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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 3 U 236/00
Rechtsgebiete: UWG, LMBG
Vorschriften:
UWG § 1 | |
UWG § 3 | |
LMBG § 17 Abs. 1 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES
3 u 236/00 312 0 151/00
Verkündet am: 25. Juli 2002
In dem Rechtsstreit
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 27. Juni 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 11. August 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung von 7.000 € abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
In Ergänzung des Beschlusses vom 20. November 2000, durch den der Streitwert auf 200.000 DM (102.258 €) festgesetzt worden ist, wird der Streitwert vom Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung an auf 50.000 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien vertreiben in Deutschland Fruchtaufstriche und Konfitüren, die Beklagte, ein österreichisches Unternehmen mit Sitz in Wien, unter der Marke "P..........". Sie hatte dabei unter anderem die Bezeichnung "Erdbeer-Konfitüre Extra naturrein" verwendet. Die Klägerin erwirkte eine einstweilige Verfügung, durch die der Beklagten verboten wurde, ihren Aufstrich mit dem Hinweis "extra naturrein" anzubieten, und verfolgte diesen Anspruch auch mit ihrer Klage.
Nachdem sich die Beklagte strafbewehrt verpflichtet hatte, ihre Waren nicht mehr mit dem Hinweis "extra" in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aussage "naturrein" zu verwenden und auf diese zu verzichten, "wenn in den Erzeugnissen der Zusatz steht 'Antioxidationsmittel E 300 - Ascorbinsäure'", haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für teilweise erledigt erklärt. Die Klägerin hat den Antrag gestellt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Konfitüre und/oder Fruchtaufstrich mit dem nachfolgenden Hinweis anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder anbieten und/oder in den Verkehr bringen zu lassen:
1. ...
2. "naturrein", soweit nicht der Hinweis "extra" in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist.
Das Landgericht, auf dessen Entscheidung zur Vervollständigung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.
Sie trägt vor, die Bezeichnung "naturrein" verstoße gegen §§ 3 UWG, 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG, weil die Konfitüre der Beklagten Ascorbinsäure enthalte und außerdem entgegen § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG irreführend mit Selbstverständlichkeiten geworben werde, denn alle in Deutschland angebotenen Konfitüren seien im wesentlichen schadstofffrei, wie der Prüfbericht des Labors D...... K....... und W........... (Anlage K 14) und der Bericht in der Zeitschrift Ökotest Oktober 2001 (Anlage K 15) zeige.
Die Klägerin hat die Anträge angekündigt,
das Urteil des Landgerichts abzuändern, soweit es die Klage in der nach übereinstimmender Erledigungserklärung noch aufrechterhaltenen Form abgewiesen habe, und die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden könne, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens DM 500.000, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Konfitüre und/oder Fruchtaufstrich mit dem nachfolgenden Hinweis anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder anbieten und/oder in den Verkehr bringen zu lassen: "naturrein", soweit nicht der Hinweis "extra" in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist.
In einem späteren Schriftsatz hat die Klägerin dem erstrebten Verbot die Fassung gegeben,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Konfitüre und/oder Fruchtaufstrich mit den Angaben "naturrein" (soweit nicht der Hinweis "extra" in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist) oder sprachlich gleichbedeutenden Angaben, insbesondere "Ein reines Naturprodukt" anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder anbieten und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, wenn diese zugelassene Zusatzstoffe, insbesondere das Säuerungsmittel Citronensäure oder modifizierte Maisstärke, oder Rückstandsmengen von Schadstoffen, wie Pestiziden, Blei oder Cadmium, enthalten.
Vor Eintritt in die mündliche Verhandlung hat sich die Beklagte strafbewehrt verpflichtet, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr für Fruchtaufstriche, die sie in Deutschland in den Verkehr bringt, mit den Aussagen "naturrein" (soweit nicht der Hinweis "extra" in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist) oder sprachlich gleichbedeutenden Angaben, insbesondere "Ein reines Naturprodukt" zu werben, wenn diese Fruchtaufstriche zugelassene Zusatzstoffe, insbesondere das Säuerungsmittel Citronensäure E 330 und/oder modifizierte Maisstärke, enthalten.
