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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 3 U 39/07
Rechtsgebiete: GVG, ZPO, UWG, HWG
Vorschriften:
GVG § 184 | |
ZPO § 129 | |
UWG § 3 | |
UWG § 5 | |
UWG § 8 Abs. 1 | |
UWG § 12 Abs. 2 | |
HWG § 3 |
2. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG lebt nicht regelmäßig dann wieder auf, wenn im Hinblick auf das In-Verkehr-Bringen der Ware zu der bereits bestehenden Begehungsgefahr die Wiederholungsgefahr hinzutritt.
3. Im Bereich der Bezeichnung von Arzneimittel ist zwar davon auszugehen, dass es sich häufig so verhält, dass der Zusatz "forte" für ein Arzneimittel eingesetzt wird, um es von einem gleichnamigen, aber schwächer dosierten Präparat gleichen Namens abzugrenzen. Da es sich jedoch nicht ausnahmslos so verhält, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr aus der Bezeichnung "forte" regelmäßig auf das Vorhandensein eines schwächeren Basispräparats desselben Anbieters schließt. Zudem ist nicht ersichtlich, dass ein solcher Irrtum überhaupt wettbewerblich relevant wäre.
4. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Verwendung des Zusatzes "forte" im Arzneimittelsektor davon ausgehen, dass einem so bezeichneten Präparat im Verhältnis zu seinen Wettbewerbspräparaten eine Spitzen- oder Alleinstellung zukomme.
5. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf die Bezeichnung eines Arzneimittels aufgrund der Verwendung des Zusatzes "forte" davon ausgehen, dass dem Präparat eine stärkere Wirksamkeit zukomme. Für ein solches Verkehrsverständnis, dass der Zusatz "forte" nicht nur als Hinweis auf die Dosierung, sondern auch auf die höhere Wirksamkeit verstanden wird, besteht kein Anhalt.
6. Zu den Anforderungen, welche hinsichtlich fremdsprachiger wissenschaftlicher Studien an eine ordnungsgemäße Einführung in den Prozess zu stellen sind:
Fremdsprachige Studien, auf deren Ergebnisse die Parteien sich zur Stützung ihres Sachvortrages beziehen wollen, sind in ihren wesentlichen Eckpunkten zu beschreiben. Das heißt, dass der Gegenstand der Studie, die primären und sekundären Ziele der Untersuchung, das Studiendesign und die Untersuchungsmethodik sowie die Studienergebnisse kurz schriftsätzlich darzustellen sind. Soweit sich die Parteien auf bestimmte Textstellen der Veröffentlichung stützen wollen, sollten diese schriftsätzlich im fremdsprachigen Originaltext sowie mit einer "Arbeitsübersetzung" in die deutsche Sprache wiedergegeben werden.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
Verkündet am: 12. Juli 2007
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Dr. Löffler, Terschlüssen nach der am 21. Juni 2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Januar 2007, Az. 312 O 1013/06 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung fallen der Antragstellerin zur Last.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin wegen irreführender Werbung für das Präparat "ALLERSLIT forte" auf Unterlassung in Anspruch.
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Allergen-Präparate zur allergiespezifischen Hyposensibilisierung.
Mit Anerkenntnis-Teil- und Schlussurteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Januar 2007, Az. 312 O 1013/06, wurde der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel antragsgemäß verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
1. für das Präparat ALLERSLIT forte mit der aus der Anlage A zu diesem Urteil ersichtlichen vergleichenden Übersicht verschiedener SLIT-Präparate ("Hauptallergengehalt (Gräser)") zu werben und/oder werben zu lassen,
2. für die Präparate ALLERGOVIT und/oder ACAROID mit der aus der Anlage B zu diesem Urteil ersichtlichen vergleichenden Übersicht der publizierten Hauptallergengehalte in der Erhaltungsdosis ("Am Besten schnell zur höchsten Dosis") zu werben und/oder werben zu lassen,
3. in Bezug auf das Präparat ALLERSLIT forte zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, es handele sich hierbei um "das zur Zeit höchstdosierte SLIT-Präparat auf dem Markt".
Der darüber hinaus gestellte Unterlassungsantrag zu I. 4., mit welchem die Antragstellerin beantragt hatte, der Antragsgegnerin bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Allergiepräparat unter der Bezeichnung ALLERSLIT forte zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen,
wurde zurückgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens wurden der Antragstellerin zu 80 %, der Antragsgegnerin 20 % auferlegt. Dabei wurde u.a. berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin die Unterlassungsanträge zu I. 1. und I. 2. - unter Protest gegen die Kostenlast - anerkannt hatte.
Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin im Hinblick auf die Zurückweisung des Verfügungsantrages zu I. 4. frist- und formgerecht Berufung eingelegt und diese auch frist- und formgerecht begründet.
Die Antragstellerin meint, dass die Verwendung des Zusatzes "forte" irreführend sei, weil er von den angesprochenen Verkehrskreisen dahin verstanden werde, dass es auch eine schwächer dosierte Basisvariante des Präparats ALLERSLIT gebe, was nicht der Fall sei.
Diejenigen Ärzte, die wüssten, dass es keine schwächere Basisversion des Präparats gebe, würden ebenfalls irregeführt. Sie würden den Zusatz "forte" dahin verstehen, dass das Präparat ALLERSLIT - im Verhältnis zu anderen Allergenpräparaten - über einen besonders hohen Allergengehalt verfüge. Diese Angabe sei jedoch irreführend, weil es keine verlässlichen, wissenschaftlich abgesicherten Vergleichsverfahren zur Quantifizierung des Gehalts an Gräser-Allergenen der Gruppe 5 gebe, mit denen die Hauptallergen-Gehalte verschiedener Präparate verglichen werden könnten (Anlagen Ast 4, ASt 5, ASt 6 und ASt 10). Es sei auch nicht wissenschaftlich gesichert, dass ein höherer Allergen-Gehalt zu einer größeren Immunisierung (Wirkung) führe.
Im Hinblick auf die Dringlichkeitsvermutung trägt die Antragstellerin vor, dass die Mitarbeiter der Antragstellerin das auf Seite 12 des Schriftsatzes vom 10. Januar 2007 abgebildete Schild mit der Aufschrift "ALLERSLIT(r) forte für den Allergologen" im Verlauf des vom 15. bis zum 16. September 2006 durchgeführten 29. Kongresses des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen ("ÄDA") nicht zur Kenntnis genommen hätten. Außerdem sei das Produkt noch nicht auf dem Markt gewesen. In der auf dem Kongress verteilten Broschüre sei auf eine Produkteinführung Ende 2006 hingewiesen worden (Anlage AG 12). Bei dieser Sachlage sei aus der Sicht der Antragstellerin eine Verfolgung im Wege des Verfügungsverfahrens noch nicht möglich gewesen.
Die Antragstellerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Januar 2007 (Az. 312 O 1013/06) abzuändern und der Antragsgegnerin über das im Urteil des Landgerichts ausgesprochene Verbot hinaus im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Allergiepräparat unter der Bezeichnung ALLERSLIT forte zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verteidigt das landgerichtliche Urteil im Hinblick auf die Zurückweisung des Verfügungsantrages zu I. 4. unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.
Die Antragsgegnerin meint, dass die Bezeichnung ihres Produkts als "ALLERSLIT forte" nicht irreführend sei. Es treffe nicht zu, dass der Verkehr aus dem Zusatz "forte" folgere, dass es ein entsprechendes schwächer dosiertes Basisprodukt "ALLERSLIT" bzw. "ALLERSLIT mite" gebe. Außerdem sei "ALLERSLIT forte" gegenüber dem Vorgängerprodukt "Novo-Helisen oral" deutlich höher dosiert, so dass der Zusatz "forte" vor diesem Hintergrund zutreffend sei.
Die Bezeichnung "forte" bedeute im Bereich der Arzneimittel lediglich, dass es sich um ein kraftvolles, hochdosiertes bzw. "starkes" Produkt handele. Dies sei bei ihrem Medikament der Fall, denn es sei zur Zeit das höchstdosierte Präparat am Markt. Das von der Antragsgegnerin verwendete Messverfahren zur Quantifizierung des Allergengehalts (sog. "Immunoassay") sei wissenschaftlich anerkannt (Anlagen AG 2 bis AG 9). Zudem vergleiche auch die Lieferantin der Antragstellerin den Hauptallergengehalt ihres Produkts "DEPIGOID" bzgl. Birke (Bet v1) mit dem entsprechenden Gehalt der Konkurrenzprodukte (Anlage AG 10). Eine Spitzenstellung werde mit der Produktbezeichnung "ALLERSLIT forte" nicht suggeriert.
Im Übrigen fehle es im Hinblick auf den Unterlassungsantrag zu I. 4. an der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Dringlichkeit, weil sie ihr neues Produkt "ALLERSLIT forte" schon im September 2006 in besonders auffälliger Weise auf dem 29. Kongress des Ärzteverbands Deutscher Allergologen beworben habe. Zudem seien dort entsprechende Werbeflyer an jedermann abgegeben worden. An diesem Kongress habe auch die Antragstellerin als Ausstellerin teilgenommen (Anlagen AG 12 und AG 13 sowie Foto Bl. 39 d.A.).
