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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 05.06.2003
Aktenzeichen: 3 U 48/00
Rechtsgebiete: TRIPS-Abkommen, UrhG


Vorschriften:

TRIPS-Abkommen Art. 3
TRIPS-Abkommen Art. 14
UrhG § 75
UrhG § 96
UrhG § 125 Abs. 2
UrhG § 125 Abs. 5
UrhG § 125 Abs. 6
Zum urheberrechtlichen Schutz für US-amerikanische ausübende Künstler gegen die Verbreitung unautorisierter Konzertmitschnitte vor nach Inkrafttreten des TRIPS-Abkommens.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

3 U 48/00

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 5. Juni 2003

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 8. Mai 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 28. Januar 2000 (308 O 144/99) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von € 4.600,- abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz aus eigenem und abgetretenem Recht wegen angeblicher anwaltlicher Falschberatung.

Im Jahre 1995 gründete der Kläger unter der Firma Tr.-xxxxxxxxx ein Unternehmen, welches die Lieferung von Musik-CD zum Gegenstand hatte. Im gleichen Jahr kam es zu einem Kontakt mit der Firma Fe.-VersandAG, welche Interesse an der Lieferung einer CD-Sonderauflage für die Fe.- Aktion "Mit Fe. live dabei" bekundete. Mit Schreiben vom 24.10.1995 gab der Kläger das aus der Anlage K 21 ersichtliche Angebot für die Lieferung einer CD ab, welches am 25.10.1995 durch eine Titelvorschlagsliste (Anlage K 22) ergänzt wurde. Die Titelliste enthielt ausschließlich Live-Aufnahmen US-amerikanischer Künstler, und zwar u.a. von Michael Jackson, Mariah Carey und Billy Joel. Parallel erkundigte sich der Kläger bei der in Österreich ansässigen Firma ABC Records (nachfolgend: ABC), welche CD`s herstellt, ob diese CD`s mit den angebotenen Titeln einschließlich der Lizenzen liefern könne. Der Kläger nahm dabei Kontakt mit Herrn Willi W. auf, welcher mit seiner unter derselben Adresse wie ABC Records ansässigen Firma Ro.-xxx Music Ltd. als einer der größten Rechtevertreiber für Musiktitel eng mit der Firma ABC Records dergestalt zusammenarbeitete. Bei den für die streitgegenständliche CD vorgesehenen Musiktiteln handelte es sich durchweg, was der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, um nicht autorisierte Live-Aufnahmen. W. wies den Kläger darauf hin, dass eine Lieferung der gewünschten CD grundsätzlich erfolgen könne, zunächst aber geklärt werden müsse, ob es rechtlich zulässig sei, die von der Firma Fe.-VersandAG angefragten Liveaufnahmen der US-amerikanischen Künstler ohne Lizenz auf CD zu pressen und zu vertreiben.

Ob der Beklagte, welcher mit der Firma ABC einen anwaltlichen Beratervertrag unterhielt, in der Folgezeit gegenüber W. mündlich erklärte, der Lieferung der CD`s an die Fe.-VersandAG stünden rechtliche Bedenken nicht entgegen, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Telefax vom 22.11.1995 (Anlage K 23) an W., Firma Ro.-xxx Music Ltd., teilte der Kläger mit, dass der "CD-Auftrag Fe.." da sei und 80.000 CD`s produziert würden. Gegenstand des Telefaxes war weiter eine Titelaufstellung, die mit derjenigen identisch war, wie sie später auch auf CD produziert wurde. In dem Telefax bat der Kläger schließlich um die Anfertigung einer "CD-R" "zur Freigabe durch den Kunden".

Mit Telefax vom 23.11.1995 (Anlage K 24) schrieb der Kläger den W.:

"wie bereits besprochen, möchte ich Dich nochmals bitten, eine Eidesstattlichen Versicherung vorzubereiten, mit der mir von ABC versichert wird, dass die CD`s (100.000 Stück) mit dem Live-Material noch in 1995 gefertigt wurden"

Am 24.11.1995 erteilte die Fe.-VersandAG dem Kläger den aus den Anlagen K 1, K 25 ersichtlichen Auftrag über die Lieferung von 100.000 Stück einer CD "Olympia" mit 16 Liveaufnahmen gemäß Angebot vom 24.10.1995. Am selben Tag fragte der Kläger bei W. unter Hinweis auf den Auftrag die entsprechenden Titel an und erinnerte noch einmal an die erbetene "Eidesstattliche Versicherung" (Anlage K 26). Mit Rückfax vom 27.11.1995 erteilte W. die "Freigabe" (Anlage K 26).

Unter dem 05.12.1995 schrieb der Beklagte sodann an die Firma ABC, z.Hd. Dr. Jo.- xxx.:

"Freistellungserklärung

...

ich komme zurück auf unser in Bezug auf Liveaufnahmen nach dem GATT/Trips Abkommen geführtes Gespräch.

Ab 1. Januar 1996 findet in der Bundesrepublik Deutschland das GATT/Trips Abkommen Anwendung, nach denen sämtliche Künstler aus Mitgliedsstaaten wie Inländer Schutz vor nicht von ihnen erlaubte Festlegung und Vervielfältigung ihrer Darbietung eingeräumt wird.

Das heißt, daß Tonaufnahmen mit Darbietungen von Künstlern aus GATTMitgliedsstaaten nicht mehr ohne deren Zustimmung angefertigt werden dürfen.

Durch die neue gesetzliche Lage wird dem Künstler allerdings ein Verbreitungsrecht nicht eingeräumt. Daraus folgt, daß legal, also vor Inkrafttreten des Abkommens, gefertigte Vervielfältigungsstücke in der Bundesrepublik durchaus noch verbreitet werden dürfen."

Ebenfalls mit Schreiben vom 05.12.1995 bestellte der Kläger bei der ABC, z.Hd. W.s, 101.000 CD`s zur Lieferung an die Fe.-VersandAG (Anlage K 27).

