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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: 3 U 60/03
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14
MarkenG § 24
1. Beim EU-Parallelimport markenrechtlich geschützter Arzneimittel kann sich der Markeninhaber dem unautorisierten Umpacken in eine neu hergestellte äußere Umverpackung (hier: Faltschachtel) widersetzen (§ 24 MarkenG), weil die betreffende Packungsgröße (hier: 6 Fertigspritzen) durch Bündeln von Packungen mit je 1 Fertigspritze erstellt werden kann.

2. Dass für diese Packungsgröße (6 Fertigspritzen) die Verwendung einer anderen Packungsgröße des Ursprungslandes (hier: 12 Fertigspritzen) wirtschaftlich vorteilhafter wäre, rechtfertigt eine neue Umverpackung statt der Bündelung nicht.

3. Die Sachlage bei einer anderen, zu erstellenden inländischen Packungsgröße (hier: 30 Fertigspritzen) ist wegen des anderen Streitgegenstandes nicht mitzuberücksichtigen.

4. Die Entscheidung des EuGH (Urt. v. 19. 9. 2002 - Rechtsache C - 433/00 - Insuman) gilt nur für "zentral" zugelassene Arzneimittel.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 60/03

Verkündet am: 29.01.2004

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 11. Dezember 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerinnen wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 4. März 2003 abgeändert.

Die Beschlussverfügung des Landgerichts in der bestätigten Fassung zu Ziffer 2.) wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Verfügungsantrag wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Antragsgegnerinnen zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfügungsverfahrens in beiden Instanzen tragen die Antragstellerin 3/5 und die Antragsgegnerinnen wie Gesamtschuldner 2/5.

Gründe:

A.

Die Antragstellerin vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland das in ihrem Konzern hergestellte Arzneimittel "P-xxxxx-A" zur Behandlung von Virus- und Tumorerkrankungen (Anlage ASt 1). Die Bezeichnung P-xxxxxx ist für die Schweizer Konzerngesellschaft der Antragstellerin als IR-Marke u. a. in Deutschland markenrechtlich geschützt (Anlagen ASt 2-3, 19; im Folgenden: Klagemarke), die Antragstellerin ist als Markenlizenznehmerin für Deutschland von der Markeninhaberin beauftragt und bevollmächtigt, gegen Verletzungen der Klagemarke vorzugehen (Anlage ASt 4).

Die Antragsgegnerin zu 1) befasst sich - zusammen mit der Antragsgegnerin zu 2) im Mitvertrieb - mit dem Parallelimport von Arzneimitteln. Die Antragsgegnerinnen vertreiben im Wege des Parallelimports aus Frankreich das Arzneimittel "P-xxxxx-A" in neu hergestellten Umverpackungen und mit von ihnen stammenden Gebrauchsinformationen.

Die Verwendung der neuen Umverpackungen und Angaben auf den Gebrauchsinformationen beanstandet die Antragstellerin als Verletzung ihrer Markenrechte und als wettbewerbswidrig. Sie nimmt die Antragsgegnerinnen deswegen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Die Originalpackungen des Arzneimittels "P-xxxxx-A" (Fertigspritzen mit 0,5 ml Injektionslösung) sind in Frankreich in den Dosierungsstärken 3 Mio. I. E. und 4,5 Mio. I. E. jeweils in den Packungsgrößen mit 1 Fertigspritze und 12 Fertigspritzen auf dem Markt (Anlagen ASt 5-6, 16; Bl. 41). In Deutschland sind in beiden Dosierungsstärken jeweils Gebinde mit 6, 12 und 30 Fertigspritzen auf dem Markt.

Die Antragsgegnerinnen vertreiben im Inland das Arzneimittel jeweils in beiden Dosierungsstärken in den Gebindegrößen mit 6, 12 und 30 Fertigspritzen. Sie verwenden für die Packungsgröße mit 6 Fertigspritzen eine neu hergestellte Umverpackung (Anlagen ASt 10-11). Durch Bündeln solcher Packungen mit 6 Fertigspritzen erstellen sie die Packungsgröße mit 30 Fertigspritzen (Anlagen ASt 12-13).

