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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 13.09.2001
Aktenzeichen: 3 U 55/01
Rechtsgebiete: Nährwert-KennzeichnungsVO, UWG


Vorschriften:

Nährwert-KennzeichnungsVO § 6
UWG § 1
Werden in Zeitschriften Anzeigen für Präparate veröffentlicht, die inhaltlich deren schlankmachende Wirkung anpreisen, so ist bei offenkundigem Verstoß gegen § 6 Nährwert-KennzeichnungsVO ein Unterlassungsanspruch ein Unterlassungsanspruch gegen den Presseverlag gegeben.

Das Verbot lässt sich nicht generell auf der Veröffentlichen solcher Anzeigen für ein Mittel mit anpreisendem "Hinweis auf dessen schlankmachende Wirkung" verallgemeinern.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 55/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 13. September 2001

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 23. August 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 10. November 2000 abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 29. August 2000 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 15.000.- DM festgesetzt.

Tatbestand:

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Einhaltung des lauteren Wettbewerbs gehört (Bl. 2 ff.; Anlage ASt A 1).

Im Verlag der Antragsgegnerin erscheint die Programmzeitschrift TV Sxxxxxxxxx. In der Ausgabe Heft Nr. 17/2000, Seite 219 wurde eine ganzseitige Werbeanzeige für den sog. "Super-Schlankstoff TXXX" unter der Blickfangüberschrift: "Die sensationelle Speck-weg-Pille ist da!" abgedruckt (Anlage ASt A 2).

Der Antragsteller beanstandet das Veröffentlichen solcher Werbeanzeigen als wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 NährwertkennzeichnungsV, § 3 UWG, § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG und nimmt die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Die einstweilige Beschlussverfügung des Landgerichts vom 29. August 2000, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden ist, im geschäftlichen Verkehr in periodisch erscheinenden Druckwerken Anzeigen zu veröffentlichen, in denen Lebensmittel, beispielsweise ein Lebensmittel unter der Bezeichnung "Txxx", mit dem Hinweis auf deren schlankmachende bzw. gewichtsreduzierende Wirkung angepriesen werden, insbesondere das Inserat zu veröffentlichen: "Die sensationelle Speck-weg-Pille ist da!" gemäß Zeitschrift "TV-Sxxxxx", Heft 17/2000, Seite 219; hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten wird, im geschäftlichen Verkehr in periodisch erscheinenden Druckwerken Anzeigen zu veröffentlichen, in denen das Mittel "TXXX" mit dem Hinweis auf dessen schlankmachende und/oder gewichtsreduzierende Wirkung angepriesen wird, insbesondere das Inserat zu veröffentlichen: "Die sensationelle Speck-weg-Pille (TXXX) ist da!" gemäß Zeitschrift "TV-Sxxxxx", Heft 17/2000, Seite 219.

Die ausgesprochene Bestätigung der einstweiligen Verfügung entspricht dem Hilfsantrag des Antragstellers gemäß Schriftsatz vom 1. November 2000. Im übrigen hat das Landgericht die einstweilige Verfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen.

Die Berufung der Antragsgegnerin richtet sich gegen das landgerichtliche Urteil, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Der Antragsteller verteidigt seinen Verfügungsantrag im Umfang der Bestätigung der Beschlussverfügung.

Bereits mit Anwaltsschreiben vom 29. September 2000 hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller erklären lassen, sie verpflichte sich strafbewehrt (Hamburger Brauch), es zu unterlassen, das Inserat "Die sensationelle Speck-weg-Pille ist da!" gemäß Zeitschrift TV-Sxxxxxxx, Heft 17/00, Seite 219, erneut zu veröffentlichen (Anlage AG 1).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist begründet. Zu Unrecht hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil seine einstweilige Verfügung bestätigt. Der Verfügungsantrag ist unbegründet; demgemäß ist unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen.

I.

Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Veröffentlichen von Anzeigen in periodisch erscheinenden Druckwerken, und zwar im "insbesondere"-Teil des Antrages das Veröffentlichen des Inserats "Die sensationelle Speck-weg-Pille (TXXX) ist da!" gemäß Zeitschrift TV-Sxxxxxxxxx, Heft 17/2000, Seite 219 (Anlage ASt A 2; siehe unter II.) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin handelt es sich insoweit nicht um ein generelles Verbot, Werbeanzeigen für das Mittel TXXX zu veröffentlichen.

Gegenstand des Antrages in dessen verallgemeinerten Teil (vor dem "insbesondere") ist das Veröffentlichen von Anzeigen, in denen das Mittel TXXX mit dem Hinweis auf dessen schlankmachende und/oder gewichtsreduzierende Wirkung angepriesen wird (siehe unter III.). Es geht dabei nur um solche Anzeigen, in denen dem Mittel selbst die angepriesenen Wirkungen zugeschrieben werden, nicht um werbliche Hinweise z. B. auf die Vorzüge kalorienbewusster Ernährung im Zusammenhang mit solchen Mitteln.