Die CD`s wurden am 22.12.1995 in der aus der Anlage B 2 ersichtlichen Aufmachung von der Firma WU.-X, im Auftrag des Klägers an die Fe.-VersandAG in einer Menge von 100.300 Stück ausgeliefert (Anlagen K 29, K 39, K 40) und in der Folgezeit von Fe... beworben und teilweise verkauft.

Am 22.03.1996 mahnte die Firma MS Music Entertainment (Germany) GmbH (nachfolgend: Msms) für den auf der Künstler Billy Joel telefonisch die Fe.-VersandAG wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Urheberrechtsgesetz durch den Vertrieb der CD ab. Am 26.03.1996 wurde der Kläger von der Msms abgemahnt (Anlage K 4). Bereits einen Tag zuvor erhob der Beklagte mit Schriftsatz vom 25.03.1996 namens des Klägers und der Firma Fe.-VersandAG vor dem Landgericht Itzehoe negative Feststellungsklage, mit der festgestellt werden sollte, dass die Firma Msms, Billy Joel u.a. nicht berechtigt seien, den Vertrieb der CD zu untersagen. Eine von Msms beim Landgericht Bielefeld gegen den Kläger gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde mit Urteil vom 23.04.1996 (Anlage K 9) daraufhin wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit zurückgewiesen. Nachdem der Kläger im Rahmen des dortigen Rechtsstreites unter dem 14.05.1996 eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, legte des OLG Hamm mit Beschluss vom 19.11.1996 Billy Joel gemäß § 91 a ZPO die Kosten des Rechtsstreites auf (Anlage K 10).

Die Fe.-VersandAG gab am 07.05.1996 gegenüber Billy Joel, vertreten durch Msms, die aus der Anlage K 43 ersichtliche Unterlassungserklärung ab. Zu diesem Zeitpunkt waren 68.919 CD verkauft worden. Die noch nicht abverkauften CD`s wurden von Fe... auf Weisung von Msms vernichtet (Anlage K 5).

Nachdem die Parteien aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung des Klägers vom 14.05.1996 auch die negative Feststellungsklage vor dem Landgericht Itzehoe in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, legte das Gericht mit Beschluss vom 27.06.1996 die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auf. Auf den Beschluss (Anlage K 11) wird Bezug genommen. Die Beschwerde des Klägers wies das OLG Schleswig mit Beschluss vom 23.09.1996 zurück und stellte zur Begründung fest, den Künstlern habe ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 96 Abs. 1, 97 Abs. 1, 75 Abs. 2, 125 Abs. 5 UrhG zugestanden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss gemäß Anlage K 12 verwiesen.

Die Fe.-Versand AG nahm den Kläger auf Schadensersatz in Anspruch, den sie mit Schreiben vom 12.09.1996 mit DM 132.148,63,- bezifferte (Anlage K 7). Unter dem 07.05.1997 verlangte die Firma Msms von dem Kläger Schadensersatz in Höhe von DM 99.140,62,- (Anlage K 6). Im Mai 1997 schloss der Kläger mit der Firma Fe... einen Vergleich, in dem er sich verpflichtete, zur Abgeltung der Schadensersatzansprüche der Fe.-Versand AG an diese einen Betrag von DM 70.000,- zu zahlen sowie für die Fe.-Versand AG eine neue CD mit einer Auflage von 100.000,- zum Stückpreis von DM 2 zu produzieren. Über die Vergleichsverhandlungen waren der Kläger und seine Haftpflichtversicherung informiert. In der Folgezeit kam es zu umfangreicher Korrespondenz zwischen den Parteien (Anlagenkonvolut K 8). Nachdem eine Einigung der Parteien nicht gelang wurde mit Schriftsatz vom 26.03.1999 die vorliegende Klage erhoben.

Am 07.12.1999 erging in einem Rechtsstreit, in dem der Kläger und die Firma ABC als Gesamtschuldner von Msms auf Schadensersatz in Höhe von DM 99.140,62,- in Anspruch genommen worden waren, ein Grund-Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (Anlage K 48). Das Gericht stellte fest, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Am 21.08.2001 wies das OLG Frankfurt am Main auf die Berufung des Klägers und der ABC die Klage mit der Begründung ab, dass Msms nicht dargelegt habe, zur Geltendmachung der Leistungsschutzrechte der Künstler Jackson, Joel und Carey berechtigt zu sein. Auf das Urteil gemäß Anlage BB 1, welches nach Rücknahme der dagegen eingelegten Revision mittlerweile rechtskräftig ist, wird Bezug genommen.

Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter aus eigenem und außerdem aufgrund des aus der Anlage K 14 ersichtlichen Abtretungsvertrages vom August 1997 aus abgetretenem Recht der ABC vom Beklagten den Ersatz von ihm bereits erbrachter Schadensersatzzahlungen einschließlich der für die verschiedenen Rechtsstreitigkeiten entstandenen Kosten und im Übrigen Freistellung von zukünftigen Ersatzansprüchen Dritter im Zusammenhang mit der Lieferung der CD an Fe.... Hinsichtlich der im Einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen wird auf die Seiten 14 ff. der Klageschrift vom 26.03.1999 Bezug genommen. Er hat geltend gemacht:

