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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 3 U 322/01
Rechtsgebiete: ZPO, AMG, Richtlinie 65/65/EWG


Vorschriften:

ZPO § 256
AMG § 2 Abs. 1
AMG § 21 Abs. 1
Richtlinie 65/65/EWG Art. 3
1. Ob das Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO entfällt, wenn der Prozeßgegner die Berühmung eines (vermeintlichen) Unterlassungsanspruchs gegen den Kläger aufgibt, ist Tatfrage.

Ein bloßer Verzicht auf die Berühmung, welcher jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann, reicht allerdings nicht aus.

2. Sollen Ribavirin-Kapseln nicht im voraus, sondern lediglich auf Vorlage einzelner -wenn auch standardisierter- Rezepte hergestellt werden, unterfallen sie nicht der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 AMG, denn insoweit handelt es sich nicht um Fertigarzneimittel.

3. Das bedeutet jedoch nicht, daß solchermaßen beworbene Ribavirin-Kapseln von der Zulassungspflicht frei gestellt sind, denn das deutsche Arzneimittelrecht geht im Einklang mit europäischen Vorgaben grundsätzlich von der Zulassungspflichtigkeit von Humanarzneimitteln aus (vgl. Art. 3 der Richtlinie 65/65/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel vom 26. Januar 1965).

4. Bei dem Privileg der Einzelrezeptur handelt es sich um eine im AMG nicht ausdrücklich benannte, aber allgemein anerkannte Ausnahme von der Zulassungspflicht. Aufgrund des Ausnahmecharakters der Einzelrezeptur, ist der Anwendungsbereich dieses Privilegs eng auszulegen. Die Freistellung von der grundsätzlichen Zulassungspflicht besteht daher nur dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalles auch tatsächlich ein Fall der Einzelrezeptur vorliegt.

5. Sowohl Ribavirin-Kapseln, als auch der Stoff Ribavirin sind als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG anzusehen. Ein Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG liegt bereits dann vor, wenn ein Grundstoff hergestellt wird, der ausschließlich bestimmten arzneilichen Zwecken dienen kann. Es ist jedoch nicht erforderlich, daß noch eine wesentliche weitere Bearbeitung erfolgen muß, bevor dieser Stoff den verfolgten arzneilichen Zwecken dienen kann.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 322/01

Verkündet am: 25. Juli 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter

Brüning, von Franqué, Terschlüssen

nach der am 11. Juli 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen vom 24. Juli 2001, Az.: 407 O 69/01, abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf € 153.387,56 (= 300.000,00 DM ) festgesetzt. Von der teilweisen Erledigungserklärung an beträgt er € 127.822,97 (= DM 250.000).

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der negativen Feststellungsklage aus Wettbewerbsrecht in Anspruch.

Die Klägerin vertreibt seit Mitte 1999 den pharmazeutischen Stoff Ribavirin, einen bereits seit den siebziger Jahren bekannten Wirkstoff, für den weder Herstellungs- noch Anwendungspatente bestehen. Mitte der neunziger Jahre erschienen Publikationen, wonach sich Ribavirin in der Kombination mit einem Interferon in der Sekundärbehandlung der Hepatitis C als gut wirksam erwiesen hatte. Die Klägerin gibt Ribavirin stets mit einem Analysezertifikat und Sicherheitsdatenblatt gemäß Richtlinie 91/155/EWG ab (Anlage K 12). Sie verfügt über eine Erlaubnis gemäß § 13 Abs. 1 AMG zur gewerbsmäßigen Herstellung von Wirkstoffen, die menschlicher oder tierischer Herkunft sind (Anlage K 14).

Die Beklagte hat seit dem 7. Mai 1999 eine EU-Zulassung für die Kombinationsbehandlung mit dem von ihr vertriebenen, zugelassenen Fertigarzneimittel "Rebetol(r)" (Ribavirin) und dem gleichfalls von ihr vertriebenen, zugelassenen Arzneimittel "Intron A" (Interferon-alpha-Therapie/ Anlagenkonvolut K 1, Anlagen B 1 und B 2). Sie hat für die Herstellung des Arzneimittels ein aufwendiges Qualitätssicherungssystem entwickelt, das u.a. die exakte Dosierung der Menge des Wirkstoffs Ribavirin je Kapsel sowie die Sauberkeit und Sicherheit der Verkapselung gewährleistet.

Im Januar 2000 wandte sich die Klägerin mit einem Rundschreiben an verschiedene Ärzte und Kliniken und bat diese darum, bei der Behandlung von Hepatitis C-Patienten statt eines RibavirinFertigarzneimittels, rezepturmäßig hergestellte RibavirinKapseln zu verordnen (Anlagenkonvolut K 1). In dem Schreiben hieß es:

"Sehr geehrter Herr Dr. ...

bekannt ist, daß die Durchseuchung unserer Bevölkerung mit dem Hepatitis C-Virus in die Hunderttausende geht.

Bekannt ist auch, daß in Form der Kombinationstherapie Interferon alpha 2b plus Ribavirin ein vielversprechender Therapieansatz den Patienten zur Verfügung steht.

Bekannt ist ebenfalls, daß die Kombinationstherapie Interferon alpha 2b plus Ribavirin eine sehr kostspielige Behandlung ist und somit das Potential einer Budgetüberschreitung in sich birgt.

Nicht bekannt ist sicherlich, daß durch die Verwendung von rezepturmäßig hergestellten Ribavirin-Kapseln die Kosten für das Ribavirin um ca. 80 % gesenkt werden können!

Einen Rezepturvorschlag zur Herstellung von Ribavirin-Kapseln legen wir diesem Schreiben bei und bitten Sie -falls wir Ihr Interesse wecken konnten- sich mit Ihrem Apotheker ins Benehmen zu setzen.