Bei sämtlichen Packungsgrößen des umgepackten Arzneimittels - auch für die Packungsgröße mit 12 Fertigspritzen in überklebter Originalumverpackung (Anlagen ASt 8-9) - ist eine Gebrauchsinformation beigefügt, die ausschließlich folgende Herstellerangaben enthält:

"Pharmazeutischer Unternehmer: E-xxxxx Arzneimittel GmbH, D-0000 F. für das Inverkehrbringen in der Bundesrepublik Deutschland freigegeben durch M Pharma GmbH, D-0000 F." (Anlagen ASt 8-13).

Diese Gebrauchsinformationen weisen keinen Hinweis auf das ursprüngliche Hersteller-Unternehmen der Antragstellerin auf. Dagegen befindet auf der äußeren Umverpackung jeweils der Hinweis: "Hersteller: Produits R-xxxx S. A., Deutschland. Umverpackt M Pharma GmbH, ein herstellerunabhängiges Unternehmen ..." (vgl. Anlagen ASt 8-13).

Das Landgericht hat in seiner Beschlussverfügung vom 1. August 2002 den Antragsgegnerinnen unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel verboten,

1. das Arzneimittel "P-xxxxx-A" (Fertigspritzen mit 0,5 ml Injektionslösung) in den Dosierungsstärken 3 Mio. I. E. und/oder 4,5 Mio. I. E. französischen Ursprungs für den Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland in neue äußere Umverpackungen mit 6 Fertigspritzen umzupacken und auf diesen Packungen die Marke "P-xxxxx" anzubringen und/oder derart gekennzeichnete Umverpackungen feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen,

2. das Arzneimittel "P-xxxxx-A" mit Gebrauchsinformationen in Verkehr zu bringen, in denen der ursprüngliche Hersteller nicht angegeben ist und/oder die die Angabe enthalten: "Für das Inverkehrbringen in der Bundesrepublik Deutschland freigegeben durch M Pharma GmbH, D-0000 F. ".

Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2003 haben die Antragsgegnerinnen eine dem Verbotsausspruch zu 1.) der Beschlussverfügung entsprechende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben lassen, und zwar mit dem Zusatz:

"... es sei denn, die Umverpackungen werden ausschließlich für solche Fertigspritzen gefertigt, welche bei der Erstellung der Packungsgröße á 12 Fertigspritzen unter Verwendung importierter Originalpackungen mit 12 Fertigspritzen übrigbleiben" (Bl. 28-29).

In der Widerspruchsverhandlung hat die Antragstellerin die Beschlussverfügung im Verbotsausspruch zu 1.) unverändert und im Übrigen mit der Maßgabe verteidigt, dass der Verbotsausspruch zu 2.) folgende Fassung erhält:

(2.) das Arzneimittel "P-xxxxx-A" mit Gebrauchsinformationen in Verkehr zu bringen, in denen nur folgende Herstellerangabe enthalten ist: "Für das Inverkehrbringen in der Bundesrepublik Deutschland freigegeben durch M Pharma GmbH, D-0000 F. ".

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 4. März 2003 seine einstweilige Verfügung bestätigt, hinsichtlich des Verbotsausspruchs zu 2. ("I.1.2") mit der Maßgabe, dass den Antragsgegnerinnen bei Vermeidung bestimmter Ordnungsmittel verboten wird,

2. das Arzneimittel "P-xxxxx-A" mit Gebrauchsinformationen in Verkehr zu bringen, in denen nur folgende Herstellerangabe enthalten ist: "... für das Inverkehrbringen in der Bundesrepublik Deutschland freigegeben durch M Pharma GmbH, D-0000 F. ".

Gegen dieses Urteil insgesamt richtet sich die Berufung der Antragsgegnerinnen. Sie beantragen unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung in der bestätigten Fassung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen. Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil.

In der Berufungsinstanz haben die Antragsgegnerinnen mit Schriftsatz vom 12. Juni 2003 ihre Unterlassungserklärung eingeschränkt abgeben lassen, sie entspricht dem Verbotsausspruch zu 1.) der Beschlussverfügung, und zwar nunmehr mit dem Zusatz:

"... es sei denn, die Umverpackungen werden ausschließlich für die 6 Fertigspritzen verwendet, die bei der Erstellung der Packungsgröße á 6 und 30 Fertigspritzen unter Verwendung importierter Originalpackungen mit 12 Fertigspritzen übrig bleiben" (Bl. 100).