Die Klägerin hat diese Verpflichtung angenommen, und beide Parteien haben den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.
Die Klägerin stellt den Unterlassungsantrag,
Konfitüre und/oder Fruchtaufstriche mit den Angaben "naturrein" (soweit nicht der Hinweis "extra" in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Hinweis angebracht ist) und/oder "Ein reines Naturprodukt" anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder anbieten und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, wenn diese Rückstandsmengen von Schadstoffen, wie Pestiziden, Blei oder Cadmium, enthalten.
Die Beklagte rügt eine darin liegende Klagerweiterung und beantragt im übrigen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, zwar verwende sie die Bezeichnung "naturrein" nicht mehr, wolle sich die Möglichkeit aber vorbehalten. Nach österreichischem Recht dürfe sie ihre Erzeugnisse "naturrein" nennen, und dies verstoße auch nicht gegen deutsches oder europäisches Recht. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien mit Anlagen und Beweisangeboten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I. Der Antrag ist in der nunmehr verfolgten Fassung zulässig. Er stellt keine Klageerweiterung dar.
Der mit der Berufungsbegründung angekündigte Antrag wiederholt den erstinstanzlich zuletzt gestellten und hat den weitesten Umfang von allen im Berufungsverfahren formulierten Anträgen, denn danach soll für alle Konfitüren oder Fruchtaufstriche die Bezeichnung "naturrein" verboten werden (sieht man von der Ausnahme ab, daß diese Bezeichnung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hinweis "extra" verwendet wird. Diese Ausnahme hat ihren Sinn, denn insoweit besteht wegen der in erster Instanz ausgesprochenen Unterwerfung keine Begehungsgefahr). Die weiteren Anträge haben dieses Begehren eingeschränkt.
Die Beklagte meint, "die Verwendung von Citronensäure als Säuerungsmittel oder gar modifizierte Maisstärke", wie sie im späteren Antrag erwähnt würden, seien zu keiner Zeit Streitgegenstand gewesen. Diese Auffassung ist nicht richtig. Umfaßt der Antrag jede Art von Konfitüren oder Fruchtaufstrichen, fallen auch solche darunter, die bestimmte Zusatzstoffe enthalten. Davon ist zu unterscheiden, ob Citronensäure oder modifizierte Maisstärke in der Argumentation eine Rolle gespielt haben oder ob im Hinblick auf diese Zusätze eine Begehungsgefahr besteht. Das ist eine Frage der Begründetheit, nicht aber des Streitgegenstandes.
Soweit im später formulierten Antrag das Verbot auf "sprachlich gleichbedeutende Angaben, insbesondere 'Ein reines Naturprodukt'", erstreckt wird, stellt dies keine Erweiterung dar, denn gleichbedeutende Angaben lägen ohnehin im Kernbereich eines Verbotes. Dazu gehört auch der Ausdruck "Ein reines Naturprodukt", denn er hat keinen anderen Sinn als "naturrein", weil Konfitüren und Fruchtaufstriche selbstverständlich "Produkte" sind, so daß es nicht darauf ankommt, ob diese Angabe genannt wird oder fehlt. Hingegen kann der Senat nicht erkennen, daß "frei von Rückständen und Schadstoffen" sprachlich gleichbedeutend mit "naturrein" ist. Das braucht aber nicht vertieft zu werden, denn da die Klägerin die Worte Dsprachlich gleichbedeutende Angaben, insbesondere" in den gegenwärtigen Antrag nicht aufgenommen hat, stellt sich die Frage nicht, ob "frei von Rückständen und Schadstoffen" als sprachlich gleichbedeutend unter den Titel fallen würde.
Eine Erweiterung stellt auch die Ergänzung "wenn diese zugelassene Zusatzstoffe, insbesondere das Säuerungsmittel Citronensäure oder modifizierte Maisstärke, oder Rückstandsmengen von Schadstoffen, wie Pestiziden, Blei oder Cadmium, enthalten," nicht dar. Hierin liegt im Gegenteil sogar eine Teilrücknahme des Rechtsmittels, weil das Verbot nicht mehr schlechthin verfolgt wird, sondern nur, wenn die in dem Bedingungssatz formulierten Voraussetzungen erfüllt sind, während von dem uneingeschränkten Verbot auch Produkte erfaßt waren, in denen weder zugelassene Zusatzstoffe noch Rückstandsmengen von Schadstoffen enthalten sind.
