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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 24.08.2006
Aktenzeichen: 3 U 22/06
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 3 a Satz 2
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 8
Die Arzneimittelwerbung für eine nicht zugelassene Indikation (§ 3 a Satz 2 HWG) setzt voraus, dass die Werbung als eine solche für ein Anwendungsgebiet verstanden wird und nicht bloß zusätzliche Wirkungen des Mittels beschrieben werden.

Wird ein Arzneimittel einschränkungslos zur "Therapie der postmenopausalen Osteoporose" beworben, so geschieht das außerhalb der Zulassung, wenn das Arzneimittel nicht generell, sondern (nur) zur Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen "zur Reduktion des Risikos von vertebralen Frakturen", d. h. im Bereich der Wirbel der Wirbelsäule, zugelassen ist.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 22/06

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 24. August 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 10. August 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 29. November 2005 abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 11. Oktober 2005 wird mit der Maßgabe erneut erlassen, dass dem Verbotsausspruch vorangestellt wird: "innerhalb der Fachkreise" und dass es im Verbotsausspruch in der Klammer richtig heißt: "Wirkstoff: Ibandronsäure".

Die Antragsgegnerinnen tragen wie Gesamtschuldner die Kosten in beiden Instanzen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 250.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien sind Pharmaunternehmen, sie vertreiben verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung der Osteoporose bei Frauen nach der Menopause und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerinnen haben für ihr neu zugelassenes Arzneimittel "av_ooo(r) " in Anzeigen gegenüber Ärzten geworben (Anlage ASt EV 3).

Die Antragstellerin beanstandet die Werbung als wettbewerbswidrig und nimmt deswegen die Antragsgegnerinnen im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

In der "av_ooo"-Anzeige der Antragsgegnerinnen (veröffentlicht in der ÄrzteZeitung Nr. xx vom xx./. xxxx 2005) steht über der Darstellung eines 12-Monate-Bildkalenders mit zwölf Tabletten die Angabe: "12 statt 52 Tabletten im Jahr: Was bevorzugen Ihre Patienten?" Unter dem Bildkalender stehen im Blickfang die Hinweise "Neu" und "Die Monatstablette zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose" (Anlage ASt EV 3).

Das beworbene Arzneimittel "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" der Antragsgegnerinnen (Wirkstoff Ibandronsäure) ist für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:

"Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen zur Reduktion des Risikos von vertebralen Frakturen. Eine Wirksamkeit hinsichtlich Oberschenkelhalsfrakturen ist nicht belegt worden" (Fachinformation für "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten": Anlage ASt EV 2, dort unter Ziffer "4.1").

Durch die Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 11. Oktober 2005 ist den beiden Antragsgegnerinnen unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten worden,

im Wettbewerb das Fertigarzneimittel "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" (Wirkstoff: Ibandronsäure) uneingeschränkt mit der Angabe

"Die Monatstablette zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose"

zu bewerben, wie in der diesem Beschluss beigefügten Anlage A geschehen (es folgt die Beschlussanlage A = Kopie der Anzeige gemäß Anlage ASt EV 3)

Mit Urteil vom 29. November 2005 hat das Landgericht seine Beschlussverfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragstellerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung erneut zu erlassen.

Die Antragsgegnerinnen bitten um Zurückweisung der Berufung.

B.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Demgemäß ist unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die einstweilige Verfügung erneut zu erlassen, und zwar mit der Maßgabe wie aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlich.

I.

Der Gegenstand des von der Antragstellerin weiter verfolgten Unterlassungsverfügungsantrages ist das einschränkungslose Bewerben des Fertigarzneimittels "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" (Wirkstoff: Ibandronsäure) mit der Angabe: "Die Monatstablette zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose", wie in der beigefügten Anlage A geschehen (Verbotsanlage A = Kopie der Anzeige gemäß Anlage ASt EV 3), und zwar selbstverständlich nur innerhalb der Fachkreise. Das ist von der Antragstellerin in der Berufungsverhandlung klargestellt worden.

