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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 28.11.2002
Aktenzeichen: 3 U 33/02
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14
MarkenG § 19 Abs. 3
MarkenG § 23 Nr. 3
1. (a) Pflasterspender, die als Box in Betrieben zur Ersten Hilfe für Mitarbeiter angebracht sind und bei Bedarf nur einzelne "Sofortpflaster" herausgeben, bilden markenrechtlich mit den dazu passenden Pflaster-Nachfüllpackungen eine einheitliche Ware. Das unautorisierte Anbieten solcher Nachfüllpackungen verletzt die Markenrechte des Herstellers der Pflasterspender, die mit seiner Marke versehen sind.

(b) Die markenrechtlichen Grundsätze betreffend Zubehör und Ersatzteile (§ 23 Nr. 3 MarkenG) stehen nicht entgegen, zumal der Pflasterspender nicht als "Hauptware",. sondern als Verpackung für die Pflaster anzusehen ist.

(c) Eine Auskunftserteilung im Wege der Gebotsverfügung kommt gleichwohl nicht in Betracht, es ist keine "offensichtliche Rechtsverletzung" im Sinne des § 19 Abs. 3 MarkenG.

2. Soweit die Nachfüllpackungen für Pflasterspender bestimmt sind, bei denen die Bezeichnungen des Herstellers entfernt worden sind, liegt keine Markenrechtsverletzung vor, insoweit ist eine Verurteilung zur Auskunft im Wege der Gebotsverfügung gemäß § 19 MarkenG ebenfalls nicht gegeben, auch nicht in entsprechender Anwendung wegen unlauterer Behinderung (§ 1 UWG).


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 33/02

Verkündet am: 28. November 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franque, Spannuth nach der am 7. November 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragstellerin und auf die unselbständige Anschlussberufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 17. Januar 2002 abgeändert.

Die Beschlussverfügung des Landgerichts vom 25. September 2001 wird zu Ziffer 1. c) mit der Maßgabe erneut erlassen, dass der Antragsgegnerin unter Androhung der vom Landgericht genannten Ordnungsmittel verboten wird, Nachfüll-Einheiten von Pflastern, insbesondere gemäß der nachfolgenden Darstellung, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, die nicht von der Antragstellerin und Berufungsklägerin stammen und die in die Pflaster-Spender der Antragstellerin und Berufungsklägerin gemäß Ziffer 1. a) der einstweiligen Verfügung vom 25. September 2001 passen:

Die Beschlussverfügung des Landgerichts zu Ziffer 2.) betreffend das Gebot zur Auskunftserteilung wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag wird zurückgewiesen.

Im übrigen werden die Berufungen der Parteien jeweils zurückgewiesen.

und beschlossen:

Von den Kosten des Erlassverfahrens tragen die Antragstellerin 1/10 und die Antragsgegnerin 9/10.

Von den Kosten des Widerspruchsverfahrens und des Berufungsverfahrens tragen jeweils die Antragstellerin 1/5 und die Antragsgegnerin 4/5.

In Abänderung des Beschlusses des Landgerichts im Urteil vom 17. Januar 2002 wird der Wert des Streitgegenstandes für das Widerspruchsverfahren auf 127.823 € (= 250.000 DM) festgesetzt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 127.823 € (= 250.000 DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien produzieren und vertreiben Verbandmittel und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragstellerin vertreibt einen Pflasterspender unter der Bezeichnung "S-XXXXXXXX" (Anlage ASt1). Sie ist Inhaberin der deutschen Wortmarke "S-XXXXXXXX" Nr. 00 0000 00000, eingetragen für "medizinische Pflaster und Verbandstoffe für medizinische und pharmazeutische Zwecke" (Anlage ASt 9).

