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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: 3 U 72/03
Rechtsgebiete: GG, UWG


Vorschriften:

GG Art. 5
UWG § 1
UWG § 2
UWG § 3
Ein TV-Spot mit vergleichender Preis-Werbung eines Telefondienstanbieters ist nach den Umständen des Einzelfalles irreführend, wenn die Tarife mit Preisen und Geltungsbereich zwar richtig angegeben sind, aber bei der Betrachtung des Films nicht deutlich wird, dass sich der Vergleich nur auf einen (eng) begrenzten Zeitraum der verglichenen Tarife bezieht.

Dem steht weder die grundsätzliche Zulässigkeit eines Vergleichs zwischen einzelnen Tarifen (§ 2 UWG) noch die Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 GG) entgegen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 72/03

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 18. Dezember 2003

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter

Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler

nach der am 11. Dezember 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 28. Februar 2003 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe:

A.

Die Antragstellerin, das größte deutsche Telekommunikations-Unternehmen, betreibt ein bundesweites Telefonnetz und stellt den Verbrauchern auch die Telefonanschlüsse zur Verfügung. Die Antragsgegnerin vermittelt ebenfalls Telefongespräche im Festnetz und steht mit der Antragstellerin im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin warb für ihre Telefondienstleistung mit einem TV-Werbespot von 30 Sekunden Dauer (vgl. das Storyboard: Anlage ASt K 5, vgl. die Aufzeichnung: Videokassette), den die Antragstellerin als wettbewerbswidrig beanstandet.

Mit dem Urteil vom 28. Februar 2003 hat das Landgericht seine Beschlussverfügung vom 16. Januar 2003 bestätigt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel verboten worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit den durch das als Anlage K 5 beigefügten Story-Board gekennzeichneten TV-Spots zu werben und/oder werben zu lassen (es folgt die Kopie des Story-Boards gemäß Anlage ASt K 5).

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung, sie beantragt die Aufhebung der Beschlussverfügung und die Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrages. Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Seit der Liberalisierung des Marktes für Telefondienstleistungen im Festnetz ab 1998 bieten eine Vielzahl von Unternehmen diese Leistungen an. Die Telefonkunden haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, statt der Verbindung über die Antragstellerin die Dienstleistungen der neuen Anbieter zu wählen: Zum einen können sich die Kunden bei einer sog. dauerhaften Voreinstellung ("Pre-Selection") dafür entscheiden, dass automatisch alle mit einer Ortskennzahl (mit der Ziffer "0") beginnenden Gespräche durch einen bestimmten Wettbewerber vermittelt werden. Zum anderen können die Fernsprechteilnehmer den Wettbewerber der Antragstellerin, der ein einzelnes Gespräch vermitteln soll, durch die jeweilige Angabe der speziellen, dem Mitbewerber zugeteilten Verbindungsnetzbetreiber-Kennzahl auswählen ("Call-by-Call").

In ihren Tarifen differenzieren die Anbieter von Telefondienstleistungen zwischen unterschiedlichen Tarifbereichen (z. B. im City-Bereich oder außerhalb) zu verschiedenen Wochentagen und Zeiten.

Die Antragsgegnerin bietet die Vermittlung von Telefongesprächen im Festnetz sowohl über "Pre-Selection" als auch "Call-by-Call" an.

Der beanstandete TV-Spot (Anlage ASt K 5) zeigt - mit einem senkrechten Strich voneinander getrennt - zwei Männer, die jeweils an einem Tisch sitzen und einen Telefonhörer in den Händen halten. Dazu hört man aus dem Hintergrund gesprochen: "Karl und Kai aus Kiel rufen ihre Mütter in Köln an. Wie jeden Montag Abend um acht, im Festnetz". Am Ende dieser Worte werden in Tischhöhe vor den Männern zwei Balken eingeblendet, unter dem Mann links steht: "TELE 2", unter dem Mann rechts steht: "Deutsche Telekom". Über dem Kopf des Mannes rechts wird auf Dauer eingeblendet: "6,2 ct/min.", der dazu gesprochene Hintergrundtext lautet nun: "Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen den beiden. Karl hat, wie die meisten, den T-Net Standardtarif der Deutschen Telekom. Da zahlt er 6,2 Cent die Minute. Kai ist schlau, er hat TELE 2. Hier zahlt er nur 1,95 Cent die Minute." Bei den Worten "Karl hat ..." wird über dem Kopf des Mannes links auf Dauer eingeblendet: "1,95 ct/min." Anschließend werden die Männer weggeblendet, stattdessen wird das Emblem von TELE 2 sichtbar, dazu wird gesprochen: "Das sind ganze 68 Prozent weniger! Wenn man schon kaum zu Wort kommt, sollte man doch wenigstens billig telefonieren. Mit TELE 2. Einfach 0 10 13 vorwählen, und billig telefonieren".