Soweit es im Verbot der Beschlussverfügung "Ibrandronsäure" hieß, handelt es sich um einen Schreibfehler, denn der Senat berichtigt.

II.

Der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist gegen beide Antragsgegnerinnen - unbeschadet der Anwendbarkeit weiterer Vorschriften - aus den §§ 3, 8, 4 Nr. 11 UWG, § 3 a HWG begründet.

1.) Nach § 3 a Satz 1 HWG ist die Werbung für Arzneimittel unzulässig, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Gemäß § 3 a Satz 2 HWG findet Satz 1 auch Anwendung, wenn sich die Werbung auf Anwendungsgebiete oder Darreichungsformen bezieht, die nicht von der Zulassung erfasst sind.

Der Wortlaut der in der Zulassung wiedergegebenen Anwendungsgebiete bestimmt insoweit den rechtlichen Rahmen der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels, für nicht zugelassene Indikationen darf nicht geworben werden. Mit § 3 a HWG soll potentiellen Irreführungsgefahren auch hinsichtlich des Umfangs der medizinisch-pharmakologischen Überprüfung der Verkehrsfähigkeit und daraus resultierender Gesundheitsgefahren vorgebeugt werden.

Voraussetzung für eine Werbung mit einer nicht zugelassenen Indikation ist aber, dass die beanstandete Angabe als Hinweis auf ein Anwendungsgebiet verstanden wird, für das das Arzneimittel nicht zugelassen ist. Wird demgegenüber in der Werbung nur auf (zusätzliche) Wirkungen des betreffenden Arzneimittels hingewiesen, so ist ein Verstoß gegen § 3 a HWG nicht gegeben (OLG Hamburg MagazinDienst 2005, 810 m. w. Nw.), wenn und soweit der ursächliche Zusammenhang mit der zugelassenen Indikation und das Fehlen einer insoweit eigenständigen Indikation werblich verdeutlicht werden.

2.) Der Begriff "Anwendungsgebiet" - die Anwendungsgebiete gehören zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben in der Werbung (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 HWG) und in der Packungsbeilage (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 AMG) - ist gleichbedeutend mit dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichen Begriff der Indikation. Er bezeichnet die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung, insbesondere die körperlichen und seelischen Zustände, die durch das betreffende Arzneimittel beeinflusst werden sollen. Die Anwendungsgebiete ergeben sich aus den Zulassungsunterlagen (§ 22 Abs. 1 Nr. 6 AMG) und dem hieran anknüpfenden Zulassungsbescheid. Die angegebenen Indikationen müssen mit denjenigen übereinstimmen, die für das betreffende Präparat durch die zuständige Bundesoberbehörde registriert oder zugelassen sind (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 4 HWG, Rz. 36).

3.) Unter diesen Voraussetzungen bewerben die Antragsgegnerinnen das Arzneimittel "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" durch die einschränkungslose Angabe: "Die Monatstablette zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose" außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung.

(a) Das Arzneimittel "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" ist nicht - wie die beanstandete Angabe selbstverständlich erwarten lässt - generell für Therapie der postmenopausalen Osteoporose zugelassen, sondern nur - wie ausgeführt - zur "Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen zur Reduktion des Risikos von vertebralen Frakturen" (Anlage ASt EV 2), d. h. des Risikos von Brüchen im Bereich der Wirbel der Wirbelsäule.

Schon die adjektivische Bestimmung "vertebral" lässt kein Zweifel daran, dass die Zulassung des Arzneimittels gerade nicht im Sinne "zur Reduktion des Risikos von (allen) Frakturen verstanden werden soll.

Überdies heißt es in der Fachinformation von "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" in den Anwendungsgebieten ("4.1") im Anschluss an den oben zitierten Satz, wie ausgeführt: "Eine Wirksamkeit hinsichtlich Oberschenkelhalsfrakturen ist nicht belegt worden". Durch diese Negativ-Bestimmung wird zusätzlich sogar ausdrücklich gesagt, dass und weshalb für die Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen zur Reduktion des Risikos von Oberschenkelhalsfrakturen keine Zulassung besteht.

