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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 04.07.2002
Aktenzeichen: 3 U 19/02
Rechtsgebiete: AMG, HWG, UWG, ZPO


Vorschriften:

AMG § 105
HWG § 3
UWG § 1
UWG § 3
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 711 a. F.
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 2 n. F.
1. Für ein homöopathisches Arzneimittel darf - auch in sinngemäßer Umschreibung - mit dem Anwendungsgebiet geworben werden, für das es in Übereinstimmung mit der geltenden Arzneimittelmonographie zugelassen ist.

2. Die Werbung für ein homöopathisches Arzneimittel läßt sich nicht allein unter dem Gesichtspunkt als irreführend angreifen, daß seine Wirkstoffe unterdosiert und deshalb in jedem Falle wirkungslos seien, weil dem die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers für homöopathische Arzneimittel entgegensteht.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 19/02

Verkündet am: 4. Juli 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 13. Juni 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 14. Dezember 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Verbot in der Fassung aufrechterhalten wird, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Mittel "Gracia-Novo-S"Tropfen zu werben:

1. "Fett verbrennen 3 x täglich"

2. "Nur wenn der Körper mehr Kalorien als Fett verbrennt als er zu sich nimmt und wenn gleichzeitig Hunger und Heißhunger gebremst werden, freut sich die Waage und die Pfunde purzeln. Das ist die Doppelstrategie der Schlankheitstropfen Gracia Novo-S."

3. "Aber noch viel wichtiger: Der Stoffwechsel für die Fettverbrennung wird auf biologische Weise Tropfen für Tropfen angekurbelt. Ohne Sport, ohne Fitneßcenter. Und vor allem 3 x täglich."

4.a. "Die Abnehmstrategie 2001"

b. "Schlankheitstropfen"

c. "...wenn Sie vor den Mahlzeiten 15 Tröpfchen Gracia Novo-S mit Wasser zu sich nehmen, dann freut sich Ihr Körper. Ein Erlebnis für Ihre Figur, eine Wohltat für Ihre gute Laune..." wenn dies in Form der nachfolgenden Anzeige geschieht:

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5 mit Ausnahme der außergerichtlichen Gebühren für das Verhandeln vor dem Senat und der Urteilsgebühr, diese Kosten hat die Beklagte allein zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung von 18.000 €, der Kläger durch eine solche von 600 € abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für die Berufung auf 17.895 € (35.000 DM) festgesetzt. Mit der Teilklagerücknahme vom 26.04.2002 ermäßigt er sich auf 14.316 € (28.000 DM).

Tatbestand:

Der Kläger beansprucht, ein Verein im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu sein.

Die Beklagte, ein pharmazeutisches Unternehmen, vertreibt das nach Art. 3 § 7 AMNG/§ 105 AMG fiktiv zugelassene homöopathische Fertigarzneimittel "Gracia Novo S" mit dem Anwendungsgebiet ernährungsbedingte (alimentäre) Fettleibigkeit. Es enthält u.a. Zubereitungen von "Fucus vesiculosus" (Blasentang) und "Ephedrin". Die Beklagte hat in der X-Zeitung, Ausgabe Berlin-Brandenburg vom 19. Juni 2001, für das Mittel mit einer Anzeige (Anlage K 2) geworben, in der sich die im Antrag wiedergegebenen Aussagen finden.

Der Kläger, der dies für rechtswidrig hält, weil das Mittel die versprochenen Wirkungen nicht habe, hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel,

zu unterlassen

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "GRACIA Novo S Tropfen" zu werben

a)"Die Abnehmstrategie 2001"

b)"Fett verbrennen 3 x täglich"

c)"Nur wenn der Körper mehr Kalorien als Fett verbrennt als er zu sich nimmt und wenn gleichzeitig Hunger und Heißhunger gebremst werden, freut sich die Waage und die Pfunde purzeln. Das ist die Doppelstrategie der Schlankheitstropfen Gracia Novo-S."

d)"Schlankheitstropfen..."

e) "5 sanfte Tröpfchen direkt auf die Zunge geben und der Heißhunger läßt nach ... Und kurz danach merkt man's im Magen. Das Knurren verschwindet. Hunger und Appetit sind gebremst."

f) "Aber noch viel wichtiger: Der Stoffwechsel für die Fettverbrennung wird auf biologische Weise Tropfen für Tropfen angekurbelt. Ohne Sport, ohne Fitneßcenter. Und vor allem 3 x täglich."

g)"...wenn Sie vor den Mahlzeiten 15 Tröpfchen Gracia Novo-S mit Wasser zu sich nehmen, dann freut sich Ihr Körper. Ein Erlebnis für Ihre Figur, eine Wohltat für Ihre gute Laune..."

