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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 16.04.2007
Aktenzeichen: 3 U 22/07
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 4 Abs. 3
HWG § 4 Abs. 6
UWG § 8
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
1. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 HWG, nach der in der Arzneimittelwerbung außerhalb der Fachkreise der Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen..." erforderlich ist, gilt nicht bei der Erinnerungswerbung (§ 4 Abs. 6 Satz 1 HWG). Eine Erinnerungswerbung ist u. a. dann gegeben, wenn in der Werbung ausschließlich mit der Arzneimittelbezeichnung oder mit dem Hinweis "Wirkstoff:..." geworben wird (§ 4 Abs. 6 Satz 2 HWG).

2. Auch wenn in der Werbung die Wirkstoffangabe fehlt, kann gleichwohl eine Erinnerungswerbung vorliegen und damit der Hinweis nach § 4 Abs. 3 HWG entbehrlich sein, so z. B. wenn nur mit der Bezeichnung des Arzneimittels (hier: "Aspirin Effect 10 Beutel") geworben wird.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

Geschäftszeichen: 3 U 22/07

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 16. April 2007 durch die Richter am Oberlandesgericht Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler

beschlossen:

Tenor:

Achtung: Zum Verständnis der Entscheidung folgender Einschub des Einsenders: Sachverhalt: Die Antragsgegnerin ist Inhaberin einer Apotheke in München und hat auf ihren Internetseiten unter der Rubrik "Für Ihre Reise" mehrere Artikel angeboten, dort heißt es u.a.: "Aspirin Effect 10 Beutel" (Anlage Ast 1). In der Werbung fehlt der Hinweis gemäß § 4 Abs. 3 HWG: "Zu Risiken und Nebenwirkungen ..."

Die Antragstellerin beanstandet das als unlauter. Das Landgericht hat die Beschlussverfügung, mit der der Antragsgegnerin das Werben für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne den Hinweis gemäß § 4 Abs. 3 HWG verboten worden war, aufgehoben. Dagegen richtete sich die Berufung der Antragstellerin.

Auf den hier vorliegenden Hinweisbeschluss des Senats, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen zu wollen, ist die Berufung zurückgenommen worden (rechtskräftig).

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 28. November 2006 nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Zu Recht hat das Landgericht seine Beschlussverfügung vom 12. Oktober 2006 zu Ziffer I. 3. lit. a aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrag zu Ziffer I. 3. lit. a - nur dieser Unterlassungsanspruch ist Gegenstand der Berufung - zurückgewiesen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Ergänzend ist noch auf folgendes hinzuweisen:

a) Der mit dem Verfügungsantrag gemäß Ziffer I. 3. lit. a geltend gemachte Unterlassungsanspruch betrifft das Bewerben (im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs) von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne den bei Arzneimitteln vorgeschriebenen Hinweis: "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker", und zwar so geschehen wie auf den Internetseiten der Antragsgegnerin gemäß Anlage Ast 1 betreffend die Werbung für "Aspirin Effect".

aa) Dass der Gegenstand des Unterlassungsantrags einen so eingeschränkten, nur auf die konkrete Internetwerbung der Antragsgegnerin gemäß Anlage Ast 1 bezogenen Umfang hat, ergibt sich schon aus der Antragsschrift im Hinblick auf die Gesamtwürdigung von Antragsfassung und Antragsbegründung:

Die Antragsfassung hat allerdings einen verallgemeinerten Wortlaut und es fehlt die für ein eingeschränktes Verständnis an sich gebotene ausdrückliche Bezugnahme auf die Internetwerbung gemäß Anlage Ast 1.

Aber die Begründung in der Antragsschrift verhält sich nur zu der Werbung "Aspirin Effect" auf der Internetseite gemäß Anlage Ast 1 und es wird ausgeführt, "das Angebot der Antragsgegnerin" verstoße gegen § 4 Nr. 11 UWG, § 4 Abs. 3 HWG (Bl. 9).

bb) Entsprechendes gilt auch für den insoweit antragsgemäß ergangenen Verbotsausspruch zu Ziffer I. 3. lit. a der Beschlussverfügung.