(b) Das Landgericht leitet sein gegenteiliges Beurteilungsergebnis von der Annahme ab, eine Werbung außerhalb des Anwendungsgebiets läge nur vor, wenn dem beworbenen Arzneimittel eine Wirksamkeit zur Bekämpfung einer andersartigen Erkrankung zugeschrieben würde. Diese Grundannahme hält der Senat für unzutreffend.

Anwendungsgebiet und (zusätzliche) Wirkungen sind, wie ausgeführt, zu unterscheiden. Die Zweckbestimmung und damit die Festlegung des Anwendungsgebiets des Arzneimittels erfolgen durch die Zulassungsbehörde. Wenn ein Arzneimittel nicht generell für eine Therapie, sondern nur für einen speziell definierten Bereich dieser Therapie zugelassen ist, so bestimmt sich - anders als es das Landgericht gemeint hat - die Grenze des Anwendungsgebiets nicht danach, ob jenseits der Grenze eine "andersartige Erkrankung" vorliegen würde, sondern allein danach, wie bzw. wo die Grenzziehung von der Zulassungsbehörde vorgenommen worden ist.

Auf die Aussage des vom Landgericht einvernommenen sachverständigen Zeugen Professor s-xxx kommt es nicht an. Der Senat ist hinreichend sachverständig, um die in Rede stehenden Angaben zu den Anwendungsgebieten in der Fachinformation von "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" (Anlage ASt EV 2) zu verstehen. Warum bzw. wie es zu der Negativ-Bestimmung in der Zulassung von "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" gekommen ist ("Eine Wirksamkeit hinsichtlich Oberschenkelhalsfrakturen ist nicht belegt worden"), gehört unstreitig nicht zu den eigenen Wahrnehmungen des Zeugen. Er ist unstreitig auch nicht autorisiert, für die Zulassungsbehörde zu sprechen oder Erläuterungen zu dieser Negativ-Bestimmung aus behördlicher Sicht abzugeben. Jedenfalls existiert nur die so eingeschränkte Zulassung, und zwar unstreitig entsprechend den Angaben in der Fachinformation. Im Übrigen ergibt sich, wie ausgeführt, die dargestellte Beschränkung der Zulassung schon aus der Bestimmung "von vertebralen Frakturen".

Was der Zeuge bei einer Therapie für sinnvoll hält oder nicht, ist insoweit ebenfalls ohne Belang. Die Zulassung eines Arzneimittels für ein bestimmtes, wie vorliegend speziell eingeschränktes Anwendungsgebiet und die Überlegungen des behandelnden Arztes zu Therapiemöglichkeiten müssen sich nicht zwangsläufig decken. Ob das beworbene Arzneimittel auch außerhalb der Wirbelknochen tatsächlich wirksam ist, betrifft ebenfalls nicht den vorliegend allein maßgeblichen Zulassungsstatus des Arzneimittels der Antragsgegnerinnen.

(c) Im Übrigen gibt es konkurrierende Arzneimittel, die für ein gegenüber "av_ooo(r) 150 mg Filmtabletten" erweitertes Anwendungsgebiet zugelassen sind.

Die Antragstellerin vertreibt das Arzneimittel la-nnnn (Wirkstoff Alendronat), und zwar zur täglichen (la-nnnn 10 mg) bzw. einmal wöchentlichen Einnahme (la-nnnn 70 mg).

Das Arzneimittel la-nnnn 10 mg ist u. a. zugelassen:

"Zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose bei Frauen mit oder ohne vorbestehende vertebrale Frakturen, um das Risiko für weitere oder neue Frakturen an Wirbelsäule oder Hüfte zu verringern" (Fachinformation für la-nnnn 10 mg: Anlage ASt EV 1, Seiten 1-4, dort unter "4.1 Anwendungsgebiete").

