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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 04.07.2002
Aktenzeichen: 3 U 79/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
Nach der Aufhebung der Zugabeveordnung stellt die Gewährung eines Startguthabens in Höhe von DM 100,00 für den Beitritt zu einem Buchclub jedenfalls dann eine wettbewerbswidrige Form der Wertreklame gemäß § 1 UWG dar, wenn die angesprochenen Verbrau cher über die Höhe der mit der Clubmitgliedschaft verbundenen Kosten nicht ausreichend informiert werden.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 79/01

Verkündet am: 4. Juli 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter

B., Sp., T.

nach der am 13. Juni 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 18. Januar 2001 (Az. 315 O 294/00) abgeändert und die Beklagte verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

a. wie aus den mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlagen ersichtlich, neuen Mitgliedern des von der Beklagten unterhaltenen Buchclubs die Gewährung eines sogenannten Start Guthabens bzw. eines sogenannten Einstiegs-Angebots, jeweils im Wert von DM 100,00 (= € 51,13), anzukündigen;

b. entsprechend der vorstehenden Ankündigung zu verfahren, mithin neuen Mitgliedern Ware im Verkaufswert von bis zu DM 100,00 (= € 51,13) ohne besondere Berechnung zu gewähren.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 60.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gegen dieses Urteil wird die Revision nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für die Berufungsinstanz auf € 51.129,00 (= DM 100.000,00) festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger ist eine gerichtsbekannte Vereinigung zur Förderung gewerblicher Belange im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Zu seinen Mitgliedern zählen u.a. der Landesverband des Hamburger Einzelhandels e.V. sowie die Handelskammer Hamburg. Über die Handelskammer Hamburg gehören dem Kläger alle vollkaufmännisch betriebenen Buchhandlungen Hamburgs an. Im Landesverband des Hamburger Einzelhandels e.V. ist u.a. der Norddeutsche Buchhändler- und Verlegerverband e.V. organisiert.

Die Beklagte betreibt als Buchclub den Einzelhandel mit Büchern, Tonträgern, Videos etc. Sie hat rund 4 Millionen Mitglieder. Die Beklagte ist nicht nur im Wege des Versandhandels tätig, sondern verfügt bundesweit über ein Filialnetz mit mehreren hundert sogenannter Club-Center. In Hamburg betreibt sie rund ein Dutzend derartiger Filialen.

Im Dezember 1999 warb die Beklagte gegenüber namentlich angeschriebenen Adressaten, welche noch nicht Mitglieder ihres Clubs waren, mit einem "Startguthaben" im Wert von DM 100,00 für eine Club-Mitgliedschaft (Anlage K 1). In dem Anschreiben hieß es u.a.:

"... halten Sie sich fest! Denn wir haben uns etwas Unglaubliches für Sie ausgedacht:

Wir bieten Ihnen 100 Mark Start-Guthaben!!! ...

Testen Sie den neuen Club jetzt ohne das kleinste Risiko!

Wählen Sie einfach nach Herzenslust Ihre Wunschtitel aus, und senden Sie ihren 100 Mark Einkaufs-Scheck mit Ihrer Testbestellung zurück. Sie haben dann nicht nur Wünsche im Wert von 100 Mark frei, sondern auch volle 10 Tage Zeit zum risikolosen Kennenlernen.

...

Doch damit nicht genug: Wenn Sie jetzt die vielen Vorteile des Clubs testen, schenken wir Ihnen als kleines Dankeschön eine praktische Kamera. Dieses Geschenk dürfen Sie natürlich auch dann behalten, wenn Sie letztlich nicht vom Club überzeugt sein dürften. Das garantieren wird Ihnen! ..."

Dem Anschreiben lag ein "Zertifikat für ein Start-Guthaben über DM 100,00" bei. Darüber hinaus befand sich ein "Bestellschein für 100 Mark Start-Guthaben" bei der Werbeaussendung. Darin hieß es u.a.:

"Ja, ich möchte die Club-Vorteile kennenlernen, da ich zur Zeit kein Kunde im Club B. bin. Bitte schicken Sie mir folgende Artikel für 10 Tage zur Ansicht:

...

Wenn ich meine angeforderten Wunschtitel behalte, werde ich Mitglied im Club B. und kann alle Kundenvorteile nutzen. Die Mitgliedschaft gilt zunächst für 1 Jahr und verlängert sich automatisch um jeweils ein zusätzliches Jahr, wenn ich nicht 3 Monate vor Ablauf schriftlich darauf verzichte. Ich erhalte 4 x im Jahr gratis den Katalog, aus dem ich jeweils mindestens einen Artikel kaufe. Komme ich bis zum angegebenen Termin im Katalog nicht dazu, wird mir der Club-Vorschlag des Quartals zugeschickt.