Der Beklagte habe die ABC falsch beraten, als er dieser auf die Frage, ob die nicht autorisierten Live-Mitschnitte der US-amerikanischen Künstler vervielfältigt und verbreitet werden dürften, erst mündlich und dann am 05.12.1995 (Anlage K 3) schriftlich mitgeteilt habe, dass der Herstellung der CD`s für die Fe.-VersandAG Rechte Dritter nicht entgegenstehen würden. Der geltend gemachte Schaden sei durch diese Falschberatung verursacht worden. Hätte der Beklagte die ABC richtig beraten, dann hätte diese den Auftrag des Klägers nicht angenommen und ausgeführt und der Kläger hätte nicht mit Fe... den Vertrag geschlossen. Der Schaden der Firma ABC bestehe darin, dass diese die CD`s an den Kläger geliefert habe, ohne dass ihr die erforderlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Musiktiteln zugestanden hätten, wodurch sich diese gegenüber dem Kläger schadensersatzpflichtig gemacht habe.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

a) an den Kläger 124.712,50 DM nebst 4 % Zinsen sei Rechtshängigkeit zu zahlen,

b) den Kläger von seiner Schadensersatzpflicht gegenüber der Firma Msms Entertainment (Germany) GmbH, Herrn Billy Joel, Michael Jackson, Mariah Carey, bisher beziffert mit 99.140,62 DM, einschließlich der Kosten des insoweit beim LG Frankfurt anhängigen Rechtsstreits - 2-03 348/98 - freizustellen, die daraus entstanden ist, dass der Kläger aufgrund Auftragsbestätigung Nr. A-0007-95 vom 24.11.1995 CDŽs an die Firma Fe.-Versand AG geliefert hat, die die Urheberrechte der Firma Msms Entertainment (Germany) GmbH und der bei dieser unter Vertrag stehenden Interpreten (Billy Joel, Michael Jackson, Mariah Carey) verletzen,

c) den Klägern von den Gebührenforderungen der Rechtsanwälte G. in Höhe von 14.419,10 DM aus der Bearbeitung der Angelegenheit Tr.-xxxxxxxxx (D.) gegen Fe.-Versand AG, Tr.-xxxxxxxxx (D.) gegen Msms, Billy Joel, Michael Jackson, Mariah Carey und Trendmarketing (D.) gegen ABC freizustellen,

d) den Kläger von allen zukünftigen Ersatzansprüchen Dritter freizustellen, die daraus entstehen, dass der Kläger 100.300 CDŽs an die Firma Fe.-Versand AG geliefert hat, die die urheberrechtlichen Nutzungsrechte der Firma Msms Entertainment (Germany) GmbH und der bei dieser unter Vertrag stehenden Interpreten (Billy Joel, Michael Jackson, Mariah Carey) verletzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe bestritten. Er hat geltend gemacht:

Eine mündliche Rechtsauskunft habe er nie erteilt. Die in dem Schreiben vom 05.12.1996 gemachten Rechtsausführungen seien zutreffend gewesen. Er sei in diesem Zusammenhang auch niemals darüber informiert worden, welche Titel Verwendung finden sollten. Es fehle auch an der Kausalität der behaupteten Falschauskunft für den Schaden, da zum Zeitpunkt der Auskunft das Geschäft mit der Fe.-VersandAG bereits abgeschlossen gewesen sei. Weiter habe die ABC ohnehin mit dem Geschäft nichts zu tun gehabt. Die bereits im September 1995 von der Firma WU.-X, gefertigten CD`s seien vielmehr von dieser an die Firma Fe... geliefert worden.

Durch Urteil vom 28.01.2000 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die vom Kläger erteilte Rechtsauskunft habe die Rechtslage zutreffend wiedergegeben. Auch hafte der Beklagte nicht wegen einer möglichen Verletzung seiner Aufklärungs- und Hinweispflichten gegenüber der Firma ABC. Ob eine Aufklärung über eventuelle rechtliche Risiken hätte erfolgen müssen, könne dahinstehen, da weder dargetan noch sonst ersichtlich sei, dass der Kläger bei einer der Firma ABC gegenüber erfolgten umfassenden Aufklärung über rechtliche Zweifelsfragen diese zum Anlass genommen hätte, das Geschäft mit der Fe.- Versand AG und der Firma ABC nicht abzuschließen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt er aus:

Das Landgericht habe sich nicht mit der Frage befasst, dass der Beklagte auf der Grundlage der Rechtsansicht des angefochtenen Urteils dem Kläger hätte empfehlen müssen, die Unterlassungserklärung nicht abzugeben. Lege man dies zugrunde, habe der Beklagte gleich zweimal falsch beraten, nämlich zum einen dahingehend, das TRIPS-Abkommen gebe ein Verbietungsrecht nur bei Vervielfältigungen nach dem 01.01.1996, zum anderen bei der Empfehlung der Abgaben und dann der durchgeführten Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung. Hätte der Beklagte dem Kläger nicht empfohlen, die strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, hätte der Kläger der Firma Fe.-VersandAG keinen Schadensersatz geleistet. Der Rechtsstreit vor dem Landgericht Itzehoe wäre nicht für erledigt erklärt worden und auch daraus hätten sich für den Kläger keine Folgekosten ergeben.

Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Hinblick darauf, dass die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main inzwischen rechtskräftig geworden ist, die Klageanträge zu 1 b) und 1 d) für erledigt erklärt hat, beantragt sie, das Urteil des Landgerichts Hamburg 308 O 144/99 vom 28.01.00, zugestellt am 07.02.00, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,

a) an den Kläger 124.712,50 DM nebst 4 % Zinsen sei Rechtshängigkeit zu zahlen,

b) ...,

c) den Klägern von den Gebührenforderungen der Rechtsanwälte G. in Höhe von 14.419,10 DM aus der Bearbeitung der Angelegenheit Tr.-xxxxxxxxx (D.) gegen Msms, Billy Joel, Michael Jackson, Mariah Carey und Trendmarketing (D.) gegen ABC freizustellen,

d) ....

Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung des Klägers nicht angeschlossen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz. Ergänzend trägt er vor:

Die Unterlassungserklärungen des Klägers seien mit diesem und dem jetzigen Prozessvertreter des Klägers abgestimmt gewesen. Außerdem habe die weitere Verbreitung für den Kläger ohnehin kein Interesse mehr gehabt, weil die streitgegenständlichen Tonträger bereits verbreitet gewesen seien. Der Kläger habe auch nicht deswegen der Firma Fe... Schadensersatz geleistet, weil er anderweitig eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung ist zulässig. Zu Unrecht rügt die Beklagte, die Berufung sei nicht fristgemäß begründet worden, weil die Seite 5 der Berufungsbegründung nicht fristgemäß eingereicht worden sei. Entspricht die Begründungsschrift den gesetzlichen Inhaltsanforderungen, dann dürfen die Gründe auch nach Fristablauf ergänzt werden (Thomas/Putzo ZPO, 24. Aufl. 2002, § 520 Rn. 33). Der Schriftsatz vom 3. April 2000, mit dem die Berufung begründet wurde, entspricht auch ohne die Seite 5 den Anforderungen des § 519 Abs. 3 ZPO a.F. und war daher fristwahrend.