Das Arzneimittel la-nnnn 70 mg ist für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:

" la-nnnn (r) ist indiziert zur Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen, um das Risiko für Wirbel- und Hüftfrakturen zu vermindern" (Fachinformation für la-nnnn 70 mg: Anlage ASt EV 1, Seiten 5-8, dort unter Ziffer "4.1").

Demgemäß sind diese Arzneimittel der Antragstellerin zur Therapie der Osteoporose bei menopausalen Frauen indiziert, und zwar um das Risiko für weitere oder neue Frakturen an Wirbelsäule oder Hüfte zu verringern (la-nnnn 10 mg) bzw. um das Risiko für Wirbel- und Hüftfrakturen zu vermindern (la-nnnn 70 mg). Entsprechendes gilt für die Arzneimittel F-cccc (Anlage AG 4), P_sssss (Anlage ASt EV 11) und A_eeee (Anlagen ASt EV 13-14).

Im Übrigen zeigt die einschlägige "DVO-Leitlinie 2006" (Anlage ASt EV 21) auf, dass die unterschiedliche Wirksamkeit der Bisphosphonate im Bezug auf die Risikoreduktion der jeweiligen Frakturarten auch von therapeutischer Relevanz ist. Dass es gerade diese Leitlinien bei der Zulassung des Arzneimittels "av_ooo" noch nicht gegeben hat, ist unerheblich; die Leitlinien stützen jedenfalls den Umstand, dass die oben dargestellten Unterschiede im Zulassungsstatus der einzelnen Arzneimittel bestehen.

(d) Das Argument der Antragsgegnerinnen in der Widerspruchsschrift, ihr Arzneimittel sei uneingeschränkt zugelassen, denn die EMEA-Guidelines gingen von einer Zulassung aus, wenn einer frakturmindernde Wirkung zumindest in einem Skelettbereich, z. B. im Bereich der Wirbelsäule, vorlägen, greift nicht durch.

Es geht nicht darum, unter welchen Voraussetzungen die Zulassung für ein Arzneimittel erfolgen kann, sondern um die vorliegend eben eindeutig beschränkt erfolgte Bestimmung des Anwendungsgebiets. Im Übrigen zitieren die Antragsgegnerinnen aus den EMEA-Guidelines (Anlage ASt EV 6) unvollständig, hierauf hat die Antragstellerin bereits in erster Instanz hingewiesen.

Vollständig lautet der Text der EMEA in der "Note for Guidance on postmenopausal osteoporosis in women" in der in Rede stehenden Stelle zur Behandlung der Osteoporose wie folgt:

The applicant will be requested to study the effect of the investigated drug on both spinal and femoral (not all non-vertebral) fractures. This should be done in properly designed and adequately powered studies. The indication will be granted only if anti-fracture efficacy has been demonstrated at, at least, one site and no deleterious effect has been shown at the other site.

In the "indication" part of the SPC (summary of product characteristics), it will be clearly specified if antifracture efficacy has been shown at the spine and/or at the hip. Failure to demonstrate anti-fracture efficacy at the second site will also appear in this section of the SPC.

Das lautet unstreitig in der deutschen Übersetzung:

Der Antragsteller wird ersucht, die Wirkung des zuzulassenden Arzeimittels sowohl bezüglich spinaler als auch femoraler (nicht aller non-vertebraler) Frakturen zu untersuchen. Dies muss anhand ordnungsgemäß geplanter Studien mit adäquater statistischer Trennschärfe geschehen. Die Indikation wird nur zugelassen werden, wenn eine frakturmindernde Wirkung zumindest in einem Skelettbereich nachgewiesen wurde und keine schädigenden Effekte im anderen Bereich festgestellt wurden.

Im Teil "Anwendungsbereich" der Fachinformation wird klar spezifiziert werden, ob eine frakturmindernde Wirkung an der Wirbelsäule und/oder an der Hüfte gezeigt wurde. Eine nicht nachgewiesene risikoreduzierte Wirkung im zweiten Bereich wird ebenfalls in diesem Abschnitt der Fachinformation aufgeführt.