Auch dieser eingeschränkte Antrag wird nicht mehr verfolgt, denn hinsichtlich der Teilmenge von Konfitüren und Fruchtaufstrichen, die zugelassene Zusatzstoffe enthalten, ist jedenfalls eine etwaige Begehungsgefahr durch die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten entfallen. Zwar hat sich die Beklagte nur hinsichtlich von Fruchtaufstrichen unterworfen, nach dem Zusammenhang ist dieser Ausdruck aber als Oberbegriff zu verstehen, der auch Konfitüren umfaßt und nicht im Gegensatz zu diesen steht, denn die Beklagte hat gegenüber dem jüngsten Unterlassungsantrag, über den allein verhandelt worden ist, nur eine vermeintliche Klageerweiterung gerügt, aber nicht geltend gemacht, hinsichtlich von Konfitüren mit zulässigen Zusatzstoffen liege eine Klagerücknahme vor, sondern sich insoweit der Erledigungserklärung der Klägerin angeschlossen.
II. Dieser Unterlassungsantrag ist unbegründet. Er betrifft Konfitüre und/oder Fruchtaufstriche, wenn diese Rückstandsmengen von Schadstoffen, wie Pestiziden, Blei oder Cadmium, enthalten.
1. Hierzu fehlt es aber an ausreichendem Sachvortrag der Klägerin zu Rückstandsmengen von Schadstoffen in den Produkten der Beklagten.
Diese Unterlassung findet ihre Erklärung möglicherweise in der Genese des Rechtsstreits. Die Klage war ursprünglich gegen die Verwendung von "extra naturrein" gerichtet und auf die Tatsache gestützt, daß P..........-Konfitüre als Geliermittel Pektin enthalte. Das griff die Klägerin an, weil es nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG verboten sei, Lebensmittel mit zugelassenen Zusatzstoffen als "naturrein" zu bezeichnen, auch liege darin eine Irreführung (§§ 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG, 3 UWG), weil der Verkehr bei dieser Bezeichnung mit solchen Zusätzen nicht rechne, zumal wenn er durch ein "extra" verstärkt werde.
Nachdem sich die Beklagte hinsichtlich der konkreten Verwendung von "naturrein" im Zusammenhang mit "extra" unterworfen hatte, beantragte die Klägerin Wiedereröffnung der Verhandlung, um das Verbot durchzusetzen, Konfitüren und/oder Fruchtaufstriche der Beklagten "naturrein" zu nennen, und machte geltend, die Beklagte verwende für einen Teil ihrer Erzeugnisse Ascorbinsäure. Nachdem sich die Beklagte auch insofern unterworfen hatte, hat die Klägerin ihren Antrag mit dem Gesichtspunkt der unzulässigen Werbung mit Selbstverständlichkeiten begründet, ohne zu Schadstoffrückständen in den Erzeugnissen der Beklagten vorzutragen.
Das Landgericht hat die Klage im verbliebenen Umfang abgewiesen, weil Pektin, auf das hingewiesen werde, und Schadstoffspuren, mit denen der Verbraucher rechne, nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 04.04.2000 - C 465/98 - WRP 2000, 489, 491 - Darbo) nicht irreführen könnten. Eine Irreführung durch Hervorheben von Selbstverständlichkeiten sei ebenfalls zu verneinen, weil nicht gesichert sei, daß alle Erzeugnisse auf dem deutschen Markt gleich beschaffen seien. Diese Beurteilung entsprach dem damaligen Sach- und Streitstand, an dem sich grundsätzlich nichts geändert hat.