Bitte rezeptieren Sie "RIBAVIRIN-FÄHRHAUS"; wir werden ihre Apotheke umgehend mit der Reinsubstanz beliefern..."

Dem Rundschreiben lag ein Rezepturvorschlag zur Herstellung von Ribavirin-Kapseln bei (Anlagenkonvolut K 1, Anlage BK 5). Danach entsprach die Zusammensetzung der individuell herzustellenden Ribavirin-Kapseln weitgehend dem Arzneimittel Rebetol(r).

Nachdem die Beklagte von diesem Rundschreiben erfahren hatte, ließ sie die Klägerin mit Schreiben vom 30. Januar 2000 abmahnen (Anlagenkonvolut K 1). Sie vertrat die Ansicht, mit dem monierten Rundschreiben treibe die Klägerin Werbung für ein zulassungspflichtiges, jedoch nicht zugelassenes Fertigarzneimittel, nämlich "Ribavirin-Fährhaus", und verstoße damit gegen § 3 a HWG iVm § 21 Abs. 1 AMG. Außerdem bringe die Klägerin durch dieses "Feilbieten" ein zulassungspflichtiges, jedoch nicht zugelassenes Fertigarzneimittel in Verkehr und verstoße daher gegen §§ 21 Abs. 1, 4 Abs. 17, 96 Nr. 5 AMG. Mit diesem gesetzeswidrigen Verhalten nehme die Klägerin im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vor, die gegen die guten Sitten verstießen (§ 1 UWG) und täusche mit irreführenden Angaben eine legale Bezugsmöglichkeit vor (§ 3 UWG).

Daraufhin ließ die Klägerin mit Schreiben vom 11. Februar 2000 erwidern, daß ihr Ärzterundschreiben keinen Rechtsverstoß darstelle. Durch die rezepturmäßige Zubereitung von RibavirinKapseln werde kein Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG hergestellt. Daher bestehe auch keine Zulassungspflicht nach § 21 ff. AMG. Die Klägerin sei lediglich der Lieferant pharmazeutischer Rohstoffe mit einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG und nicht pharmazeutischer Hersteller im Sinne des § 4 Abs. 18 AMG. Mit dem Rundschreiben werde lediglich auf die legale Möglichkeit der Einzelrezeptur und des Rohstoffbezugs bei der Klägerin hingewiesen. Dies sei nicht zu beanstanden (Anlagenkonvolut K 1).

Nachfolgend erwirkte die Beklagte am 16. Februar 2000 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln, Az.: 31 O 127/00, die der Klägerin nachfolgend am 21. Februar 2000 zugestellt und mit welcher der Klägerin untersagt wurde,

"...im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, Ärzte und Kliniken aufzufordern, "Ribavirin-Fährhaus" im Rahmen einer Kombinationstherapie mit Interferon alpha 2b für Hepatitis-C-Virus-Patienten zu verordnen und die Apotheke zu unterrichten, daß sie mit Ribavirin-Reinsubstanz von der Antragsgegnerin beliefert werden könne, wie nachstehend wiedergegeben: ..."

Dem Tenor der Verfügung war das Rundschreiben der Klägerin vom Januar 2000 samt Rezepturvorschlag beigefügt (Anlagenkonvolut K 1).

Im Anschluß daran wandte sich die Beklagte mit Rundschreiben vom 18. Februar 2000 an Ärzte und Krankenhausapotheker. Darin führte sie u.a. aus:

- Fährhaus Pharma betreibt verbotene Werbung für ein zulassungspflichtiges, jedoch nicht zugelassenes Fertigarzneimittel "Ribavirin-Fährhaus" und verstößt damit gegen § 3a HWG i.V.m. § 21 Abs. 1 AMG,

- Durch das Inverkehrbringen begeht Fährhaus Pharma damit eine Straftat nach § 96 Nr. 5 AMG und nimmt Handlungen vor, die gegen die guten Sitten verstoßen (§ 1 UWG)." (Anlage K 2)

Daraufhin ließ die Klägerin die Beklagte Anfang März 2000 zur Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung hinsichtlich der letztgenannten Aussage auffordern (Anlage K 3). Die Beklagte war jedoch nicht bereit, die beanstandeten Äußerungen zu unterlassen (Anlage K 4).

Beide Parteien verfolgten die Sache nicht weiter. Weder erkannte die Klägerin die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 16. Februar 2000 als endgültige Regelung an, noch reichte die Beklagte zunächst eine entsprechende Hauptsacheklage ein.

Schließlich ließ die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 4. August 2000 auffordern, auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Köln vom 16. Februar 2000 zu verzichten (Anlage K 5). Mit Schreiben vom 15. August 2000 hat die Beklagte die verlangte Erklärung abgegeben, allerdings unter Hinweis darauf, daß die Klägerin gegenüber der Aufsichtsbehörde versichert habe, die Ärzte nicht mehr entsprechend anzuschreiben (Anlage K 6). Die Klägerin nahm jedoch in Abrede, eine solche Erklärung gegenüber den Aufsichtsbehören überhaupt abgegeben zu haben. Da sie die einstweilige Verfügung als von Anfang an unberechtigt ansah und beabsichtigte, den Wirkstoff wieder in den Verkehr zu bringen und zu bewerben, wandte sie sich mit Schreiben vom 13. September und 10. Oktober 2000 erneut an die Beklagte und forderte diese auf zu bestätigen, daß die Beklagte keine Unterlassungsansprüche mehr gegen den Vertrieb des Rohstoffes zur Herstellung von Ribavirin-Kapseln oder gegen die Werbung der Klägerin hierfür geltend machen werde, und daß sie grundsätzlich zur Zahlung von Schadensersatz bereit sei (Anlage K 7).