Die Antragsgegnerin bietet unter der Bezeichnung "FO-XXXX" ebenfalls Pflasterspender an. Hierbei handelt es sich um Pflasterspender der Antragstellerin, bei denen die zunächst angebrachten Bezeichnungen (wie: "S-XXXXXXXX") und Beschriftungen der Antragstellerin entfernt und durch eigene Bezeichnungen (wie: "FO-XXXX" und "M-xxxxxx") und Beschriftungen der Antragsgegnerin ersetzt worden sind (Anlagen ASt 10-11). Der Schlüssel für de Box ist unverändert geblieben und weist nur die Bezeichnungen der Antragstellerin (u.a.: "a-xxxxxx" und "C-xxxxxx": Anlage ASt 2) auf. Die Nachfülleinheiten für den Pflasterspender der Antragsgegnerin stammen von dieser und sind mit deren Bezeichnungen ("FO-XXXX" und "M-xxxxx") versehen (Anlagen ASt 10-11).

Die Antragstellerin beanstandet das als Markenrechtsverletzung und als unlautere Behinderung. Im vorliegenden Verfügungsverfahren nimmt sie die Antragsgegnerin deswegen auf Unterlassung in Anspruch.

Der Pflasterspender der Antragstellerin ist für die Anbringung in Betrieben bestimmt und besteht aus einer Plastikbox mit aufklappbarem, durchsichtigem Deckel (Anlage ASt 1). Die Pflaster sind nur einzeln herauszunehmen, wobei sich beim Herausziehen die eine Hälfte der Abdeckung der Klebeschicht löst; hierdurch ist das Pflaster schnell einsatzbereit ("Sofort-Pflaster") und eine Wegnahme in größeren Mengen auf Vorrat wird verhindert. Die Pflaster selbst befinden sich innerhalb der Box in Nachfülleinheiten (vgl. zum Sortiment der Antragstellerin: Anlage ASt 3). Die Nachfülleinheit kann nicht einfach aus der Box herausgezogen werden, für ihren Austausch muss ein besonderer Schlüssel verwendet werden (An läge ASt 2).

Das Landgericht hatte in seinem Beschluss vom 25. September 2001 der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung

1. unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,

(a) Pflaster-Spender gemäß der nachfolgenden Darstellung, von denen die Marken, Kennzeichnungen und Beschriftung der Antragstellerin (insbesondere die Kennzeichen "S-xxxxxxxx" und "C-xxxxx") entfernt und durch andere Marken, Kennzeichnungen und Beschriftungen (insbesondere "Fo-xxxx" und "M-xxxxxx GmbH & Co.") ersetzt worden sind, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen (es folgen zwei Abbildungen des Pflasterspenders);

(b) Pflaster-Spender, die gemäß Ziffer 1. a) neu gekennzeichnet wurden, mit Plastikschlüsseln gemäß nachfolgender Darstellung anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, die die Marken und Kennzeichen "a-xxxxx" und/oder "c-xxxxxxx" tragen (es folgt die Abbildung des des Plastikschlüssels);

(c) Nachfüll-Einheiten von Sofortpflastern anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, die nicht von der Antragstellerin stammen und sich dadurch auszeichnen, dass sie in die Pflaster-Spender gemäß Ziffer 1. a) passen, insbesondere gemäß folgender Abbildung (es folgt die Abbildung von sechs FO-XXXX-Nachfüllbehältnissen, wie vorliegend im Urteilsausspruch);

2. geboten, Auskunft über die Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer sowie der vertriebenen Mengen von Pflaster-Spendern und Nachfülleinheiten gemäß Ziffer 1. a) und 1.c) zu erteilen.

Gegen die Beschlussverfügung hatte die Antragsgegnerin Vollwiderspruch zu Ziffern 1. lit. c) und 2. sowie Kostenwiderspruch bezüglich Ziffern 1. lit. a) und b) eingelegt.

Mit seinem Urteil vom 17. Januar 2002 hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antragsgegnerin

1. (c) unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten wird, Nachfüll-Einheiten von Sofortpflastern anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, die nicht von der Antragstellerin stammen und die in die Pflaster-Spender der Antragstellerin gemäß Ziffer 1. a) passen und bei denen die Kennzeichnung nach dem Einfüllen in die Pflaster-Spender nicht mehr zu erkennen ist;

2. geboten wird, Auskunft über die Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer sowie der vertriebenen Mengen von Pflaster-Spendern gemäß Ziffer 1. a) zu erteilen.