Dass das Landgericht das Verbot ebenso eingeschränkt, d.h. bezogen nur auf die "Aspirin Effect"-Werbung gemäß Anlage Ast 1 aufgefasst hat, ergibt sich zwar aus der nicht mit Gründen versehenen Beschlussverfügung noch nicht, aber aus dem angefochtenen Urteil des Landgerichts:

In den Entscheidungsgründen wird zu Ziffer I. 3. lit. a der Beschlussverfügung ausgeführt, die "beanstandete Werbung" sei als Erinnerungswerbung nicht zu beanstanden, denn - so das Landgericht - in der Werbung werde nur die Arzneimittelbezeichnung "Aspirin Effect" genannt (Urteilsumdruck, Seiten 5-6).

cc) Auch die Berufung wendet sich nicht gegen die vom Landgericht so eingeschränkt interpretierte Reichweite des Verbots, zudem beziehen sich deren Rechtsausführungen allein auf die konkrete Internetwerbung für "Aspirin Effect".

b) Die den Streitgegenstand mitbestimmende Antragsbegründung der Antragstellerin geht dahin, die "Aspirin Effect"-Werbung gemäß Anlage Ast 1 verstoße - so ausdrücklich auch in der Berufungsbegründung - wegen des fehlenden Satzes "Zu Risiken und Nebenwirkungen ..." gegen § 4 Abs. 3 HWG; die Ausnahme des § 4 Abs. 6 HWG greife nicht ein, weil in der Werbung nur "Aspirin Effect" ohne den Wirkstoff (Acetylsalicylsäure) angegeben worden sei.

c) Auch nach Auffassung des Senats ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus den §§ 8. 3, 4 Nr. 11 UWG, § 4 Abs. 3 HWG nicht begründet. Bei der angegriffenen Werbung (Anlage Ast 1) handelt es sich um eine Erinnerungswerbung, bei der gemäß § 4 Abs. 6 HWG die Vorschrift des § 4 Abs. 3 HWG ausdrücklich ausgenommen ist.

aa) Die Antragsgegnerin ist Inhaberin einer Apotheke in München und hat auf ihren Internetseiten unter der Domain "www.oooo.de" am 4. Oktober 2006 unter der Rubrik "Für Ihre Reise" mehrere Artikel angeboten, dort heißt es u.a.: "Aspirin Effect 10 Beutel" (Anlage Ast 1).

bb) Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 HWG ist bei einer Werbung außerhalb der Fachkreise der Text "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt anzugeben. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 HWG gilt Absatz 3 nicht für eine Erinnerungswerbung. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG liegt eine Erinnerungswerbung vor, wenn ausschließlich mit der Bezeichnung eines Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma, der Marke des pharmazeutischen Unternehmers oder dem Hinweis "Wirkstoff:" geworben wird.

cc) Wie auch die Antragstellerin nicht verkennt, ist die Werbung für "Aspirin Effect" gemäß Anlage Ast 1 an sich eine Erinnerungswerbung, denn es wird nur mit der Arzneimittelbezeichnung geworben. Das Argument der Antragstellerin, die Vorschrift des § 4 Abs. 3 HWG werde vorliegend durch Absatz 6 nicht suspendiert, weil in der Werbung die Wirkstoffangabe (hier: "Wirkstoff: Acetylsalicylsäure") fehle, greift nicht durch.

Definitionsgemäß liegt, wie ausgeführt, gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 HWG eine Erinnerungswerbung u.a. dann vor, wenn nur die Arzneimittelbezeichnung angegeben ist. Das ist, wie auch die Antragstellerin nicht verkennt, in der "Aspirin Effect"-Werbung gemäß Anlage Ast 1 der Fall. § 4 Abs. 6 HWG setzt als Ausnahmevorschrift für § 4 Abs. 3 HWG gerade nicht voraus, dass jeweils auch der Wirkstoff angegeben ist. Hiervon ist bereits das Landgericht zutreffend ausgegangen.

Auf die von der Antragstellerin noch herangezogene BGH-Entscheidung (GRUR 1998, 591 - Monopräparate) kommt es vorliegend nicht an. Denn damals galt - wie die Berufungsbeantwortung zutreffend ausführt - § 4 Abs. 6 HWG in der jetzigen Fassung noch nicht. Die gemäß § 4 Abs. 1 a HWG vorgeschriebene Wirkstoffangabe bei Arzneimitteln mit nur einem arzneilich wirksamen Bestandteil galt damals gemäß § 4 Abs. 6 HWG a.F. auch in Fällen der bloßen Erinnerungswerbung. § 4 Abs. 6 Satz 1 HWG in der jetzt geltenden Fassung suspendiert bei der Erinnerungswerbung ausdrücklich auch die Anwendung des § 4 Abs. 1 a HWG.

Ende der Entscheidung

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