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger sei finanziell nicht hinreichend ausgestattet, sie sei nicht passivlegitimiert, weil sie das Mittel nicht als pharmazeutisches Unternehmen auf den Markt bringe. Im übrigen dürfe sie so werben.

Das Landgericht, auf dessen Entscheidung zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen wendet sich diese mit ihrer Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß das Verbot die Fassung erhält,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Mittel "Gracia-Novo-S"-Tropfen zu werben: 1."Fett verbrennen 3 x täglich"

2. "Nur wenn der Körper mehr Kalorien als Fett verbrennt als er zu sich nimmt und wenn gleichzeitig Hunger und Heißhunger gebremst werden, freut sich die Waage und die Pfunde purzeln. Das ist die Doppelstrategie der Schlankheitstropfen Gracia Novo-S."

3. "Aber noch viel wichtiger: Der Stoffwechsel für die Fettverbrennung wird auf biologische Weise Tropfen für Tropfen angekurbelt. Ohne Sport, ohne Fitneßcenter. Und vor allem 3 x täglich."

4.a) "Die Abnehmstrategie 2001" b)"Schlankheitstropfen"

c)"...wenn Sie vor den Mahlzeiten 15 Tröpfchen Gracia Novo-S mit Wasser zu sich nehmen, dann freut sich Ihr Körper. Ein Erlebnis für Ihre Figur, eine Wohltat für Ihre gute Laune..."

wenn dies in Form der nachfolgenden Anzeige geschieht: [Es folgt die im Tenor wiedergegebene Anzeige]

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil vorwiegend mit Rechtsgründen.

Ergänzend wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien mit ihren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat, soweit der Kläger ihr entgegentritt, keinen Erfolg. Im übrigen hat er die Klage mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen, denn er verfolgt sein ursprüngliches Ziel nur noch mit Einschränkungen. Die erstinstanzlichen Anträge zu a), d) und g) werden nicht mehr isoliert gestellt, sondern orientieren sich an der konkreten Verletzungsform, der Antrag zu e) ist fallen gelassen worden.

I. Die Prozeßführungsbefugnis und damit auch die Aktivlegitimation (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG) des Klägers im Pharmabereich wird von den Hamburger Gerichten in ständiger Rechtsprechung auch des Senats seit Jahren bejaht. Auch der Bundesgerichtshof, der dies unter dem Gesichtspunkt der von Amts wegen zu berücksichtigenden Prozeßführungsbefugnis zu prüfen hatte, hat das getan (GRUR 2000, 438 - L-Carnitin; GRUR 2001, 176 - Myalgien). Die Beklagte trägt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß sich an den tatsächlichen Grundlagen für diese Bewertung etwas geändert hätte. Es ist demgegenüber kein erheblicher Gesichtspunkt, daß sie selbst im Gegensatz zu den Gerichten die vom Kläger zu tragenden Risiken nicht für ausreichend abgesichert ansieht.

Die Beklagte handelt als Vertreiberin des Mittels selbst als Störerin, die ein Unterlassen schuldet. Sie ist in der Berufungsbegründung zu Recht auf diesen Punkt nicht zurückgekommen.

II. Die Klage ist im vom Kläger aufrechterhaltenen Umfang begründet. Die angegriffene Werbung verstößt gegen die §§ 3 HWG, 1, 3 UWG. Eine Verletzung von HWG-Vorschriften stellt eine unlautere Handlung dar und verpflichtet grundsätzlich nach § 1 UWG zum Unterlassen (Doepner, HWG, 2. Auflage, 2000, Einl., Rdnr. 41). Besondere Umstände, die ausnahmsweise zu einem anderen Ergebnis führen (vgl. BGH WRP 1999, 643 - Hormonpräparate), werden nicht vorgetragen. Ein Verstoß gegen das die Allgemeinheit schützende HWG ist schon wegen der Nachahmungsgefahr wesentlich im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Die Wiederholungsgefahr folgt aus dem Verstoß.