Im übrigen hat das Landgericht die einstweilige Verfügung zu Ziffern 1. c) und 2. sowie im Kostenpunkt aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag insoweit zurückgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Mit der Berufung wendet sich die Antragstellerin gegen dieses Urteil, soweit es die Beschlussverfügung zu Ziffern 1. c) und 2. aufgehoben hat. Sie beantragt, die Beschlussverfügung vom 25. September 2001 mit der Maßgabe erneut zu erlassen, dass der Antragsgegnerin 1. (c) unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten wird, Nachfüll-Einheiten von Pflastern, insbesondere gemäß der nachfolgenden Darstellung, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, die nicht von der Antragstellerin und Berufungsklägerin stammen und die in die Pflaster-Spender der Antragstellerin und Berufungsklägerin gemäß Ziffer 1. a) der einstweiligen Verfügung vom 25. September 2001 passen (es folgt die Abbildung von sechs FO-XXXX-Nachfüllbehältnissen; vgl. die Kopie im Urteilsausspruch);

2. geboten wird, Auskunft über die Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer sowie der vertriebenen Mengen von Pflaster-Spendern gemäß Ziffer 1. a) und 1. c) der Verfügung vom 25. September 2001 zu erteilen.

Mit der unselbständigen Anschlussberufung wendet sich die Antragsgegnerin gegen das landgerichtliche Urteil, soweit es zu Ziffern 1. c) und 2. der Beschlussverfügung zu ihrem Nachteil ergangen ist. Im übrigen beantragen die Parteien wechselseitig die Zurückweisung der Rechtsmittel.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragstellerin und die zulässige Anschlussberufung der Antragsgegnerin haben jeweils nur teilweise Erfolg. Im übrigen sind sie zurückzuweisen.

Die Beschlussverfügung des Landgerichts ist zu Ziffer 1. c) nicht nur teilweise zu bestätigen, sondern vollen Umfangs in der in der Berufungsinstanz gestellten Fassung erneut zu erlassen, insoweit hat die Berufung der Antragstellerin Erfolg und insoweit ist die Anschlussberufung der Antragsgegnerin unbegründet (l.).

Zu Ziffer 2. ist die Beschlussverfügung dagegen insgesamt aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen. Insoweit ist die Anschlussberufung der Antragsgegnerin erfolgreich, während die Berufung der Antragstellerin insoweit zurückzuweisen ist (II.).

Der mit dem Verfügungsantrag zu Ziffer 1. c) von der Antragstellerin in der Berufungsinstanz geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats insgesamt und nicht nur im Umfang der teilweisen Bestätigung der Beschlussverfügung durch das landgerichtliche Urteil begründet.

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages zu Ziffer 1. c) ist das Anbieten und Inverkehrbringen von Nachfülleinheiten von Sofortpflastern, die in die Pflasterspender der Antragstellerin gemäß Ziffer 1. a) der Verbotsverfügung passen, insbesondere von Nachfülleinheiten gemäß der im Urteilsausspruch des Senats wiedergegebenen Abbildung.

(a) Bei der Antragsbestimmung betreffend die Nachfülleinheiten, "die in die Pflaster-Spender der Antragstellerin gemäß Ziffer 1. a) der einstweiligen Verfügung ... passen", geht es um folgendes: In Ziffer 1 a) der einstweiligen Beschlussverfügung ist der beanstandete Pflasterspender ("FO-XXXX") der Antragsgegnerin beschrieben und abgebildet, der - und das ist für das Verbot maßgeblich - ursprünglich von der Antragstellerin stammte und mit deren Bezeichnungen (wie: "S-XXXXXXXX") versehen gewesen und von der Antragsgegnerin statt dessen mit ihren Bezeichnungen (wie: "FO-XXXX" und "Michallik") versehen worden ist. Auf für solche Pflasterspender "passende" Nachfülleinheiten bezieht sich das Verbot.

