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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 01.11.2001
Aktenzeichen: 3 U 204/01
Rechtsgebiete: AMG, UWG


Vorschriften:

AMG § 11
UWG § 1
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG müssen in der Packungsbeilage ("Gebrauchsinformation") der Arzneimittelhersteller und - im Falle des Parallelimports - als pharmazeutischer Unternehmer für das maßgebliche Inland auch der Parallelimporteur angegeben sein.

Aus dem Umstand, dass es sich vorliegend um ein "zentral" zugelassenes Arzneimittel handelt, ergibt sich für den Parallelimporteur nichts anderes. Die (anders lautende) Stellungnahme der nur beratenden Agentur "EMEA" (von der Europäischen Kommission als Zulassungsbehörde) ist insoweit nicht bindend.

Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Packungsbeilage zusätzlich auch noch den ursprünglichen pharmazeutischen Unternehmer (bezogen auf das Ursprungsland) angibt.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 204/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 1. November 2001

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 4. Oktober 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 8. Mai 2001 wird, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, unter Abänderung im Kostenpunkt und unter Zurückweisung des in der Berufungsverhandlung gestellten Verfügungsantrages zurückgewiesen.

Von den Kosten des Erlassverfahrens tragen die Antragstellerin 3/20 und die Antragsgegnerin 17/20.

Von den Kosten des Widerspruchsverfahrens tragen die Antragstellerin 1/4 und die Antragsgegnerin 3/4.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren zunächst auf 150.000.- DM festgesetzt, nach der Erledigungserklärung in der Berufungsverhandlung ermäßigt sich der Streitwert auf 75.000.- DM.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist ein Pharmaunternehmen der Sxxxxxx-Gruppe, die Antragsgegnerin ist Parallelimporteurin von Arzneimitteln. Die Parteien stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragstellerin vertreibt seit 1998 in der Europäischen Gemeinschaft - u. a. in Deutschland - das von der Sxxxxx-Gruppe hergestellte Fertigarzneimittel "RXXXX ( 22 Mikrogramm" (im folgenden: RXXXX; vgl. Anlagen ASt EV 1-3). Das verschreibungspflichtige Arzneimittel dient der Behandlung der schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose und ist nach dem zentralisierten gemeinschaftlichen Zulassungsverfahren zugelassen. Es besteht in der Packungsgröße N 2 aus zwölf einzeln verpackten Fertigspritzen.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt den Parallelimport von RXXXX; sie hat der Antragstellerin eine Musterpackung des von ihr umkonfektionierten Präparats zukommen lassen (Anlagen ASt EV 4-8).

Die Antragstellerin beanstandet Angaben auf der von der Antragsgegnerin umkonfektionierten RXXXX-Packung als wettbewerbswidrig und nimmt sie im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch. Die Antragsgegnerin hatte für den Parallelimport eine RXXXX-Gebrauchsinformation erstellt (Anlage ASt EV 8), auf Grund derer die Beschlussverfügung zu Ziffer 1.) erging.

In der vorliegenden Berufungsinstanz geht es nur noch um den entsprechenden Unterlassungsantrag zu 1.), und zwar nur insoweit, als die Parteien nicht den Rechtsstreit im Umfang der Unterlassungsverpflichtungserklärungen der Antragsgegnerin (Anlagen AG 5 und AG 10) in der Berufungsverhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

In erster Instanz wurden außerdem Hinweise auf der äußeren Umverpackung und auf der Primärverpackung beanstandet.

In der von der Antragsgegnerin zunächst erstellten Gebrauchsinformation hieß es u. a.:

"PHARMAZEUTISCHER UNTERNEHMER - Wer bringt Rxxxx 22 Mikrogramm auf den Markt ?

Axxx-Sxxxxx (Europe) Ltd., xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx.

HERSTELLER - Wer ist verantwortlich für die Herstellung von Rxxxx 22 Mikrogramm ?

Sxxxxxxxxxxxxx S.p.A., xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx, Italien."