Am 1. August 2000 führte die für die Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde... auf Anregung der Beklagten eine Besichtigung bei der Klägerin durch. Die Behörde kam zu dem Schluß, daß es sich bei dem von der Klägerin vertriebenen Ribavirin um einen Wirkstoff handele, der mit einem Analysenzertifikat und einem Gefahrenhinweis (Xn) versehen in den Verkehr gebracht werde. Um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG handele es sich hingegen nicht (Anlage K 8).

Nachdem die Beklagte auf entsprechende Schreiben der Klägerin vom 21. November 2000, 5. Dezember 2000, 11. Januar 2001 und 7. Februar 2001 nicht reagiert hatte, ließ die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 5. März 2001 unter Hinweis darauf, daß sie ansonsten negative Feststellungsklage erheben werde, letztmalig dazu auffordern zu erklären, daß sie keine rechtlichen Schritte gegen das Inverkehrbringen der Ribavirin-Reinsubstanz durch die Klägerin und/oder gegen ein Bewerben dahingehend, daß Ribavirin im Rahmen einer Kombinationstherapie mit Interferon alpha 2b für HepatitisC-Virus-Patienten eingesetzt werden kann, unternehmen werde (Anlagen K 9 und K 10). Zur Abgabe der verlangten Erklärung war die Beklagte jedoch nicht bereit (Anlage K 11).

Am 30. März 2001 reichte die Klägerin schließlich die vorliegende negative Feststellungsklage ein.

Sie vertrat die Ansicht, sie habe auch hinsichtlich des über die konkrete Verletzungsform hinausgehenden Unterlassungsanspruchs ein Feststellungsinteresse. Zudem handele es sich bei ihrem Rundschreiben lediglich um einen Hinweis auf die legale Möglichkeit der Einzelrezeptur und des Rohstoffbezuges über die Klägerin. Da es sich weder bei dem Rohstoff Ribavirin noch bei der Einzelrezeptur um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele, liege hierin weder ein Verstoß gegen §§ 21 Abs. 1, 96 Nr. 5 AMG noch gegen § 3 a HWG. Die Angaben der Klägerin seien insofern auch nicht sittenwidrig oder irreführend, so daß ein Verstoß gegen §§ 1, 3 UWG ebenfalls nicht vorliege.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß ein Anspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht besteht, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Ärzte und Kliniken aufzufordern, "RibavirinFährhaus" im Rahmen einer Kombinationstherapie mit Interferon alpha 2b für Hepatitis-C-Virus-Patienten zu verordnen und die Apotheke zu unterrichten, daß sie mit Ribavirin-Reinsubstanz von der Klägerin beliefert werden könne.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat dazu die Ansicht vertreten, die Klägerin habe kein Feststellungsinteresse. Die Beklagte habe sich lediglich gegen die konkrete Verletzungsform gewandt. Eine weitergehende Berühmung, wie sie die Klägerin zugrunde gelegt habe, liege seitens der Beklagten nicht vor.

Abgesehen von der fehlenden Berühmung stehe ihr, der Beklagten, jedenfalls ein entsprechender Unterlassungsantrag gegen die Klägerin zu. Das Vorgehen der Klägerin verstoße u.a. gegen § 3 a HWG. Bei dem von der Klägerin propagierten Vorgehen handele es sich nur scheinbar um eine Einzelrezeptur. Tatsächlich gehe es jedoch um die identische Nachahmung des Arzneimittels Rebetol(r) zum Zwecke eines 1 zu 1 Ersatzes bei vollständig identischem therapeutischem Verwendungszweck. Derartige Nachahmungen fielen nicht unter das Rezepturprivileg, denn dieses setze stets individuelle Einzelfallentscheidungen und -bestimmungen des behandelnden Arztes voraus. Daran fehle es, da kein ärztlicher Spielraum hinsichtlich der Zusammensetzung und des Anwendungsgebietes der beworbenen Ribavirin-Kapseln verbleibe. Das Handeln der Klägerin stelle deshalb eine systematische Umgehung der Zulassungspflicht dar und sei deshalb auch sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

Die Sittenwidrigkeit nach § 1 UWG ergebe sich auch aus den mit der systematischen Einzelrezeptierung verbundenen Sicherheitsrisiken, denn die Aufforderung zur Einzelrezeptur schaffe ein erhebliches Gefährdungspotential. So sei Ribavirin -unstreitig- eine gefährliche Substanz, weil es mutagen, teratogen und embryotoxisch sei. Deshalb würden zur Verkapselung von Ribavirin besondere Anforderungen an die Einrichtung, in der die Substanz verkapselt werde, gestellt, wie z. B. das Verwenden einer Sicherheitswerkbank mit geeignetem Entlüftungssystem (Lamina-airflow), abgetrennte, deutlich gekennzeichnete Räume, spezielle Arbeitskleidung und das Führen eines Sicherheitsdatenblattes (Anlage B 1). Zudem könne die manuelle Herstellungsweise dazu führen, daß die Wirkstoffmenge pro Kapsel schwanke. Das führe dazu, daß entweder eine Überdosierung mit dem gefährlichen Wirkstoff oder eine Unterdosierung und damit mangelnde Wirksamkeit der Kapseln zu befürchten sei. Eine adäquate Behandlung der Hepatitis-C-Patienten könne daher nicht sicher gestellt werden. Auf diese Risiken für das Apothekenpersonal und die Patienten weise die Klägerin in ihren Rundschreiben jedoch nicht hin.

