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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 12.08.2004
Aktenzeichen: 3 U 55/04
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG n.F. § 2 Abs. 1 Nr. 1 | |
UWG n.F. § 8 Abs. 3 Nr. 1 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Verkündet am: 12. August 2004
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 17. Juni 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 13. Januar 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die in der Berufungsverhandlung gestellten Verfügungsanträge (Haupt- und Hilfsantrag) zurückgewiesen werden.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe:
A.
Die Antragstellerin ist nach ihrem Vorbringen die konzessionierte Betreiberin sämtlicher Spielbanken in Schleswig-Holstein. Sie ist die Komplementär-GmbH der Betreibergesellschaften schleswig-holsteinischer Spielbanken, so z. B. der Spielbank GmbH Flensburg.
Die Antragsgegnerin zu 1) betreibt unter der Domain "soso.de" ein Internetportal, in welchem sie u. a. eine Suchmaschine zur Verfügung stellt. Der Antragsgegner zu 2) ist der Vorstandsvorsitzende der Antragsgegnerin zu 1).
Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegner im vorliegenden Verfahren im Wege der einstweiligen Verfügung aus wettbewerbsrechtlicher Störerhaftung auf Unterlassung in Anspruch. Sie hat vor dem Landgericht beantragt,
den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verbieten,
auf der Website www.soso.de für die Casinos "bamcasino", ... ", .... und "BumCasino" zu werben, insbesondere durch Platzierung eines Hinweistextes mit Hyperlink auf deren Websites.
Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 13. Januar 2004 den Verfügungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Gegen das landgerichtliche Urteil richtete sich die Berufung der Antragstellerin, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verbieten,
auf der Website www.soso.de für die Angebote "bamcasino, ... und "BumCasino" zu werben, insbesondere durch Platzierung eines Hinweistextes mit Hyperlink auf deren Websites;
hilfsweise
den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verbieten,
auf der Website www.soso.de für die Online-Casino-Angebote der Websites "www.bamcasino.com" ... und "www.BumCasino.com" zu werben, insbesondere durch die entgeltliche Platzierung von Hinweistexten mit Hyperlink auf die Websites,
soweit unter den angegebenen Internetadressen unerlaubte Glücksspiele unmittelbar angeboten werden oder für unerlaubte Glücksspiele geworben wird.
Die Antragsgegner verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen auch die Zurückweisung des Hilfsantrages.
B.
Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist demgemäß unter Zurückweisung der in der Berufungsverhandlung gestellten Verfügungsanträge (Haupt- und Hilfsantrag) zurückzuweisen.
I.
Die Antragstellerin ist für die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht klagebefugt. Damit sind der Hauptantrag und der Hilfsantrag als unzulässig abzuweisen.
Die Antragstellerin ist keine Mitbewerberin im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG (ebenso nicht nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG a. F.). Die Klagebefugnis des früheren sog. unmittelbar verletzen Mitbewerbers ergibt sich nunmehr aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.
1.) Nach der gesetzlichen Definition ist "Mitbewerber" jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG). Wie bei dem "Gewerbetreibenden" im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG a. F. setzt die Klagebefugnis des "Mitbewerbers" (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) voraus, dass der Anspruchssteller einer auf Dauer angelegten, selbständigen wirtschaftlichen Betätigung nachgeht, indem er z. B. eine Spielbank betreibt und damit als Anbieter einer Dienstleistungen mit Konkurrenten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.
Es ist eine eigene aktive Geschäftstätigkeit erforderlich (BGH GRUR 1995, 697 - Funny Paper). Eine bloß finanzielle Beteiligung an einem seinerseits aktiv tätigen Unternehmen genügt nicht. Soweit im Schrifttum ohne nähere Begründung der gegenteilige Standpunkt vertreten wird (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 13 UWG Anm. 12), ist dem nicht zu folgen. Denn eine solche passive Beteiligung ist nicht der eigentlichen Geschäftstätigkeit z. B. dem Anbieten von Dienstleistungen gleichzusetzen (ebenso zutreffend für den Fall der bloßen Lizenzvergabe: BGH. a. a. O. - Funny Paper).
Aus früheren Entscheidungen des Senats ergibt sich nichts anderes. Soweit in diesen die Klagebefugnis z. B. einer Holding-GmbH ohne weiteres bejaht worden ist, ergab sich das aus dem unstreitigen Umstand, dass jene Holding-GmbH eigene Geschäftstätigkeiten nach außen verfolgte und z. B. Tonträger herstellte und vertrieb (OLG Hamburg, 3. Zivilsenat, Urteil vom 10. April 2003, 3 U 175/02) oder im Aktienhandel aktiv war (OLG Hamburg, 3. Zivilsenat, Urteil vom 31. August 2000, 3 U 272/99).
2.) Eine solche (aktive) Tätigkeit betreibt die Antragstellerin nicht. Hiervon ist mit der für das Verfügungsverfahren hinreichenden Wahrscheinlichkeit auszugehen.
Wie sich aus der schon in erster Instanz vorgelegten Datenbank des Wirtschaftsdienstes "C" vom 17. Oktober 2003 ergibt, nimmt die Antragstellerin als Unternehmen die Stellung "einer reinen Komplementärgesellschaft ein. Eine aktive Geschäftstätigkeit erfolgt nicht" (Anlage AG 3). Dieser Hinweis stimmt mit dem Umstand überein, dass die Spielbanken des Landes Schleswig-Holstein von eigenständigen Kommanditgesellschaften betrieben werden, und zwar in der Rechtsform der GmbH & Co. KG (Anlagen AG 1-2). Die Antragstellerin ist demnach eine reine Verwaltungsgesellschaft, die bei den Betreibergesellschaften die Stellung der Komplementärin einnimmt.