Auf der Rückseite der Gebrauchsinformation waren "Filialen des Axxx-Sxxxx-Konzerns für weitere Informationen" aufgeführt. Die Antragstellerin firmierte bis zum 23. März 2001 unter "Axxx-Sxxxx (Europe) Ltd." Einen Hinweis auf die Antragsgegnerin als Parallelimporteurin gab es in ihrer Gebrauchsinformation nicht (Anlage ASt EV 8).

Das Landgericht hat mit seiner Beschlussverfügung vom 11. April 2001 der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmittel verboten,

1. das Fertigarzneimittel Rxxxx ( 22 Mikrogramm in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen und Axxx Sxxxxx (Europe) Ltd. bzw. den jeweiligen Inhaber der zentralen, für die Mitgliedsstaaten der EU gültigen Zulassung hierbei in der Gebrauchsinformation als "pharmazeutischer Unternehmer" zu bezeichnen, ohne zugleich auch den Vertreiber im Inland als verantwortlichen pharmazeutischen Unternehmer zu benennen;

und/oder

2. das Fertigarzneimittel Rxxxx ( 22 Mikrogramm in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen, ohne auf den Packungen anzugeben, dass der Wirkstoff Interferon beta-1a dieses Fertigarzneimittels von gentechnisch modifizierten Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (CHO-Zellen) produziert wird;

und/oder

3. das Fertigarzneimittel Rxxxx ( 22 Mikrogramm in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen, ohne auf den Fertigspritzen vor der Angabe des Haltbarkeitsdatums den Hinweis "Verwendbar bis:" zu machen, wobei hierfür eine geeignete Abkürzung verwendet werden kann.

Der dagegen eingelegte Widerspruch der Antragsgegnerin betraf nur die Ziffern 1.) und 3.) der Beschlussverfügung. In der Widerspruchsverhandlung des Landgerichts hat die Antragstellerin hinsichtlich der Ziffer 1.) als Hauptantrag die Bestätigung der einstweiligen Verfügung mit der Maßgabe beantragt, dass der Antragsgegnerin verboten wird (es ist die Fassung aus der Antragsschrift, das Landgericht hatte insoweit seine Beschlussverfügung abweichend gefasst),

1. das Fertigarzneimittel Rxxxx ( 22 Mikrogramm in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen und Axxxx Sxxxxx (Europe) Ltd. bzw. den jeweiligen Inhaber der zentralen, für die Mitgliedsstaaten der EU gültigen Zulassung hierbei in der Gebrauchsinformation als "pharmazeutischer Unternehmer" zu bezeichnen;

hilfsweise die einstweilige Verfügung in der Fassung der Beschlussverfügung zu Ziffer 1.) zu bestätigen.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 8. Mai 2001 hat das Landgericht seine Beschlussverfügung zu Ziffer 3.) bestätigt und die Beschlussverfügung zu Ziffer 1.) unter Zurückweisung des Haupt- und Hilfsantrages zu 1.) aufgehoben.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Antragstellerin hat zunächst angekündigt, sie werde beantragen,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,

das Fertigarzneimittel Rxxxx ( 22 Mikrogramm in der Bundesrepublik Deutschland in veränderten Packungen, Fertigspritzen und/oder Gebrauchsinformationen in den Verkehr zu bringen und Axxx Sxxxx (Europe) Ltd. bzw. den jeweiligen Inhaber der zentralen, für die Mitgliedsstaaten der EU gültigen Zulassung hierbei in der Gebrauchsinformation als "pharmazeutischer Unternehmer" zu bezeichnen;

hilfsweise zu verbieten, das Fertigarzneimittel Rxxxx ( 22 Mikrogramm in der Bundesrepublik Deutschland in veränderten Packungen, Fertigspritzen und/oder Gebrauchsinformationen in den Verkehr zu bringen und Axxxx Sxxxxxxxx (Europe) Ltd. bzw. den jeweiligen Inhaber der zentralen, für die Mitgliedsstaaten der EU gültigen Zulassung hierbei in der Gebrauchsinformation als "pharmazeutischer Unternehmer" zu bezeichnen,

ohne zugleich anzugeben, dass das wie vorstehend beschrieben veränderte Fertigarzneimittel in der Bundesrepublik Deutschland von Exxxxxx xxxxxxxxx GmbH, xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx, in den Verkehr gebracht wird.