Auf der fraglichen Seite wurde vorsorglich bereits in der ersten Instanz vorgetragener Sachverhalt wiederholt. Die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderung des Urteils beantragt wird sowie die Berufungsgründe i.S. des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. finden sich an anderer Stelle der ansonsten fristgemäß eingelegten Berufungsbegründungsschrift.

B. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.

Als Grundlage aller Klageanträge kommt allein eine Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des schuldhaften Verstoßes gegen Pflichten aus einem mit der ABC Records Produktions- und Vertriebsgesellschaft mbH (ABC GmbH) geschlossenen Anwaltsvertrag (dazu unter I.) bzw. aus einem unmittelbar zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrag (dazu unter II.). Eine solche Haftung ist nicht gegeben.

I. Dem Kläger steht weder ein unter dem Gesichtpunkt des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Betracht kommender eigener noch ein Anspruch aus abgetretenem Recht wegen einer Pflichtverletzung des Klägers im Rahmen des Mandatsverhältnisses mit der ABC GmbH zu.

Eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung liegt weder in der am 5.12.1995 gemäß Anlage K 3 schriftlich bzw. eventuell vorher bereits mündlich erteilten Rechtsauskunft (dazu unten 1.) noch in einer unterlassenen Aufklärung über Risiken des geplanten Geschäfts (dazu unten 2.).

1. In der am 5.12.1995 gemäß Anlage K 3 schriftlich bzw. nach dem bestrittenen Vortrag des Klägers bereits zuvor mit dem gleichen Inhalt mündlich erteilten Rechtsauskunft ist keine Verletzung anwaltlicher Pflichten zu sehen. Dabei kann dahinstehen, ob die dort vom Beklagten vertretenen Rechtsansicht, das GATT/TRIPS-Abkommen finde ab dem 1. Januar 1996 Anwendung, zutreffend ist oder nicht. Die vom Anwalt übernommenen Vertragspflichten bestimmen sich nach dem Inhalt des Mandats und den Umständen des Falles (BGH NJW 1993, 3323, 3324; Borgmann, NJW 2000, 2953, 2955). Nach den zwischen den Parteien unstreitigen Umständen und nach dem Wortlaut des Schreibens vom 5.12.1995 ging es bei der Anfrage der ABC GmbH nicht um die Klärung der reinen Rechtsfrage des Anwendungszeitpunkts des TRIPS-Abkommens an sich, sondern um die damit für die ABC GmbH verbundene unternehmerisch interessierende Frage, ob Vervielfältigungsstücke von Liveaufnahmen von Künstlern aus Gatt- Mitgliedsstaaten, die in 1995 gefertigt wurden, in der Bundesrepublik auch nach dem 1.1.1996 noch legal verbreitet werden dürfen. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass sich die Anfrage der ABC GmbH und die Antwort des Beklagten auf nicht genehmigte Livemitschnitte von Auftritten USamerikanischer Künstler bezogen. Diese Frage hat der Beklagte am Schluss des Schreibens positiv beantwortet. Diese Auskunft war rechtlich zutreffend und damit nicht pflichtwidrig.

Vorliegend geht es um die Frage, ob die ausübenden US-amerikanischen Künstler die Verbreitung von deren unautorisiert aufgenommene Live-Musikdarbietungen auf Tonträger in der Bundesrepublik Deutschland verbieten können, wenn die Vervielfältigungsstücke vor dem 1. Januar 1996 hergestellt wurden.

Das Landgericht ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass weder vor noch nach der Geltung des Übereinkommens über die handelsbezogenen Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15.4.1994 (TRIPS) die Firma Msms bzw. die von ihr vertretenen US-amerikanischen Künstler eine solche Verbreitung rechtlich verhindern konnten. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die weiteren ausländischen Künstler, die auf dem streitgegenständlichen Tonträger (Anlage B 2) vertreten waren. Mithin hat der Beklagte die an ihn gerichtete Anfrage mit dem Schreiben vom 5.12.1995 bzw. der von dem Kläger behaupteten inhaltsgleichen vorangegangenen mündlichen Auskunft zutreffend beantwortet. Eine anwaltliche Pflichtverletzung kann jedenfalls aus dem Inhalt der Auskunft selbst nicht entnommen werden. Im Einzelnen:

a) Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass vor der Geltung des TRIPS-Abkommens den auf der streitgegenständlichen CD vertretenen US-amerikanischen Künstlern nach den fremdenrechtlichen Regelungen des deutschen Urheberrechts kein Inlandsschutz zustand.

Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass in der Bundesrepublik Deutschland wie in den meisten anderen Staaten der Urheberrechtsschutz und der Schutz durch verwandte Schutzrechte ausländischen Urhebern, ausübenden Künstlern und anderen ausländischen potentiellen Inhabern verwandter Schutzrechte nicht ohne weiteres, sondern nur unter den in den §§ 120 ff. UrhG geregelten besonderen Voraussetzungen gewährt wird (Schricker-Katzenberger, UrhR, 2. Aufl. 1999, Vor § 120 ff., Rnrn. 2, 4). Im Hinblick auf die hier relevanten verwandten Schutzrechte richtet sich der Schutz des ausübenden Künstlers nach § 125 UrhG.