Die Berufungsbegründung der Klägerin war nicht ganz durchschaubar, weil Teile des erstinstanzlichen Vorbringens wortgleich übernommen waren, ohne beispielsweise der Tatsache Rechnung zu tragen, daß Ausführungen zur Ascorbinsäure angesichts der Unterlassungserklärung gegenstandslos geworden sind. Die Klägerin hat ihren Standpunkt "zur abschließenden Vorbereitung" im Schriftsatz vom 12.06.2002 dargestellt. Nach ihrer Argumentation und der Präzisierung ihres Antrages durch die Neufassung sollte die Beklagte "naturrein" deshalb nicht verwenden, weil ihre Produkte entweder zugelassene Zusatzstoffe oder Rückstandsmengen von Schadstoffen enthielten.
2. Hinsichtlich des Teilantrages, der die zugelassenen Zusatzstoffe betraf, ist der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Hinsichtlich des Teiles, der noch im Streit ist, hat die Klägerin keine neuen Tatsachen zu den Rückstandsmengen von Schadstoffen in den Erzeugnissen der Beklagten vorgetragen, sondern sich auf allgemeine Ausführungen beschränkt und unverändert den Standpunkt vertreten, die Werbung verstoße gegen §§ 17 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 LMBG, 3 UWG, weil die Beklagte mit dem Begriff "naturrein" eine Selbstverständlichkeit hervorhebe, die bei allen gleichartigen Produkten auf dem Markt vorhanden sei.
Diese Argumentation erscheint nicht recht folgerichtig. Die Klägerin hat beispielsweise in ihrem Schriftsatz vom 28. Februar 2002 selbst hervorgehoben, daß sich der EuGH in der Darbo-Entscheidung zum Begriff "naturrein" als Angabe zu Eigenschaften geäußert habe und deklariertes Pektin sowie ubiquitäre Schadstoffspuren der Kennzeichnung als "naturrein" nicht entgegenstünden, sie hat nur betont, daß sich der EuGH damit nicht zur Frage der Werbung mit Selbstverständlichkeiten geäußert habe. Danach anerkennt die Klägerin durchaus, daß damit auch eine Entscheidung darüber gefallen ist, daß die Beklagte nicht deshalb gegen § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG verstößt, weil ihre Produkte deklariertes Pektin sowie ubiquitäre Schadstoffspuren enthalten. Wie die Angabe "naturrein" dann sowohl gegen Nr. 4 als auch gegen Nr. 5 von § 17 Abs. 1 LMBG verstoßen kann, leuchtet nicht ein, ohne daß es auf die Frage ankommt, ob nach der Entscheidung des EuGH eine eigenständige Prüfung nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG überhaupt noch möglich ist, weil der Gerichtshof die Frage abschließend unter dem Gesichtspunkt der Irreführung behandelt hat (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, Anhang zu § 3 UWG, 1. Abschnitt, III. LMBG, Anm. zu § 17 Abs. 1 Nr. 4 am Ende). § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG verbietet, "im Verkehr mit Lebensmitteln, die zugelassene Zusatzstoffe oder Rückstände von Stoffen im Sinne der §§ 14 [Pflanzenschutz-, Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmittel] und 15 [Futtermittel mit pharmakologischer Wirkung] enthalten oder die einem zulässigen Bestrahlungsverfahren unterzogen worden sind, oder in der Werbung allgemein oder im Einzelfall für solche Lebensmittel Bezeichnungen oder sonstige Angaben zu verwenden, die darauf hindeuten, daß die Lebensmittel natürlich, naturrein oder frei von Rückständen oder Schadstoffen seien."
Die Klägerin behauptet nicht, die Erzeugnisse der Beklagten enthielten mehr als die ubiquitären Restmengen von Schadstoffen oder Pestiziden und unterscheide sich dadurch von entsprechenden Produkten, die von anderen Herstellern in Deutschland auf den Markt gebracht werden. Sie spricht zwar davon, es seien "nicht weniger, sondern allenfalls mehr" Rückstände. Substantiiert wird diese Aussage aber nicht, was allein schon deshalb nötig wäre, weil die Anlage K 14 und 15, mit denen sie ihren Vortrag untermauert, keine Angaben zu "P.........."-Erdbeerkonfitüre machen, geschweige denn zu allen "P.........."-Produkten.