Mit Anwaltsschreiben vom 9. Mai 2001 - nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils - ließ die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin die strafbewehrte Verpflichtungserklärung abgeben, es zu unterlassen,

die als Anlage EV 8 vorgelegte Fassung der Gebrauchsinformation in den Verkehr zu bringen.

In dem Schreiben heißt es noch, die Unterlassungserklärung werde unaufgefordert abgegeben, weil der Stand der Packungsbeilage nicht mehr aktuell sei (Anlage AG 5).

Mit Anwaltsschreiben vom 10. September 2001 ließ die Antragsgegnerin (und das mit ihr verbundene Unternehmen Mxxxxxxxxxx GmbH) gegenüber der Antragstellerin außerdem die strafbewehrte Verpflichtungserklärung abgeben, es zu unterlassen,

das Fertigarzneimittel Rxxxx ( 22 Mikrogramm in der Bundesrepublik Deutschland in veränderten Packungen, Fertigspritzen und/oder Gebrauchsinformationen in den Verkehr zu bringen, ohne zugleich auf der Gebrauchsinformation anzugeben:

"Umgepackt von: Mxxxxxxxxx GmbH, xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx - Parallel vertrieben von Exxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH, xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx " (Anlage AG 10).

Im Umfang der Verpflichtungserklärungen (Anlagen AG 5 und AG 10) haben die Parteien - wie ausgeführt - in der Berufungsverhandlung den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Insoweit stellen die Parteien wechselseitig Kostenanträge. Im übrigen verfolgt die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag zu 1.)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat - soweit die Parteien in der Berufungsverhandlung den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben - keinen Erfolg; sie ist demgemäß insoweit zurückzuweisen (II.). Hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils des Verfahrens ist die Antragsgegnerin billigerweise mit den Kosten zu belasten; insoweit war der Verfügungsantrag entgegen dem Landgericht begründet (III.).

I.

1.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages (des Hauptantrages) zu 1.), wie er nach der teilweisen Erledigungserklärung in der Berufungsverhandlung noch weiterverfolgt wird, ist die Verwendung einer Gebrauchsinformation der Antragsgegnerin für RXXXX-Arzneimittelpackungen ("Rxxxx ( 22 Mikrogramm") zum Vertrieb in Deutschland, die für den Parallelimport umkonfektioniert sind, soweit in der Gebrauchsinformation die Antragstellerin bzw. der jeweilige Inhaber der EU-Zulassung als "pharmazeutischer Unternehmer" bezeichnet wird, und zwar nur noch in der Fallgestaltung, bei der in der Gebrauchsinformation außerdem auf die Antragsgegnerin als für den Vertrieb im Inland als Parallelimporteurin verantwortliches pharmazeutisches Unternehmen hingewiesen wird.

Gegenüber der Antragsfassung erster Instanz ist die Bestimmung: "in veränderten Packungen, Fertigspritzen und/oder Gebrauchsinformationen" aufgenommen worden. Es geht damit aber weiterhin nur um die Verwendung der beanstandeten Gebrauchsinformation für die "veränderten", d. h. für den Parallelimport in Deutschland umkonfektionierten RXXXX-Packungen. Hierbei können die äußeren Verpackungen, inneren Behältnisse und/oder Gebrauchsinformationen verändert sein.

Der Unterlassungsantrag stellt darauf ab, dass in der Gebrauchsinformation die "Axxxx Sxxxxxx (Europe) Ltd." (bzw. der jeweilige EU-Zulassungsinhaber) als pharmazeutischer Unternehmer bezeichnet wird. Gemeint ist damit auch die Antragstellerin in ihrer inzwischen geänderten Firmenbezeichnung.

2.) Von der Erledigungserklärung betroffen und demgemäß nicht mehr mit dem Verfügungsantrag (Hauptantrag) weiterverfolgt ist die zweite Fallvariante des in der Berufungsinstanz zunächst angekündigten Unterlassungsantrages, bei der nur die Antragstellerin (bzw. der jeweilige EU-Zulassungsinhaber) in der Gebrauchsinformation der RXXXX-Parallelimportpackung als pharmazeutische Unternehmerin bezeichnet wird und der zusätzliche Hinweis auf die Antragsgegnerin als Parallelimporteurin fehlt. Diese Fallvariante ist zugleich der Streitgegenstand des Hilfsantrages zu 1.) gewesen, der ebenfalls von der Erledigungserklärung erfasst ist.

