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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 28.04.2005
Aktenzeichen: 3 U 230/04
Rechtsgebiete: BRAO, RBerG, 2. AVO RBerG


Vorschriften:

BRAO § 43 b
RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1
2. AVO RBerG § 1 Abs. 3
1. Eine erlaubnispflichtige unmittelbare Förderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten in Form der Rechtsberatung im Einzelfall ist bei einer Postwurfsendung des Mietervereins an Nichtmitglieder nicht gegeben, wenn in dem Mailing die in dem Wohnblock der Empfänger anstehenden Wärmedämmarbeiten zwar angesprochen werden, aber dabei nur abstrakt auf Unterschiede zwischen Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten und deren rechtlichen Folgen verwiesen und allgemein empfohlen wird, etwaige Beeinträchtigungen nach Datum, Dauer und Art zu notieren und die Postwurfsendung nicht persönlich, sondern an die "Mieter der Wohnanlage ..." adressiert ist. Auch das beigefügte Beitrittsformular für den Fall einer gewünschten konkreten Auskunft macht deutlich, dass die Rechtsberatung im konkreten Einzelfall erst nach Erwerb der Mitgliedschaft gewährt wird.

2. Steht bei der Postwerbesendung die Werbung um Mitgliedschaft im Vordergrund, so wird insoweit auch nicht gegen das Werbeverbot (§ 1 Abs. 3 2. AVO zum RBerG) verstoßen. Es geht nicht um einen Fall, der mit dem der Anwaltswerbung um ein Einzelmandat (§ 43 b BRAO) vergleichbar wäre.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 230/04

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 28. April 2005

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Reimers-Zocher nach der am 14. April 2005 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12 vom 7. Dezember 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der in der Berufungsverhandlung vom 14. April 2005 gestellte Verfügungsantrag zurückgewiesen wird.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Antragstellerin, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ist die berufsständische Organisation der im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamburg zugelassenen Rechtsanwälte (§ 60 BRAO); zu den Aufgaben ihres Vorstandes gehört es, die Belange der Kammer zu wahren und zu fördern (§ 73 Abs. 1 Satz 2 BRAO).

Der Antragsgegner ist einen Interessenverband mit der satzungsgemäßen Aufgabe, Mieter zum Zwecke der gemeinschaftlichen Interessenvertretung zusammenzuführen und Verbraucher in Miet- und Wohnungsangelegenheiten zu schützen, u. a. durch Mieterberatung gegenüber seinen Mitgliedern (Anlage ASt 1).

Der Antragsgegner hat sich per Postwurfsendung an alle Mieter der Wohnanlage xxxxx-Weg Nr. .... in Hamburg, gewandt (Anlage ASt 2).

Die Antragstellerin beanstandet das als wettbewerbswidrigen Verstoß gegen das RBerG. Sie nimmt deswegen den Antragsgegner im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

Anlass für die Postwurfsendung des Antragsgegners war der Umstand, dass die Vermieterin der Wohnanlage xxxxx-Weg Nr. ...., die Z-xxxxx Genossenschaft, ihre Mieter über bevorstehende Wärmedämmarbeiten und über eine deswegen zu gewährende Mietminderung für die Zeit der Baumaßnahmen in einem Schreiben informiert hatte (Anlage ASt 3).

Die Postwurfsendung des Antragsgegners an die Mieter der Wohnanlage xxxxx-Weg Nr. .... bestand aus einem Anschreiben (Anlage ASt 2 Seite 1) nebst Antwortkarte ("Beitrittserklärung": Anlage AG 6), dem Muster für ein "Mängel/Lärmprotokoll" (Anlage ASt 2 Seite 2) und aus einem Werbeblatt (Anlage ASt 2 Seite 3).

