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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 05.10.2006
Aktenzeichen: 3 U 264/05
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 8 Abs. 1
1. Gibt der wegen eines wettbewerbsrechtlichen Verstoßes in Anspruch Genommene auf die vorgerichtliche Abmahnung - wie verlangt - eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich der konkreten Verletzungsform (hier: Zeitungsanzeige) ab, ist die Wiederholungsgefahr hinsichtlich dieser konkreten Verletzungsform vollen Umfangs ausgeräumt.

2. Dem steht auch der Umstand, dass zu der abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung weiter ausgeführt wird, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch lediglich im Hinblick auf einen Teil der dort befindlichen Angaben begründet sei, und dass die weiteren Beanstandungen des Abmahnenden nicht geteilt würden, nicht entgegen. Insoweit streiten die Parteien nur noch um die rechtliche Begründung, nicht jedoch um Umfang des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 264/05

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 5. Oktober 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Dr. Löffler, Terschlüssen nach der am 21. September 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. August 2005 (Az. 312 O 449/05) abgeändert:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 15. Juni 2005, Az. 312 O 449/05, wird unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages vom 13. Juni 2005 aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Antragsteller zur Last.

Gründe:

I.

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.

Der Antragsteller ist der S. e.V. Die Antragsgegnerin ... ist ausweislich des Impressums für die Anzeigenveröffentlichungen in der Zeitschrift "Alles für die Frau" verantwortlich (Anlage ASt 6).

Am 7. Mai 2005 wurde in der Zeitschrift "Alles für die Frau", Heft 19/2005, Seite 2, eine ganzseitige Werbeanzeige veröffentlicht, mit welcher das Schlankheitsprodukt "AminoSlim" beworben wurde (Anlage Ast 7).

Bezüglich dieser Anzeige ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18. Mai 2005 abmahnen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anzeige offensichtlich unzulässige Werbeaussagen enthalte, die gegen § 17 Abs. 1 Ziff. 5 a LMBG, § 21 a DiätVO, § 6 NährwertKennzVO, §§ 3, 5 UWG verstießen. In der Anzeige würden dem Produkt AminoSlim Wirkungen beigemessen, die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert seien. Es würden vollmundige reißerische Versprechungen über eine schnelle Gewichtsabnahme bis hin zur Traumfigur gemacht, die von keinem Schlankheitsmittel eingehalten werden könnten, wie z. B.

"Die Anti-Fett-Kapsel für Ihre Traumfigur",

oder

"Für Eilige, die noch zu Pfingsten ihre persönliche Traumfigur vorzeiegen wollen, gibt es aber die Bestell-Hotline."

oder

"So werden die vorhandenen Fettdepots (z.B. Problemzonen Bauch, Hüfte, Po) verringert und gleichzeitig die Muskeln straffer und die Körperproportionen optimiert".

Das Versprechen

"4 Pfund in einer Woche einfach weg!"

sei unseriös und wissenschaftlich nicht belegt. Dies gelte auch für den Bericht der angeblich begeisterten Anwenderin Maria F.:

"Zunächst war ich skeptisch. Eine Freundin hatte mir jedoch AminoSlim empfohlen. Über die Bestellhotline habe ich AminoSlim schnell und unproblematisch bekommen und habe mit der Kur sofort begonnen. Die erste Woche musste ich mich noch ein wenig umstellen. Als ich jedoch in der zweiten Woche auf der Waage feststellte, dass ich weitere Pfunde verloren hatte, habe ich natürlich die Kur fortgesetzt."

Die Angabe "4 Pfund in einer Woche einfach weg!" verstoße zudem gegen § 21 Abs. 7 DiätVO. Die Antragsgegnerin wurde aufgefordert, sich strafbewehrt zu verpflichten, es zu unterlassen, für das Produkt AminoSlim im geschäftlichen Verkehr das Inserat "Die Anti-Fett-Kapsel für Ihre Traumfigur (gemäß der Zeitschrift "Alles für die Frau", Nr. 19 vom 7.5.2005, S. 2) zu veröffentlichen (Anlage ASt 8).

Daraufhin verpflichtete sich die Antragsgegnerin mit Anwaltsschreiben vom 27. Mai 2005 strafbewehrt,

"das Inserat zu veröffentlichen "Die Anti-Fett-Kapsel für Ihre Traumfigur (gemäß der Zeitschrift "Alles für die Frau", Nr. 19 vom 7. Mai 2005, S. 2)".

Dazu wurde ausgeführt, dass die Antragsgegnerin die konkrete Anzeige mit den Angaben "Für Eilige, die noch zu Pfingsten ihre persönliche Traumfigur vorzeiegen wollen, gibt es aber die Bestell-Hotline" sowie "4 Pfund in einer Woche einfach weg!" nicht erneut veröffentlichen werde. Die weiteren Beanstandungen des Antragstellers teile die Antragsgegnerin jedoch nicht. Dies sei bei der Auslegung der abgegebenen Unterlassungsverpflichtung zu berücksichtigen (Anlage ASt 9).

Nachfolgend erwirkte der Antragsteller die vorliegende Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 15. Juni 2005, Az. 312 O 449/05, mit welcher der Antragsgegnerin bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten worden ist,

"im geschäftlichen Verkehr das aus der Anlage zu diesem Beschluss ersichtliche Inserat zu veröffentlichen. Von dem Verbot nicht erfasst sind Anzeigen, die folgende Aussagen enthalten:

"Für Eilige, die noch zu Pfingsten ihre persönliche Traumfigur vorzeigen wollen"

und

"4 Pfund in 1 Woche einfach weg"."