Denn die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin vom 10. September 2001 betrifft allgemein die Verwendung von RXXXX-Gebrauchsinformationen beim Parallelimport der Antragsgegnerin, ohne zugleich auf der Gebrauchsinformation anzugeben:

"Umgepackt von: Mxxxxxxxxx GmbH, xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx - Parallel vertrieben von Exxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH, xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx " (Anlage AG 10);

die Unterlassungserklärung erfasst demgemäß auch die Antragsvariante, bei der beim Parallelimport auf der Gebrauchsinformation die Antragstellerin (bzw. der jeweilige EU-Zulassungsinhaber) als pharmazeutische Unternehmerin bezeichnet wird.

II.

Auch nach Auffassung des Senats ist der Unterlassungsverfügungsantrag zu 1.) (Hauptantrag) in dem nach der teilweisen Erledigungserklärung noch verfolgten Umfang (siehe hierzu oben unter I. 1.) nicht begründet.

1.) Der Unterlassungsantrag ist nicht aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG, § 1 UWG begründet.

Nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG dürfen Fertigarzneimittel nur mit einer Packungsbeilage ("Gebrauchsinformation") in den Verkehr gebracht werden, die den Namen oder die Firma und die Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers sowie des Herstellers enthält, der das Fertigarzneimittel für das Inverkehrbringen freigegeben hat. Nach § 4 Abs. 18 AMG ist pharmazeutischer Unternehmer, wer das Arzneimittel unter seinem Namen in den Verkehr bringt; das ist nach zutreffender allgemeiner Ansicht beim Parallelimport von Arzneimitteln für den inländischen Vertrieb der Parallelimporteur.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG verlangt demgemäß in dem vorliegenden Falle des Parallelimports nur, dass in der Gebrauchsinformation die Angabe des pharmazeutischen Unternehmers bezogen auf das Inland vorhanden ist. Die Bestimmung ist hinreichend beachtet, wenn die Antragsgegnerin - entsprechend ihrer Verpflichtungserklärung gemäß Anlage AG 10 - auf der Gebrauchsinformation ihre Funktion als Parallelimporteurin angibt. Hieraus ergibt sich, dass die Antragsgegnerin für den Inlandsvertrieb das verantwortliche Unternehmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG ist. Dass das tatsächlich zutrifft, liegt auf der Hand. Auch bei einem zentral zugelassenen Arzneimittel (wie vorliegend RXXXX) bleibt der Parallelimporteur das für den Inlandsvertrieb verantwortliche Unternehmen. Jener Umstand aber (der Hinweis auf die Funktion der Antragsgegnerin beim Parallelimport von RXXXX) ist - wie ausgeführt - Teil des Streitgegenstandes.

Das Argument der Antragstellerin, die Beachtung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG setze voraus, dass nur das "richtige" Unternehmen (vorliegend die Antragsgegnerin als Parallelimporteurin) und nicht auch sie (die Antragstellerin) als pharmazeutischer Unternehmer bezeichnet wird, greift jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht durch. Die Vorschrift setzt zwar eine entsprechende Angabe voraus, d. h. der Hinweis auf den pharmazeutischen Unternehmer muss richtig zu verstehen sein. Das ist aber bezüglich der Antragsgegnerin vorliegend der Fall. Auf der anderen Seite führt der Umstand, dass auf der Gebrauchsinformation die Antragstellerin noch als ursprüngliche pharmazeutische Unternehmerin aufgeführt wird, regelmäßig nicht zu einem Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG; denn die allein maßgebliche Angabe betreffend den Inlandsvertrieb (Parallelimport: Antragsgegnerin) wird durch den zusätzlichen Hinweis auf die Antragstellerin nicht in jedem Falle außer Kraft gesetzt.

