 11).
Die in der mündlichen Verhandlung akzentuierte Auffassung der Antragsgegnerin, für den angesprochenen Orthopäden sei klar, daß mit Basistherapie nicht eine Therapie, sondern die Basis für eine Therapie gemeint sei, ergibt sich aus dem vorgelegten Schrifttum nicht. So zeigt das Zitat von Dambacher/Neff ("eine ausreichende Basisversorgung mit Kalzium und Vitamin D3 ist Voraussetzung jeder Therapie"), daß auch der Fachmann zwischen der Voraussetzung für eine Therapie und dieser selbst durchaus zu unterscheiden weiß und keineswegs den Terminus Basistherapie wählt, sondern von Basisversorgung spricht, um diese Voraussetzung in Worte zu kleiden.
Selbst wenn aber einzelne von Fachleuten gewählte Formulierungen bei genauer Analyse ergeben, daß mit dem Wort "Basistherapie" wirklich nur die Basis für eine Therapie gemeint ist, so sind solche Ungenauigkeiten im Sprachgebrauch hinnehmbar, wenn der Kontext im übrigen die Zusammenhänge verdeutlicht. Tritt der Begriff aber wie in der angegriffenen Werbung nicht in einem Zusammenhang auf, der die Dinge zurechtrückt, dann kann auch der Fachmann nicht umhin anzunehmen, daß mit dem Wort "Basistherapie" genau das benannt werden soll, was es ausdrückt, nämlich eine Therapie. Selbst seine Vorkenntnisse im Hinblick auf die Notwendigkeit von Calcium und Vitamin D3 bei einer Therapie bei Osteoporose können diesem Verständnis nicht entgegenstehen, denn die Antragsgegnerin legt nicht dar, daß es dem angesprochenen Arzt ausgeschlossen erscheint, hier werde ihm ein Arzneimittel in einer Formulierung angeboten, die eine Osteoporosetherapie erlaubt.
Daß O "zur Basistherapie bei Osteoporose" durchaus geeignet sein mag, wird nicht in Zweifel gezogen. Hier geht es allein um die Frage, ob es dafür auch zugelassen ist, und davon kann nach dem oben Gesagten nicht die Rede sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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