Die im TV-Spot angegebenen Minutenpreise der Parteien treffen für den genannten Zeitpunkt ("Montag Abend um acht", d. h. werktags um 20 Uhr, außerhalb des City-Bereichs) tatsächlich zu, sie betragen 6,2 Cent (Antragstellerin) und 1,95 Cent (Antragsgegnerin), auch die im Werbefilm genannte prozentuale Preisdifferenz wird in Bezug auf diesen Zeitpunkt von der Antragstellerin nicht beanstandet; vielmehr wird die Werbung mit dem Spot wegen der Preisstellung im Übrigen als irreführend angegriffen:

Der Tarif der Antragsgegnerin (von TELE 2) beträgt für Inlandsferngespräche ins Festnetz außerhalb des City-Bereichs Montag bis Freitag von 7 Uhr bis 19 Uhr 4 ct/min und von 19 Uhr bis 7 Uhr 1,95 ct/min, ebenso am Samstag, Sonntag und Feiertag 1,95 ct/min (Anlage AG 1). Der im Spot genannte "T-Net Standardtarif" der Antragstellerin beträgt für Inlandsferngespräche ins Festnetz außerhalb des City-Bereichs Montag bis Freitag von 7 Uhr bis 18 Uhr 12,3 ct/min, von 18 Uhr bis 21 Uhr 6,2 ct/min und von 21 Uhr bis 7 Uhr 3,1 ct/min (Bl. 4).

Demgemäß ist unstreitig, dass außerhalb der im TV-Spot genannten Zeit, so z. B. werktags nach 21 Uhr, der Preisvergleich im Hinblick auf die Minutenpreisen und die prozentuale Preisdifferenz nicht zutrifft. Denn z. B. um 21.05 Uhr (werktags außerhalb des City-Bereichs) betragen die Minutenpreise tatsächlich 3,1 Cent (Antragstellerin) und 1,95 Cent (Antragsgegnerin), die prozentuale Preisersparnis beträgt 37 %.

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung bestätigt.

I.

Gegenstand des Verfügungsantrages mit dem von der Antragstellerin verteidigten Verbotsausspruch der Beschlussverfügung ist das Werben mit dem TV-Spot gemäß Anlage ASt K 5 (vgl. das dort fotokopierte Storyboard). Nur um diesen einen TV-Spot geht es bei dem Verbot, die sprachliche Fassung "mit den ... TV-Spots" ist ungenau.

Dagegen ist die Verwendung des anderen, dem vorliegend beanstandeten TV-Spot vorausgegangenen Fernsehwerbefilms (Anlage ASt K 4) nicht Streitgegenstand.

II.

Der Unterlassungsantrag ist auch nach Auffassung des Senats aus § 3 UWG begründet. Der beanstandete Werbevergleich ist irreführend.

1.) Beachtliche Teile des angesprochenen breiten Publikums werden den TV-Werbespot (Anlage ASt K 5) der Antragsgegnerin dahingehend verstehen, die vermeintlich günstigere Tarifstellung des beworbenen Telefondienstes der Antragsgegnerin - preisgünstiger als der ausdrücklich gegenübergestellte Telefontarif der Antragstellerin - gelte über den genannten Zeitraum (montags 20 Uhr) hinaus, und zwar jedenfalls werktags auch nach 21 Uhr.