Vielmehr wird sich durch den Angabe betreffend die Antragsgegnerin als Parallelimporteurin gemäß der Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin (Anlage AG 10) regelmäßig ergeben, dass zusätzliche Hinweise auf die Antragstellerin gerade nicht den Inlandsvertrieb betreffen sollen, sondern nur auf den ursprünglichen Zustand (auf den Vertrieb im Exportland bzw. auf den EU-Zulassungsinhaber) Bezug nehmen.

Es mag Fallgestaltungen geben, in denen im Zusammenhang mit der Nennung der Antragstellerin die Verwendung der Beschreibung "pharmazeutischer Unternehmer" so benutzt wird, dass man von einer auf die Antragsgegnerin als Parallelimporteurin brauchbaren Angabe im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 5 UWG nicht mehr ausgehen kann. Das wären aber Besonderheiten des Sachverhalts, die nicht Streitgegenstand sind und die demgemäß auch nicht zur Begründung herangezogen werden können.

2.) Aus eben diesen Gründen ist der Unterlassungsantrag auch nicht aus § 3 HWG, § 1 UWG begründet.

Missverständliche oder unklare Verwendungen der Bezeichnung "pharmazeutischer Unternehmer" im Zusammenhang mit der Nennung der Antragstellerin als EU-Inhaberin der zentralen Zulassung von RXXXX oder als ursprünglich im Exportland verantwortliches Unternehmen könnten zwar im Einzelfall einen Verstoß gegen § 3 HWG bedeuten, sofern die "gleichzeitige" Nennung der Antragsgegnerin als für den Inlandsvertrieb verantwortliche Unternehmerin keine Klarheit schaffen sollte. In jedem Falle ist aber nicht von einer Irreführung auszugehen.

Vielmehr käme es - wie ausgeführt - auf Besonderheiten der Gestaltung der Gebrauchsinformation an, die aber nicht Streitgegenstand sind.

3.) Entsprechendes gilt für die von der Antragstellerin noch herangezogene Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, wonach es verboten ist, Arzneimittel mit irreführender Angabe in den Verkehr zu bringen.

III.

Nach alledem ist die Berufung der Antragstellerin, soweit das Verfahren nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 91 a, 92 Abs. 1, 97 ZPO.

Soweit die Parteien das Verfügungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entspricht es der Billigkeit, insoweit die Antragsgegnerin mit den Kosten zu belasten (§ 91 a ZPO). Ohne die Verpflichtungserklärung der Antragsgegnerin (Anlage AG 10) hätte die Berufung der Antragstellerin insoweit voraussichtlich Erfolg gehabt.

Der für erledigt erklärte Teil des Verfügungsverfahrens betrifft - wie ausgeführt - die zweite Fallvariante des in der Berufungsinstanz zunächst angekündigten Unterlassungsantrages, bei der nur die Antragstellerin (bzw. der jeweilige EU-Zulassungsinhaber) in der Gebrauchsinformation der RXXXX-Parallelimportpackung als pharmazeutische Unternehmerin bezeichnet wird und der zusätzliche Hinweis auf die Antragsgegnerin als Parallelimporteurin fehlt. Diese Fallvariante des Hauptantrages ist - wie ebenfalls ausgeführt - zugleich der Streitgegenstand des Hilfsantrages zu 1.) gewesen.

Dieser Unterlassungsantrag ist nach Auffassung des Senats ursprünglich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG, § 1 UWG begründet gewesen.

1.) Nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG ist in der Gebrauchsinformation der parallelimportierten RXXXX-Packung die Antragsgegnerin als pharmazeutische Unternehmerin zu nennen. Die Vorschrift gilt für den Vertrieb aller Fertigarzneimittel im Inland, sie macht für Arzneimittel mit zentraler gemeinschaftsrechtlicher Zulassung (EU-Zulassung) keine Ausnahme.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist der pharmazeutischer Unternehmer nicht etwa mit dem Inhaber der Zulassung des Arzneimittels gleichzusetzen. Gemäß der gesetzlichen Definition in § 4 Abs. 18 AMG ist pharmazeutischer Unternehmer, wer das Arzneimittel unter seinem Namen in den Verkehr bringt; das ist nach zutreffender allgemeiner Ansicht - wie ausgeführt - beim Parallelimport von Arzneimitteln für den inländischen Vertrieb der Parallelimporteur. Mit der Frage der Zulassung hat das nichts zu tun. Auch wer - den Fall unterstellt - ein nicht zugelassenes Arzneimittel in Verkehr bringt, ist selbstverständlich pharmazeutischer Unternehmer.