Damit sind Gegenstand des Verbots Nachfülleinheiten mit einer bestimmten (sich aus den Innenmaßen des Pflasterspenders ergebenden) Größe und Formgebung, die naturgemäß ebenfalls in die von der Antragstellerin vertriebenen S-XXXXXXXX-Spender, d. h. auch in die nicht umgekennzeichneten Spender hineinpassen. Auch diese Fallgestaltung ist - wie die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung hat klarstellen lassen - Gegenstand des Verbots.

(b) Bei dem "insbesondere"-Teil des Unterlassungsantrages geht es um die sechs ab gebildeten Nachfülleinheiten der Antragsgegnerin (wegen der "FO-XXXX"-Sorten vgl. dazu das Farbfoto im Katalog Anlage ASt 11, Seite 27).

(c) Nachfülleinheiten anderer Größen, die nicht formschlüssig in den Pflasterspender hineinpassen, sondern als kleinere Raumformen eben nur hineingehen würden, gehören dagegen nicht zum Streitgegenstand. Nicht zum Streitgegenstand gehört ebenfalls die Fallgestaltung, in der die Antragsgegnerin einen eigenständigen Pflasterspender - und nicht den der Antragstellerin unter Markenersetzung - vertreibt.

2.) Der verallgemeinerte Teil des Unterlassungsantrages (vor dem "insbesondere"-Teil) ist aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG begründet.

Die beanstandeten Nachfülleinheiten der Antragsgegnerin begegnen dem Teil des Verkehrs, auf den vorliegend abzustellen ist, nicht als einzelne Ware, sondern als Bestandteil des in Betrieben als Erste-Hilfe-Einrichtung angebrachten Pflasterspenders der Antragstellerin. Dieser Pflasterspender ist mit der Kennzeichnung "S-XXXXXXXX" und damit mit der markenrechtlich geschützten Bezeichnung der Antragstellerin versehen. Demgemäß werden die Pflaster der Antragsgegnerin, die beim Nachfüllen des Pflasterspenders der Antragstellerin dorthin gelangen, widerrechtlich als aus dem Betrieb der Antragstellerin herrührend gekennzeichnet.

(a) Die markenrechtliche Beurteilung ergibt sich aus der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH GRUR 1987, 438 - Handtuchspender), an dieser ist festzuhalten.

In jenem Fall wurden für den mit dem Warenzeichen der dortigen Klägerin gekennzeichneten Handtuchspender Papierhandtücher fremder Herkunft zur Befüllung geliefert. Hierbei hat der Bundesgerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass der in Waschräumen von Betrieben und Behörden angebrachte Handtuchspender einer unbestimmten Personenmehrheit zugänglich ist und dass demgemäß dessen Befüllen eine Warenzeichenverletzung im geschäftlichen Verkehr darstellt. Letztere hat der Bundesgerichtshof zutreffend mit der Begründung bejaht, es sei für die rechtliche Beurteilung insoweit ohne Bedeutung, ob die Warenzeichen auf der Verpackung der Handtücher aufgebracht oder ob die Handtücher in eine bereits gekennzeichnete Umhüllung nachgefüllt würden. Denn der Handtuchspender diene als Umhüllung der Papierhandtücher, Ware und Warenzeichnen würden auf der Umhüllung so miteinander verbunden, dass der Verkehr die Warenzeichen auf der Umhüllung als betriebliches Herkunftskennzeichen für die Handtücher werte. Das Warenzeichenrecht sei nicht etwa verbraucht, weil es nicht um den Weitervertrieb der Ware, sondern um deren ungenehmigte Neukennzeichnung durch Nachfüllen gehe (BGH, a. a. O. - Handtuchspender).

(b) Bei dem vorliegenden Pflasterspender mit den beanstandeten Nachfülleinheiten der Antragsgegnerin gilt markenrechtlich nichts anderes.