(a) Für das Verständnis des TV-Werbespots ist auf einen situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher abzustellen (BGH WRP 2003, 275 - Thermal Bad). Dieser wird den Werbefilm von 30 Sekunden Dauer in der normalen und üblichen, eher flüchtigen Aufmerksamkeit wahrnehmen und inhaltliche Aussagen demgemäß nur mitbekommen, wenn sie auffällig, deutlich und in der vorgegebenen Zeit nachhaltig dargestellt sind. Der Verkehr wird jedenfalls nicht jede kleine Einzelheit, insbesondere wenn sie nur beiläufig in Bild und/oder Ton dargestellt wird, wahrnehmen oder gar für besonders wichtig ansehen. Dagegen spricht schon die Lebenserfahrung.

(b) Demgemäß bemerkt der Durchschnittsverbraucher, dass in dem Werbefilm zwei Männer gezeigt werden, die jeweils mit ihrer Mutter telefonieren, der eine mit dem Standardtarif der Antragstellerin, der andere über die Antragsgegnerin. Die deutlich und dauerhaft eingeblendeten und gegenübergestellten Minutenpreise von 6,2 Cent (Antragstellerin) und 1,95 Cent (Antragsgegnerin) machen dem Betrachter klar, dass "Kai schlau" ist, weil er nicht - wie der andere gezeigte Mann "Karl" und "wie die meisten" Telefonkunden - mit dem Standardtarif der Antragstellerin, sondern über den Telefondienst der Antragsgegnerin telefoniert. Bekräftig wird der Eindruck des billigeren Tarifs bei der Antragsgegnerin durch die den TV-Spot abschließenden Worte: "ganze 68 Prozent weniger" und (zweimal hintereinander): "billig telefonieren".

Die für das richtige Verständnis entscheidende Information, dass der werblich hervorgehobene Preisvorteil bei dem Tarif der Antragsgegnerin nur auf die angegebene Zeit (montags 20 Uhr) bezogen und nicht etwa verallgemeinert geltend soll, wird ausdrücklich weder mündlich noch schriftlich gegeben; der TV-Spot enthält auch sonst keine klaren Hinweise in Richtung einer sehr eingeschränkten Bedeutung. Vielmehr wird das Publikum ganz nahe liegend eine gewisse Verallgemeinerung bei seinem Verständnis vornehmen.

(aa) Eine Einblendung über das tarifliche Zeitfenster in schriftlicher Form erfolgt nicht. Von der Hintergrundstimme wird zwar zu Anfang gesagt, dass die beiden Männer "jeden Montag Abend um acht" jeweils mit ihrer Mutter telefonieren. Das wird aber schon wegen der kurzen Zeitdauer des recht schnell und unbetont gesprochenen Textes nur im Falle einer untypisch hohen Aufmerksamkeit wahrgenommen, durch die nachfolgenden Angaben und Bildfolgen gerät die Information noch mehr in den Hintergrund. Insoweit ist selbstverständlich nicht etwa auf den Betrachter des Storyboards abzustellen, der die Abfolge langsam lesen, betrachten und auch nachdenkliche Rückgriffe auf die vorangegangenen Bilder bzw. Texte nehmen kann. Vielmehr ist das Verständnis des Werbefilms bei einmaligem Durchlauf maßgeblich, hierbei wird nicht deutlich, dass es gerade auf die Zeitangabe (montags, 20 Uhr) ankommen soll.

(bb) Soweit dem Betrachter der am Anfang des TV-Spots gesprochene Text "Montag Abend um acht" überhaupt für die Dauer des Films gegenwärtig bleibt, wird er gleichwohl einen unzutreffenden Eindruck durch den TV-Spot gewinnen, weil er die für das richtige Verständnis erforderlichen Schlussfolgerungen daraus nicht ziehen wird, sondern andere, die ihn irreführen.

Der Verkehr wird selbstverständlich die Angabe "Montag" nicht nur auf diesen einen Werktag beziehen, sondern auf alle Werktage der Woche verallgemeinert verstehen. Das liegt schon nach der Lebenserfahrung nahe, denn man hat keinen Anhalt dafür, dass es entgegen den Erwartungen genau auf den Wochentag des Montags ankommen soll. So allgemein in diesem Punkt will im Übrigen auch die Antragsgegnerin den TV-Spot verstanden wissen.