In dem Anschreiben des Antragsgegners (Anlage ASt 2 Seite 1) heißt es unter Bezugnahme auf die Modernisierungsarbeiten u. a.:

"Die Frage, ob Ihrerseits eine Duldungspflicht gegenüber den geplanten Maßnahmen besteht, kann nur im Einzelfall geklärt werden. Ebenfalls kann geprüft werden, ob es sich bei den geplanten Arbeiten um Modernisierungs- oder um Instandhaltungsmaßnahmen handelt. Modernisierungsarbeiten führen zu einer Mieterhöhung, Instandsetzungsarbeiten nicht. Modernisierungen wie auch Instandsetzungen sind in der Regel mit Beeinträchtigungen, wie z. B. Lärm und Schmutz, verbunden. Sind diese Beeinträchtigungen erheblich, steht dem Mieter ein Minderungsrecht zu. Die Höhe der Minderung richtet sich nach der Beeinträchtigung.

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In dem der Postwurfsendung beigefügten Werbeblatt des Antragsgegners (Anlage ASt 2 Seite 3) heißt es u. a.:

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Die Antragstellerin hat beantragt (ursprünglich angekündigte Antragsfassung: Bl. 2),

den Antragsgegner zu verurteilen, es bei Vermeidung von bestimmten Ordnungsmitteln zu unterlassen,

geschäftsmäßig im Bereich des Mietrechts fremde Rechtsangelegenheiten einschließlich Rechtsberatung für Nichtmitglieder zu besorgen und/oder dies anzubieten, solange nicht eine dazu von der zuständigen Behörde erforderliche Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 Abs. RBerG erteilt ist.

Durch Urteil vom 7. Dezember 2004 hat das Landgericht den Verfügungsantrag zurückgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragstellerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Antragstellerin beantragt (ursprünglich angekündigte Antragsfassung: Bl. 60-61),

das Urteil des Landgerichts abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu verurteilen, es bei Vermeidung von bestimmten Ordnungsmitteln zu unterlassen,

geschäftsmäßig im Bereich des Mietrechts fremde Rechtsangelegenheiten einschließlich Rechtsberatung für Nichtmitglieder durch Übersendung einer Postwurfsendung, wie in den Anlagen ASt 2 und AG 6 geschehen, zu besorgen, solange nicht eine dazu von der zuständigen Behörde erforderliche Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 Abs. RBerG erteilt ist.

Der Antragsgegner verteidigt das landgerichtliche Urteil und bittet um Zurückweisung der Berufung.

B.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist demgemäß unter Zurückweisung des in der Berufungsverhandlung gestellten Verfügungsantrages zurückzuweisen.

I.

Der mit dem Verfügungsantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.

1.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages in der nunmehr gestellten Fassung ist das geschäftsmäßige Besorgen fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich Rechtsberatung im Bereich des Mietrechts gegenüber Nichtmitgliedern des Antragsgegners ohne behördliche Erlaubnis, und zwar durch Übersenden einer Postwurfsendung, wie in den Anlagen ASt 2 und AG 6 geschehen.

2.) Der Unterlassungsantrag ist aus den §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG, Art. 1 § 1 RBerG nicht begründet.

(a) Gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung, geschäftsmäßig - ohne Unterschied zwischen haupt- und nebenberuflicher oder entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit - nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist.

Gemäß Art. 1 § 7 Satz 1 RBerG bedarf es einer Erlaubnis nicht, wenn auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen oder Stellen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten gewähren. Hierunter fallen schon nach der Gesetzbegründung und im Anschluss daran nach ständiger Rechtsprechung insbesondere Mietervereine, und zwar auch dann, wenn sie ihre Mitglieder auch in Einzelangelegenheiten zu beraten pflegen (BGH GRUR 1986, 79 - Mietrechtsberatung m. w. Nw.).

(b) Eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG gegenüber Nichtmitgliedern des Antragsgegners - nur hierauf stellt der Streitgegenstand des Verfügungsantrages ab - wäre demgemäß erlaubnispflichtig. Eine solche Erlaubnis besitzt der Antragsgegner unstreitig nicht. Der Antragsgegner ist zwar eine nach Art. 1 § 7 Satz 1 RBerG privilegierte Vereinigung, diese Ausnahmevorschrift kommt aber nach dem Streitgegenstand nicht zum Tragen.

