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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 31.01.2002
Aktenzeichen: 3 U 72/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 259
BGB § 260
ZPO § 888
Ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung gegeben und wird die Auskunft offensichtlich unvollständig erteilt, so ist ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit der erteilten Auskunft (§§ 259, 260 BGB) nicht begründet. Vielmehr besteht ein gegebenenfalls nach § 888 ZPO zu vollstreckender Anspruch auf Ergänzung der Auskunft.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 72/01

Verkündet am: 31. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 20. Dezember 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 30. Januar 2001 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das Urteil beschwert die Klägerin in Höhe von 12.782 € (= 25.000.- DM).

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 12.782 € (= 25.000.- DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung betreffend die Richtigkeit der von ihnen erteilten Auskünfte.

Die Beklagte zu 1) - der Beklagte zu 2) ist ihr Geschäftsführer - vertreibt Geräte der sog. Feuerlöschtechnologie IXXX 3000. Die Klägerin stellt die hierzu gehörenden Systembestandteile (die Feuerlöschpistole IXXX 3001 und die IXXX Intruder-Impulskanone) her, mit der sie die Beklagte zu 1) beliefert. Hierüber wurde am 25. Februar 1995 eine zunächst bis zum 1. März 2005 gültige "Rahmenvereinbarung" geschlossen (Beiakte Landgericht Hamburg 312 O 619/99, dort: Anlage K 2).

Zwischen den Parteien ist es wegen der Frage, ob den Beklagten verboten ist, Einzelteile der Feuerlöschpistole IXXX 3001 und der Intruder selbst herzustellen oder von Drittunternehmen zu beziehen, zu gerichtlichen Auseinandersetzungen gekommen (vgl. das einstweilige Verfügungsverfahren Landgericht Hamburg 312 O 562/98 = HansOLG Hamburg 3 U 18/99 nebst Aufhebungsverfahren HansOLG Hamburg 3 U 83/01 sowie die Hauptsacheklage Landgericht Hamburg 312 O 619/99).

In dem vorangegangenen Klageverfahren gleichen Rubrums (Beiakte Landgericht Hamburg 312 O 619/99) schlossen die Parteien am 29. Februar 2000 einen Prozessvergleich, auf Grund dessen sich die Beklagten gegenüber der Klägerin verpflichteten, dieser folgende Auskunft zu erteilen:

a) über die Menge der selbst hergestellten oder von Dritten hergestellten, bestellten und gelieferten Einzelteile der Löschpistole IXXX 3001 und der Intruder, und zwar unter Angabe der entsprechenden Bestelldaten, Herstellungsdaten, Lieferzeiten sowie unter Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten sowie der Empfänger;

b) die einzelnen Lieferungen derartiger Einzelteile aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer;

c) der Anzahl der selbst oder durch Dritte fertig montierten Löschpistolen und Intruder unter Angabe der Fertigungsdaten und -mengen der an Dritte herausgegangenen Bestellungen, der gezahlten Preise und der Daten und Mengen der bezogenen Fertigwaren;

d) der einzelnen Angebote der Fertigwaren, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;

e) der einzelnen Lieferungen derartiger Fertigwaren, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Empfänger (Anlage K 1).

Nach Abschluss des Vergleichs haben die Parteien im dortigen Verfahren in derselben mündlichen Verhandlung vom 29. Februar 2000 zu Protokoll erklärt:

"Die Parteien sind sich dahin einig, dass es bei der Auskunft nicht um lange zurückliegende Vorgänge des Bezuges von Teilen durch die Beklagten gehen soll. Bei den in der Vergangenheit im Einverständnis mit der Klägerin vorgenommenen Bestellungen, die teilweise auch für die Parteien gemeinsam vorgenommen worden sind, handelt es sich nach Auffassung der Klägerin nicht um vertragsverletzende Maßnahmen." (Anlage K 1).

Die Beklagten haben sodann mit Anwaltsschreiben vom 3. April, 15. Juni und 4. Oktober 2000 die hieraus ersichtlichen Auskünfte erteilen lassen (Anlagen K 2-4). Für die Auslieferung von 127 fertig montierten Löschpistolen wurden Belege vorgelegt. Im August 2000 lieferte die Beklagte zu 1) weitere 28 Löschpistolen nach Ägypten (Anlage K 6).