II.

Der Unterlassungsantrag im Umfang des "insbesondere"-Teils ist nach Auffassung des Senats nicht begründet.

Die Antragsgegnerin hat - wie ausgeführt - bereits mit Anwaltsschreiben vom 29. September 2000 gegenüber dem Antragsteller eine strafbewehrte Unterlassungserklärung betreffend die erneute Veröffentlichung des angegriffenen Inserats (Anlage ASt A 2) abgegeben (Anlage AG 1). Der Antragsteller hat, wie seine Antwort gemäß Anwaltsschreiben vom 5. Oktober 2000 (Anlage AG 2) ergibt, die Unterlassungserklärung zwar nicht angenommen, sondern nur seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer solchen Annahme erklärt; gleichwohl ist aber die Wiederholungsgefahr entfallen.

1.) Die Wiederholungsgefahr entfällt nicht nur, wenn durch die Annahme einer strafbewehrten Verpflichtungserklärung ein Unterlassungsvertrag zustande kommt, sie kann auch dann entfallen, wenn der Gläubiger die Unterlassungserklärung nicht annimmt, denn der Verletzer hat auf die Annahme keinen Einfluss. Für den Wegfall der Wiederholungsgefahr ist jedenfalls erforderlich, dass sich die Erklärung als Ausdruck eines ernsthaften Unterlassungswillens darstellt (Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage, vor § 13 UWG. Rz. 7 ff. m. w. Nw.).

2.) Von einer solchen Ernstlichkeit ist entgegen dem Landgericht vorliegend auszugehen.

Der Ernstlichkeit des Unterlassungswillens steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin in ihrer ersten Reaktion auf die Abmahnung vom 17. August 2000 (Anlage ASt A 3) ablehnend geantwortet hat. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 24. August 2000 (Anlage ASt A 4) ist ersichtlich überholt, wie ihr Anwaltsschreiben vom 29. September 2000 (Anlage AG 1) ergibt. Im Verfügungsverfahren hat die Antragsgegnerin schon in erster Instanz vortragen lassen, sie habe sich nicht berühmt, zur Veröffentlichung der angegriffenen Anzeige berechtigt zu sein; auch sonst hat die Antragsgegnerin klargestellt, dass ihr Vortrag zur prozessualen Verteidigung keine Berühmung bedeute, die eine Begehungsgefahr begründe.

Entgegen dem Landgericht steht der Ernstlichkeit des Unterlassungswillens der Antragsgegnerin nicht entgegen, dass sie ihre Unterlassungserklärung "aus pragmatischen Gründen" abgegeben hat. Diese Formulierung findet sich zwar in dem Anwaltsschreiben vom 29. September 2000 (Anlage AG 1), sie ist aber unbedenklich. Es ist im Wettbewerbsrecht nichts Ungewöhnliches, dass ein Schuldner die Unterlassungserklärung nur aus pragmatischen Gründen abgibt. Für die allein maßgebliche Frage der Ernstlichkeit ist nicht zu verlangen, dass der Schuldner den Rechtsstandpunkt der Gegenseite übernimmt. Vielmehr kommt es auf den Einzelfall an, wenn der Schuldner bei Abgabe seiner Erklärung seinen Rechtsstandpunkt aufrecht erhält. Vorliegend hat die Antragsgegnerin klar und deutlich erklärt, dass ihre Unterlassungserklärung rechtsverbindlich ist.

3.) Unerheblich bezüglich der Wiederholungsgefahr ist das Argument des Antragstellers, die Verpflichtungserklärung betreffe nur das "gesamte Inserat als solches" (Bl. 34). Im Normalfall - und es ist vorliegend nicht erkennbar, dass es etwas anderes gelten soll - bestimmt sich die Reichweite einer Unterlassungserklärung nach dem Kern des Verbotsausspruchs, so dass unwesentliche Abweichungen miterfasst sind. In der Berufungsbegründung verweist die Antragsgegnerin zutreffend darauf, dass sie nicht etwa eine Diskussion um die "Kerntheorie" aufgeworfen habe. Schon deswegen ist nicht erkennbar, dass sich der Antragsteller hierauf "nicht einlassen kann" (Bl. 34).

Es trifft auch nicht zu, wie der Antragsteller behauptet, dass eine solche Unterlassungserklärung "die Aufforderung, identische Inserate in mehr oder weniger abgeänderter Fassung erneut zu veröffentlichen" beinhalte (Bl. 39). Der in Rede stehende "insbesondere"-Teil des Unterlassungsantrages ist jedenfalls von der Verpflichtungserklärung abgedeckt, insoweit entfällt die Wiederholungsgefahr.