(c) Der Antragsgegner hat unstreitig die beanstandete Postwurfsendung (Anlagen ASt 2, AG 6) an alle Mieter der Wohnanlage xxxxx-Weg Nr. .... übersandt und damit auch an solche Personen, die keine Mitglieder des Antragsgegners sind. Die Übersendung der Postwurfsendung stellt jedoch auch nach Auffassung des Senats keine geschäftsmäßige "Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung" im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG dar.

(aa) Unter der Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit fällt jede Tätigkeit, die auf die unmittelbare Förderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten gerichtet ist, bei der Rechtsberatung als Unterform der Rechtsbesorgung geht es dementsprechend um die Unterrichtung des Rechtsuchenden über die Rechtslage in einem Einzelfall. Nicht entscheidend ist, dass die Angelegenheit durch das Tätigwerden des Besorgenden abschließend erledigt wird, die geschäftsmäßige Tätigkeit muss aber darauf gerichtet und geeignet sein, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten (BGH GRUR 2002, 996 - Bürgeranwalt).

(bb) Nach diesen Grundsätzen ist das Übersenden der Postwurfsendung mit dem Anschreiben (Anlage ASt 2 Seite 1) keine erlaubnispflichtige Tätigkeit im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG. Die Empfänger der Postwurfsendung wurden durch diese nicht in einem Einzelfall über die Rechtslage unterrichtet, eine unmittelbare Förderung einer konkreten Rechtsangelegenheit hat es dadurch nicht gegeben.

Der Antragsgegner hat seine "an die Mieter der Wohnanlage xxxxx-Weg Nr. ...." adressierte Postwurfsendung wegen der in der Wohnanlage geplanten Wärmedämmarbeiten ausgesandt und es werden in dem Anschreiben (Anlage ASt 2 Seite 1) Rechtsfragen wie die Duldungspflicht gegenüber solchen Maßnahmen und ein Mietminderungsrecht bei erheblichen Beeinträchtigungen durch die Arbeiten angesprochen; insoweit hat die Postwurfsendung allerdings einen schon konkreten Bezug für die angeschriebenen Mieter. Gleichwohl sind die rechtlichen Hinweise in der Postwurfsendung nur allgemeiner Natur, so erfahren die Empfänger der Postwurfsendung in dem Anschreiben (Anlage ASt 2 Seite 1) nur abstrakt den Unterschied zwischen Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten und den rechtlichen Folgen, nicht aber eine rechtliche Bewertung in ihrem Einzelfall. Das gilt für alle in der Postwurfsendung angeschnittenen Rechtsfragen:

So wird in dem Anschreiben ausdrücklich angemerkt, es könne "nur im Einzelfall geklärt werden", ob eine Duldungspflicht gegenüber den Arbeiten bestehe und es könne "ebenfalls" (also im konkreten Einzelfall) "geprüft werden", ob die geplanten Wärmedämmarbeiten Modernisierungs- oder Instandsetzungsarbeiten seien. Damit wird in dem Anschreiben selbst keine konkrete Rechtsbesorgung bzw. Rechtsberatung getätigt, sondern eine solche erst in Aussicht gestellt. Ebenso allgemein gehalten ist der Hinweis auf die mit den Wärmedämmarbeiten verbundenen Beeinträchtigungen, demnach müssten die Beeinträchtigungen für ein Minderungsrecht erheblich sein und die Höhe der Minderung richte sich nach dem Grad der Beeinträchtigung. Den Empfängern der Postwurfsendung wird nicht etwa der konkrete Rechtsrat erteilt, sie könnten die Miete - über das Angebot des Vermieters hinausgehend - mindern oder nicht, es wird auch keine Höhe der Minderung genannt; vielmehr wird auch insoweit auf die Notwendigkeit einer individuellen, erst noch zu erfolgenden Rechtsberatung hingewiesen.