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerinnen hat in der Sache hinsichtlich des Verfügungsantrages gemäß Ziffer 1.) der Beschlussverfügung keinen Erfolg (I.), bezüglich der Ziffer 2.) der Beschlussverfügung in der vom Landgericht bestätigten Fassung ist die Berufung begründet (II.).

I.

Der Verfügungsantrag gemäß dem Verbotsausspruch zu 1.) der Beschlussverfügung ist auch nach Auffassung des Senats aus § 14 MarkenG zulässig und begründet, und zwar gegenüber beiden Antragsgegnerinnen.

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist der Vertrieb (und die weiteren im Antrag genannten Handlungen) des aus Frankreich parallelimportierten Arzneimittels "P-xxxxx-A" (Fertigspritzen mit 0,5 ml Injektionslösung) der Packungsgröße zu 6 Fertigspritzen in den beiden Dosierungsstärken unter Verwendung von neu hergestellten Umverpackungen.

2.) Hinsichtlich dieses Verfügungsantrages ist das Landgericht zutreffend von der Dringlichkeit ausgegangen, der Antrag ist zulässig.

Die auch für Unterlassungsansprüche aus MarkenG bestehende Vermutung der Eilbedürftigkeit ist insoweit nicht widerlegt:

Das Vorgehen der Antragstellerin ist ausreichend zügig. Die Vorabinformation erfolgte mit Schreiben der Antragsgegnerin zu 1) vom 26. April 2002 (Anlage ASt 7), die Musterübersendung unter dem 23. bzw. 24. Mai 2002 (Anlage ASt 14). Die Abmahnung gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) erfolgte mit Schreiben vom 27. Juni 2002 (Anlage ASt 14), der Verfügungsantrag gegen beide Antragsgegnerinnen ist am 31. Juli 2002 bei Gericht eingegangen.

3.) Der Unterlassungsantrag ist aus § 14 MarkenG begründet, hinsichtlich der Klagemarke ist keine markenrechtliche Erschöpfung eingetreten.

(a) Die Antragsgegnerinnen können ohne weiteres Bündelpackungen erstellen, indem sie die Packungen aus Frankreich in der Packungsgröße zu 1 Fertigspritze importieren.

Der Umstand, dass sie möglicherweise beim Bezug größerer Packungen aus Frankreich mehr Gewinn machen könnten, ist ohne Belang. Dass einer Bündelpackung mit 6 Fertigspritzen unter Verwendung der Packungsgröße zu 1 Fertigspritze nicht unzumutbar ist, verkennen die Antragsgegnerinnen nicht mehr (Bl. 101).

Weshalb die Packungsgröße mit 1 Fertigspritze nur ein "pro-forma-"Angebot in Frankreich sein soll, wie die Antragsgegnerinnen in erster Instanz zunächst eingewandt haben (Bl. 49), ist nicht erkennbar. Zudem hat die Antragstellerin vortragen lassen, dass es in Frankreich diese Packungsgröße tatsächlich gibt, sie werde in beiden Wirkstoffstärken an Apotheken in gleicher Anzahl ausgeliefert wie die Packungsgröße zu 12 Fertigspritzen, an Kliniken würde nur die Packungsgröße zu 1 Fertigspritze abgegeben (Bl. 53), dem sind die Antragsgegnerinnen nicht entgegen getreten.

Unerheblich ist, dass die Antragsgegnerinnen - wie sie in der Berufungsinstanz noch vortragen - die Packungsgröße zu 1 Fertigspritze von ihren Lieferanten bisher nicht angeboten bekommen haben:

Es gibt die Packungsgröße zu 1 Fertigspritze in Frankreich, demgemäß kann sie - wie die Packungsgröße zu 12 Fertigspritzen - zur Erstellung sämtlicher Packungsgrößen im Inland herangezogen werden. Die EuGH- und BGH-Rechtsprechung zum Parallelimport von Arzneimitteln hat mehrfach entschieden, dass es bei der gemeinschaftsrechtlichen Erschöpfung des Markenrechts nicht darum geht, dem Parallelimport bei mehreren Vertriebsmöglichkeiten den jeweils bequemsten oder billigsten Weg zu eröffnen. Die Belange des Parallelimports sind gewahrt, wenn er den Marktzutritt erhält, das ist vorliegend hinsichtlich der in Rede stehenden Packungsgrößen der Fall.