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Tatsachenvortrages der Parteien und der weiteren tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 21. Juni 2007 Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist widerlegt.
Nach dem Sachvortrag des Antragstellervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2007 lag der Antragstellerin die auf dem 29. Kongress des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (ÄDA) verteilte Produktbroschüre der Antragsgegnerin (Anlage AG 12) schon Mitte September 2006 vor. Daraus ergab sich unmittelbar die Produktbezeichnung, d.h. "ALLERSLIT forte". Die Markteinführung war ausdrücklich für Ende 2006 angekündigt, stand also Mitte September 2006 schon kurz bevor. Zudem hat die Antragstellerin ihre Behauptung, wonach ihre Mitarbeiter das große Banner auf dem Messestand der Antragsgegnerin (vgl. Seite 12 des Antragsgegnervertreterschriftsatzes vom 10. Januar 2007/Bl. 39 d.A.) nicht zur Kenntnis genommen hätten, nicht glaubhaft gemacht. Nach dem zur Akte gereichten Foto des Messestandes der Antragsgegnerin war die Produktbezeichnung auf dem Banner am Messestand jedoch unübersehbar. Bei dieser Sachlage muss die Antragstellerin glaubhaft machen, dass ihre Mitarbeiter dieses Schild gleichwohl übersehen haben. Dies ist nicht geschehen.
Die Antragstellerin hat den vorliegenden Verfügungsantrag erst rund drei Monate später, nämlich am 22. Dezember 2006 eingereicht. Nachvollziehbare Gründe für dieses Zuwarten sind nicht vorgebracht worden.
Es kann auch nicht von einem Wiederaufleben der Dringlichkeitsvermutung durch die tatsächliche Markteinführung des Präparats ALLERSLIT forte ausgegangen werden. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG lebt nicht regelmäßig dann wieder auf, wenn im Hinblick auf das In-Verkehr-Bringen der Ware zu der bereits bestehenden Begehungsgefahr die Wiederholungsgefahr hinzutritt. Zudem lag hinsichtlich der Antragsvarianten des Anbietens und des Bewerbens des Präparats ALLERLIT forte bereits Mitte September 2006 Wiederholungsgefahr vor. Vorliegend kann auch keine Intensivierung des wettbewerblichen Verhaltens der Antragsgegnerin, sondern lediglich die Umsetzung der bereits Mitte September 2006 angekündigten Markteinführung, festgestellt werden.
Mithin fehlt es bereits an dem erforderlichen Verfügungsgrund.
2.
Zudem liegt auch kein Verfügungsanspruch vor. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nicht aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1 UWG begründet. Der Zusatz "forte" ist nicht irreführend im Sinne von § 3 HWG oder § 5 UWG.
Allerdings ist der Zusatz "forte" innerhalb der Produktbezeichnung "ALLERSLIT forte" nicht lediglich als ein beschreibender Werbezusatz zur Produktbezeichnung anzusehen.
a)
Es kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise, d.h. Allergologen, aufgrund der Bezeichnungsgewohnheiten im Arzneimittelsektor davon ausgehen, dass es zu dem Präparat "ALLERSLIT forte" ein Basisprodukt "ALLERSLIT" bzw. "ALLERSLIT mite" geben müsse. Insoweit fehlt es schon an hinreichendem Sachvortrag zu den Bezeichnungsgewohnheiten im Arzneimittelsektor. Die Antragstellerin hat zwar vorgetragen, dass es in Deutschland zur Zeit 32.303 verschreibungspflichtige Arzneimittel gebe, von denen 83 den Zusatz "forte" trügen. Von diesen Arzneimitteln verfügten nahezu alle, nämlich 82, über ein gleichnamiges schwächeres Basispräparat ohne den Zusatz "forte". Die Antragsgegnerin hat jedoch demgegenüber substantiiert vorgetragen und auch glaubhaft gemacht, dass es über 20 weitere Arzneimittel mit dem Zusatz "forte" gibt, welche nicht über ein entsprechendes Basispräparat verfügen (Anlagen AG 15, AG 16 und AG 17).
