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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 10.05.2001
Aktenzeichen: 3 U 260/00
Rechtsgebiete: MarkenG
Vorschriften:
MarkenG § 5 | |
MarkenG § 15 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 10. Mai 2001
In dem Rechtsstreit
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 03. Mai 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Antragsgegnerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 25. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens wie Gesamtschuldner.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 1.000.000 DM festgesetzt.
Tatbestand:
Die Antragstellerin gibt seit Jahrzehnten die illustrierte Wochenzeitschrift mit dem Titel "stern" heraus - links oben auf der Titelseite mit dem Emblem eines ungleichmäßig geformten sechszackigen weißen Sterns auf rotem Grund versehen - und besitzt für Druckereierzeugnisse sechs Marken, die das Wort "Stern", das Sternzeichen oder beides enthalten, sowie eine Wortbildmarke mit diesem Sternzeichen und dem Wortbestandteil "start".
Die R.-Gruppe betreibt in der Türkei einen privaten Fernsehsender mit der Bezeichnung "Star". Seit März 1999 verlegt sie dort auch die Tageszeitung "Star" und beabsichtigte, eine türkischsprachige Ausgabe für Deutschland herauszugeben. Zu diesem Zweck wurde die Antragsgegnerin zu 1) gegründet, die am 06.04.2000 erstmalig eine türkischsprachige Boulevardzeitung mit dem Titel "Star" herausbrachte, deren Vertrieb die Antragsgegnerin zu 2) übernahm. Links neben dem Wort "star" in weißer Schrift auf rotem Grund befindet sich ein regelmäßiger fünfzackiger weißer Stern mit nach oben gerichteter Spitze. Im Bereich der nach links gerichteten Spitze ist der Untergrund quer schwarz-weiß schraffiert.
Die Antragstellerin, die darin eine Verletzung ihrer Rechte sieht, hat vorgetragen, ihre Zeitschrift erreiche mit einer verkauften Auflage von 1,1 Mio. Exemplaren wöchentlich 7 Mio. Leser und sei mehr als 84 % der Bevölkerung bekannt.
Das Landgericht hat sein Verbot gegenüber den Antragsgegnerinnen,
in der Bundesrepublik Deutschland eine Zeitung mit einem Titel bestehend aus einem "Stern"-Bild und der Bezeichnung "Star" gemäß nachfolgender Abbildung
zu kennzeichnen, anzubieten, dafür zu werben, in den Verkauf zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen
im Widerspruchsverfahren nach §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2 MarkenG bestätigt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Antragsgegnerinnen hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (GRUR 2000, 504, 505 Facts; GRUR 2000, 70, 72 f. - Szene; GRUR 1999, 235, 237 - Wheels Magazine) angenommen, bei bekannten Periodika schließe der Verkehr aus dem Titel auf die betriebliche Herkunft und folgere aus der Ähnlichkeit in der Verwendung der Titel, der Herausgeber des "Stern" bringe auch die Boulevardzeitung "Star" heraus oder jedenfalls gebe es enge Beziehungen zueinander, so daß die Gefahr von Verwechslungen bestehe.
Diese Überlegungen sind zutreffend. Der Senat macht sie sich zu eigen. Ihnen läßt sich kaum etwas Wesentliches hinzufügen, geschweige denn entgegensetzen, so daß die Berufung nicht zu überzeugen vermag.
1. Das Landgericht hat nicht in Verkennung des § 5 Abs. 3 MarkenG angenommen, daß das Sternzeichen Teil des Titels sei, es hat vielmehr im Rahmen des § 15 Abs. 2 MarkenG das Sternzeichen bei der Erörterung herangezogen, ob die Antragsgegnerinnen eine ähnliches Zeichen wie den Titel "Stern" in einer Weise benutzen, die Verwechslungen mit diesem hervorrufen kann. Daß die Verwechslungsgefahr durch die Begleitumstände intensiviert werden kann, unter denen der geschützte Titel bekannt geworden ist, liegt auf der Hand.
2. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob die Bekanntheit des Titels "Stern" zu einem "Schlechthin-Verbot" oder zu seiner Monopolisierung führen darf, die sich auf nicht identische Begriffe erstreckt, denn die Antragstellerin strebt kein abstraktes Verbot des Begriffs "Star", sondern seine konkrete Verwendung mit bestimmten Bildelementen und in einer bestimmten Farbgebung an. Es trifft deshalb nicht den Kern des Rechtsstreits, wenn die Antragsgegnerinnen glauben, das Verbot beruhe darauf, daß "star" im Englischen dieselbe Bedeutung hat wie "Stern" im Deutschen. Das Landgericht hat sich nicht abstrakt mit Begriffen befaßt, sondern mit "Benutzungsweisen", in diesem Zusammenhang allerdings auch mit Wortbedeutungen.
3. Die Antragsgegnerinnen glauben, unterschiedliche Aufmachung der Publikationen und der Unterschied der Verkehrskreise, an die sich wendeten, mache Verwechslungen unmöglich.
Es ist indessen müßig, die Unterschiede zwischen dem "umfangreichen deutschen Wochenmagazin in DIN-A4-Format auf Hochglanzpapier" und "der dünnen türkischen Tageszeitung" zu betonen, denn auch das Landgericht hat nicht angenommen, die Objekte selbst könnten miteinander verwechselt werden, sondern der Verkehr werde wegen der großen Ähnlichkeiten in der Titelgestaltung Verbindungen zwischen den Herausgebern vermuten. Daß ein Verlagshaus die unterschiedlichsten Publikationen auf den Markt bringen kann, ist selbstverständlich und in keiner Weise ungewöhnlich. Es kann auch die Vorstellung nicht überraschen, daß ein deutsches Unternehmen für einen nach Millionen zählenden Bevölkerungsteil eine Zeitung in dessen Sprache herausgibt.
Während es aber wenig naheliegt, einem so andersartiges Objekt den durch das Wochenmagazin bekannten Titel selbst zu geben, drängt es sich geradezu auf, dafür einen Titel zu wählen, der dem bekannten Titel so angenähert ist, daß dieser in seiner Abwandlung zu erkennen bleibt und dem Verkehr die Zusammengehörigkeit deutlich macht. Deshalb bleibt den Bemühungen, die Unterschiede in den beiden Sternzeichen oder bestehende Abweichungen herauszuarbeiten, der Erfolg versagt. Wer zu erkennen glaubt, daß beide Titel zusammenhängen, sich aber trotzdem voneinander unterscheiden sollen, hat sowohl für die Übereinstimmungen als auch für die Abweichungen eine einleuchtende Erklärung. Die Wahl der für den "Stern" charakteristischen Farben Rot und Weiß, die Annäherung in der Schreibweise in weißen Buchstaben, in gleicher kursiver Type und mit kleinem "s" am Anfang, die Abfolge der verwendeten Elemente: links das weiße Sternzeichen auf im wesentlichen rotem Grund - rechts der eigentliche Titel, die Wahl eines dafür bedeutungsgleichen Wortes, dessen begriffliche Identität durch den vorausgestellten Stern sichergestellt wird, dies alles wird er auf die Absicht zurückführen, das Gemeinsame zu betonen, während er die Abweichungen dem Zweck zuschreiben wird, eine völlige Übereinstimmung zu vermeiden.
Nichts spricht dafür, daß der Verkehr den weißen Sterns auf rotem Grund ausschließlich auf die Tatsache zurückführen wird, daß die türkische Nationalflagge ihn enthält. Angesichts der übrigen mit dem Titel der Antragstellerin übereinstimmenden Elemente wird der Verkehr allenfalls eine gewisse Doppeldeutigkeit annehmen. Der fünfzackige Stern erscheint in Dutzenden von Flaggen aller Art und ist für die Türkei nicht einmal besonders charakteristisch, weil er gegenüber dem Halbmond ein deutlich geringeres Gewicht hat und deshalb für sich allein nicht an die Nationalflagge denken läßt.