Ein Schutz nach § 125 Abs. 2 UrhG scheidet hier deshalb aus, weil der Kläger nicht vorgetragen hat, dass die streitgegenständlichen Aufnahmen Darbietungen betreffen, die in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sind. Rechte aus den Absätzen 3 und 4 des § 125 UrhG kommen jedenfalls deswegen nicht in Betracht, weil es hier nach dem Vortrag des Klägers um unautorisiert hergestellte Aufnahmen geht.

Die hier maßgebenden Künstler können einen Inländerschutz auch nicht aufgrund Konventionsrechtes gemäß § 125 Abs. 5 UrhG erlangen. Danach genießen ausländische Staatsangehörige den Schutz nach dem Inhalt der Staatsverträge.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass das Internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (Rom-Abkommen) vom 26. Oktober 1961 nicht zur Anwendung kommt, weil die Vereinigten Staaten von Amerika diesem Abkommen im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland nicht beigetreten sind. Ein Inlandsschutz folgt außerdem auch nicht aus dem am 24.7.1971 revidierten Welturheberrechtsabkommen vom 6.9.1952 sowie aus dem Übereinkommen zwischen dem Deutschen Reich und den Vereinigten Staaten von Amerika über den gegenseitigen Schutz der Urheberrechte vom 15.1.1892. Beide Abkommen haben lediglich Rechte der Urheber und nicht auch die der ausübenden Künstler zum Gegenstand (vgl. BGH GRURInt. 1986, 414, 415 - Bob Dylan).

Ein Verbietungsrecht folgt auch nicht aus § 125 Abs. 6 UrhG. Nach dieser Vorschrift genießen ausländische Staatsangehörige den Schutz nach den §§ 74, 75 Abs. 1 und § 83 UrhG für alle ihre Darbietungen, auch wenn die Voraussetzungen der Absätze 2 bis 5 des § 125 UrhG nicht vorliegen. Insoweit wird jedoch nicht der hier maßgebende § 75 Abs. 2 UrhG, wonach der ausübende Künstler das ausschließliche Recht hat, den Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten, in Bezug genommen, sondern lediglich der § 75 Abs. 1 UrhG, welcher das Aufnahmerecht betrifft. Damit gewährt das Urheberrechtsgesetz dem ausländischen ausübenden Künstler kein Verbreitungsrecht.

Ein Verbietungsrecht im Hinblick auf die Verbreitung ergibt sich auch nicht aus § 96 Abs. 1 UrhG, wonach rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke weder verbreitet noch zu öffentlicher Wiedergabe benutzt werden dürfen. Denn das Verbietungsrecht des § 96 Abs. 1 UrhG wird von der Regelung des § 125 Abs. 6 UrhG nicht erfasst, und zwar auch nicht über das Aufnahmerecht nach § 75 Abs. 1 UrhG. Das Urheberrechtsgesetz will den ausländischen ausübenden Künstler zwar in jedem Fall gemäß § 125 Abs. 6 UrhG gegen die heimliche Aufnahme seiner - zudem auch im Inland erfolgenden - Darbietung, nicht jedoch gegen deren weitere Verwertung schützen. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber vor allem auch das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht nach § 75 Abs. 2 UrhG unter den Schutz des § 125 Abs. 6 UrhG gestellt (vgl. zum Ganzen BGH GRURInt. 1986, 414, 415 - Bob Dylan).

Ein Unterlassungs- bzw. Ersatzanspruch rechtfertigt sich entgegen der Auffassung des Klägers schließlich auch nicht aus § 1 UWG. Die Anwendung dieser Vorschrift scheitert an dem Grundsatz, dass der wettbewerbliche Leistungsschutz die Wertung eines bestehenden Sonderschutzrechts hinzunehmen hat und über die bewusste Begrenzung der gewährten Ausschließlichkeitsrechte nicht hinausgehen darf. Die durch § 125 Abs. 2-4 und Abs. 6 UrhG gezogenen Grenzen eines Schutzes des ausländischen ausübenden Künstlers können grundsätzlich nur nach dem Inhalt von Staatsverträgen (§ 125 Abs. 5 UrhG), nicht aber über andere Normen des nationalen Rechts - wie den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften - ausgedehnt werden (vgl. zum Ganzen BGH GRURInt. 1986, 414, 415 - Bob Dylan m.w.N.).

Besondere Umstände, die ausnahmsweise die Ausnutzung fremder Leistung wettbewerbsrechtlich als unlauter erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Umstand, dass es sich nach dem Vortrag des Klägers hier um unautorisierte Konzertmitschnitte handelt, reicht nicht aus, denn die unlauteren Umstände müssen außerhalb des Sonderschutztatbestandes liegen.

Dies ist nicht der Fall, denn der unerlaubte Mitschnitt einer Musikdarbietung wird durch das nach § 96 Abs. 1 UrhG grundsätzlich bestehende Verbietungsrecht erfasst. Die Wertung des Urheberrechtsgesetzes, dass dieses Recht dem ausübenden ausländischen Künstler nur unter den in § 125 Abs. 2-6 UrhG angeführten Voraussetzungen zusteht, hat der wettbewerbliche Leistungsschutz hinzunehmen (BGH a.a.O.).

b) Mit Recht hat das Landgericht weiter ausgeführt, dass sich an dieser Rechtslage durch die Geltung des TRIPS-Abkommens nichts geändert hat, so dass es im Hinblick auf die hier maßgebende Frage nach der Richtigkeit der Auskunft vom 5.12.1995 im Ergebnis dahinstehen kann, ob die Regelungen dieses Abkommen bereits ab dem 1.1.1995 oder erst ab dem 1.1.1996 anwendbar waren.

Den ausländischen ausübenden Künstlern ist durch TRIPS weder ein Verbreitungsrecht (dazu unten (1) noch ein auf die Verbreitung bezogenes Verbietungsrecht (2) gewährt worden.