Nichts anderes kann nach dem nahe liegenden Verkehrsverständnis für die erwähnte Uhrzeit gelten. Dort ist nicht von einem Zeitfenster ("von ...bis") oder sonst von einer zeitlichen Einschränkung die Rede, sondern nur davon, dass die Männer abends "um acht" mit ihren Müttern telefonieren. Der Durchschnittsverbraucher wird die dazu angegebene Tarifstellung nicht etwa punktgenau nur auf diese Zeit beziehen. Gerade solche Gespräche abends "um acht", also üblicherweise in der abendlichen Freizeit, dauern häufig länger, dafür spricht schon die Lebenserfahrung; das wird zudem auch durch den TV-Spot bekräftigt, in dem die Männer "kaum zu Wort kommen".

Deswegen spricht für den durchschnittlich verständigen Verbraucher alles dafür, die erwähnte Uhrzeit ("um acht") als eine nur ungefähr gemeinte Angabe zur Abendzeit zu verstehen. Er hat keine Veranlassung anzunehmen, dass die vermeintlich so viel billigere Preisstellung der Antragsgegnerin schon nach 21 Uhr (so) nicht mehr besteht.

(c) Inwieweit die Auffassung des Landgerichts zutrifft, dass die einleitenden ("Kai ist schlau") und abschließenden Worte ("billig telefonieren") des TV-Spots den Eindruck erwecken (oder gar "festigen") können, es sei generell "schlauer", über die Antragsgegnerin zu telefonieren, und zwar "zu allen Zeiten", lässt der Senat dahingestellt.

Denn im Hinblick auf diese Schlussfolgerung ist der TV-Spot nicht angegriffen worden, insoweit wäre das ein anderer Streitgegenstand (vgl. zur Bedeutung von Antragsfassung und Antragsbegründung zur Bestimmung des Streitgegenstandes: BGH WRP 2003, 1428 - Einkaufsgutschein). Im Übrigen wäre diese Begründung auch nicht tragfähig; die Antragsgegnerin hat schon in erster Instanz darauf verwiesen, dass ihre Tarife zu allen Gesprächszeiten außerhalb des City-Bereichs unter denen der Antragstellerin liegen.

(d) Inwieweit der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu folgen ist, nach der die vergleichende Preiswerbung eines Telefondiensteanbieters mit Angaben zur Zeit, zum Ziel und zur Länge des Anrufs vom Verkehr grundsätzlich dahingehend verstanden wird, dass der genannte Preis nur für die aufgeführten Anrufmodalitäten gelten soll, nicht aber darüber hinaus als Beispiel für Anrufe zu anderen Modalitäten (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 408), kann der Senat dahingestellt sein lassen.

Für diese Auffassung des OLG Düsseldorf und gegen die Annahme eines gleichsam blind generalisierenden Verständnisses kann in vernünftigen Grenzen schon die Lebenserfahrung sprechen. Dem Verbraucher ist geläufig, dass die konkurrierenden Telefondienstanbieter (auch wie hier im Festnetz und außerhalb des City-Bereichs) mit unterschiedlichen Tarifen zu verschiedenen Zeiten am Markt sind. Übertragbar auf den vorliegenden Sachverhalt ist jene Entscheidung aber nicht ohne weiteres, dort ging es um eine Anzeige in den Printmedien.

Maßgeblich sind jedenfalls stets die Umstände des Einzelfalles, die umfassend zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Fall werden die konkreten Modalitäten der Tarife nicht mit einem präzisen Zeitfenster gegenübergestellt, sondern nur punktuell genannt (montags, 20 Uhr). Die wörtlich unvollständige Information ist, wie ausgeführt, ersichtlich so punktuell nicht gemeint und wird auch so nicht verstanden, zumal sie so beiläufig dargestellt, dass sie nicht im Sinne einer ganz eng begrenzten Gültigkeit der Aussage verstanden werden kann.

(e) Auf frühere, von der Antragsgegnerin verwendete Werbespots kommt es für das Verkehrsverständnis des allein streitgegenständlichen Werbefilms allerdings nicht an, insbesondere nicht auf den Werbespot gemäß Anlage ASt K 4. Das kann aber das Ergebnis des Rechtsstreits nicht zu Gunsten der Antragsgegnerin ändern.