Demgemäß werden die Adressaten der Postwurfsendung nicht speziell in ihrer konkreten Rechtsangelegenheit unmittelbar gefördert, vielmehr bleibt nach dem Anschreiben (Anlage ASt 2 Seite 1) ausdrücklich offen, wie es sich bei dem einzelnen Mieter mit einem etwaigen Minderungsrecht verhält. Dazu passt auch der Umstand, dass die Postwurfsendung allgemein an "alle Mieter" der Wohnanlage xxxxx-Weg Nr. .... adressiert ist und nicht etwa persönlich und einzeln an jeden Mieter.

(cc) Auch das in der Postwurfsendung übersandte Muster für ein "Mängel/Lärmprotokoll" (Anlage ASt 2 Seite 2) führt nicht dazu, die Sendung als erlaubnispflichtige Tätigkeit im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG anzusehen.

Das Muster erschöpft sich in der allgemein gehaltenen Empfehlung, etwaige Beeinträchtigungen nach Datum, Uhrzeit, Ursache und Umfang zu protokollieren und der Adressat entnimmt daraus nur den abstrakten Hinweis, dass man mit fundiertem Faktenmaterial und Beweisnotizen mehr Chancen hat, im Einzelfall eine Mietminderung durchzusetzen. Damit erfährt der einzelne Adressat aber noch keine konkrete, speziell auf ihn und seinen Fall zugeschnittene Rechtsbesorgung oder Rechtsberatung. Um diese kann es auch insoweit erst später gehen, wenn im Einzelfall anhand der dann erstellten Lärmprotokolle geprüft wird, ob die Beeinträchtigung erheblich ist oder nicht und ob eine Minderung und in welcher Höhe in Betracht kommt oder nicht.

(dd) Im Einklang mit den in der Postwurfsendung nur allgemein gehaltenen, rechtlichen Hinweisen steht die Aufforderung des Antragsgegners, bei ihm Mitglied zu werden und die "Beitrittserklärung" (Anlage AG 6) ausgefüllt zurückzuschicken, wenn (konkrete) Auskünfte gewünscht würden; in dem beigefügten Werbeblatt werden die Leistungen des Antragsgegners für seine Mitglieder beschrieben (Anlage ASt 2 Seite 3). Auch dadurch wird sogar wiederholt bekräftigt, dass eine Rechtsbesorgung bzw. eine Rechtsberatung im konkreten Einzelfall erst nach Erwerben der Mitgliedschaft erfolgt.

3.) Der Unterlassungsantrag ist aus den oben unter Ziffer I. 2.) genannten Vorschriften auch aus dem Gesichtspunkt einer etwaigen Irreführung nicht begründet.

(a) Allerdings argumentiert die Antragstellerin dahingehend, der Antragsgegner biete mit der Postwurfsendung auch Nichtmitgliedern deswegen weiteren Rechtsrat an, weil in der Sendung nicht deutlich werde, dass eine konkrete Rechtsberatung im Einzelfall erst nach Erwerben der Mitgliedschaft beim Antragsgegner erfolge.

(b) Das Argument der Antragstellerin greift nicht durch.

Zum einen lässt die Postwurfsendung, wie ausgeführt, keinen Zweifel daran, dass eine konkrete Rechtsberatung im Einzelfall durch den Antragsgegner voraussetzt, dass der Interessent Mitglied bei ihm geworden ist. Anhaltspunkte für ein anderes Vorgehen des Antragsgegners sind nicht ersichtlich.

Zum anderen geht es nach dem Streitgegenstand um das Übersenden der Postwurfsendung gemäß Anlagen ASt 2, AG 6 als eine nach Auffassung der Antragstellerin erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich Rechtsberatung und damit gegen die rechtsbesorgende Tätigkeit selbst. Auf eine Irreführung durch die Postwurfsendung und damit auf eine möglicherweise nach § 5 UWG unzulässige Werbemaßnahme stellt der Unterlassungsantrag nicht ab. Auch ein Verhalten des Antragsgegners gegenüber Nichtmitgliedern in einem späteren Stadium ist ebenfalls nicht Streitgegenstand.

4.) Der Unterlassungsantrag ist schließlich aus dem in der Berufungsinstanz noch herangezogenen Gesichtspunkt des Werbeverbots gemäß § 1 Abs. 3 2. AVO nicht begründet.