1. Das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "GRACIA Novo S Tropfen" zu werben "Fett verbrennen 3 x täglich",

ist begründet, denn die Behauptung, daß sich mit Hilfe von "Gracia Novo S" Fett verbrennen lasse, ist umstritten und nicht belegt und damit irreführend, und zwar in jedem Zusammenhang, so daß die Verallgemeinerung das Charakteristische der Verletzungsform beschreibt. Klarzustellen ist lediglich folgendes: Für sich genommen, ist die Aussage unklar. Ihre Bedeutung ergibt sich erst daraus, daß sie in einen Zusammenhang mit dem Mittel "Gracia Novo S" gebracht wird und damit den Sinn gewinnt, dieses Mittel solle eingenommen werden, um Fett zu verbrennen, und das solle dreimal täglich geschehen. Besteht in der Werbung kein solcher Zweckzusammenhang, etwa wenn empfohlen würde, sich dreimal täglich zu bewegen, dadurch zusätzlich Fett zu verbrennen und dies durch die Tropfen zu unterstützen, wären die Worte nicht vom Verbot erfaßt.

Fehlt es an Umständen, die die Aussage in diesem Sinne gleichsam "neutralisieren", dann kann der Verbraucher sie nicht anders verstehen, als daß das dreimalige Fettverbrennen auf die Einnahme der Tropfen zurückzuführen ist. Sie ist irreführend, denn eine so konkret beschriebene Wirkungsweise ist nicht belegt. Zwar ist es grundsätzlich Aufgabe des Unterlassungsgläubigers, den irreführenden Inhalt einer Werbung darzulegen und zu beweisen. Ist eine in der Gesundheitswerbung verwendete Aussage aber wissenschaftlich umstritten, dann hat derjenige, der sie sich zu eigen macht, jedenfalls dann den Nachweis zu führen, daß sie stimmt, wenn er darauf verzichtet, auf die Umstrittenheit hinzuweisen. Damit ist es Aufgabe der Beklagten zu belegen, daß ihr Mittel in der behaupteten Weise wirkt, selbst wenn man der Auffassung ist, daß sich die Beweislast nicht umkehrt (vgl. Doepner, HWG, 2. Auflage, 2000, § 3 HWG, Rdnr. 34).

Die Wirkungsweise von "Fucus vesiculosus" ist umstritten, denn in der als Anlage K 3 vorgelegten Arzneimittelmonographie wird ausdrücklich festgehalten: "Die Wirksamkeit bei den beanspruchten Anwendungsgebieten ist nicht belegt." Als diese Anwendungsgebiete sind unter anderem Fettsucht und Übergewicht angegeben. Daraus folgt selbstverständlich, daß auch eine bestimmte Wirkungsweise nicht belegt ist.

Die Beklagte sagt selbst, daß die Monographien, "das vorhandene wissenschaftliche Material hinsichtlich der fiktiv weiter zugelassenen sogenannten Altarzneimittel aufbereiten, also die Wirksamkeit und Wirkung der arzneilichen Wirkstoffe bewerten" sollen. Eben diese Bewertung ist zu Lasten der Beklagten ausgegangen.

