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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 31.10.2002
Aktenzeichen: 3 U 62/02
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
1) Zwischen einer Rechtsanwaltssozietät und einem Schreibbüro, das unter der beanstandeten, irreführenden Angabe "Juristische Korrespondenz" Schreibarbeiten für Rechtsanwälte durchführt, besteht kein Wettbewerbsverhältnis.

2) Soweit der Rechtsanwaltssozietät auch Steuerberater angehören, besteht zwar ein Wettbewerbsverhältnis, soweit das Schreibbüro auch Buchhaltungen anbietet. Insoweit fehlt es jedoch an der wettbewerblichen Relevanz.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 62/02

Verkündet am: 31. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 26. September 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 28. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

Die Antragsstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 25.000 DM = 12.782 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Antragsgegnerin erledigt Schreibarbeiten für Rechtsanwälte und führt Buchhaltungen aus. Auf ihrem Firmenschild, das über der Eingangstür ihres Betriebs angebracht ist ( vgl. Anlagen AG 1 und 2 ), heißt es:

"Gxxxxxx / Juristische Korrespondenz / Buchhaltungen".

Die Antragstellerin, eine Rechtsanwaltssozietät, zu der auch eine Rechtsanwältin, die zugleich Steuerberaterin ist, und ein Steuerberater gehören, beanstandet die Angabe "Juristische Korrespondenz". Sie sieht darin einen Verstoß gegen § 1 UWG in Verbindung mit dem Rechtsberatungsgesetz und gegen § 3 UWG.

Die Antragstellerin hat am 7. Dezember 2001 gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung erwirkt. Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht die einstweilige Verfügung durch Urteil vom 28. Februar 2002 aufgehoben. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der Berufung und beantragt,

der Antragsgegnerin unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für ihren Gewerbebetrieb unter Verwendung des Slogans "Juristische Korrespondenz" zu werben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin

zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht die einstweilige Verfügung vom 7. Dezember 2001 aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Der Antrag richtet sich allein gegen die Angabe "Juristische Korrespondenz", dagegen nicht ( auch ) gegen die Angabe "Buchhaltungen". Gleichwohl ist bei der Beurteilung zu berücksichtigen, daß die Antragsgegnerin auch Buchhaltungen ausführt.

Zutreffend hat das Landgericht Ansprüche aus § 1 UWG in Verbindung mit dem Rechtsberatungsgesetz und aus § 3 UWG verneint.

1) Da die Antragsgegnerin, soweit es um "Juristische Korrespondenz" geht, tatsächlich, wovon der Senat auszugehen hat, keine Rechtsbesorgung betreibt, sondern lediglich Schreibarbeiten für Rechtsanwälte erledigt, scheidet ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz aus. Das hat das Landgericht zutreffend verneint. Auf seine Ausführungen wird Bezug genommen ( vgl. auch OLG Köln GRUR 1991, 775 sowie das von der Antragstellerin überreichte Urteil des OLG Karlsruhe vom 16. Dezember 1998 - Az. 6 U 181/98 - ).

2) Ein Anspruch aus § 3 UWG ist ebenfalls zu verneinen.

a) Auf Grund der Angabe "Juristische Korrespondenz" erwartet allerdings ein nicht völlig unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, daß die Antragsgegnerin nicht nur bloße Schreibarbeiten juristischen Inhalts erledigt, sondern mit der juristischen Korrespondenz zumindest auch eine Rechtsbesorgung verbunden sein kann. Der Begriff "Juristische Korrespondenz", so wie die Antragsgegnerin ihn im vorliegenden Zusammenhang gebraucht, ist nicht eindeutig. Nach dem Wortsinn bedeutet er "Juristischer Schriftverkehr". Das wird nicht allgemein nur im Sinne etwa von "Schreibarbeiten juristischen Inhalts", insbesondere für Juristen wie Rechtsanwälte = "Schreibbüro für Rechtsanwälte", verstanden. Die Angabe "Juristischer Schriftverkehr" könnte den Verkehr auch darauf hinweisen, daß es um die Verfassung juristischer Schriftstücke oder um juristische Formulierungshilfe geht. Wegen der Mehrdeutigkeit des Begriffs wird ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs annehmen, die Antragsgegnerin verfasse juristische Schreiben für Dritte oder unterstütze ihn juristisch bei Verfassung eines Schreibens. b) Ein Anspruch aus § 3 UWG scheitert jedoch aus anderen Gründen.

aa) Soweit die Antragstellerin aus Rechtsanwälten besteht, fehlt es an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Die Erledigung von Schreibarbeiten, wenn auch juristischen Inhalts, gehört nicht zum Angebotsbereich eines Rechtsanwalts. Für ihn handelt es sich um büromäßige Hilfstätigkeiten, mit denen er nicht in Wettbewerb steht zu einem Unternehmen, das wie die Antragsgegnerin ( insoweit ) reine Schreibarbeiten anbietet.

Entsprechendes gilt, soweit der Antragstellerin auch Steuerberater angehören. Diese sind ebenfalls nicht in ihrer Wettbewerbsstellung betroffen, soweit es um die Schreibarbeiten der Antragsgegnerin geht.

bb) Etwas anderes ergibt sich im Ergebnis nicht daraus, daß die Antragsgegnerin außerdem buchhalterische Leistungen anbietet, die auch zum Aufgabenbereich eines Steuerberaters gehören können. Insoweit fehlt es an einer relevanten Irreführung in einem zumindest nicht nur unerheblichen Umfange.

Als irregeführt kommen nur Kunden in Betracht, die die Antragsgegnerin noch nicht kennen und nicht wissen, was sie tut. Wer erstmals überlegt, ob er bei ihr buchhalterische Leistungen in Anspruch nehmen will, begegnet ihrem Buchhaltungs-Angebot angesichts des Gegenstandes dieses Angebots nicht etwa nur flüchtig, sondern in hohem Maße verständig und kritisch. Soweit solche Interessenten dabei wahrnehmen, daß die Antragsgegnerin auch "Juristische Korrespondenz" anbietet, und soweit sie auf Grund dieser Angabe außerdem erwarten, daß die Antragsgegnerin juristische Schreiben für Dritte verfasse oder ihnen zumindest juristische Formulierungshilfe leiste, könnte in der Tat ein Teil dieser Interessenten eine gedankliche Verbindung zwischen der "Juristischen Korrespondenz" und den "Buchhaltungen" herstellen und eine zusätzliche Qualifikation erwarten, die sie - gewissermaßen im Rahmen eines Paketangebots - für eine Buchhaltung durch die Antragsgegnerin mitnutzen könnten. Die Antragstellerin weist zu Recht darauf hin, daß der Eindruck einer zusätzlichen Qualifizierung entstehen kann, wenn jemand nicht nur Buchhaltungen, sondern zugleich juristische Korrespondenz im Sinne einer Rechtsbesorgung anbietet.

Insoweit besteht zwar ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Der Senat vermag jedoch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß sich ein bereits erheblicher Teil der potentiellen Kunden, die Buchhaltungen benötigen, ( auch ) wegen des Zusatzes "Juristische Korrespondenz" für die Antragsgegnerin entscheidet, weil er bei ihr eine höhere Qualifizierung für Buchhaltungen erwartet und/oder ein Gesamtangebot gewissermaßen als Paket wahrnehmen möchte.

Die Berufung der Antragstellerin ist demnach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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