Das hat nichts mit der anderen Frage zu tun, ob dem Gläubiger ein verallgemeinerter Unterlassungsanspruch zusteht oder nicht und inwieweit nur eine Teilerledigung des Verfügungsverfahrens eingetreten ist. Der Schuldner kann nach Erlass einer einstweiligen Verfügung zwischen einer sog. Abschlusserklärung und einer Unterlassungserklärung wählen (Köhler/Piper, a. a. O., Vor § 13 UWG, Rz. 9), das entspricht der ganz h. M. und der ständigen Rechtsprechung des Senats.

Das weitere Argument des Landgerichts, es sei wegen des eingeschränkten Umfangs der Verpflichtungserklärung zu befürchten, dass die Antragsgegnerin erneut Inserate für TXXX in veränderter Fassung veröffentlichen werde, greift für den vorliegend in Rede stehenden Teil des Antrages ebenfalls nicht durch. Gegenstand des "insbesondere"-Teils des Unterlassungsantrags ist allein die Veröffentlichung dieses Inserats, wobei - wie auch sonst im Wettbewerbsrecht - unwesentliche Abwandlungen der Verletzungsform nach der Kerntheorie dem Verbotsausspruch unterfallen. Andere Inserate sind ohnehin nicht Gegenstand dieses Teils des Unterlassungsantrages. Zudem hat die Antragsgegnerin in der Berufungsbegründung zutreffend darauf verwiesen, dass sie die Geltung der Kerntheorie für sich nicht in Zweifel gezogen habe. Insoweit ist nicht nur die Wiederholungsgefahr betreffend die Veröffentlichung genau und nur dieses Inserats durch die Verpflichtungserklärung entfallen.

III.

Der Unterlassungsantrag im Umfang des verallgemeinerten Teils (vor dem "insbesondere") ist nach Auffassung des Senats jedenfalls unbegründet. Soweit er den "insbesondere"-Teil als Unterfall betrifft, ergibt sich das schon aus den obigen Ausführungen (unter II.).

1.) Gegenstand dieses Unterlassungsantrages ist - wie ausgeführt - das Veröffentlichen von Anzeigen, in denen das Mittel TXXX mit dem Hinweis auf dessen schlankmachende und/oder gewichtsreduzierende Wirkung angepriesen wird, in periodisch erscheinenden Druckwerken.

Damit werden nicht bestimmte Angaben in den Inseraten zum Verbotsgegenstand gemacht, die wegen ihres Hinweises auf eine schlankmachende oder gewichtsreduzierende Wirkung von TXXX unzulässig sind, sondern verallgemeinert alle Inserate mit solchen Aussageinhalten.

2.) Es bestehen - wie die Antragsgegnerin zutreffend anmerkt - bereits nicht unerhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Unterlassungsantrages.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nährwert-KennzeichnungsV ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen zu verwenden, die darauf hindeuten, dass ein Lebensmittel schlankmachende, schlankheitsfördernde oder gewichtsverringernde Eigenschaften besitzt. Mit der Wendung "darauf hindeuten" sollen unmittelbare und mittelbare Aussagen erfasst werden (Zipfel, Lebensmittelrecht, C 22, § 6 Nährwert-KennzeichnungsV, Rz. 13).

Die vorliegende Fassung des Unterlassungsantrages kommt einem nur umformulierten Ausschnitt aus der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nährwert-KennzeichnungsV zumindest sehr nahe. Wendungen, die den Verbotsumfang unscharf beschreiben oder nicht eindeutig bezeichnete ähnliche Verletzungsformen mit einbeziehen, sind zu unbestimmt und daher unzulässig. Die bloße Wiedergabe eines Gesetzestextes reicht zur Konkretisierung des Unterlassungsantrages grundsätzlich nicht aus (BGH WRP 2000, 389 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge).

3.) Jedenfalls ist der Unterlassungsantrag unbegründet.

(a) Grundsätzlich ist bei der Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nährwert-KennzeichnungsV im Einzelfall zu prüfen, welche konkrete Werbeaussage inhaltlich dahingeht, dass behauptet wird, dass das Lebensmittel - vorliegend TXXX - eine schlankmachende bzw. gewichtsverringernde Wirkung hat. Die Rechtsprechung hat zu Recht die in ihrem Wortlaut sehr weit greifenden Vorschrift durchaus mit Einschränkungen interpretiert (vgl. die zulässigen Beispiele trotz des an sich weit gefassten Verbots der Schlankheitswerbung: Zipfel, a. a. O., § 6 Nährwert-KennzeichnungsV, Rz. 16 ff.).

Nach diesen Grundsätzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass in jedem Falle eine "solche" Schlankheitswerbung gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Nährwert-KennzeichnungsV verstößt.

Soweit das Landgericht noch auf bestimmte Formulierungen aus der TXXX-Anzeige (Anlage ASt A 2) abstellt, kann es auf diese für den verallgemeinerten Antrag nicht ankommen, da diese Angaben nicht Streitgegenstand sind.