Die Behauptung der Beklagten, für ihr Mittel gelte eine andere Monographie, und zwar eine ältere aus dem Jahre 1985, die sie als Anlage B 2 vorgelegt hat, kann nicht überzeugen, denn beide Anlagen befassen sich mit demselben Gegenstand, nämlich mit "Fucus vesiculosus LINNÉ" und dessen Thallus. Der Unterschied zwischen beiden Versionen besteht darin, daß sich die ältere ausschließlich mit "Fucus vesiculosus" befaßt, denn dort geht es unter der Zwischenüberschrift "Bestandteile" um "Entsprechende Zubereitung aus Fucus vesiculosus" und als "Ausgangsmaterial" wird "der getrocknete, gereinigte Thallus von Fucus vesiculosus L." definiert, während es in der jüngeren unter "Bestandteile" heißt: "Tang, bestehend aus dem getrockneten Thallus von Fucus vesiculosus LINNÉ, von Ascophyllum nodosum LE JOLIS oder von beiden Arten, sowie dessen Zubereitungen". In der jüngeren Fassung ist also eine weitere Tang-Art hinzugenommen, nämlich Ascophyllum nodosum. Das "oder" zeigt aber, daß sich die Monographie mit drei Gegenständen beschäftigt, nämlich mit Fucus vesiculosus, Ascophyllum nodosum und schließlich mit der Kombination beider Arten und nicht, wie die Beklagte glaubt, ausschließlich mit der "Mischung" beider. Die Aussagen der Monographie gelten mithin - genau wie in der älteren Fassung - auch für "Fucus vesiculosus LINNÉ" allein. Danach ist die ältere Fassung der Monographie im Hinblick auf "Fucus vesiculosus LINNÉ" durch die jüngere überholt.

Bestätigt wird dies durch die begleitenden Umstände. Beide Belege stammen aus demselben Sammelwerk "ZRvA", sie sind lediglich als unterschiedliche Ergänzungslieferungen gekennzeichnet. Die Anlage B 2 der Beklagten ist die "27. Erg.-Lieferung ZRvA/April 1990", die Anlage K 3 des Klägers die "28. Erg.-Lieferung ZRvA/August 1990". Die ältere Fassung hat als Datum der Bekanntmachung den 12.12.1985 und als letzten Korrekturtermin im Bundesanzeiger den 8.3.1990. Die jüngere Fassung (Anlage K 3) gibt als Tag der Bekanntmachung den 16.03.1990 und als Veröffentlichungsdatum im Bundesanzeiger den 01.06.1990 an. Auch daraus ergibt sich, daß diese Monographie die ältere ersetzt hat.

Die Beklagte kann ihre Werbung nicht damit verteidigen, daß ihr Mittel für alimentäre Fettsucht zugelassen ist. Dem Verbraucher wird suggeriert, er brauche nur das Mittel einzunehmen und schon werde die Fettverbrennung eingeleitet. Es wird nach Art einer naturgesetzlichen Zwangsläufigkeit eine Kausalität dargestellt und gesagt, wie und auf welche Weise der Zweck, dem das Einnehmen des Mittels dient, erreicht wird. Mit ihrer Aussage geht die Beklagte darüber hinaus, Anwendungsgebiet und anerkannten Verwendungszweck des Mittels zu nennen: Der Zweck selbst sagt nichts darüber aus, wie er erreicht wird oder erreicht werden soll. Die angegriffene Aussage ergibt sich weder aus der Zulassung noch aus der Arzneimittelmonographie, denn dort wird nicht gesagt, wie das Mittel "Gracia Novo S" oder wie generell Zubereitungen von "Fucus vesiculosus" wirken. Wenn die Beklagte vorträgt und dafür ein Sachverständigengutachten als Beweismittel anbietet, daß "eine Reduzierung des Körperfetts durch Fettverbrennung erfolgt" und daß "ihr Produkt den Hunger bremst", so trifft sie damit nicht den Kern des Problems. Deshalb kann beides als richtig unterstellt werden. Wenn ihr Mittel nämlich den Hunger bremst, der Fettsüchtige deshalb weniger ißt und bei den natürlichen Körpervorgängen gespeichertes Fett verbrennt, das also nicht zusätzlich zugeführt wird, dann ist das etwas grundlegend anderes als das, was der Verbraucher der Werbung entnimmt. Er kann sie nur so verstehen, daß die Einnahme von "Gracia Novo S" als Initialvorgang eine Fettverbrennung auslöse, die es ohne das Mittel nicht gäbe. Er muß glauben, das Mittel wirke unmittelbar in der Weise, daß es vorhandenes Fett abbaut, während das Fett tatsächlich von dem Mittel unbeeinträchtigt bleibt. Es ist ein Unterschied, ob durch das Mittel neben den im Körper ohnehin ablaufenden Verbrennungsvorgängen vorhandenes Fett zusätzlich verbrannt wird oder ob das Mittel verhindert, daß neues Fett zugeführt wird, denn im zweiten Fall hat das Mittel auf den Vorgang der Fettverbrennung keinen Einfluß, und deshalb ist es falsch und irreführend, wenn ein gegenteiliger Eindruck hervorgerufen wird.