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin bestätigte des Landgericht Hamburg seine einstweilige Verfügung mit Urteil vom 9. August 2005. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Wiederholungsgefahr durch die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2005 (Anlage ASt 9) hinsichtlich des streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoßes nicht entfallen sei.

Gegen dieses Urteil des Landgerichts Hamburg legte die Antragsgegnerin frist- und formgerecht Berufung ein, welche sie auch frist- und formgerecht begründete. Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Danach ist sie der Ansicht, der Antragsteller sei nicht antragsbefugt. Eine Antragsbefugnis ergebe sich weder aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, noch aus § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei schon deshalb unbegründet, weil die Antragsgegnerin mit der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 27. Mai 2005 (Anlage ASt 9) - wie von dem Antragsteller mit Schreiben vom 18. Mai 2005 verlangt (Anlage ASt 8) - die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der konkreten Verletzungsform vollständig ausgeräumt habe. Zudem sei die Werbeanzeige für das Produkt AminoSlim nicht zu beanstanden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 15. Juni 2005 (Az.: 312 O 449/05) unter Zurückweisung des Antrages des Antragstellers vom 13. Juni 2005 unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 9. August 2005 (Az.: 312 O 449/05) aufzuheben.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Der Antragsteller ist der Ansicht, er sei gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sowie § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG antragsbefugt.

Der Antragsteller meint weiter, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei gemäß §§ 3, 5 UWG, § 17 Abs. 1 Ziff. 5 a LMBG, § 6 Abs. 1 S. 1 Nährwert-KennzeichnungsVO, § 21 a Abs. 7 DiätV begründet. Durch die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2005 (Anlage ASt 9) sei die Wiederholungsgefahr nicht vollständig ausgeräumt worden.

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil, die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 21. September 2006 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.

1.

Die zwischen den Parteien hochstreitige Frage, ob der Verfügungsantrag schon deshalb unzulässig ist, weil der Antragsteller nicht antragsbefugt ist, kann hier offen bleiben.

Nähere Ausführungen dazu erübrigen sich, weil die Prozessführungsbefugnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 UWG auch eine Sachurteilsvoraussetzung ist, bei der die grundsätzlich (prozessual) vorrangige Prüfung aus Gründen der Verfahrensökonomie unterbleiben kann, wenn der geltend gemachte Anspruch - wie hier - unbegründet ist (BGH GRUR 2003, 804 - Fotoaktion; BGH GRUR 1999, 1119, 1120 - RUMMS!).

2.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist unbegründet. Er ergibt sich nicht aus §§ 3, 5 UWG, § 6 Abs. 1 S. 2 Nährwert-KennzeichnungsVO, § 21 a Abs. 7 DiätVO.

Mit der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 27. Mai 2005 (Anlage ASt 9) hat die Antragsgegnerin die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der streitgegenständlichen Werbeanzeige vollen Umfangs beseitigt. Die Antragsgegnerin hat dem mit der Abmahnung vom 18. Mai 2005 geltend gemachten Unterlassungsanspruch, welcher lediglich auf die konkrete Verletzungsform gerichtet war (Anlage ASt 8), vollen Umfangs entsprochen.

Dem steht auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin zu ihrer Unterlassungsverpflichtungserklärung weiter ausgeführt hat, dass sie die streitgegenständliche Angabe nicht erneut mit den Aussagen "für Eilige, die noch zu Pfingsten ihre persönliche Traumfigur vorzeigen wollen" und "4 Pfund in 1 Woche" veröffentlichen werde, und dass sie die weiteren Beanstandungen des Antragstellers nicht teile (Anlage ASt 9), nicht entgegen. Insoweit streiten die Parteien nämlich nur noch um die rechtliche Begründung, nicht jedoch um Umfang des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs.

Der Antragsteller hat mit der gewählten Fassung seines Unterlassungsantrages davon Abstand genommen, die Zulässigkeit der werblichen Angaben im Einzelnen zu klären. Dazu hätte er die einzelnen werblichen Angaben zum Gegenstand seines Antrages machen könnenn und müssen. Dies ist nicht geschehen. Damit war die durch den Erstabdruck der beanstandeten Anzeige gesetzte Wiederholungsgefahr durch die Abgabe der geforderten Verpflichtungserklärung unabhängig von der Annahme der Erklärung entfallen (siehe nur aus jüngster Zeit: BGH WRP 2006, 1139, 1140 - Vertragsstrafevereinbarung).

Bei dem Verletzungsunterlassungsanspruch wegen Wiederholungsgefahr und dem vorbeugenden Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände und damit um verschiedene prozessuale Ansprüche (BGH GRUR 2006, 429, 431 - Schlank-Kapseln). Der Antragsteller hat seinen Unterlassungsanspruch weder erstinstanzlich, noch in der Berufungsinstanz aus dem Bestehen einer Erstbegehungsgefahr hergeleitet. Eine solche besteht auch nicht, denn die Antragsgegnerin hat sich im vorliegenden Rechtsstreit darauf beschränkt, sich gegen den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu verteidigen. Darin liegt keine Berühmung, die eine Erstbegehungsgefahr begründen könnte (BGH GRUR 2001, 1174, 1175 f. - Berühmungsaufgabe).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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