(1) Gemäß Art. 3 Abs. 1 S. 2 TRIPS gilt die in Satz 1 dieser Vorschrift geregelte grundsätzliche Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Inländerbehandlung in Bezug auf ausübende Künstler nur im Hinblick auf die durch die Übereinkunft vorgesehenen Rechte. In Art. 14 Abs. 1 TRIPS haben ausübende Künstler in Bezug auf die Festlegung ihrer Darbietung auf einen Tonträger zwar die Möglichkeit, die Festlegung und Vervielfältigung einer solchen Festlegung sowie die Funksendung und öffentliche Wiedergabe ohne ihre Erlaubnis zu verhindern. Ein Recht zur Verhinderung der Verbreitung wird ihnen jedoch nicht gewährt. Der Senat hat auf dieser Grundlage bereits mit Beschluss vom 18.11.1996 (3 W 130/96 = ZUM-RD 1997, 343) entschieden, dass nach dem Abkommen TRIPS keine allgemeine Verpflichtung zur Inländerbehandlung bezogen auf ausübende Künstler besteht, sondern der Vertrag nur die in ihm selbst vorgesehenen Rechte gewährt. Den ausübenden Künstlern wird damit durch TRIPS von vornherein nur Schutz im Umfang der in Art. 14 Abs. 1 TRIPS aufgeführten Rechte eingeräumt, zu denen das Verbreitungsrecht nicht gehört (ebenso Hartmann in Möhring/Nicolini, UrhG, 2 Aufl. 2000, Vor §§ 120 ff. Rn. 112; Fromm/Nordemann, UrhR, 9. Aufl. 1998, § 125 Rn. 4; Dünnwald, ZUM 96, 725, 726, 730; Braun GRURInt. 96, 790, 798; ders. GRUR Int. 97, 427, 429 f.; ders. in Wandtke/Bullinger, UrhR, § 125 Rn. 36; Katzenberger GRURInt. 95, 447, 460; ders. in Schricker, UrhR, 2. Aufl. 1999, Vor §§ 120 Rn. 19; vgl. auch Reinbohte GRURInt. 92, 707, 713).

(2) Dem ausübenden ausländischen Künstler steht auch nach Inkrafttreten des TRIPS-Abkommens kein Verbietungsrecht in Bezug auf die Verbreitung gemäß § 96 Abs. 1 UrhG zu. Der Senat hat in dem Beschluss vom 18.11.1996 (3 W 130/96 = ZUM-RD 1997, 343; ebenso Hartmann in Möhring/Nicolini, UrhG, 2 Aufl. 2000, Vor §§ 120 ff. Rn. 113; Katzenberger in Schricker, UrhR, 2. Aufl. 1999, Vor §§ 120 Rn. 19; Dünnwald, ZUM 96, 725, 730) entschieden, dass ein solches Verbietungsrecht aus zwei Gründen nicht besteht.

Zum einen ist die Regelung in Art. 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 TRIPS eine abschließende Regelung. Die den ausübenden Künstlern dort gewährten Rechte beruhen ausschließlich auf der Regelung in Art. 14 Abs. 1 TRIPS. Der Rückgriff auf andere Rechtsgrundlagen des innerstaatlichen Rechts auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 TRIPS ist daher ausgeschlossen.

Hinzukommt, dass Art. 14 Abs. 1 TRIPS den ausübenden Künstlern, soweit ihnen Rechte gewährt werden, ohnehin nur Verbietungsrechte zubilligt, nicht aber eigene Festlegungs- und Vervielfältigungsrechte, die materielle Grundlage für ein Verbietungsrecht nach § 96 Abs. 1 UrhG sein könnten. Aus diesen Gründen ist auch Braun nicht zu folgen, wenn er eine Anwendung des § 96 UrhG mit dem Hinweis auf die rechtsfolgenergänzende Funktion dieser Vorschrift begründen will (Braun in Wandtke/Bullinger, UrhR, § 125 Rn. 36; ders. GRURInt. 96, 790, 798; ohne Begründung auch Nordemann in Fromm/Nordemann, UrhR, 9. Aufl. 1998, § 126 Rn. 4). In Art. 14 Abs. 1 TRIPS werden dem ausübenden Künstler Verhinderungsrechte, aber gerade kein eigenes Vervielfältigungsrecht eingeräumt, welches durch ein ergänzendes Verbietungsrecht flankiert werden könnte.

Auch das von Braun zur Stützung seiner Auffassung angeführte Ziel von TRIPS, nämlich die Produkt- und Urheberpiraterie zu bekämpfen, kann nicht zu einer Statuierung eines Verbietungsrechts gemäß oder entsprechend § 96 UrhG führen.

Grenze jeder teleologischen Auslegung ist bekanntlich der Wortsinn der auszulegenden Regelung, hier des Art. 14 Abs. 1 und des Art. 3 Abs. 1 TRIPS. Aus diesen Vorschriften ergibt sich jedoch eine enumerative Aufzählung von Rechten, zu denen das Verbreitungsrecht gerade nicht gehört. Für eine analoge Anwendung, die jenseits der Wortsinngrenze in Betracht kommt, ist allerdings eine planwidrige Regelungslücke erforderlich. Eine solche ist hier nicht ersichtlich. Die eingeschränkte Regelung trägt vielmehr bewusst dem Umstand Rechnung, dass TRIPS beim Schutz der verwandten Schutzrechte hinter dem Standard des Rom- Abkommens zurückbleibt. Es soll vermieden werden, dass Angehörige von Mitgliedstaaten, die nur dem niedrigen TRIPS-Standard folgen, in anderen Mitgliedstaaten, die dem Rom-Abkommen angehören, als "Trittbrettfahrer" den dort vorgesehenen stärkeren Schutz in Anspruch nehmen können (Katzenberger in Schricker, UrhR, 2. Aufl. 1999, Vor §§ 120 Rn. 19; Hartmann in Möhring/Nicolini, UrhG, 2 Aufl. 2000, Vor §§ 120 ff. Rn. 113; Dünnwald ZUM 96, 725, 726; Reinbothe GRURInt. 92, 707, 713). Letztlich geht es bei der Beschränkung der dem ausübenden Künstler eingeräumten Rechte also - wie Hartmann (a.a.O. Rn. 112) zu Recht ausführt - um einen Anreiz zur Zeichnung des Rom-Abkommens. Dies steht im Einklang mit dem generellen Zweck der Ausländerdiskriminierung, die sich aus den §§ 121 - 128 UrhG ergeben kann. Durch das Prinzip der Schutzverweigerung sollen die ausländischen Staaten bewogen werden, den einschlägigen, die wechselseitigen Schutzverweigerungen aufhebenden, auch von Deutschland angenommenen Staatsverträgen beizutreten, solche Verträge neu abzuschließen oder auf andere Weise die Gegenseitigkeit des Schutzes zu gewährleisten (vgl. Katzenberger in Schricker, UrhR, 2. Aufl. 1999, Vor §§ 120 Rn. 11). Eine system- und zweckwidrige Schließung der (bewussten) Regelungslücke durch die (analoge) Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG kommt nach alledem nicht in Betracht.