Die angesprochenen Verkehrskreise sind nur abstrakt gesehen dieselben, soweit es um das breite Publikum geht. Aber nicht jeder Verbraucher hat die frühere Werbung der Antragsgegnerin gesehen oder gar im Gedächtnis behalten, für das Verständnis des Spots ist das auch nicht erforderlich. Von einer Anknüpfung an frühere Werbespots etwa im Sinne einer Fortsetzung ist keine Rede. Auch für irgendeine Fortwirkung von Vorstellungen des Verkehrs aus früheren Werbemaßnahmen der Antragsgegnerin gibt es keinen greifbaren Anhalt. Der Sachverhalt, der der Entscheidung "Ei-fein" (BGH GRUR 1958, 86) zu Grunde lag, betraf nicht - wie vorliegend - eine kurzlebige Abfolge verschiedener, für sich ganz unabhängig stehender Werbespots.

2.) Auch die weiteren Voraussetzungen des § 3 UWG sind gegeben. Der durch den Spot gewonnene Eindruck ist unrichtig. Wie oben ausgeführt, trifft der Preisvergleich zwischen den Tarifen der Parteien für die Zeit nach 21 Uhr nicht zu (Bl. 4, Anlage AG 1). Und selbstverständlich ist die unrichtige Preiswerbung relevant für die Entschließungen der Verbraucher. Es hilft der Antragsgegnerin insoweit nicht, dass sie auch in der Zeit nach 21 Uhr billiger ist als die Antragstellerin. Der Tarif der Antragsgegnerin ist nicht so viel billiger als der der Antragstellerin, wie nach den angegebenen Minutenpreisen und der prozentualen Preisdifferenz zu erwarten wäre.

3.) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die allgemeinen Grundsätze zur vergleichenden Werbung (§ 2 UWG) nicht zu einem anderen Ergebnis führen können. Die Antragsgegnerin ist nicht gehindert, einen zulässigen Preisvergleich anzustellen, sie kann auch einzelne Tarifzeiten für ihren Preisvergleich auswählen, soweit dabei in der Werbung deutlich wird, dass nur über diesen Angebotsteil ein Vergleich in der Werbung vorgenommen wird. Der Tatbestand der Irreführung gilt (selbstverständlich) auch für Angaben innerhalb eines Werbevergleichs (§ 3 Satz 2 UWG).

Allerdings geht es entgegen dem Landgericht nicht um Sonderangebote im Sinne des § 2 Abs. 3 UWG, bei denen der Beginn und das Ende ihrer Gültigkeit anzugeben sind, sondern um ein ständiges Angebot für spezielle Tarifzeiten, insoweit gelten vielmehr die allgemeinen Grundsätze zu § 3 UWG.

4.) Um das Grundrecht der Meinungsäußerung (Art. 5 GG) geht es vorliegend nicht.

Die von der Antragsgegnerin nachdrücklich herangezogene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berührt die hier zu entscheidende Rechtsfrage nicht. Eine Tatsachenbehauptung - wie vorliegend die Angaben zur den Tarifen der Parteien - kann entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht als Meinungsäußerung bewertet werden, das ist den von der Antragsgegnerin herangezogenen Zitaten auch nicht zu entnehmen. Auf die verfassungsgemäße wettbewerbsrechtliche Beurteilung kommerzieller Meinungsäußerungen kommt es vorliegend nicht an.

5.) Das Argument der Antragsgegnerin, sie werbe europaweit mit dem beanstandeten TV-Werbespot, kann sie verständigerweise nicht entlasten, und zwar schon deswegen nicht, weil der Senat den Maßstab bei der Irreführung auch gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Grunde legt. Insoweit ergeben auch die von der Antragsgegnerin erörterten Fragen zu § 2 UWG und dem maßgeblichen Gemeinschaftsrecht nichts anderes. Auch dass das Landgericht insoweit eine andere Beurteilung vorgenommen hätte, vermag der Senat nicht zu erkennen.

III.

Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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