(b) Das Argument der Antragsgegnerinnen, sie müssten die allein von ihr importierte Packungsgröße zu 12 Fertigspritzen auch für die Packung mit 6 Fertigspritzen verwenden, greift nicht durch.

Maßgeblich kann nicht eine vom Parallelimporteur bevorzugte bestimmte Importgewohnheit sein, sondern die Marktgegebenheiten im Exportland. Vorliegend gibt es in Frankreich auch die Packungsgröße zu 1 Fertigspritze (Bl. 41; Anlage ASt 16). Die Antragsgegnerinnen sind allerdings nicht gehindert, ihre bisherigen Bezugsgewohnheiten beizubehalten; das gerichtliche Verbot bezieht sich allein auf bestimmte Handlungen beim Parallelimport und berührt die von ihnen herangezogene Berufsfreiheit (Art. 12 GG) nicht.

Deswegen greift auch nicht das Argument der Antragsgegnerinnen durch, sie seien von "situativen Warenüberhängen im Ausfuhrland" abhängig. Auch insoweit besteht der Marktzutritt, gegebenenfalls unter dem objektiv möglichen Bezug weiterer Ware, um die Bündelungen vornehmen zu können.

(c) Der Einwand der Antragsgegnerinnen, überklebte Originalumverpackungen müssten sie nur für Packungsgrößen verwenden, die beim Import bezüglich der Inhaltsmenge unverändert blieben, ist unzutreffend.

Wie der Senat mehrfach entschieden hat, ist der Parallelimporteur gehalten, gegebenenfalls auf- und/oder abzustocken und/oder zu bündeln.

(d) Das Argument der Antragsgegnerinnen zu der Packungsgröße mit 30 Fertigspritzen greift ebenfalls nicht durch.

(aa) Zum einen ist der Vertrieb des Arzneimittels in der Packungsgröße zu 30 Fertigspritzen nicht Streitgegenstand, es geht allein um die Packungsgröße zu 6 Fertigspritzen. Deswegen kann nicht unterstellt werden, den Antragsgegnerinnen wäre es verwehrt, für diese Packungsgröße eigene äußere Umverpackungen zu verwenden.

(bb) Zum anderen können sich die Antragsgegnerinnen auch nicht mit Erfolg darauf berufen, wenn sie zur Konfektionierung der Packungsgröße mit 30 Fertigspritzen jeweils drei Packungen der französischen Packungsgröße zu 12 Fertigspritzen verwendeten, blieben 6 Fertigspritzen übrig und sie müssten (wenigstens) diese Reste in Packungen mit neu hergestellten Umverpackungen verwenden dürfen.

Die Antragsgegnerinnen können die Inlandspackungsgröße zu 30 Fertigspritzen statt dessen z. B. in der Weise herstellen, dass sie jeweils zwei Packungen zu 12 Fertigspritzen und sechs Packungen zu 1 Fertigspritze bündeln. Auf die obigen Ausführungen zum Bezug der Packung zu 1 Fertigspritze wird Bezug genommen.

Soweit es tatsächlich, wie die Antragsgegnerinnen noch einwenden, im Einzelfall mit den Chargen-Nummern Probleme geben sollte, haben sie außerdem die weitere Möglichkeit, die restlichen 6 Fertigspritzen bei Erstellung der nächsten Packung mit 30 Fertigspritzen mitzuverwenden. Es lassen sich mit fünf französischen Packungen (5 x 12 Fertigspritzen) ohne weiteres und ohne Rest zwei Packungen zu je 30 Fertigspritzen erstellen.

4.) Aus der "Insuman"-Entscheidung des EuGH (Anlage AG 1) ergibt sich nichts anderes. Die Entscheidung erging hinsichtlich eines zentral zugelassenen Präparats.