Vor allem stünde eine solche Behauptung im Widerspruch zu ihrer Argumentation, die Beklagte verweise irreführend auf Selbstverständlichkeiten, wenn sie ihre Konfitüre als "naturrein" anbiete, obwohl diese nicht reiner sei als vergleichbare Produkte deutscher Hersteller seien, was bedeutet, sie seien jedenfalls ebenso rein. Dieses Argument zeigt, daß die Klägerin mit ihrer Berufung nicht den Gedanken verfolgt, weil es heutzutage keine rückstandsfreien Lebensmittel mehr gebe, könne man sie auch nicht mehr als "naturrein" bezeichnen.
Das Landgericht hat dargelegt, daß sich nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 04.04.2000 - C 465/98, Rdnr. 25 ff. - WRP 2000, 489, 491 f - Darbo) mit ubiquitären Schadstoffrestmengen allein noch kein Verbot der Bezeichnung "naturrein" begründen lasse, denn diese Bezeichnung führe den durchschnittlich verständigen, aufmerksamen und informierten Verbraucher nicht irre, wenn das Lebensmittel nicht in erhöhtem Grade Schadstoffe aufweise. Die Klägerin trägt aber nicht vor, ob und in welchem Grade die Aufstriche der Beklagten Schadstoffe enthalten. Deshalb läßt sich das Verbot nicht darauf stützen, daß der Verbraucher durch "naturrein" über den Grad der Reinheit irregeführt werde, denn bedeutet "naturrein" für ihn nicht mehr als eine Reinheit, die nicht höher ist, als sie der ubiquitären Belastung entspricht, dann wird er nur irregeführt, wenn die Belastung des Aufstrichs über dieser ubiquitären Belastung liegt, und dazu trägt die Klägerin eben nicht vor.
3. Es bleibt das Irreführungsverbot in § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG, zu dessen Auslegung Art. 2 Abs. (1) lit. a) Ziffer iii der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG heranzuziehen ist (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Anhang zu § 3 UWG, III. LMBG, § 17, Anm. zu Nr. 5). Danach dürfen Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, nicht geeignet sein, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht, indem zu verstehen gegeben wird, daß das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.
Die Klägerin stellt ihre Behauptung, es gebe in Deutschland keine Konfitüren und Fruchtaufstriche mit Rückständen an Pestiziden sowie Cadmium und Blei (die in der Darbo-Entscheidung eine Rolle spielten), unter Beweis durch ein Sachverständigengutachten. Das ist insofern erforderlich, als die Anlagen K 14 und 15, selbst wenn man ihnen ausreichende Beweiskraft zusprechen könnte, nur Erdbeer-Konfitüren zum Gegenstand haben, die Klägerin aber eine Erstreckung des Verbots auf alle Konfitüren und Fruchtaufstriche anstrebt. Darauf kommt es aber nicht an, denn wenn es in Deutschland keine Konfitüren und Frucht aufstriche mit Rückständen an Pestiziden sowie Cadmium und Blei gibt und sich die Erzeugnisse der Beklagten in diesem Punkte von dem, was sonst auf dem deutschen Markt ist, nicht unterscheiden, kann für ein Angebot der Beklagten, ihre Erzeugnisse als "naturrein" anzubieten, "wenn diese Rückstandsmengen von Schadstoffen, wie Pestiziden, Blei oder Cadmium, enthalten," keine Begehungsgefahr bestehen.
Der Gedanke dahinter ist aber wohl der, daß der Verbraucher aus dem Begriff "naturrein" auf eine Überlegenheit von "P.........."-Produkten gegenüber deutschen Erzeugnissen schließt, die nicht so gekennzeichnet sind. Wie aber schon das Landgericht festgestellt hat, ist nicht sicher, daß das nicht zutrifft, denn die Beklagte macht zum Beispiel zu Recht geltend, daß der Vortrag der Klägerin nicht alle Rückstände umfaßt, die nach der Rückstandshöchstmengenverordnung in Betracht kommen.