4. Die Antragsgegnerinnen versuchen darzulegen, daß die von der Zeitung "Star" angesprochene junge türkische Leserschaft im Alter von 16 Jahren mit den Lesern des "Stern" nichts zu tun habe, und rügt, daß das Landgericht für seine gegenteilige Annahme die allgemeine Schulpflicht und Englischkenntnisse junger Türken in Deutschland herangezogen habe, obwohl es nur auf deren Vorstellungen ankomme. Ein junger Türke in Deutschland werde die Publikationen nicht verwechseln und angesichts der ihm bekannten Bedeutung der Rumeli-Gruppe nicht an eine Verbindung zweier Verlagshäuser denken.
Es wurde bereits ausgeführt, daß es nicht auf die unmittelbare Verwechselbarkeit der Zeitschriftenobjekte selbst ankommt, und deshalb sind auch inhaltliche Unterschiede unerheblich. Daß hingegen Kenntnisse über die Bedeutung der R.-Gruppe die Annahme verhindern könnten, es bestünden Verbindungen mit der Antragstellerin ist kein sehr überzeugendes Argument, wenn man bedenkt, daß die Antragsgegnerin zu 1) im landgerichtlichen Tatbestand als Tochterunternehmen der Antragsgegnerin zu 2) bezeichnet werden konnte, die in ihrer Firma den Namen eines der bekanntesten deutschen Verlagshäuser führt.
Im übrigen ist die Konstruktion zweier völlig voneinander unabhängiger Verkehrskreise lebensfremd. Zum einen kommt es nicht allein auf die unterschiedlichen Leserschaften beider Publikationen an, sondern auf den geschäftlichen Verkehr. Sowohl Deutsche als auch Türken, die die Zeitung der Antragsgegnerinnen beispielsweise am Kiosk sehen, können wegen der Titelgestaltung auf Zusammenhänge zwischen den Herausgebern schließen, ohne beide Erzeugnisse lesen zu müssen. Zum anderen leben in Deutschland über zwei Mio. Türken zum Teil in zweiter und dritter Generation. Wie die Antragstellerin mit Auszügen aus dem Statistischen Jahrbuch 1999 glaubhaft gemacht hat, sind das etwas über 28 % aller Ausländer, und wenn man diese Zahl auf alle ausländischen Kinder bezieht, die in Deutschland allgemeinbildende oder Berufsschulen besuchen, so kommt man auf eine Zahl von mehr als 330.000 türkischer Schüler. Nicht nur ein Teil dieser Kinder, die im wesentlichen zweisprachig sein müssen, sondern auch eine große Anzahl ihrer Eltern kommen als Leser beider Publikationen in Betracht, weil ein gekauftes Exemplar auch in einem türkischen Haushalt von Hand zu Hand gehen kann.
Daß der "Stern" in Deutschland einen Bekanntheitsgrad von über 84 % besitzt, haben die Antragsgegnerinnen nicht ernsthaft bestritten, jedenfalls hat die Antragstellerin es mit der eidesstattlichen Erklärung des Zeugen Laufer glaubhaft gemacht. Warum diese Verkehrsdurchsetzung - wie die Antragsgegnerinnen meinen - lediglich die ursprünglich "schwache Kennzeichnungskraft" eines sich "aus einer sprachüblichen beschreibenden ... Angabe" zusammensetzenden Titels ausgleichen sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Der Titel "Stern" ist für eine Zeitschrift in keiner Weise beschreibend, sondern wegen seiner Griffigkeit und Metaphorik stark kennzeichnend. Deshalb ist aus der Entscheidung des Senates (WRP 1993, 115) zu den Titeln "TV Spielfilm" und "TV Movie", wo der verteidigte Titel wegen des beschreibenden Anklangs einen engen Schutzbereich hatte und bei weitem nicht den Bekanntheitsgrad des "Stern" erreichte, nichts herzuleiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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