Der Vergleich der Klägerin zwischen den FertigarzneimittelRibavirin-Kapseln einerseits und den einzelrezeptierten Ribavirin-Kapseln bzw. dem Ribavirin-Fährhaus andererseits sei zudem unzulässig, weil dabei in unsachlicher Weise Arzneimittel mit Rohstoffen verglichen würden und insoweit irreführend die Grenzen zwischen beidem verwischt würden.

Das Landgericht Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, hat der Klage mit Urteil vom 24. Juli 2001 stattgegeben.

Daraufhin wandte sich die Klägerin im Oktober 2001 erneut an Ärzte und berichtete über den bisherigen Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits. In dem Schreiben hieß es u.a.:

"Es ist daher festzustellen:

Die rezepturmäßige Verordnung von Ribavirin-Kapseln durch Ärzte ist möglich!

Die rezepturmäßige Herstellung von Ribavirin-Kapseln in der Apotheke ist möglich!

Sparen Sie bis zu 80 % der Kosten des Fertigarzneimittels mittels der ärztlichen Verordnung von rezepturmäßig hergestellten Ribavirin-Kapseln aus der Apotheke...(Anlage BK 6).

Nachfolgend reichte die Beklagte im November 2001 Hauptsacheklage beim Landgericht Köln, Az.: 81 O 9/02, ein (Anlage BK 1). Der dortige Unterlassungsanspruch wurde hinsichtlich der konkreten Verletzungsformen, d.h. die Rundschreiben der hiesigen Klägerin vom Januar 2000 (Anlagenkonvolut K 1) und vom Oktober 2001 (Anlage BK 6), geltend gemacht (Anlagen BK 1, K 15 und K 16). In dieser Sache ist am 23. April und 27. Juni 2002 vor dem Landgericht Köln mündlich verhandelt worden. Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde anberaumt auf den 26. Juli 2002.

Im vorliegenden Rechtsstreit wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat, gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. Juli 2001.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, daß dem Feststellungsinteresse der Klägerin jedenfalls die zwischenzeitlich erhobene Hauptsacheklage der Beklagten beim Landgericht Köln entgegen stehe.

Zudem sei der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch der Beklagten begründet. "Ribavirin-Fährhaus" sei ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Die Klägerin verstoße deshalb mit ihrem Werberundschreiben gegen §§ 3, 3a und 4 HWG. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen §§ 21 Abs. 1 AMG, 3a HWG, 1 UWG wegen Umgehung der Zulassungspflicht vor. Das Verhalten der Klägerin gefährde die Gesundheit der Bevölkerung. Eine Einzelrezeptierung sei nur dann zulässig, wenn für die vorgesehene Therapie kein Fertigarzneimittel angeboten werden könne oder das im Einzelnen verschriebene Arzneimittel von den vorhandenen Fertigarzneimitteln abweiche und aufgrund dieser Abweichung besser für den einzelnen Patienten geeignet sei.

Die Bewerbung der Einzelrezeptierung von Ribavirin-Kapseln sei auch im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Einzelrezepturherstellung der Ribavirin-Kapseln und deren Anwendung beim Patienten (Beweis: Sachverständigengutachten) sittenwidrig nach § 1 UWG. So habe die Bayerische Landesapothekerkammer in ihrem Rundschreiben Nr. 1/2000 (Anlage BK 7) -unstreitig- ausgeführt:

"Auch von einer rezepturmäßigen Herstellung von Ribavirin-Kapseln ist abzuraten. Ribavirin ist eine mutagene, teratogene und embryotoxische Substanz. Deshalb müssen besondere Anforderungen an die Apotheke, die diese Rezeptur herstellen möchte, gestellt werden. Hierzu gehören eine Sicherheitswerkbank mit geeigneten Entlüftungssystemen, abgetrennte, deutlich gekennzeichnete Räume sowie das Führen eines Sicherheitsdatenblattes."

Zudem habe die Beklagte Testkäufe bei drei Münchener Apotheken durchgeführt. Die dabei erworbenen, manuell hergestellten Ribavirin-Kapseln hätten nicht den Erfordernissen entsprochen. Zum Teil seien sie unterdosiert gewesen, zum Teil sei eine zu große Hilfsstoffmenge enthalten gewesen. Keine der drei erworbenen Proben habe den Anforderungen an die Wirkstofffreisetzung (sog. Dissolution) entsprochen (Anlagen BK 9, BK 10.1, BK 10.2, BK 10.3, BK 11.1 und BK 11.2). Die vorliegenden Ergebnisse zeigten, daß eine Kapselherstellung von Ribavirin in der Apotheke kein qualitativ ausreichendes Produkt liefern könne. Der gewöhnliche Apotheker sei nicht in der Lage, die von der Klägerin propagierten Ribavirin-Kapseln sicher herzustellen.

Darüber hinaus sei die Bewerbung der Einzelrezeptierung auch irreführend gemäß § 3 UWG. Die Klägerin verwische mit ihrer Werbung den Unterschied zwischen Rohstoff und Arzneimittel. Da die Angaben nach § 4 HWG fehlten, würden den Ärzten wichtige Informationen für ihre Entscheidungsfindung vorenthalten. Zudem beziehe sich die Klägerin auf Erkenntnisse zu Therapieerfolgen bei der Hepatitis-C-Behandlung, welche ausschließlich in Bezug auf das Fertigarzneimittel Rebetol(r) erzielt worden seien. Erkenntnisse zur Wirksamkeit von einzelrezeptierten RibavirinKapseln lägen hingegen nicht vor. Die einzelrezeptierten Ribavirin-Kapseln bzw. das Ribavirin der Klägerin entsprächen weder chemisch noch qualitativ dem Fertigarzneimittel Rebetol(r) der Beklagten, d.h. sie seien weder biologisch noch therapeutisch mit Rebetol(r) äquivalent. Darüber hinaus sei die beworbene Kostenersparnis von 80 % nicht zu ereichen (Anlagenkonvolut BK 12), so daß die Werbung der Klägerin u.a. auch gegen § 2 UWG verstoße.