Im übrigen darf in diesem Zusammenhang nicht allein auf die Schadstoffrückstände abgestellt werden, denn "naturrein" bedeutet nicht nur Freiheit von Schadstoffen (unbeschadet der ubiquitären Belastung), sondern auch Freiheit von zulässigen Zusatzstoffen, und die Klägerin trägt nicht vor, daß alle auf dem deutschen Markt angebotenen Konfitüren und Fruchtaufstriche frei von erlaubten Zusatzstoffen sind. Die Klägerin verengt die Sicht auf Schadstoffrückstände und vernachlässigt dabei, daß es auch "zugelassene Zusatzstoffe" gibt, die in "vergleichbaren Lebensmitteln" tatsächlich auch enthalten sind (vgl. Anlage B 12). Die Be klagte verweist zudem darauf, daß nach der Zusatzstoff zulassungsverordnung (ZZulV) Anlage 5 zu § 5 Abs. 1 und § 7 als Konservierungsstoffe Benzoesäure und Sorbinsäure zugelassen und gemäß Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 ZZulV 18 verschiedene Farbstoffe erlaubt sind. Schließlich gibt es mehrere Allgemeinverfügungen (Anlagen B 13 und 14), wonach bestimmte aus dem Ausland eingeführte Marmeladen und Konfitüren Sorbinsäure (E 200), Kaliumsorbat (E 202) und Natriumbenzoat (E 211) aufweisen dürfen.
Dieser Gesichtspunkt ist nicht deshalb unerheblich, weil sich der Klageantrag nicht mehr auf Erzeugnisse mit zulässigen Zusatzstoffen bezieht, denn es geht hier nicht darum, was der Beklagten verboten werden soll, sondern um die Frage, ob der Verkehr mit dem Wort "naturrein" auf etwas Selbstverständliches aufmerksam gemacht wird, das allen Angeboten auf dem deutschen Markt gemeinsam ist. Eben das trifft nicht zu, denn die Klägerin behauptet nicht, daß in Deutschland für Konfitüren und Fruchtaufstriche keine zulässigen Zusatzstoffe verwendet werden. Nur weil die Klägerin diesen Gesichtspunkt vernachlässigt, glaubt sie, der Beklagten werde etwas erlaubt, was deutschen Anbietern verboten sei.
Wirbt die Beklagte nicht mit Selbstverständlichkeiten, bedarf es keiner Prüfung, ob diese Frage Gegenstand der EuGH-Entscheidung "Darbo" gewesen ist.
4. Nach Ziffer 24 des Österreichischen Lebensmittelbuches (Anlage K 7, B 10) dürfen Konfitüren als "naturrein" bezeichnet werden, wenn sie anstelle von Genußsäuren und deren Salzen ausschließlich unter Verwendung von frischem oder physikalisch haltbar gemachtem Zitronensaft (Zitronensaftkonzentrat) und ohne Stärkesirup hergestellt sind und nicht chemisch konserviert werden.
Es ist unstreitig, daß die Erzeugnisse der Beklagten diese Voraussetzungen erfüllen. Die Klägerin meint, das seien aber nur Mindestvoraussetzungen, die eine Irreführung des Verbrauchers nicht ausschlössen, weil er bei dem Begriff "naturrein" nicht nur an Freiheit von Zusatzstoffen und Rückständen von Schadstoffen denke, sondern nach der Rechtsprechung - auch des Senates - ein im wesentlichen unverändertes Naturprodukt in unverändertem, reinem Naturzustand erwarte, das also insbesondere auch keinem Behandlungsverfahren ausgesetzt worden sei, welches das Produkt in einem nicht ganz irrelevanten Umfang verändert hat.