Nichts anderes gilt für den Parallelimporteur, der ein Arzneimittel vertreibt, das - wie vorliegend RXXXX - eine sog. "zentrale" Zulassung, d. h. eine von der für die Europäische Zulassung zuständigen Behörde der EMEA ("The European Agency for the Evaluation of Medicinal Products") gemeinschaftliche Zulassung hat. Denn der Umstand, dass der Parallelimporteur in solchen Fällen keine spezielle arzneimittelrechtliche Zulassung für den Inlandsvertrieb benötigt, ändert nichts daran, dass er - und nicht der betreffende Zulassungsinhaber - nach der Umkonfektionierung des Arzneimittels (z. B. bei RXXXX durch das Anbringen eines Aufklebers auf der äußeren Umverpackung oder auf der Fertigspritze oder durch Erstellen einer neuen Gebrauchsinformation in deutscher Sprache) dieses verantwortlich im Inland in den Verkehr bringt und demgemäß allein wegen dieses faktischen Tuns nach den zwingenden Gesetzesbestimmungen pharmazeutischer Unternehmer im Sinne der § 4 Abs. 18, § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG ist. Der gegenteiligen Annahme des Landgerichts vermag der Senat demgemäß nicht zu folgen.

2.) Die Argumente, nach denen § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG auf Arzneimittel mit zentraler Zulassung nicht anzuwenden sein soll, greifen nicht durch. Eine solche Auffassung wird im Schrifttum an keiner Stelle - soweit erkennbar - vertreten. Für eine solche Ausnahme entgegen dem eindeutigen einschränkungslosen Gesetzeswortlaut gibt es auch sonst keinen Anhaltspunkt.

(a) Entgegen dem Landgericht ergibt sich aus § 21 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht die von ihm gezogene Schlussfolgerung. Nach dieser Vorschrift ist die arzneimittelrechtliche Zulassung vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Die Vorschrift selbst definiert nicht den pharmazeutischen Unternehmer, sondern setzt die gesetzliche Bestimmung voraus (§ 4 Abs. 18 AMG). Der Umkehrschluss, Zulassungsinhaber sei stets - oder gar nur - der pharmazeutische Unternehmer, ist naheliegend nicht zwingend.

(b) Aus der von der Antragsgegnerin herangezogenen EWG-VO Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 (abgedruckt bei Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht-Kommentar, Band VIII, EU 1) ergibt sich lediglich, dass es nur einen Inhaber der EU-Zulassung gibt. Für den pharmazeutischen Unternehmer im Sinne des AMG ergibt sich daraus nichts. Die EWG-VO nennt den Begriff des pharmazeutischen Unternehmers zudem nicht.

(c) Aus der Richtlinie 92/27/EWG des Rates über die Etikettierung und die Packungsbeilage von Humanarzneimitteln vom 31. März 1992 (ABl. Nr. L 113/8) ergibt sich ebenfalls nichts anderes. Die Richtlinie verwendet nicht den Begriff des pharmazeutischen Unternehmers. Soweit in Art. 7 der Richtlinie von der "zum Inverkehrbringen berechtigten Person" die Rede ist, ist damit offensichtlich der Zulassungsinhaber gemeint.

Zu Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass der Zulassungsinhaber und der pharmazeutische Unternehmer im Sinne des § 4 Abs. 18 AMG identisch sein können, aber nicht müssen. Sie fallen gerade im Falle des Parallelimports eines zentral zugelassenen Arzneimittels auseinander, bei dem der Parallelimporteur - wie ausgeführt - das Arzneimittel nach dem Umkonfektionieren im Inland in den Verkehr bringt (und deshalb pharmazeutischer Unternehmer ist), ohne dass er Inhaber der zentralen Zulassung wäre.