Unerheblich ist schließlich, dass Art. 14 Abs. 1 TRIPS ein Verhinderungsrecht im Hinblick auf die Vervielfältigung normiert. Denn weder hat der Kläger hinreichend nachvollziehbar vorgetragen, dass die Rechtsauskunft des Beklagten für die Vervielfältigung kausal geworden ist, noch ist die Vervielfältigung bzw. ein durch die Vervielfältigung entstandener Schaden Gegenstand der gegen den Kläger bzw. die ABC geltend gemachten Ansprüche.

2. Dem Beklagten ist auch keine sonstige Verletzung seiner Pflichten aus dem Mandatsverhältnis mit der ABC GmbH vorzuwerfen.

a) Zu Unrecht macht der Kläger geltend, der Beklagte habe den Grundsatz der Beratung des sichersten Wegs verletzt. Zwar ist anerkannt, dass es zu den Pflichten eines Rechtsanwalts gehört, dem Auftraggeber den sichersten Weg zur Erreichung des jeweiligen Zieles zu empfehlen (BGH NJW 92, 1159, 1160; Palandt-Heinrichs, 62. Aufl. 2003, § 280 Rn. 79 m.w.N.). Dies setzt allerdings voraus, dass es überhaupt mehrere gangbare Wege gibt, um an das Ziel des Mandanten zu kommen (vgl. Borgmann NJW 2000, 2953, 2959). Daran fehlt es hier jedoch. Denn nach dem Vortrag des Klägers in der Klageschrift bezog sich die Anfrage der ABC GmbH beim Beklagten auf die lizenzlose Vervielfältigung und den Vertrieb von unautorisierten Live-Aufnahmen US-amerikanischer Künstler, und zwar konkret solcher, die von der Firma Fe... angefragt wurden. Mithin ging es nach dem Klägervortrag allein um das Ob der Zulässigkeit dieses konkreten Geschäfts.

Alternativen, die der Beklagte zu prüfen gehabt hätte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

b) Der Beklagte haftet hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Risikoaufklärung. Ist die Sach- oder Rechtslage unklar, dann muss ein Rechtsanwalt dies gegenüber dem Mandanten offen legen und diesen sorgfältig darüber unterrichten, welche Gesichtpunkte für die eine und welche für die andere Interpretation sprechen und welche Rechtsfolgen sich daraus jeweils ergeben (BGH NJW-RR 2000, 791, 792). Gegen diese Grundsätze hat der Beklagte hier nicht verstoßen. Denn eine hier allein in Betracht kommende unklare Rechtslage war jedenfalls zum Zeitpunkt der Beratung der ABC GmbH nicht gegeben.

Wegen der richtungsweisenden Bedeutung, die höchstrichterlichen Entscheidungen für die Rechtswirklichkeit zukommt, hat sich ein Rechtsanwalt bei der Wahrnehmung eines Mandats grundsätzlich an dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung auszurichten. Das gilt insbesondere in den Fällen einer gefestigten höchtsrichterlichen Rechtsprechung, weil von einer solchen nur in besonderen Ausnahmefällen abgegangen zu werden pflegt. Auch entgegenstehende Judikatur von Instanzgerichten und abweichende Stimmen im Schrifttum verpflichten den Rechtsanwalt dann regelmäßig nicht, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die abweichende Meinung zu berücksichtigen (BGH NJW 93, 2323, 2324 m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte nicht gehalten, auf eventuelle rechtliche Risiken hinzuweisen. Maßgebend ist hier insoweit nicht die zum Zeitpunkt der Beratung der ABC GmbH ggf. streitige Frage des Inkrafttretens bzw. des Anwendungszeitpunktes des TRIPS-Abkommens, sondern - wie bereits dargelegt - die Frage, ob Vervielfältigungsstücke von unautorisierten Liveaufnahmen USamerikanischer Künstler, die in 1995 gefertigt wurden, in der Bundesrepublik auch nach dem 1.1.1996 noch legal verbreitet werden durften.

(1) Es wurde bereits festgestellt, dass diese Frage für den Zeitraum vor Anwendung des TRIPS-Abkommens aufgrund der Entscheidung des BGH im Fall "Bob Dylan" aus dem Jahre 1985 als höchstrichterlich geklärt angesehen werden konnte. Dies gilt umso mehr, als der BGH die Grundsätze der Bob Dylan- Entscheidung in dem Urteil "Die Zauberflöte" bestätigt hat (GRUR 1987, 814, 815) und diese Grundsätze zudem einer Überprüfung vor dem Bundesverfassungsgericht Stand gehalten haben (BVerfG GRUR 1990, 438, 440 - Bob Dylan).

(2) Nichts anderes gilt jedoch für die Rechtslage nach Geltung des TRIPS-Abkommens.