(b) Jedenfalls ist aber in besonderem Maße mitzuberücksichtigen, dass die Antragsgegnerin als Presseverlag für den wettbewerbswidrigen Inhalt von Werbeanzeigen, die sie für dritte Inserenten veröffentlicht, nur haftet, soweit sie ihre Prüfungspflicht verletzt. Eine Haftung des Presseverlage für solche Drittanzeigen ist grundsätzlich nur bei positiver Kenntnis der Wettbewerbswidrigkeit oder bei groben, leicht erkennbaren Verstößen gegeben. An die Prüfungspflicht der Presse bezüglich der zu veröffentlichenden Inserate sind nach ständiger Rechtsprechung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (BGH GRUR 1990, 1012 - Pressehaftung I, WRP 1999, 211 - Möbelklassiker). Denn der Schutzbereich der Pressefreiheit umfasst den gesamten Inhalt eines Presseorgans, auch Werbeanzeigen (BVerfG WRP 2001, 129 - Benetton).

Auf diese Besonderheiten stellt der Unterlassungsantrag nicht ab. Es sind viele Gestaltungsformen solcher zu veröffentlichenden Inserate ohne weiteres und nicht etwa nur theoretisch denkbar, in denen nicht nur sehr fraglich ist, ob dem Mittel selbst z. B. eine schlankmachende Wirkung zugeschrieben wird, sondern auch begründete Zweifel bestehen, ob es sich offenkundig um so eine inhaltliche Aussage handelt. Selbstverständlich können diese Fallgestaltungen schon wegen des Grundrechts der Pressefreiheit nicht vernachlässigt werden, nichts anderes gilt im Hinblick auf gehäuft vorkommende - unterstellt unzulässige - Anzeigen für Schlankheitsmittel. Diesen kann (nur) durch geeignet gefasste Verbote unter Berücksichtigung der konkreten Verletzungsform in Verbindung mit der sog. Kerntheorie begegnet werden.

(c) Soweit der Antragsteller im Einzelnen verschiedene Anspruchsgrundlagen für das erstrebte Verbot heranzieht, ändert sich am vorstehenden Ergebnis nichts.

(aa) Ob und inwieweit TXXX als diätetisches Lebensmittel einzuordnen ist (vgl. dazu die Aufmachung des Dosenetiketts: Anlage AG 9), ist unerheblich. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nährwert-KennzeichnungsV sind zwar vom Verbot der Schlankheitswerbung nur solche Lebensmittel ausgenommen, die zur Verwendung als Tagesration bestimmt sind (vgl. § 14 a Abs. 1 DiätV). Tagesrationen sind Zubereitungen, die zur vollständigen und alleinigen Ernährung für den ganzen Tag bestimmt sind (vgl. Zipfel, a. a. O., § 6 Nährwert-KennzeichnungsV, Rz. 19).

Diese Voraussetzungen sind bei TXXX unstreitig nicht gegeben, gleichwohl ändert das aber nichts an dem Umstand, dass der Antrag zu weit geht und demgemäß jedenfalls unbegründet ist.

(bb) Das Argument des Antragstellers, für TXXX dürfe generell nicht geworben werden, weil es als Arzneimittel nicht zugelassen sei, greift ebenfalls nicht durch.

Ob ein Produkt als Lebensmittel oder als Arzneimittel einzuordnen ist, hängt maßgeblich von seiner an objektive Merkmale anknüpfenden überwiegenden Zweckbestimmung ab, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Die Verkehrsanschauung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (BGH WRP 2000, 510 - L-Carnithin). Diese Grundsätze gelten auch für sog. Schlankheitsmittel, bei diesen kann es sich je nach dem Präparat und seiner Darstellung um ein Lebensmittel oder um ein Arzneimittel handeln (vgl. Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 1 HWG Rz. 85 "Schlankheitsmittel" m. w. Nw.).

Es kann vorliegend aber nicht davon ausgegangen werden, dass das Mittel TXXX als solches, d. h. nach seiner stofflichen Zusammensetzung bzw. seiner pharmakologischen Wirkung als Arzneimittel einzuordnen wäre. Der Umstand, dass das Produkt nach dem Vorbringen des Antragstellers unter einem anderem Namen ("Cxxxxx") im Handel gewesen ist und dass dessen Vertrieb vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) untersagt worden ist, bedeutet nicht, dass das Mittel TXXX als solches ein Arzneimittel und demgemäß zulassungspflichtig sein muss. Vielmehr kann - bei einer entsprechenden Präsentation - TXXX als Lebensmittel durchaus verkehrsfähig sein, so ist es als ein "Verzehrprodukt" z. B. in Österreich angemeldet worden (Anlage ASt A 5).

IV.

Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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