In der Berufungsverhandlung vom 11. Juli 2002 hat der Klägervertreter den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit der Klagantrag die konkreten Verletzungsformen umfaßt, die Gegenstand des Hauptsacherechtsstreits umgekehrten Rubrums beim Landgericht Köln sind. Der Beklagtenvertreter hat sich dieser Erledigungserklärung angeschlossen. Die Parteien stellen insoweit wechselseitig Kostenantrag.

Im übrigen beantragt die Beklagte,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 24. Juli 2001, Az.: 407 O 69/01, die Klage zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag das angefochtene Urteil.

Sie meint ihr Feststellungsinteresse bestehe trotz der Durchführung des Hauptsacheverfahrens vor dem Landgericht Köln fort. Das ergebe sich schon aus der allgemein formulierten Abmahnung vom 30. Januar 2000 sowie dem nachfolgenden Antrag auf Erlaß einer entsprechenden einstweiligen Verfügung vom 15. Februar 2000 (Anlagenkonvolut K 1).

Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG i.V.m. §§ 3a HWG, 21 Abs. 1 , 4 Abs. 1 AMG oder §§ 3 UWG, 3 HWG und § 2 UWG nicht zu. Es handele sich um einen zulässigen Systemvergleich. Die Angaben der Klägerin, insbesondere zur Kostenersparnis von bis zu 80 %, seien zutreffend.

Zudem entsprächen die von der Beklagten vorgelegten Analysen individuell hergestellter Ribavirin-Kapseln aus drei Münchener Apotheken nicht den erforderlichen methodischen Standards. Darüber hinaus könne nicht davon ausgegangen werden, daß in den genannten drei Fällen das verwendete Ribavirin von der Klägerin geliefert worden sei. Die ordnungsgemäße Herstellung von Ribavirin-Kapseln in Apotheken sei grundsätzlich möglich (Anlage K 17).

Auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Berufungsverhandlung vom 11. Juli 2002 wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Gegenstand des Klagantrages ist die Feststellung, daß die Beklagte von der Klägerin nicht verlangen kann, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Ärzte und Kliniken aufzufordern, "RibavirinFährhaus" im Rahmen einer Kombinationstherapie mit Interferon alpha 2b für Hepatitis-C-Virus-Patienten zu verordnen und die Apotheke zu unterrichten, daß sie mit Ribavirin-Reinsubstanz von der Klägerin beliefert werden könne. Die Klägerin wendet sich gegen ein allgemeines Verbot, unabhängig davon, in welchem werblichen Umfeld die Werbung erfolgt.

Dabei betrifft "Ribavirin-Fährhaus" sowohl vom Apotheker herzustellende Ribavirin-Kapseln, als auch die RibavirinReinsubstanz der Klägerin.

Die Parteien haben in der Berufungsverhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, soweit der ursprüngliche Klagantrag die konkreten Verletzungsformen (Anlagen BK 5 und BK 6) umfaßt, welche Gegenstand des Hauptsacherechtsstreits umgekehrten Rubrums beim Landgericht Köln sind. Insoweit sind nur noch die Kosten des Rechtsstreits im Streit.

II.

Die Berufung ist begründet, denn die geltend gemachte negative Feststellungsklage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

1.

Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin besteht.

Die Beklagte hat sich in der Vergangenheit nicht nur gegen die konkreten Werbeschreiben der Klägerin (Anlagenkonvolut K 1 und Anlagen BK 5 und BK 6) gewendet, sondern darüber hinaus die Ansicht vertreten, ihr stehe ein allgemein gefaßter Unterlassungsanspruch gegenüber der Klägerin zu. Das ergibt sich bereits aus der Abmahnung der Beklagten der 30. Januar 2000, sowie dem nachfolgenden Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung 15. Februar 2000 (Anlagenkonvolut K 1). Zwar hat das Landgericht Köln mit der daraufhin erlassenen Beschlußverfügung vom 16. Februar 2000 nur ein Verbot hinsichtlich der konkreten Verletzungsform ausgesprochen (Anlagenkonvolut K 1). Damit ist jedoch die weiterreichende Berühmung der Beklagten nicht gegen standslos geworden. Ob das Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO entfällt, wenn der Prozeßgegner die Berühmung eines (vermeintlichen) Unterlassungsanspruchs gegen den Kläger aufgibt, ist Tatfrage. Ein bloßer Verzicht auf die Berühmung, welcher jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann, reicht allerdings nicht aus (Großkommentar/Jacobs, UWG, Vor § 13 Rn. 408; Zöller-Greger, ZPO, 23. Auflage, 2002, § 256 Rn. 14 a).

Die Umstände des vorliegenden Einzelfalles führen zu dem Schluß, daß die Beklagte bei Erhebung der negativen Feststellungsklage die Geltendmachung des überschießenden Unterlassungsbegehrens noch nicht ernstlich und endgültig aufgegeben hatte. Dies wäre erst dann der Fall, wenn eine entsprechende, verbindliche Erklärung der Beklagten vorläge. Daran fehlt es hier. Die Beklagte hat zwar im vorliegenden Rechtsstreit durchgehend betont, sie vertrete ihre hiesige Rechtsansicht allein zu Zwecken der Rechtswahrung. Aus dieser Erklärung ist jedoch nicht zu entnehmen, daß die Beklagte von einer Geltendmachung des ursprünglich erhobenen Unterlassungsbegehrens verbindlich Abstand genommen hätte.