Im vorliegenden Fall geht es um das Arzneimittel "P-xxxxx-A" (Fertigspritzen mit 0,5 ml Injektionslösung), das jeweils eine nationale arzneimittelrechtliche Zulassung besitzt. Demgemäß gibt es im Inland keine auf die einzelne Packungsgröße bezogene spezielle Zulassungsnummer und daher auch keine Verwirrungsgefahr der Verbraucher, die der EuGH bei einem zentral zugelassenen Arzneimittel aus formalen Gründen angenommen hat, weil durch das Bündeln Zuordnungsprobleme zwischen Packungsgröße und Zulassungsnummer entstehen könnten (vgl. hierzu auch die Senatsentscheidung OLG Hamburg, Urteil vom 18. September 2003 - 3 U 209/02, zur Veröffentlichung bestimmt).

5.) Die erstinstanzlich abgegebene Unterlassungserklärung der Antragsgegnerinnen (Bl. 28) hat den Unterlassungsanspruch auch nicht teilweise unbegründet gemacht.

Nach dieser Unterlassungserklärung soll der Vertrieb des parallelimportierten Arzneimittels mit neu hergestellten Umverpackungen in der Packungsgröße zu 6 Fertigspritzen unterbleiben (in der Berufungsbegründung Bl. 100 nicht richtig zitiert),

"... es sei denn, die Umverpackungen werden ausschließlich für solche Fertigspritzen gefertigt, welche bei der Erstellung der Packungsgröße á 12 Fertigspritzen unter Verwendung importierter Originalpackungen mit 12 Fertigspritzen übrigbleiben" (Bl. 28-29).

Nach dem Wortlaut der Erklärung hätten sich die Antragsgegnerinnen damit generell - und damit auch für den Fall der Resteverwertung - zur Unterlassung verpflichtet, denn die einzige Verbotsausnahme beträfe den Fall, dass beim Import der Packungsgröße zu 12 Fertigspritzen und dem Vertrieb dieser Packungsgröße im Inland etwas übrig bliebe. So soll das aber offenbar nicht gemeint sein, wegen der Unklarheit der abgegebenen Erklärung besteht aber auch kein Anhalt, eine teilweise Erledigung des Unterlassungsanspruchs in Betracht zu ziehen.

6.) Die in der Berufungsinstanz wegen des abweichenden Wortlauts zwar nicht wiederholte, aber jedenfalls erstmalig abgegebene Unterlassungserklärung der Antragsgegnerinnen (Bl. 100) hat den Unterlassungsanspruch auch nicht teilweise unbegründet gemacht.

Nach dieser Unterlassungserklärung soll der Vertrieb des parallelimportierten Arzneimittels mit neu hergestellten Umverpackungen in der Packungsgröße zu 6 Fertigspritzen unterbleiben,

"... es sei denn, die Umverpackungen werden ausschließlich für die 6 Fertigspritzen verwendet, die bei der Erstellung der Packungsgröße á 6 und 30 Fertigspritzen unter Verwendung importierter Originalpackungen mit 12 Fertigspritzen übrig bleiben" (Bl. 100).

Damit wird von der Unterlassungserklärung nach ihrem Wortlaut "nur" der Sachverhalt erfasst, bei dem die Packungsgröße mit 1 Fertigspritze als Importmaterial verwendet wird. In diesem Fall müssten die Antragsgegnerinnen bündeln, weil sie keine neu erstellte Umverpackung verwenden wollen (Anlage AG 1). Ob die Antragsgegnerinnen das wollen, wenn ihnen auch im Übrigen die Verwendung von neu hergestellten Umverpackungen für die Packungsgröße zu 6 Fertigspritzen markenrechtlich untersagt ist, kann nicht angenommen werden.

Die verbleibenden Unklarheiten zwingen die Antragstellerin nicht etwa zu einer Teilerledigungserklärung.

II.

Der Verfügungsantrag gemäß der Ziffer 2.) der Beschlussverfügung in der bestätigten Fassung ist nach Auffassung des Senats mangels Dringlichkeit unzulässig.

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Inverkehrbringen des Arzneimittels "P-xxxxx-A" mit Gebrauchsinformationen, wie sie im Verbotsausspruch des landgerichtlichen Urteils beschrieben sind.