2. Aus dem gleichen Grund ist das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "GRACIA Novo S Tropfen" zu werben "Nur wenn der Körper mehr Kalorien als Fett verbrennt als er zu sich nimmt und wenn gleichzeitig Hunger und Heißhunger gebremst werden, freut sich die Waage und die Pfunde purzeln. Das ist die Doppelstrategie der Schlankheitstropfen Gracia Novo-S", gerechtfertigt. Es stellt eine zulässige Verallgemeinerung dar, denn nach dem oben Gesagten ist die hier geltend gemachte Ursächlichkeit von Gracia Novo S bei der Fettverbrennung nicht belegt.

3. Nichts anderes gilt für das Verbot,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "GRACIA Novo S Tropfen" zu werben "Aber noch viel wichtiger: Der Stoffwechsel für die Fettverbrennung wird auf biologische Weise Tropfen für Tropfen angekurbelt. Ohne Sport, ohne Fitneßcenter. Und vor allem 3 x täglich."

Die Aussage ist in jedem Zusammenhang irreführend.

4. Im Kontext der konkreten Anzeige sind auch die weiteren vom Kläger angegriffenen Aussagen irreführend.

a. Deshalb darf die Beklagte für das Mittel "GRACIA Novo S Tropfen" nicht mit den Worten "Die Abnehmstrategie 2001" werben, wie das in der Anzeige geschehen ist.

Sie sind trotz der Jahreszahl nicht überholt, denn die Beklagte kann ohne weiteres darauf hinweisen, daß dies schon im vergangenen Jahre 2001 so gewesen ist. Außerdem ist das Jahr als solches für den Kern der Verletzungsform unerheblich, so daß auch die Verwendung des Begriffs mit anderen Jahreszahlen unter das Verbot fallen würden.

In der Anzeige wird die "Abnehmstrategie" näher geschildert. Es wird im einzelnen erklärt, warum sich das Mittel für eine Abnehmstrategie eignet; der Leser erfährt, daß das Mittel den Körper Fett verbrennen läßt und den Fettstoffwechsel auf biologische Weise "ankurbelt". Es ergab sich oben, daß derartige Aussagen den Verkehr irreführen.

b. Die gleichen Überlegungen gelten für den Begriff "Schlankheitstropfen...". Zwar ist seine Verwendung für das Mittel nicht zu beanstanden, wenn er dazu dient, ein Mittel zu kennzeichnen, das dazu gedacht ist, gegen Übergewicht und Fettsucht eingesetzt zu werden, mit dem also "Schlankheit" erreicht werden soll, denn dann geht er inhaltlich nicht über das anerkannte Anwendungsgebiet hinaus. Im Zusammenhang mit der konkreten Anzeige gewinnt der Begriff aber eine Bedeutung, die irreführend ist, denn danach muß der Betrachter zu dem Ergebnis kommen, das Mittel werde deshalb als "Schlankheitstropfen" bezeichnet, weil es Fett verbrennt und den Fettstoffwechsel ankurbelt. c. Unter diesem Gesichtspunkt ist es schließlich auch unzulässig, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "GRACIA Novo S Tropfen" zu werben "...wenn Sie vor den Mahlzeiten 15 Tröpfchen Gracia Novo-S mit Wasser zu sich nehmen, dann freut sich Ihr Körper. Ein Erlebnis für Ihre Figur, eine Wohltat für Ihre gute Laune..."

Im Kontext der Anzeige sind die angegriffenen Angaben irreführend, weil dort der Einfluß auf die Figur auf die durch die Einnahme des Medikaments unmittelbar ausgelöste "Fettverbrennung" zurückgeführt wird.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 a. F. und § 543 Abs. 2 n. F. ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es eine Tatfrage ist, wie der Verbraucher die Werbung der Beklagten versteht.

Ende der Entscheidung

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