Mithin verfügt die Klägerin über das erforderliche Feststellungsinteresse hinsichtlich der Abwehr des allgemein gefaßten Unterlassungsanspruchs. Die negative Feststellungsklage erweist sich somit als zulässig.

Soweit die Zulässigkeit der hiesigen negativen Feststellungsklage bezüglich der konkreten Verletzungsformen mittlerweile durch die beim Landgericht Köln anhängige Hauptsa cheklage gleichen Streitgegenstandes, Az.: 81 O 9/02, entfallen ist, haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

2.)

Der geltend gemachte Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet, denn der Beklagten steht ein entsprechender Unterlassungsanspruch aus §§ 1 UWG, 3 a HWG, 21 AMG zu.

a.)

Der Beklagten steht der allgemein gefaßte Unterlassungsanspruch bereits nach §§ 1 UWG, 3 a HWG, 21 AMG wegen der Bewerbung eines nicht zugelassenen Arzneimittels zu. Sowohl bei den beworbenen Ribavirin-Kapseln, als auch bei dem Stoff Ribavirin handelt es sich um ein Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG.

aa)

Die beworbenen Ribavirin-Kapseln unterfallen zwar nicht der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 AMG, denn nach dieser Regelung unterliegen nur Fertigarzneimittel der Zulassungspflicht.

Fertigarzneimittel gemäß § 4 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden. Daran fehlt es hier, denn die beworbenen Ribavirin-Kapseln sollen nicht im voraus, sondern lediglich auf Vorlage einzelner -wenn auch standardisierter- Rezepte hergestellt werden. Die Tätigkeit der Apotheker beschränkt sich auch nicht darauf, bereits fertiggestellte Kapseln lediglich abzupacken. Vielmehr erfordert die Herstellung der Ribavirin-Kapseln gemäß dem Rezepturvorschlag der Klägerin pharmazeutisches Fachwissen und entsprechende (Sicherheits-) Einrichtungen vor Ort. Auch die bloße Verbindung der Rohstoffbezeichnung "Ribavirin" mit dem Namen der Klägerin "Fährhaus" führt -entgegen der Ansicht der Beklagten- nicht zu der Annahme, daß es sich insoweit um ein Fertigarzneimittel handeln könnte.

Die von der Klägerin beworbenen Ribavirin-Kapseln sind somit nicht bereits nach § 21 Abs. 1 AMG als Fertigarzneimittel zulassungspflichtig.

Das bedeutet jedoch nicht, daß die von der Klägerin beworbenen Ribavirin-Kapseln von der Zulassungspflicht frei gestellt sind. Das deutsche Arzneimittelrecht geht im Einklang mit europäischen Vorgaben grundsätzlich von der Zulassungspflichtigkeit von Humanarzneimitteln aus (vgl. Art. 3 der Richtlinie 65/65/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel vom 26. Januar 1965).

Bei dem Privileg der Einzelrezeptur handelt es sich um eine im AMG nicht ausdrücklich benannte, aber allgemein anerkannte Ausnahme von der Zulassungspflicht. Diese Ausnahme steht auch im Einklang mit europarechtlichen Vorgaben. Der Art. 3 der Richtlinie 65/65/EWG geht zwar vom Grundsatz der Zulassungspflicht sämtlicher Humanarzneimitteln aus, in Art. 2 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 65/65/EWG ist jedoch ausdrücklich eine Ausnahme für Einzelrezepturen, sog. formula magistralis, geregelt worden.

Aufgrund des Ausnahmecharakters der Einzelrezeptur, ist der Anwendungsbereich dieses Privilegs jedoch eng auszulegen. Die Freistellung von der grundsätzlichen Zulassungspflicht besteht daher nur dann, wenn auch tatsächlich ein Fall der Einzelrezeptur vorliegt. Daran fehlt es hier. Eine zulässige Einzelrezeptur ist nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 65/65/EWG nur dann gegeben, wenn ein Arzneimittel in einer Apotheke nach ärztlicher Vorschrift für einen bestimmten Patienten zubereitet wird (formula magistralis). Dieser Wortlaut zeigt, daß die Ausnahme maßgeblich davon geprägt wird, daß ein Arzneimittel für den Einzelfall in der Apotheke hergestellt wird.

Abweichend von dieser "Einzelfalllösung" propagiert die Klägerin mit der Bewerbung der Verordnung und Herstellung von RibavirinKapseln in Apotheken eine systematische und über den Einzelfall hinausgehende Rezeptierung und Herstellung dieser Kapseln. Dieses Vorgehen ist daher nicht mehr als Werbung für eine Einzelrezeptur anzusehen. Die Voraussetzungen einer Ausnahme von der grundsätzlich bestehenden Zulassungspflicht liegen mithin nicht vor.

Eine Befreiung von der Zulassungspflicht ergibt sich auch nicht aus weiteren arzneimittelrechtlichen Vorschriften. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG bedarf es keiner Zulassung für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind und auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe in dieser Apotheke bestimmt sind.

Der Absatz 2 des § 21 AMG bezieht sich seinem Wortlaut nach nicht (nur) auf "Fertigarzneimittel", sondern auf jegliche Arzneimittel, mithin auch auf die von der Klägerin beworbenen Ribavirin-Kapseln. Die darin genannten Voraussetzungen einer Befreiung von der Zulassungspflicht liegen jedoch nicht vor. So kann nicht festgestellt werden, daß die von der Klägerin beworbenen Ribavirin-Kapseln nachweislich häufiger ärztlich verschrieben werden. Zudem werden diese Kapseln nicht in den wesentlichen Herstellungsschritten in der Apotheke hergestellt. Der maßgebliche, arzneilich allein wirksame Bestandteil, das Ribavirin, wird nicht in der Apotheke, sondern bei der Klägerin hergestellt. Zwar verbleiben noch weitere wesentliche Herstellungsschritte beim Apotheker, aufgrund des Fehlens des maßgeblichen Herstellungsschritts kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß "die wesentlichen Herstellungsschritte", d.h. alle wesentlichen Herstellungsschritte, im Sinne des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG in der Apotheke erfolgen.