Somit ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich zwar häufig so verhält, dass der Zusatz "forte" für ein Arzneimittel eingesetzt wird, um es von einem gleichnamigen schwächer dosierten Präparat abzugrenzen. Es ist aber nicht glaubhaft gemacht worden, dass es sich ausnahmslos so verhält und der Verkehr daher aus der Bezeichnung "forte" regelmäßig auf das Vorhandensein eines schwächeren Basispräparats desselben Anbieters schließt. Zudem ist nicht ersichtlich, dass dieser von der Antragstellerin behauptete Irrtum überhaupt wettbewerblich relevant wäre.
Auf die Frage, ob - wie die Antragsgegnerin meint - "Novo Helisen oral" (NHO) als Basispräparat zu ALLERSLIT forte anzusehen, kommt es danach nicht mehr an. Allerdings kann das Präparat "Novo Helisen oral" (NHO) wohl nicht als Basispräparat zu ALLERSLIT forte angesehen werden, denn während NHO für die orale Therapie zugelassen ist, ist ALLERSLIT forte für die sublinguale Therapie zugelassen. Wie die Antragsgegnerin selbst vorträgt, ist das Präparat NHO für die sublinguale Therapie nicht geeignet (Anlage AG 1). Außerdem tragen beide Präparate deutlich unterschiedliche Produktbezeichnungen, so dass die Annahme des angesprochenen Verkehrs fern liegt, dass es sich bei dem einen Produkt um das Basispräparat des anderen handeln solle. Auf die weiter zwischen den Parteien streitige Frage, ob es das Präparat NHO noch für Gräser und Gräsermischungen gibt (vgl. Anlagen ASt 9 und AG 14), kommt es ebenfalls nicht mehr an.
b)
Es kann auch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Verwendung des Zusatzes "forte" davon ausgehen, dass dem Präparat eine stärkere Wirksamkeit zukomme. Für ein solches Verkehrsverständnis, dass der Zusatz "forte" nicht nur als Hinweis auf die Dosierung, sondern auch auf die höhere Wirksamkeit verstanden wird, sieht auch der Senat keinen Anhalt.
Die angesprochenen Ärzte wissen auch von anderen Arzneimitteln, dass eine höhere Dosierung eines Wirkstoffs nicht regelmäßig mit einer höheren Wirksamkeit einhergeht. Sie haben daher keinen Anlass, in dem auf die hohe Dosierung bezogenen Hinweis "forte" auch eine Wirkzusage zu sehen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Verkehr aus dem Zusatz "forte" lediglich darauf schließt, dass ihm ein hoch dosiertes Präparat angeboten wird.
c)
Es kann zudem nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Verwendung des Zusatzes "forte" davon ausgehen, dass dem Präparat im Verhältnis zu seinen Wettbewerbspräparaten eine Spitzen- oder Alleinstellung zukomme. Auch für ein solches Verkehrsverständnis sieht der Senat keinen Anhalt.
d)
Der Zusatz "forte" ist auch nicht insoweit irreführend, als er bei den angesprochenen Verkehrskreisen zu der Annahme führt, dass ihnen ein hoch dosiertes Präparat angeboten wird. Die Antragstellerin stützt ihren Unterlassungsanspruch insoweit maßgeblich darauf, dass es keinerlei wissenschaftlich anerkannten Messverfahren zur Bestimmung der Dosierung gebe.
Der Anspruch wird hingegen nicht darauf gestützt, dass das Medikament der Antragstellerin tatsächlich nicht hoch dosiert sei. Insoweit fehlt es auch an ausreichendem Sachvortrag der Antragstellerin, welcher mit entsprechenden Messungen oder Veröffentlichungen zu unterlegen gewesen wäre.
Da die Medikamente der Parteien in der praktischen Anwendung stehen und nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Anwendung am Menschen - schon im Hinblick auf das Risiko anaphylaktischer Schockzustände - ohne jegliche relevante Prüfung der Dosierungen erfolgt, ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es zumindest hinreichend verlässliche Messmethoden zur Dosierung der einzelnen Präparate gibt. Insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Angabe der Antragsgegnerin zur Hochdosierung ihres Präparats jeglicher Grundlage entbehrt.
Allerdings sprechen das Design und die Durchführung der CREATE-Studie für die Annahme der Antragstellerin, dass es noch kein allgemein anerkanntes Standard-Messverfahren für die Bestimmung der Hauptallergengehalte gibt (Anlage ASt 4). Es ist auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Allergengehalt von Charge zu Charge erheblichen Schwankungen unterliegen kann.