Demgegenüber ist es nicht ausreichend, wenn die Antragstellerin unter Hinweis auf ihre eigene Webseite (Anlage ASt K 10) behauptet, sie sei "konzessionierte Betreiberin sämtlicher Spielbanken" in Schleswig-Holstein bzw. deren "Managementgesellschaft". Letztere Umschreibung passt auch zu der Tätigkeit einer reinen Verwaltungsgesellschaft. Aktive Geschäftstätigkeiten im Sinne der eines Mitbewerbers (hier: einer Spielbank) sind damit nicht glaubhaft gemacht.
Nichts anderes ergibt sich aus einem "Prüfbericht" über die Antragstellerin (Anlage ASt K 11). Abgesehen davon, dass es sich nur einen Auszug von zwei Seiten eines an die Antragstellerin selbst gerichteten, aber sonst nicht näher autorisierten Dokuments handelt, ist diesem zwar eine Beschreibung des Gegenstandes des Unternehmens zu entnehmen ("... Betrieb von Spielbanken und anderer Glücksspiele einschließlich aller damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte"), dort bleibt aber unerwähnt, dass die Antragstellerin die Stellung einer reinen Komplementärgesellschaft einnimmt und dass keine aktive Geschäftstätigkeit durch die Antragstellerin erfolgt (vgl. wie ausgeführt: Anlage AG 3). Der Prüfbericht dürfte insoweit nur den Unternehmensgegenstand nach dem Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin wiedergeben, für die Klagebefugnis kommt es aber auf die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich an.
Auf die Behauptung der Antragstellerin, ihr Geschäftsführer H. B. sei zugleich Sprecher der "xxx Spielbanken Interessen- und Arbeitsgemeinschaft" ist ebenso unerheblich wie die weitere Behauptung, die Antragstellerin betreibe die Webseite der xxx. Diese Arbeitsgemeinschaft ist nach ihrer eigenen Beschreibung "lediglich eine interne Arbeitsgemeinschaft" (Anlage ASt K 12).
3.) Schließlich kann sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg darauf stützen, das Landgericht Hamburg (Urteil vom 2. März 2004, 312 O 1037/03, vgl. Bl. 77-78) sei von der Klagebefugnis der Antragstellerin ausgegangen. Die Aktivlegitimation ist zwar von Amts wegen zu prüfen, aber diese Prüfung in einem Verfahren hat für andere Rechtsstreitigkeiten selbstverständlich keine Bindungswirkung. Es geht um die tatsächlichen Gegebenheiten bei der Antragstellerin nach der jeweiligen Darlegungs- und Glaubhaftmachungslage. Der Senat hat in einem anderen Verfahren (OLG Hamburg, 3. Zivilsenat, Beschluss vom 1. Juli 2004, 3 U 5/04) den Unterlassungsanspruch aus materiellrechtlichen Gründen verneint und zu der - dort nicht bestrittenen - Klagebefugnis der Antragstellerin nicht Stellung genommen.
II.
Unabhängig von der fehlenden Klagebefugnis der Antragstellerin dürften die Unterlassungsanträge (Haupt- und Hilfsantrag) auch materiellrechtlich unbegründet sein. Das kann aber im Ergebnis dahingestellt bleiben, so dass vorsorglich nur folgendes anzumerken ist:
Die Antragsgegnerin zu 1) ist nicht etwa Betreiberin eines Glücksspiels, sondern eines, wie ausgeführt, Internetportals, sie stellt darin auch eine Suchmaschine zur Verfügung. Durch diese Suchmaschine gelangt man zu den "Angeboten" der in den Verfügungsanträgen (Haupt- und Hilfsantrag) aufgeführten Unternehmen über entsprechende Hyperlinks, die ihrerseits - so die Beanstandung der Antragstellerin - auf deren Webseiten unerlaubte Glücksspiele "unmittelbar" anbieten bzw. dort für diese Glücksspiele werben.
Eine wettbewerbsrechtliche Inanspruchnahme der Antragsgegnerin zu 1) - und über diese auch des Antragsgegners zu 2) als deren Vorstandsvorsitzenden und Organs - käme demgemäß nur aus dem Gesichtspunkt der sog. Störerhaftung in Betracht. Wenn ein Drittunternehmen etwa - um ein Beispiel aus den Verfügungsanträgen zu nehmen - eine Webseite "bamcasino" betreibt, so kann dieser Umstand allein noch keine Prüfungs- und/oder Reaktionspflichten bei der Antragsgegnerin zu 1) auslösen. Dass ein Suchmaschinenbetreiber sich den Inhalt von Websites gleichsam vorsorglich anzusehen hätte, ist verständigerweise nicht zu verlangen. Eine Internetdomain "bimCasino" kann verschiedene Inhalte anbieten, sie ist als solche nicht etwa schon so verdächtig, dass damit die aufgezeigten Prüfungs- und/oder Reaktionspflichten entstünden.
Auf eine unzureichende, insbesondere nicht rechtzeitige Reaktion der Antragsgegnerin zu 1) etwa nach Kenntnis einer bestimmten Dritt-Werbung für ein strafbares Glücksspiel stellen der Hauptantrag und der Hilfsantrag nicht ab (vgl. dazu BGH NJW 2004, 1793 - kurt-biedenkopf.de).
III.
Nach alledem ist die Berufung der Antragstellerin unbegründet, die in der Berufungsverhandlung gestellten Unterlassungsanträge (Haupt- und Hilfsantrag) waren zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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