Die von der Klägerin beworbenen Ribavirin-Kapseln unterliegen mithin der allgemein bestehenden Zulassungspflicht. Da insoweit jedoch keine Zulassung besteht, verstößt die Werbung der Klägerin gegen §§ 1 UWG, 3 a HWG. Der Beklagten steht mithin ein entsprechender Unterlassungsanspruch zu.

bb)

Soweit die Klägerin unter der Bezeichnung "Ribavirin-Fährhaus" bzw. "Ribavirin" den Stoff "Ribavirin" beworben hat, liegt ebenfalls ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG vor, so daß auch insoweit § 3 a HWG anwendbar ist.

Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel u.a. "Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen ... Körper 1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen ... 5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen". Streitig ist, ob ein Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG bereits dann vorliegt, wenn ein Grundstoff hergestellt wird, der ausschließlich den vorgenannten arzneilichen Zwecken dienen kann (so wohl Kloesel/Cyran, AMG, § 2 AMG Anm. 12; BVerwGE 70, 284 ff.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, Urteil vom 27. März 1997, Az.: 25 B 96.2040, PharmaRecht 1997, 479 ff.), oder ob darüber hinaus auch zu verlangen ist, daß keine wesentliche weitere Bearbeitung mehr erforderlich ist, bevor diese Stoffe den verfolgten arzneilichen Zwecken dienen können (so Rehmann, AMG, 1999, § 2 Rn. 3; offen BVerwG, LRE 36, 389 ff.).

Der erstgenannten Auffassung ist der Vorzug zu geben, weil nur diese mit dem Wortlaut der Vorschrift und dem überragenden Schutzzweck der arzneimittelrechtlichen Vorschriften im Einklang steht. Der Schutz der Volksgesundheit durch Überwachung des Inverkehrbringens arzneilicher Stoffe wäre nicht hinreichend gewährleistet, wenn bei der Unterscheidung zwischen Stoffen mit Arzneimittelcharakter und bloßen Produktionsvorstufen oder Zwischenprodukten maßgeblich wäre, ob das Präparat vor seiner Verabreichung unverändert angewandt wird, oder nur im Zusammenwirken mit anderen Stoffen oder nur nach einer chemischen, physikalischen oder sonstigen Veränderung den vorgesehenen arzneilichen Zwecken dienen kann. Durch die dann notwendig werdende Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Veränderungen eines Mittels vor seiner Verabreichung würde die rechtliche Anwendung des AMG unpraktikabel werden (BverwGE 70, 284 ff.).

Auf die Frage, ob es sich -wie die Klägerin meint- bei dem beworbenen Ribavirin um einen "Wirkstoff" im Sinne von § 4 Abs. 19 AMG (vgl. auch Anlage K 8) handelt, kommt es danach nicht mehr an. Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden. Solche Stoffe unterfallen -wie oben ausgeführt- jedenfalls dann dem Begriff des Arzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG, wenn sie ausschließlich zu arzneilichen Zwecken und als einziger Wirkstoff Verwendung finden sollen. So liegt es hier, denn das Ribavirin wird ausschließlich zu arzneilichen Zwecken verwendet und ist der einzige Wirkstoff in der Kapsel.

Das beworbene Ribavirin unterliegt allerdings nicht der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 AMG, denn nach dieser Regelung unterliegen nur Fertigarzneimittel der Zulassungspflicht. Bei dem Ribavirin handelt es sich nicht um ein Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG, denn es wird zwar von der Klägerin im voraus hergestellt, wird jedoch von ihr nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Juni 1995, Az.: 13 A 1363/94, LRE 32, 433 ff.). Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG liegen schon deshalb nicht vor, weil das Ribavirin nicht in der Apotheke, sondern bei der Klägerin hergestellt wird.

Das von der Klägerin beworbene Ribavirin unterliegt jedoch der Zulassungspflicht gemäß den Ausführungen zu aa). Da insoweit keine Zulassung besteht, verstößt die Werbung der Klägerin gegen §§ 1 UWG, 3 a HWG. Der Beklagten steht mithin ein entsprechender Unterlassungsanspruch zu.

b)

Das von der Klägerin formulierte allgemeine Verbot, welches die systematische Bewerbung der Einzelrezeptierung in jeglichem Werbeumfeld betrifft, könnte auch nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Gefährdung der Volksgesundheit bestehen, wenn eine ordnungsgemäße Herstellung der "RibavirinKapseln" nach Einzelrezeptur in einer Apotheke als ausgeschlossen oder zumindest sehr fraglich angesehen werden müßte. Der Vortrag der Beklagten, insbesondere zur Analyse der testweise in drei Münchener Apotheken erworbenen einzelrezeptierten Ribavirin-Kapseln (Anlagen BK 10, BK 11 und BK 12) und zur Stellungnahme der Bayerischen Landesapothekenkammer vom Januar 2000 (Anlage BK 7) geht in diese Richtung. Demgegenüber hat die Klägerin vorgetragen, die vorgelegten Analysen seien methodisch zweifelhaft.