Das belegt nach Auffassung des Senats zusätzlich, dass es sich bei den in Rede stehenden Angaben zu den "Anwendungsgebieten" insoweit um eine Einschränkung handelt.

(e) Auch die von den Antragsgegnerinnen noch herangezogene "Scientific Discussion" zur "av_ooo"-Monatstablette (Anlage ASt EV 18) belegt das obige Ergebnis der nur eingeschränkten Zulassung des Arzneimittels:

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen belegt die herangezogene Textstelle

"only for the indication of 'treatment of osteoporosis in postmenopausal women, in order to reduce the risk of vertebral fractures'"

nicht etwa im Hinblick auf "only" (nur), dass keine Zulassung für die Prävention beantragt worden ist. Das ist - worauf die Antragstellerin zutreffend verweist, an keiner Stelle der "Scientific Discussion" zu entnehmen. Vielmehr steht das "only" dort direkt neben "for the indication" und bezieht sich vielmehr ausdrücklich auf die Indikation.

Demgemäß lautet die Textstelle übersetzt:

"nur für die Indikation 'Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen, um das Risiko von vertebralen Frakturen zu verringern'".

(f) Auch die von den Antragsgegnerinnen noch herangezogene "Scientific Discussion" zur "av_ooo"-Tagestablette (Anlage ASt EV 17) belegt das obige Ergebnis, denn auch dort ist nur von "vertebralen Frakturen" die Rede.

(g) Auf die von den Antragsgegnerinnen noch vorgelegte E-mail-Äußerung der EMEA (Anlage AG 15) kommt es nicht an. Es mag sein, dass die EMEA die Zulassung des Arzneimittels bezüglich dessen Anwendungsgebiete irgendwann ändern wird. Maßgeblich ist aber für den vorliegenden Rechtsstreit nur, dass die Zulassung von "av_ooo" (bisher) nicht abgeändert worden ist.

(h) Das weitere Argument der Antragsgegnerinnen, in der Gebrauchsinformation ihres Arzneimittels stünde nur: "zur Behandlung der Osteoporose" (Anlage AG 12) und die Gebrauchsinformation sei von der EMEA genehmigt worden, ist ebenfalls nicht stichhaltig.

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 AMG müssten allerdings auch in der Gebrauchsinformation die Anwendungsgebiete des Fertigarzneimittels angegeben sein, und zwar in Übereinstimmung mit den Angaben in der Fachinformation. Sind die Anwendungsgebiete - wie im vorliegenden Fall bei dem Arzneimittel der Antragsgegnerinnen - unterschiedlich angegeben, so mag das wegen der Besonderheiten der EMEA-Zulassung hinzunehmen sein. Die Reichweite des Anwendungsgebiets und damit der Zulassung des Arzneimittels im Sinne des § 3 a HWG bleibt davon unberührt.

(i) Das Argument des Landgerichts, die Antragstellerin könne nicht verlangen, dass die Antragsgegnerinnen die Negativ-Bestimmung ("Eine Wirksamkeit hinsichtlich Oberschenkelhalsfrakturen ist nicht belegt worden") in die Werbung aufnähmen, mag in dieser Allgemeinheit zutreffen, für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch besagt das aber nichts. Denn der Verbotsgegenstand ist allein die konkrete einschränkungslose Werbung der Antragsgegnerinnen. Wie die insoweit zulässige Werbung aussehen könnte, betrifft nicht den geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

4.) Auch die übrigen Voraussetzungen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs sind gegeben.

Die beiden Antragsgegnerinnen haben gemeinsam die beanstandete Werbeanzeige geschaltet (Anlage ASt EV 2). Der Antrag beschreibt die konkrete Verletzungsform.

III.

Nach alledem war die Berufung der Antragstellerin begründet und das landgerichtliche Urteil nach der Maßgabe des Urteilsausspruchs des Senats abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, § 100 Abs. 4 ZPO analog.

Ende der Entscheidung

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