Im übrigen regelt die Richtlinie den Parallelimport eines zentral zugelassenen Arzneimittels nicht ausdrücklich, sondern nur die Voraussetzungen, unter denen das betreffende Arzneimittel in allen EU-Mitgliedstaaten verkehrsfähig ist. Davon ist die vorliegende Fallgestaltung einer nachträglich vom Parallelimporteur veränderten Arzneimittelpackung zu unterscheiden.

(d) Die Äußerungen der EMEA (vgl. Anlage AG 1) enthält keine behördliche Anordnung gegenüber der Antragsgegnerin, auf einer Gebrauchsinformation für das Inland etwa die nach § 11 AMG erforderlichen Angaben zur Funktion der Antragsgegnerin nicht anzubringen. Solche Befugnisse hätte die EMEA auch nicht, die Behörde gibt insoweit nur Empfehlungen.

Soweit die EMEA der Rechtsauffassung sein sollte, nur der Zulassungsinhaber sei als "pharmazeutischer Unternehmer" zu bezeichnen, so wäre diese Rechtsauffassung - sie ergibt sich aus dem Schreiben gemäß Anlage AG 1 nicht - selbstverständlich nicht bindend. Die Rechtsauffassung, ein Parallelimporteur dürfe bzw. müsse seine Funktion als Parallelimporteur entgegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 AMG nicht angeben, wäre allerdings unzutreffend, sie findet auch keine Stütze. Zudem ging es nach dem Gegenstand des Unterlassungsantrages nicht darum, dass sich die Antragsgegnerin selbst als pharmazeutische Unternehmerin auf der Gebrauchsinformation bezeichnet, sondern dass ihre Funktion als Parallelimporteurin in der im Antrag beschriebenen Weise kenntlich gemacht wird.

(e) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ergibt sich aus dem Umstand, dass die Packungsbeilage - wie bei der inländischen Zulassung - auch bei der zentralen Zulassung als deren Bestandteil nicht verändert werden darf, nichts anderes. Für den Parallelimport steht in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegstelle (Anlage AG 6) nichts. Wenn in der ursprünglichen Gebrauchsinformation die Antragstellerin als pharmazeutischer Unternehmer bezeichnet wird, so stimmt das mit den tatsächlichen Verhältnissen überein. Demgemäß darf auch insoweit nichts verändert werden, so lange nicht ein anderer im Inland eben diese Arzneimittelpackung eigenverantwortlich in Verkehr bringt. Davon ist der Parallelimport nach Umkonfektionieren des Arzneimittels zu unterscheiden. Insoweit ist es auch nicht erheblich, dass die ursprüngliche Gebrauchsinformation auf einen Vorschlag der Antragstellerin zurückgeht.

(f) Den von der Antragsgegnerin vorgelegten Entscheidungen des Landgerichts Köln (Anlagen AG 3 und AG 8) vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

(g) Der noch vorlegten Zitatstelle "Wagner" (Anlage AG 2) ist nicht zu entnehmen, dass es bei der zentralen Zulassung keinen vom Zulassungsinhaber abweichenden pharmazeutischen Unternehmer gerade beim Parallelimport geben kann.

3.) Mit dem demgemäß vorliegenden Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5 UWG war zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG gegeben. Es handelt sich bei der Bestimmung des AMG um eine wertbezogene Norm, sie dient dem Schutz der Volksgesundheit.

Ein Ausnahmefall, bei dem kein Verstoß gegen § 1 UWG anzunehmen wäre (vgl. BGH - Hormonpräparate) ist vorliegend nicht gegeben. Mit der von der Antragstellerin noch herangezogenen Tiapridal-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH WRP 1998, 306) ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar.

4.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsantrages waren gegeben. Die Antragsgegnerin hatte in der von ihr verfassten RXXXX-Gebrauchsinformation ihre Funktion als Parallelimporteurin und demgemäß ihre Verantwortlichkeit für den Inlandsvertrieb verschwiegen und nur die Antragstellerin als "pharmazeutische Unternehmerin" bezeichnet (Anlage ASt EV 8). Der Unterlassungsantrag beschreibt insoweit die konkrete Verletzungsform.

Ende der Entscheidung

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