Dies ist den angesprochenen Fachkreisen jedoch bekannt, so dass es insoweit nicht zu einer Irreführung kommen kann. Es ist vielmehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die angesprochenen Allergologen diesen Umstand bei dem Verständnis der Zusatzbezeichnung "forte" berücksichtigen. Danach wird der Zusatz "forte" im wesentlichen als Ausdruck für das Ergebnis der eigenen Mess- und Prüfverfahren der Antragsgegnerin im Hinblick auf das Präparat ALLERSLIT forte verstanden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den verschiedenen zu diesem Themenkomplex von den Parteien zur Akte gereichten englischsprachigen wissenschaftlichen Studien (Anlagen ASt 6, ASt 7, ASt 8, ASt 10, AG 2, AG 3, AG 4, AG 5, AG 7, AG 8 und AG 9). Diese sind schon nicht ordnungsgemäß in den Rechtsstreit eingeführt worden.
Gemäß § 129 ZPO wird in Anwaltsprozessen die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet, wobei diese den Anforderungen des § 130 ZPO entsprechen sollen. Dabei kann der Sachvortrag in tatsächlicher Hinsicht nicht durch die pauschale Bezugnahme auf Anlagen ersetzt werden (BGH NJW 1957, 263; BGH, NJW 1953, 259; BGH NJW 1959, 885; BGH NJW 1967, 728; KG NJW-RR 2006, 301, 302; OLG Rostock NJOZ 2005, 3389, 3390). Dem Gericht kann nicht zugemutet werden, sich "das Passende" aus umfangreichen Anlagen selbst herauszusuchen (Zöller-Greger, ZPO, 25. Auflage, 2005, § 130 Rn. 2; KG NJW-RR 2006, 301, 302vgl. BVerfG, NJW 1994, 2683).
Zudem ist die Gerichtssprache gemäß § 184 GVG deutsch. Diese zwingende Regelung gilt zwar unmittelbar nur im Hinblick auf Erklärungen des Gerichts und Erklärungen gegenüber dem Gericht, nicht jedoch für Beweismittel. In Rechtsprechung und Schrifttum ist demgemäß anerkannt, dass fremdsprachige Urkunden nicht allein deshalb unbeachtlich sind, weil sie nur im Original, nicht jedoch in einer Übersetzung vorgelegt werden.
Im vorliegenden Fall kommt jedoch hinzu, dass es sich bei den o. g. Anlagen nicht nur um fremdsprachige Texte, sondern auch um solche aus dem Bereich der medizinischen Wissenschaft, welche über eine eigene Nomenklatur verfügt, handelt. Ihre Einführung in den Rechtsstreit muss daher die damit verbundenen besonderen Schwierigkeiten berücksichtigen. Die bloße Bezugnahme auf die von den Parteien überreichten fremdsprachigen Studienveröffentlichungen erfüllt nicht die Anforderungen an einen ordnungsgemäß in den Prozess eingeführten Vortrag.
Vielmehr sind die Studien, auf deren Ergebnisse die Parteien sich zur Stützung ihres Sachvortrages beziehen wollen, in ihren wesentlichen Eckpunkten zu beschreiben. Das heißt, dass der Gegenstand der Studie, die primären und sekundären Ziele der Untersuchung, das Studiendesign und die Untersuchungsmethodik sowie die Studienergebnisse kurz schriftsätzlich darzustellen sind. Nur mittels schriftsätzlicher Aufarbeitung dieser Eckpunkte kann die Aussagekraft der jeweiligen Studie hinreichend substantiiert dargelegt und vom Gericht beurteilt werden. Soweit sich die Parteien auf bestimmte Textstellen der Veröffentlichung stützen wollen, sollten diese schriftsätzlich im fremdsprachigen Originaltext sowie mit einer "Arbeitsübersetzung" in die deutsche Sprache wiedergegeben werden. Nur ein insoweit konkretisierter Sachvortrag gibt dem Gegner die Möglichkeit, sich erschöpfend verteidigen zu können.
Diesen Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Parteivortrag sind die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit nicht gerecht geworden, worauf der Senat in der Berufungsverhandlung vom 21. Juni 2007 auch ausdrücklich hingewiesen hat. Die aus der Sicht der Parteien relevanten Stellen in den vorgelegten Veröffentlichungen sind weder hinreichend benannt, noch übersetzt worden. Auch die Studien selbst sind nicht hinreichend konkret dargestellt worden. Den Bezugnahmen fehlt somit im vorliegenden Rechtsstreit die gestraffte, auf den Rechtsstreit bezogene Tatsachendarstellung. Es bleibt unklar, was sich aus den in Bezug genommenen Schriftstücken für den Streitgegenstand im Einzelnen ergeben soll.
Die vorgelegten Studienveröffentlichungen führen damit nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Mithin ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unbegründet.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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