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die von den Beklagten erteilten Auskünfte seien unvollständig und unsorgfältig abgefasst. Allein 218 Löschpistolen seien vom 14. Oktober bis 14. November 1998 von der Firma SXXXXXX mit Typenschildern versehen (gelasert) worden (Beweisantritt Bl. 17). Da ausweislich der von den Beklagten vorgelegten Rechnungen bereits am 2. Oktober 1998 30 Löschpistolen ausgeliefert worden seien, müssten schon diese hinzugerechnet werden. Nach den Seriennummern (N 1500 bis N 1763) seien mindestens 264 Löschpistolen montiert und verkauft worden. Da die Seriennummer 1763 bereits in der ersten Lieferung vom 2. Oktober 1998 auftauche, seien die Zahlen (218 und 264) zu addieren. In ihrer Auskunft vom 3. April 2000 hätten die Beklagten aber angegeben, sie hätten insgesamt nur 129 Löschpistolen montiert (Anlage K 2). Auch die Lieferung von 28 Löschpistolen nach Ägypten (vgl. dazu den Lieferschein: Anlage K 6) hätten die Beklagten unerwähnt gelassen.

Zudem seien die Beklagten vergeblich mit Telefax vom 11. Oktober 2000 aufgefordert worden, ihre Auskunft zu aktualisieren (Anlage K 5).

Auf die Kündigung der Rahmenvereinbarung durch die Gegenseite (Anlage B 1) komme es nicht an, sie sei unwirksam, ihr sei widersprochen worden (Anlage K 7).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, die Richtigkeit der von ihnen mit Schreiben vom 3. April, 15. Juni und 4. Oktober 2000 erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage anzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen:

Sie hätten zugestandenermaßen die nicht belegte, aber im Schreiben vom 3. April 2000 (Anlage K 2) genannte Lieferung von 40 - weiteren - Löschpistolen getätigt, die zu den 127 belegten addiert werden müssten.

Das Vorbringen der Gegenseite betreffend die Anbringung der Typenschilder durch die Firma SXXXXXX werde bestritten.

Der Umstand, dass die Lieferung der 28 Löschpistolen nach Ägypten unerwähnt geblieben sei, führe nicht zu einer unvollständigen Auskunft, denn die Lieferung sei erst nach der Kündigung der Rahmenvereinbarung vom 25. Februar 1995 erfolgt, die sie - die Beklagten zu 1) - mit Schreiben vom 25. Juli 2000 (Anlage B 1) ausgesprochen habe.

Mit Urteil vom 30. Januar 2001 hat das Landgericht die Beklagten der Klage stattgegeben. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet haben.

Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend tragen sie vor:

Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Auskunft vom 3. April 2000 unvollständig bzw. unsorgfältig erstellt worden sei. Sie - die Beklagten - seien davon ausgegangen, dass die zusammenfassende Liste und die vorgelegten Belege übereinstimmten.

Auf die Lieferung der 28 Löschpistolen nach Ägypten komme es nicht an, zuvor sei die Rahmenvereinbarung gekündigt worden. Außerdem hätten sie - die Beklagten - die Rahmenvereinbarung mit Schreiben vom 10. Mai 2001 erneut gekündigt (Anlage B 2).

Die Beklagten beantragen,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor:

Die Differenz bei der von den Beklagten erteilten Auskunft sei ohne weiteres vermeidbar gewesen. Zudem seien vom 14. Oktober bis 14. November 1998 insgesamt 238 fertige Löschpistolen mit Typenschildern versehen worden. Außerdem ergebe sich aus der Verwendung der Seriennummern der Beklagten, dass zumindest 264 Löschpistolen fertig montiert gewesen sein; in den Rechnungen tauchten Seriennummern auch mehrfach auf (Bl. 81-82).

Die Kündigung vom 25. Juli 2000 sei unwirksam, ihr sei widersprochen worden; sie sei unbegründet (Bl. 82-83). Zudem hätten die Beklagten nicht zuvor abgemahnt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Beiakten Landgericht Hamburg 312 O 619/99 und 312 O 562/98 (= HansOLG 3 U 18/99 und 3 U 83/01) nebst den dortigen Beiakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist nicht begründet. Sie ist demgemäß unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

I.

Die Klage auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung der Beklagten betreffend die erteilten Auskünfte ist nach Auffassung des Senats nicht begründet.

1.) Gegenstand der Klage ist die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, und zwar hinsichtlich der "Richtigkeit" der in den Schreiben der Beklagten vom 3. April, 15. Juni und 4. Oktober 2000 erteilten Auskünfte. Es geht hierbei um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 259 Abs. 2 BGB analog, und zwar über die sich aus den drei Schreiben (Anlagen K 2-4) insgesamt ergebenden Auskunft. Denn die späteren Schreiben nehmen ergänzend auf die früheren Bezug und sind somit als Einheit zu sehen.