Zwar findet das anwaltliche Vertrauen auf den Fortbestand einer höchstrichterlichen Rechtsprechung seine Grenze insbesondere in der Auswirkung neuer Gesetze auf eine zu dem alten Rechtszustand ergangenen Judikatur (BGH NJW 93, 2323, 2324). Wie bereits dargelegt, ergibt sich aus dem klaren Wortlaut der Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 TRIPS, aus der Systematik dieser Regelung und aus dem Sinn und Zweck der in Bezug auf die Rechte des ausländischen ausübenden Künstlers eingeschränkten Regelung, dass diesem durch das TRIPS- Abkommen kein Verbreitungsrecht bzw. kein Verbietungsrecht in Bezug auf die Verbreitung eingeräumt wurde. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob § 96 Abs. 1 UrhG Anwendung finden kann. Von daher hatte der Beklagte auch keine Veranlassung, von einer bevorstehenden Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszugehen und seine Mandantin auf ein entsprechendes Risiko hinzuweisen. Soweit ersichtlich, wurde ein Verbietungsrecht gemäß § 96 Abs. 1 UrhG zum Zeitpunkt der Beratung weder in der Literatur noch im Schrifttum vertreten. Vielmehr wurde insoweit allein die Begrenzung der Rechte des ausübenden Künstlers auf die in Art. 14 Abs. 1 TRIPS geregelten Verbietungsrechte betont, und zwar ausdrücklich unter Hinweis auf den teleologischen bzw. systematischen Gesichtspunkt der "Trittbrettfahrerproblematik" (vgl. Reinbothe, GRURInt. 1992, 707, 713; Katzenberger GRURInt. 1995, 447, 460). Abweichendes vertrat - soweit ersichtlich - erstmals Braun im Jahre 1996 (GRURInt. 96, 790, 798), also nach der hier maßgebenden Beratung durch den Beklagten. Dabei ist weiter zu beachten, dass die Argumentation Brauns dort im wesentlichen dahin ging, entgegen der gefestigten höchtsrichterlichen Rechtsprechung des BGH mit und nach der Bob Dylan - Entscheidung die Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG zu bejahen (a.a.O. Seite 798 i.V.m. 795). Insoweit ging es also um einen Aspekt, den der Beklagte nach den genannten Grundsätzen ohnehin nicht berücksichtigen musste.

(3) Die vom Landgericht erörterten Frage, ob die ABC GmbH bzw. der Kläger eine Aufklärung über eventuelle Zweifelsfragen zum Anlass genommen hätte, das Geschäft mit der Firma Fe... nicht abzuschließen, kann deshalb auf sich beruhen.

II. Schließlich kommt auch eine Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des schuldhaften Verstoßes gegen Pflichten aus einem unmittelbar zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrag nicht in Betracht.

Der Kläger trägt insoweit keine hinreichend nachvollziehbaren Tatsachen zu der Frage des Zustandekommens und des Inhalts eines Mandatsverhältnisses mit dem Beklagten, den Umständen der Abgabe der Unterlassungserklärung gegenüber der Firma Fe... und dem Einfluss des Beklagten auf den Vergleichsschluss mit Fe... vor.

Der von dem Beklagten bestrittene Vortrag in der Berufungsbegründung, der Beklagte hätte dem Kläger auf der Grundlage der Rechtsansicht des angefochtenen Urteils empfehlen müssen, die Unterlassungserklärung nicht abzugeben, der Kläger hätte der Firma Fe... keinen Schadensersatz geleistet, wenn der Beklagte ihm nicht empfohlen hätte, die strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, genügt den Anforderungen an ein substantiiertes Parteivorbringen nicht.

Aus der Anlage K 6 ergibt sich, dass der Kläger beim Abschluss des Vergleiches mit der Firma Fe..., den er insoweit als schadensbegründendes Ereignis anführt, gar nicht von dem Beklagten, sondern von den Rechtsanwälten Brandi pp. vertreten wurde. Unklar ist auch der Vortrag des Klägers, der Beklagte habe ihn zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber Msms veranlasst. Der Kläger hat eine solche Unterlassungserklärung nicht zur Akte gereicht, sondern sich insoweit auf die Anlage K 10 bezogen. Diese Anlage enthält einen Beschluss des OLG Hamm gemäß § 91 a ZPO, dem auf Seite 3 zu entnehmen ist, dass die dortige Antragsgegnerin (ausweislich des Rubrums handelt es sich insoweit um die Tr.- xxxxxxxxx, vertreten durch den Kläger) mit Schriftsatz vom 14. Mai 1996 gegenüber dem Antragsteller (Billy Joel) eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben habe. Der Kläger, für den dieser Schriftsatz eingereicht wurde, ist jedoch wiederum nicht durch den Beklagten, sondern ausweislich des Beschlussrubrums durch die Bielefelder Rechtsanwälte Z. vertreten worden. Im Übrigen lässt sich aus der Empfehlung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht entnehmen, dass der Beklagte dem Kläger auch ansonsten insgesamt geraten hat, sämtliche an ihn gerichteten Ersatzansprüche, insbesondere solche der Firma Fe..., zu erfüllen bzw. einen der Rechtslage nicht angemessenen Vergleich abzuschließen.

Die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung führt lediglich zum Wegfall der Wiederholungsgefahr eines Unterlassungsanspruchs und damit prozessual zu einem erledigenden Ereignis. Damit ist wegen § 91 a ZPO noch nicht einmal die Kostenfolge geschweige denn ein Auskunfts- oder sogar Ersatzanspruch präjudiziert. Eine Unterlassungsverpflichtungserklärung bedeutete vorliegend für den Kläger auch keine Einschränkung seiner unternehmerischen Aktivitäten, denn die streitgegenständlichen CD waren vollständig ausgeliefert worden.

Insgesamt fehlt es an einem nachvollziehbaren Vortrag des Klägers zur Begründung, Inhalt und Dauer des Mandatsverhältnisses mit dem Beklagten, zu dessen anwaltlicher Tätigkeit und der Kausalität dieser Tätigkeit im Hinblick auf die hier geltend gemachten Schäden.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.



Ende der Entscheidung

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