Es handelt sich bei ungekünstelter Betrachtungsweise, von der für die Verkehrsvorstellung auszugehen ist, bei dem mit Pflastern gefüllten Pflasterspender um eine einheitliche Ware, wobei dem Pflasterspender selbst im wesentlichen die Rolle der Verpackung zukommt. Die Box bewahrt die Pflaster an geeigneter Stelle auf und schützt sie vor Staub und Schmutz. Dem steht nicht entgegen, dass die Box des Pflasterspenders im Zusammenwirken mit der erst mit einem Schlüssel zu entfernenden Nachfüllpackung die zusätzliche Funktion hat, dass nur einzelne Pflaster entnommen werden können.

In diese Verpackung bzw. Umhüllung werden die Pflaster-Nachfüllpackungen verbracht, sie gehen mit der Spender-Box eine räumlich-funktionelle Verbindung ein, so dass man die Bezeichnung der Antragstellerin auf dem Pflasterspender ohne weiteres und selbstverständlich auch den Pflastern selbst zuordnet.

Der vorliegende Sachverhalt ist mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen (BGH, a. a. O. - Handtuchspender) durchaus vergleichbar. Dabei ist die von der Antragsgegnerin herangezogene Besonderheit jenes Handtuchspenders, seine Undurchsichtigkeit und das "vollständige Umhüllen" der Handtücher nicht von durchgreifender Bedeutung. Maßgeblich ist nicht, dass man vorliegend durch den transparenten Deckel des Pflasterspenders die Pflaster auch bei in der geschlossenen Box an den oberen Enden sehen kann, sondern dass diese Box die Umhüllung - ausgestattet mit den oben genannten zusätzlichen Funktionen - darstellt.

(c) Entgegen dem Landgericht spielt es für die markenrechtliche Beurteilung vorliegend keine entscheidende Rolle, ob man vor oder während der Pflasterentnahme noch eine andere Bezeichnung auf der Nachfüllpackung sehen kann, die von der Bezeichnung der Antragstellerin auf dem Pflasterspender abweicht oder (wie im Falle der Anlage ASt 10) nicht. Dem Verkehr sind auch sonst Zweitmarken geläufig, deswegen wird er - wenn er den Unterschied bemerkt und Beachtung schenkt - gleichwohl das Vorhandensein betrieblicher Zusammenhänge zwischen den "verpackten" Pflastern und dem Pflasterspender annehmen und die Nachfüllung dem Betrieb der Antragstellerin zuordnen. Denn mit der Bezeichnung "S-XXXXXXXX" ist der Pflasterspender gekennzeichnet.

Deswegen wird der Verkehr auch bei einer nach der Befüllung sichtbar bleibenden Kennzeichnung der Nachfülleinheit z. B. mit "FO-XXXX" und/oder mit "M-xxxxx" annehmen, es sei Ersatzware aus dem Firmenbereich der Antragstellerin. Entsprechend den oben dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen kann auch eine bereits mit einer Marke versehene Ware mit einer anderen Bezeichnung neu versehen werden, und zwar durch das Einfüllen in die damit gekennzeichnete Verpackung; eine "Unsichtbarkeit" der Bezeichnungen der Antragsgegnerin ist für die Annahme der Neukennzeichnung nicht etwa eine notwendige Voraussetzung.

Auch wenn einige Verkehrsteilnehmer die unterschiedliche Kennzeichnung auf der Box und an der Nachfülleinheit bemerken, ändert das an der markenrechtlichen Beurteilung nichts. Wie der BGH bereits in der oben genannten Entscheidung ausgeführt hat, ist das alleinige Bezeichnungsrecht des Marken- bzw. Warenzeicheninhabers nicht davon abhängig, ob im Einzelfall eine konkrete Gefährdung seiner Interessen an der Vermeidung einer betrieblichen Herkunftstäuschung und an der Erhaltung des Rufs der Marke eintritt (BGH, a. a. O. - Handtuchspender m.w. Nw.).