2.) Ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung gegeben und besteht begründeter Verdacht, dass die vom Schuldner gemachten Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht wurden, so kann analog §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners über die Richtigkeit und Vollständigkeit geklagt werden. Ist dagegen die erteilte Auskunft nachweisbar oder offensichtlich unvollständig, so besteht nach zutreffender allgemeiner Ansicht bezüglich der Auskunftserteilung ein Ergänzungsanspruch, der gegebenenfalls über § 888 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. zum Patentrecht: Benkard, Patentgesetz, 9. Auflage, § 139 PatG, Rz. 90-92 m. w. Nw.; vgl. auch zum Markenrecht: Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 19 MarkenG, Rz. 39-41 m. w. Nw.). In solchen Fällen einer unvollständigen Auskunft hat der Berechtigte noch keinen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, sondern erst nach Ergänzung der Auskunft (vgl. allgemein zur Auskunft und Rechnungslegung: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage, § 259 BGB Rz. 40 m. w. Nw.). Auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat der Senat die Parteien in der Berufungsverhandlung hingewiesen.

3.) Nach diesen Grundsätzen besteht nach Auffassung des Senats kein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, sondern ein solcher auf Ergänzung der Auskunftserteilung.

(a) Die Beklagten haben auf Grund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Prozessvergleichs (Anlage K 1) gegenüber der Klägerin Auskünfte erteilt (Anlagen K 2-4), diese sind aber offensichtlich unvollständig und demgemäß zu ergänzen.

Die mit Schreiben vom 3. April 2000 (Anlage K 2) erteilte Auskunft der Beklagten, sie hätten (nur) 129 Löschpistolen an Abnehmer ausgeliefert, ist zunächst unrichtig, wie sich aus der Addition der später dazu vorgelegten Belege ergibt (Anlage K 4). Durch den Umstand, dass die Beklagten ohne Vorlage von Belegen die Auslieferung weiterer 40 Löschpistolen eingeräumt haben, ist die Auskunft der Beklagten nicht etwa ausreichend ergänzt.

Es kann entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht davon ausgegangen werden, dass durch Belege die "Unstimmigkeiten" nunmehr ausgeräumt wären. Die von den Beklagten vorzulegenden Belege dienen nicht etwa zur Ergänzung bzw. Berichtigung, sondern gegebenenfalls zur Bestätigung der insoweit aber noch fehlenden abschließenden Auskunft.

Welche Angaben der Beklagten erkennbar noch fehlen, hat die Klägerin - wenn auch im anderen Begründungszusammenhang - bereits in der Klageschrift aufgeführt. Zum einen werden in der bisher erteilten Auskunft die von der Firma Sxxxxxx mit Typenschildern versehenen Löschpistolen unberücksichtigt gelassen; insoweit reicht es nicht aus, dass die Beklagten die detaillierten Angaben der Klägerin hierzu (Bl. 2) pauschal bestreiten. Zum anderen berücksichtigt die erteilte Auskunft nicht die in Rede stehenden Seriennummern von N 1500 bis N 1763 (vgl. dazu Bl. 3).

(b) Das Argument der Klägerin, die Beklagten hätten die Lieferung von weiteren 28 Löschpistolen nach Ägypten in den Auskünften unerwähnt gelassen, greift für die vorliegende Klage ebenfalls nicht durch.

Diese Lieferung ist unstreitig zu einem Zeitpunkt erfolgt, für die die Beklagten ohnehin keine Auskunft mehr erteilt haben. Das ist offensichtlich. Die Beklagten haben die zwischen den Parteien zunächst bis zum 1. März 2005 bestehende Rahmenvereinbarung (Beiakte Landgericht Hamburg 312 O 619/99, dort: Anlage K 2) mit Schreiben vom 25. Juli 2000 fristlos gekündigt (Anlage B 1) und mit Schreiben vom 10. Mai 2001 eine weitere außerordentliche Kündigung ausgesprochen (Anlage B 2). Deswegen sind die Beklagten auch vergeblich aufgefordert worden, ihre Auskünfte zu aktualisieren (vgl. das Telefax vom 11. Oktober 2000: Anlage K 5).

Ob die fristlosen Kündigungen der Rahmenvereinbarung wirksam sind oder nicht, ist für die vorliegende Klage nicht erheblich. Maßgeblich ist insoweit nur, dass die Beklagten für die Zeit nach der ersten fristlosen Kündigung keine Auskünfte mehr erteilt haben. Insoweit wäre die Auskunft nur zu ergänzen, wenn für diesen Zeitraum noch eine Auskunftspflicht besteht; eine solche Verpflichtung könnte sich aus der Rahmenvereinbarung im Zusammenhang mit dem Prozessvergleich (Anlage K 1) ergeben. Sollte dagegen keine Auskunftspflicht mehr bestehen, so wäre insoweit auch kein Anspruch auf Ergänzung gegeben. In keinem Falle besteht aber insoweit ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung.

II.

Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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