Da der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bereits aus §§ 1 UWG, 3 a HWG, 21 AMG begründet ist, kann diese Frage hier offen bleiben.

c)

Der Beklagten steht der allgemein gefaßte Unterlassungsanspruch hingegen wohl nicht aus § 4 HWG wegen unzureichender Werbeangaben zu. Zwar handelt es sich bei den beworbenen Ribavirin-Kapseln sowie bei dem Ribavirin selbst um Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG. Seinem Wortlaut nach ist § 4 HWG auch auf die Bewerbung jeglicher Arzneimittel anwendbar. Gleichwohl sind die dort verlangten Angaben wohl nur für zulassungspflichtige Fertigarzneimittel erforderlich (Doepner, HWG, 2. Auflage, 2000, § 4 HWG Rn. 11; a.A. wohl Gröning, Heilmittelwerberecht, § 4 HWG Rn. 9). Das ergibt sich im Wesentlichen aus den in der Norm verlangten Angaben. Diese beziehen sich ihrem Inhalt nach im Wesentlichen auf Fertigarzneimittel. So ist im Rahmen der Werbung für individuell hergestellte Arzneimittel der pharmazeutische Unternehmer nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 HWG, d.h. der Apotheker, zum Zeitpunkt der Werbung in der Regel noch nicht bekannt, so daß Angaben nicht gemacht werden können. Mangels Vorliegens einer Packungsbeilage ginge auch § 4 Abs. 2 HWG ins Leere.

Selbst wenn die Angaben nach § 4 HWG erforderlich wären, bestünde der allgemein formulierte Unterlassungsanspruch der Beklagten nicht, weil von dem Tenor auch diejenige Werbung der Klägerin umfaßt wäre, die die nach § 4 HWG erforderlichen Werbeangaben enthält.

d)

Der Beklagten steht der abstrakte Unterlassungsanspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sklavischen Nachbaus aus § 1 UWG zu. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind Nachahmungen grundsätzlich erlaubt, solange kein Sonderrechtsschutz besteht bzw. keine besonderen Umstände vorliegen, die eine solche Handlungsweise als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Unstreitig bestehen für den Wirkstoff "Ribavirin" weder ausschließliche Herstellungs- noch Anwendungsrechte, so daß eine Einschränkung der Nachahmungsfreiheit nicht schon daraus folgt. Besondere Umstände, die die Vorgehensweise der Klägerin im Hinblick auf die Nachahmung als wettbewerbswidrig erscheinen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.

e)

Der Beklagten steht der jetzt noch streitgegenständliche allgemein gefaßte Unterlassungsanspruch nicht unter dem Gesichtspunkt der Irreführung nach § 3 UWG wegen falscher Angaben bzgl. des Einsparpotentials bzw. unzureichender Warnhinweise zu. Dieser Aspekt der konkreten Verletzungsform ist nicht streitgegenständlich, da der Preisvergleich bzw. die Art der erforderlichen Warnhinweise darin nicht enthalten sind.

f)

Der Beklagten steht der abstrakte Unterlassungsanspruch wohl auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Irreführung nach §§ 3, UWG, 3 HWG zu. In dem Tenor des allgemein gefaßten Unterlassungsanspruchs sind auch solche Werbeformen enthalten, in denen ausreichende Hinweise auf die Nachteile des Individualprodukts und den Umstand, daß die behaupteten Therapieerfolge nur für das Präparat der Beklagten, Rebetol(r), erhoben worden sind, enthalten sind.

g)

Aus dem gleichen Grund steht der Beklagten der abstrakte Unterlassungsanspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Irreführung nach §§ 1, 2, 3 UWG wegen unzulässiger vergleichender Werbung zu. Eine vergleichende Werbung ist grundsätzlich zulässig, wenn sich die Angaben nach Art und Maß in den Grenzen des Erforderlichen und der wahrheitsgemäßen sachlichen Erörterung halten. Mit dem allgemein gefaßten Unterlassungsanspruch werden auch zulässige Werbeformen erfaßt, etwa solche, die die erforderlichen Begleitinformationen enthalten.

Mithin steht der Beklagten der allgemein gefaßte Unterlassungsanspruch aus §§ 1 UWG, 3 a HWG, 21 AMG zu. Der geltend gemachte Feststellungsantrag war somit unbegründet. Das Urteil des Landgerichts Hamburg war somit auf die Berufung der Beklagten abzuändern und die Klage abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des jetzt noch geltend gemachten Feststellungsantrages folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Insoweit hat die Klägerin die Kosten zu tragen, weil sie unterliegt.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, beruht die Kostenentscheidung auf § 91 a ZPO. Auch insoweit trägt die Klägerin die Kosten, weil sie bei Fortsetzung des Rechtsstreits voraussichtlich unterlegen wäre. Insoweit war die Klage von Anfang an unbegründet, denn die konkrete Bewerbung verstieß schon wegen der falschen Angaben zu einer Kostensenkung von "bis zu 80 %" gegen § 3 UWG. Die Beklagte hat substantiiert vorgetragen, daß das Einsparpotential je nach Packungsgröße allenfalls bei 57 % bzw. 59 % liege. Die Klägerin hat demgegenüber konkret vorgetragen, die Kosten könnten um rund 70 % gesenkt werden. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Ansicht ertreten hat, das Einsparpotential könne bis zu 80 % ereichen, fehlt substantiierter Klagvortrag. Da auch bei Zugrundelegung des klägerischen Vortrages die beworbene Kostensenkung nicht erreicht wird, erweist sich die Werbung insoweit als irreführend und somit nach § 3 UWG als unzulässig. Der Beklagten stand daher insoweit ein Unterlassungsanspruch zu, der Feststellungsantrag wäre mithin abzuweisen gewesen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die entscheidungserhebliche arzneiund werberechtliche Beurteilung der Werbung der Klägerin grundsätzliche Bedeutung hat, und zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Ende der Entscheidung

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