Es geht um den Parallelimport des Arzneimittels, wobei das Verbot keine Bestimmung zur Konfektionierung der Packung außerhalb der Gebrauchsinformation enthält. Demgemäß sind vom Verbot auch die Fallgestaltungen erfasst, in denen auf der äußeren Umverpackung der ursprüngliche ausländische Hersteller des Mittels auf der Umverpackung vermerkt ist.

Deswegen kann im Übrigen entgegen den Ausführungen des Landgerichts nach dem Streitgegenstand nicht auf eine bestimmte Ausgestaltung der äußeren Umverpackungen (etwa gemäß Anlagen ASt 8-13) abgestellt werden und darauf - im Rahmen der Begründetheit des Unterlassungsanspruchs - die Annahme einer "Zuordnungsverwirrung" durch unterschiedliche Angaben auf der äußeren Umverpackung einerseits und in der Gebrauchsinformation andererseits gestützt werden.

Nach dem Streitgegenstand geht es um die Verwendung von "P-xxxxx-A"- Gebrauchsinformationen, die nur die Herstellerangabe enthalten: "Für das Inverkehrbringen in der Bundesrepublik Deutschland freigegeben durch M Pharma GmbH, D-0000 F. ". Mit dem "nur" ist gemeint, dass es in der Gebrauchsinformation keinen Hinweis auch auf den ursprünglichen Originalhersteller gibt. Sollte das aber der Fall sein, so ist der genannte Hinweis ("... freigegeben durch ...") nicht Verbotsgegenstand.

2.) Die Dringlichkeit für den Verfügungsantrag ist nicht gegeben.

(a) Dringlichkeitsschädlich ist allerdings nicht der Umstand, dass die Antragstellerin den Verfügungsantrag zunächst nur auf AMG-Vorschriften und im Widerspruchsverfahren unter Abänderung der Antragsfassung auch auf Verletzung des Markenrechts gestützt hat.

Das Verbot ist unter teilweiser Antragszurücknahme gegen die konkrete Verletzungsform gerichtet, an der hat sich nichts geändert. Die zusätzliche herangezogene Anspruchsgrundlage führt insoweit zwar zu einem anderen Streitgegenstand, lässt aber die Dringlichkeit unberührt.

(b) Die Eilbedürftigkeit ist entfallen, weil es unstreitig ist, dass die Antragsgegnerinnen unwidersprochen seit Jahren ihre Gebrauchsinformationen in der beanstandeten Weise gestaltet haben und die Antragstellerin davon seit längerem Kenntnis hat.

In der Berufungsbegründung gemäß Schriftsatz vom 12. Juni 2003 haben die Antragsgegnerinnen dazu folgendes vortragen lassen:

"Die Antragsgegnerinnen nehmen seit Jahr und Tag die Kennzeichnung in der Gebrauchsinformation so vor, dass die Antragsgegnerin zu 1) als pharmazeutischer Unternehmerin und die Antragsgegnerin zu 2) nach dem Passus 'Für das Inverkehrbringen in der Bundesrepublik Deutschland freigegeben durch' bezeichnet wird. Die Antragstellerin als markenrechtlich Befugte hat seit fast einem Jahrzehnt bei den von der Antragsgegnerin zu 1) vertriebenen parallelimportierten Arzneimitteln entsprechende Gestaltungen der Gebrauchsinformationen, die ihr allesamt zu Prüfung vorgelegt worden sind, unbeanstandet gelassen. Sollte die Antragstellerin dies wider Erwarten bestreiten wollen, können hierzu umfangreiche Bemusterungsvorgänge und anschließender Korrespondenz mit der zuständigen Abteilung der Antragstellerin dokumentiert werden, die auch zu markenrechtlichen Beanstandungen geführt haben, bei denen jedoch niemals die Nichtangabe des 'ursprünglichen Herstellers' in der Gebrauchsinformation beanstandet wurde" (Bl. 104-105).

Dieses Vorbringen hat die Antragstellerin nicht bestritten. Demgemäß ist wegen der jahrelangen Kenntnis der Antragstellerin vom Verletzungsfall die Dringlichkeit entfallen.

III.

Nach alledem ist die Berufung der Antragsgegnerinnen nur teilweise begründet, im Übrigen war sie zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, § 100 Abs. 4 ZPO analog.

Ende der Entscheidung

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