(a) Nach dieser Vorschrift ist es untersagt, Dritten unaufgefordert in schriftlichen oder anderen Ankündigungen Dienste der in § 1 RBerG bezeichneten Art anzubieten. Dass diese Bestimmung nicht etwa nur für Rechtsanwälte (vgl. hierzu § 43 b BRAO), sondern auch für privilegierte Vereinigungen im Sinne des Art. 1 § 7 Satz 1 RBerG und damit auch für den Antragsgegner gilt, verkennt dieser nicht.

(b) Auch dieser Gesichtspunkt betrifft nicht, wie der Streitgegenstand voraussetzt, die berufliche Tätigkeit selbst, sondern den Fall einer vermeintlich berufswidrigen Werbung. Zudem steht bei der Postwurfsendung des Antragsgegners ersichtlich die Werbung um Mitglieder im Vordergrund:

Ob der einzelne, von der Postwurfsendung erreichte Mieter einen konkreten Beratungsbedarf hat oder haben wird, war beim Versenden ungewiss. Insoweit liegen die Dinge nicht anders als bei der grundsätzlich erlaubten Werbung eines Rechtsanwalts um einzelne Mandanten, die darauf gerichtet ist, die Umworbenen dafür zu gewinnen, die Leistungen des Anwalts in Anspruch zu nehmen (BGH WRP 2001, 923 - Anwaltswerbung II, NJW 2001, 2886 - Anwaltsrundschreiben; OLG Hamburg MagazinDienst 2004, 879).

Gemäß § 43 b BRAO ist grundsätzlich nur die Werbung eines Rechtsanwalts um einzelne Mandate unzulässig. Um einen damit vergleichbaren Sachverhalt geht es bei der Postwurfsendung nicht. Sie ist "an alle Mieter" der Wohnanlage gerichtet, ein einzelner potentieller Mandant wird nicht direkt angesprochen. Der Interessent kann sich also unbeeinflusst durch direkte persönliche Ansprache entscheiden, ob er Mitglied beim Antragsgegner werden und sich dann beraten lassen will. Durch die direkte Thematisierung der Wärmedämmarbeiten in der Wohnanlage und der möglichen rechtlichen Folgen bzw. Schritte richtet sich die Postwurfsendung zwar an einen bestimmbaren Personenkreis, sie ist aber nicht so auf einen konkreten Minderungsfall zugeschnitten, dass damit schon eine Einzelmandatswerbung vorläge. Denn der Antragsgegner kann, wie ausgeführt, nicht wissen, ob bei dem einzelnen Mieter Beeinträchtigungen eintreten werden, die mehr als die vom Vermieter angebotene Minderung (möglicherweise) rechtfertigen.

Der verständige Durchschnittsverbraucher sieht in dem Rundschreiben eine werbliche Aufforderung, Mitglied beim Antragsgegner zu werden, weil es "immer wieder" - und nicht etwa nur speziell bei den anstehenden Wärmedämmarbeiten - mietrechtliche Probleme geben kann, bei denen Hilfe durch den Antragsgegner bereit steht. Insoweit geht es bei der Postwurfsendung um einen Sachverhalt, der mit dem einer Anwaltswerbung um eine unbestimmte Vielzahl potentieller, noch nicht konkretisierter Mandate vergleichbar ist.

(c) Zudem sind derartige anwaltlichen Berufsausübungsregelungen nur zulässig, wenn sie mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sind; so kann die Vorschrift des § 43 b BRAO nur in den Schranken der Grundrechte anwendbar sein. Nichts anderes gilt für den Antragsgegner. Als Mieterverein nimmt er zudem schützenswerte kollektive Interessen war. Es wäre unverhältnismäßig, den Antragsgegner in der Werbung um Mitglieder mehr zu beschränken als einen Anwalt bei der nicht berufswidrigen Werbung um potentielle Mandate.

II.

Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, und zwar unter Zurückweisung des in der Berufungsverhandlung gestellten Verfügungsantrages.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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