(d) Das Argument der Antragsgegnerin betreffend das Ersatzteil- und Zubehörgeschäft markenrechtlich geschützter Waren greift nicht durch; das aufgezeigte Ergebnis unterbindet nicht den (lauteren und die Markenrechte Dritter beachtenden) Ersatzteil- und Nachlieferungswettbewerb.

Auch im Falle der BGH-Entscheidung (BGH, a. a. O. - Handtuchspender) tritt bei einem Verbrauch der Handtücher regelmäßig ein Ersatzbedarf ein, gleichwohl ist zutreffend der Verbindung zwischen Verpackung (Spender) und Ware (dort: Handtücher, hier: Pflaster) der Vorrang zu geben und die eigentliche Ware nicht mit einem bloßen Ersatzteil oder Zubehör gleichzusetzen, weil dessen Hauptware im vorliegend Falle sonst die Verpackung wäre. Eine solche Betrachtungsweise wäre gekünstelt und wird vom Verkehr nicht vorgenommen.

Aus eben diesen Gründen ergibt sich aus der von der Antragsgegnerin noch herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH GRUR 1990, 528 - Rollenclips) nichts anderes. Im dortigen Fall ging es um die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Nachbaus der Clips im Hinblick auf den besonderen Zusammenhang zwischen den Clips und der dort in Rede stehenden Poly-Clip-Maschine. Der Bundesgerichtshof hat die Wettbewerbwidrigkeit trotz des Funktionszusammenhangs zwischen Clips und Maschine verneint. Diese Überlegungen lassen sich auf die vorliegend maßgebliche markenrechtliche Bewertung einer Verbindung von Umhüllung und Ware nicht übertragen.

Im übrigen kommt es auch sonst bei zusammengesetzten Waren auf die Umstände des Einzelfalls für die markenrechtliche Beurteilung an. Deswegen ist auch die von der Antragsgegnerin noch angeführte Entscheidung des OLG München (NJWEWettbR 1999, 179) ebenso wenig mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar wie mit dem Fall des Bundesgerichtshofes (BGH, a. a. O. - Handtuchspender): Dort wurden fremde Folienbeutel in der Kartusche für eine Dentalabformmasse von dem betreffenden Labor verwendet. Jene Vorrichtung begegnet nicht wie ein Handtuch- oder Pflasterspender einer unbestimmten Mehrheit von Personen etwa in einem Betrieb zur jeweiligen Entnahme der Ware.

(e) Die Rechtsprechung zum "geschaffenen Ergänzungsbedarf" bzw. "Einschieben in fremde Serie" (BGH GRUR 1992, 619- Klemmbausteine II m.w. Nw.) betrifft, wie schon das Landgericht ausgeführt hat, andere Sachverhalte als den vorliegenden. Dem steht das Ergebnis der aufgezeigten markenrechtlichen Beurteilung aber auch nicht entgegen.

(f) Es besteht keine Veranlassung, aus dem Verbot die Fallgestaltung herauszunehmen, in der die Nachfülleinheiten nicht in die Original-Pflasterspender der Antragstellerin (mit deren unverändert gebliebener Kennzeichnung mit "S-XXXXXXXX"), sondern in die inzwischen zwar gerichtlich untersagten, aber bei den Abnehmern möglicherweise noch vorhandenen Pflasterspender der Antragsgegnerin gelangen.

In diesem Fall steht zwar eine Markenverletzung in Rede, weil die Marken der Antragstellerin inzwischen entfernt worden sind, so dass durch das Nachfüllen auch keine zeichenmäßige Beziehung zur Marke der Antragstellerin entstehen kann. Es wird dabei aber die - wie die Antragsgegnerin nicht verkennt - wettbewerbswidrige Behinderung der Antragstellerin durch die Unterdrückung ihrer Marke in ihren Auswirkungen noch verschlimmert, weil so nur noch die Angaben "FO-XXXX" und "M-xxxxx" auf dem Erzeugnis der Antragstellerin zu lesen sind (§ 1 UWG).

3.) Der "insbesondere"-Teil des Unterlassungsantrages ist ebenfalls aus §14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG begründet.