Worin aber das das Naturprodukt wesentlich verändernde Behandlungsverfahren liegt, mit dem der Verbraucher nicht rechnet, wird nicht ausgeführt. Die Verwendung von Zitronensaftkonzentrat will die Klägerin - wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt wurde - nicht angreifen. Erstinstanzlich hatte die Klägerin noch den "Erhitzungsvorgang" genannt. Für "Joghurt natur" (BayObLG LRE 10, 180) mag das seine Richtigkeit haben. Hingegen ist es für jeden Verbraucher unzweifelhaft, daß unter in Gläsern angebotenen Konfitüren und Fruchtaufstrichen keine Rohfrüchte zu verstehen sind, die sich in unverändertem Naturzustand befinden, sondern Früchte, die durch Einkochen und Erhitzen haltbar gemacht worden sind. Um dies feststellen zu können, braucht der Senat kein Meinungsforschungsgutachten einzuholen, denn seine Mitglieder gehören zu dem angesprochenen Verkehrskreis und können dies selbst beurteilen. Ist die Vorstellung eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers maßgeblich und kommt es demnach nicht auf die möglicherweise hiervon abweichenden Anschauungen einer Minderheit von Verbrauchern an, so macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen möchte (BGH U. v. 18.10.2001 I ZR 193/99 - Elternbriefe - WRP 2002, 527, 529).
Fehlt es insoweit an dem erforderlichen Vorbringen zu einer Irreführung, braucht nicht geprüft zu werden, ob die Beklagte allein wegen der österreichischen Bestimmungen ihr Produkt auch in Deutschland als "naturrein" bezeichnen darf.
III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 a, 97 Abs. 1, 515 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 a. F. und 543 Abs. 2 n. F. ZPO.
Es entspricht billigem Ermessen, der Klägerin auch die Kosten für den erledigten Teil des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Die Klägerin hat mit ihrem Berufungsantrag (sieht man von der Ausnahme ab, daß diese Bezeichnung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hinweis "extra" verwendet wird) zunächst ein umfassendes Verbot der Bezeichnung "naturrein" durchsetzen wollen. Dieser Antrag ging allein schon deshalb zu weit, weil sich die Beklagte erstinstanzlich hinsichtlich des Zusatzes von Ascorbinsäure unterworfen hatte und keine Begehungsgefahr mehr bestand, denn die Beklagte hatte sich im Termin vor dem Landgericht strafbewehrt verpflichtet, es zu unterlassen, "bei Konfitüren, Konfekt und Fruchtaufstrichen das Produkt mit der Aussage 'naturrein' zu bezeichnen, wenn in den Erzeugnissen der Zusatz steht 'Antioxidationsmittel E 300 - Ascorbinsäure'". Diese Verpflichtung mag sprachlich nicht besonders gelungen sein, sie ist aber auslegungsfähig, und so kann kein vernünftiger Zweifel bestehen, daß die Beklagte gemeint hat, sie wolle ein Erzeugnis, das Ascorbinsäure enthält, nicht als "naturrein" bezeichnen. Einen späteren Verletzungsfall, aus dem sich ergeben könnte, daß die Be klagte es mit ihrer Unterlassungsverpflichtung nicht ernst gemeint habe, trägt die Klägerin nicht vor.
Nachdem die Klägerin durch Neufassung ihres Antrages das Verbot auf Produkte mit allen zugelassenen Zusatzstoffen, insbesondere das Säuerungsmittel Citronensäure oder modifizierte Maisstärke, oder Rückstandsmengen von Schadstoffen, wie Pestiziden, Blei oder Cadmium, beschränkt hatte, hat sich die Beklagte hinsichtlich der Produkte mit zugelassenen Zusatzstoffen umgehend unterworfen und jedwede Begehungsgefahr für die Zukunft beseitigt. Erst mit diesem Antrag hat die Klägerin deutlich gemacht, daß es ihr unbeschadet der Frage der Schadstoffreinheit jedenfalls auch um Produkte ging, die beispielsweise das Säuerungsmittel Citronensäure oder modifizierte Maisstärke enthielten. Das ist der Hintergrund für die Einlassung der Beklagten, Citronensäure oder Maisstärke seien bisher nicht Streitgegenstand gewesen. Sie hat sich, als dieses Teilziel der Klägerin in abgrenzbarer Weise erstmals faßbar wurde, vor Eintritt in die mündliche Verhandlung unterworfen und damit - wie bereits bei dem Zusatzstoff Ascorbinsäure - gezeigt, daß die Klägerin keine Veranlassung hatte, insoweit gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Klage scheitert an unzureichendem Tatsachenvortrag.
Ende der Entscheidung
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