Hierbei geht es - wie ausgeführt - um die im Verbot in Fotokopie abgebildeten sechs "FO-XXXX"-Nachfülleinheiten der Antragsgegnerin (wegen der "FO-XXXX"-Sorten im Einzelnen vgl. dazu das Farbfoto in Anlage ASt 11, Seite 27). Die Verwendung der damit konkret angegriffenen Nachfülleinheiten ist ein echter Unterfall des verallgemeinerten Teils des Verfügungsantrages. Auf die obigen Ausführungen unter Ziffer l. 2.) wird entsprechend Bezug genommen.

Der mit dem Verfügungsantrag zu Ziffer 2. der Beschlussverfügung geltend gemachte Gebotsantrag auf Auskunftserteilung ist nicht begründet.

1.) Soweit sich die Auskunftserteilung nach dem Gebotsantrag auf die Pflasterspender gemäß Ziffer 1. a) der Beschlussverfügung bezieht, ist der Anspruch nach Auffassung des Senats nicht aus § 19 MarkenG begründet. Andere Anspruchsgrundlagen kommen im Wege der einstweiligen Verfügung nicht in Betracht.

(a) Gegenstand der Auskunftserteilung ist die Bekanntgabe der gewerblichen Abnehmer und der vertriebenen Mengen von Pflasterspendern nach Ziffer 1. a) der Beschlussverfügung, um die Schlüssel geht es dabei nicht.

(b) § 19 MarkenG als Anspruchsgrundlage setzt eine Markenverletzung voraus, an der fehlt es.

Bei den streitgegenständlichen Pflasterspendern sind die Bezeichnungen der Antragstellerin entfernt und durch solche der Antragsgegnerin ersetzt worden. Entgegen dem Landgericht ist das keine Markenrechtsverletzung, das Beseitigen von Kennzeichen ist allerdings aus dem Gesichtspunkt der Behinderung wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG wettbewerbswidrig (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, § 1 UWG Rz.231 m. w. Nw.).

(c) Ein nach § 1 UWG in Betracht kommender Anspruch auf Auskunftserteilung kann grundsätzlich nicht im Wege der einstweiligen Verfügung verfolgt werden. Das Verfügungsverfahren betrifft nur eine vorläufige Regelung, diesem Grundsatz stünde die Verurteilung zur Auskunftserteilung entgegen.

Deswegen bedurfte es auch einer besonderen gesetzlichen Regelung des §19 MarkenG, wonach unter besonderen Voraussetzungen ein Auskunftsanspruch bezüglich Markenverletzung auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbar ist. Eine entsprechende Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt, bei dem ein Verstoß gegen § 1 UWG wegen unlauterer Behinderung in Rede steht, kommt nicht in Betracht. Dass das in Sonderfällen einer anderen Beurteilung unterliegen kann, steht dem nicht entgegen.

2.) Soweit sich der Antrag auf Auskunftserteilung die Nachfülleinheiten gemäß Ziffer 1. c) der Beschlussverfügung betrifft, ist der Anspruch auch nach Auffassung des Senats nicht aus § 19 MarkenG begründet.

Es handelt sich nicht um eine offensichtliche Rechtsverletzung im Sinne des § 19 Abs. 3 MarkenG. Darunter sind Fälle zu verstehen, in denen die Rechtsverletzung so eindeutig ist, dass eine Fehlentscheidung oder eine andere Beurteilung im Rahmen des richterlichen Ermessens kaum möglich ist (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 19 MarkenG Rz. 34). Der Senat hat an seiner oben dargestellten Rechtsauffassung keine Zweifel, dieser Umstand genügt aber selbstverständlich nicht, eine offensichtliche Rechtsverletzung im Sinne des §19 Abs. 3 MarkenG zu bejahen. Vielmehr sind die anderweitigen Überlegungen der Antragsgegnerin jedenfalls durchaus vertretbar.

Nach alledem waren die Berufungen der Parteien nur teilweise erfolgreich und im übrigen unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92, 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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