Kauf ohne Risiko: Alles, was ich hier bestelle, erhalte ich für 10 Tage zur Ansicht - mit vollem Rückgaberecht... Sollte der Bestellwert unter 100 Mark liegen, verfällt der Restbetrag meines Einkaufs-Schecks (keine Barauszahlung). Wenn der Bestellwert über 100 Mark liegt, bezahle ich nur den Differenzbetrag, wenn ich die Artikel nach Ablauf der 10 Tage behalte..."

Weiter hieß es in der Werbesendung unter der Überschrift

Als Dankeschön für Ihre Test-Bestellung:

Ihre Kamera!

Für Ihre Bereitschaft, das neue und noch attraktivere Angebot des Clubs zu testen, möchten wir uns gern bei Ihnen bedanken.

Freuen Sie sich auf ein tolles Geschenk: Zusammen mit Ihrer Test-Bestellung erhalten Sie eine praktische Kamera - gratis!

Diese superkompakte Kamera gehört in jedem Fall Ihnen, auch wenn Sie letztlich nicht von den vielen Vorteilen überzeugt sein sollten ..."

Nachfolgend verwendete die Beklagte eine leicht modifizierte Form ihrer Werbemaßnahme. Das "Start-Guthaben über DM 100,00" wurde nunmehr als "Einstiegs-Angebot im Wert von 100 Mark" bezeichnet, das Rückgaberecht von 10 auf 14 Tage verlängert (Anlage K 5).

Der Kläger hielt diese Werbemaßnahmen der Beklagten für unzulässig und erhob entsprechende Unterlassungsklage zum Landgericht Hamburg. Er führte dazu aus, das Angebot des "StartGuthabens" bzw. eines "Einstiegs-Angebots" in Höhe von DM 100,00 stelle einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung sowie gegen § 1 UWG wegen unzulässiger Wertreklame dar.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte bei Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

1. wie aus den mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlagen ersichtlich, neuen Mitgliedern des von der Beklagten unterhaltenen Buchclubs die Gewährung eines sogenannten Startguthabens bzw. eines sogenannten Einstiegs-Angebots anzukündigen;

2. entsprechend der vorstehenden Ankündigung zu verfahren, mithin neuen Mitgliedern Ware im Verkaufswert von bis zu DM 100,00 ohne besondere Berechnung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dazu die Ansicht vertreten, ihre Werbemaßnahme sei nicht zu beanstanden.

Das Landgericht Hamburg hat durch Vernehmung des Zeugen G. Beweis erhoben über die Behauptungen der Beklagten zu den Rücklaufquoten für die streitgegenständlichen Werbemaßnahmen. Der Zeuge G. hat erklärt, im Rahmen der Werbeaussendung zum Thema "Start-Guthaben" vom Ende Dezember 1999 seien 90.000 Stück versandt und eine außergewöhnlich gute Rücklaufquote von 1,34 % erreicht worden. Nachfolgend sei die Gutschrift in den Werbesendungen als "Einstiegs-Angebot" bezeichnet worden. Entsprechende Mailings seien in einer hohen Auflage von über 2 Mio. Stück versandt worden. Die Rücklaufquote habe dann bei 0,92 % gelegen. Eine solche Rücklaufquote sei für große Aussendungen durchaus repräsentativ. Die Rücklaufquote gehe aber auch runter auf 0,39 % bei einer Aussendungsgröße von 50.000 Stück.

Nachfolgend hat das Landgericht die Klage mit Urteil vom 18. Januar 2001 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 ZugabeVO liege im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BGH zur Kombination der Abgabe von erheblich verbilligten bzw. kostenlosen Handy's und dem Abschluß von mehrjährigen Netzkartenverträgen (vgl. BGH WRP 1999, 90 -Handy für 0,00 DM) nicht vor. Angesichts der geringen Rücklaufquoten könne zudem nicht davon ausgegangen werden, daß die angeschriebenen Kunden ihre Entscheidung allein im Hinblick auf die ihnen in Aussicht gestellten Vorteile des StartGuthabens bzw. des Einstiegs-Angebots träfen. Ein Verstoß gegen § 1 UWG wegen übertriebenen Anlockens scheide damit aus.

Gegen dieses Urteil des Landgerichts Hamburg wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die er frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein gesamtes erstinstanzliches Vorbringen. Er stützt seine Berufung maßgeblich darauf, daß die zitierte BGH-Rechtsprechung zu gekoppelten Handy-Verträgen nicht einschlägig sei und darüber hinaus die durchgeführte Beweisaufnahme zu den Rücklaufquoten der Werbesendungen nicht belege, daß ein übertriebenes Anlocken ausscheide. Zudem stelle das Vorgehen der Beklagten einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung dar (Anlage BK 1). Im Bereich preisgebundener Waren seien Zugaben und Rabatte auch weiterhin verboten.

Die Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 18. Januar 2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Az.: 315 O 294/00, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu DM 500.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

a. wie aus den mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlagen ersichtlich, neuen Mitgliedern des von der Beklagten unterhaltenen Buchclubs die Gewährung eines sogenannten StartGuthabens bzw. eines sogenannten Einstiegs-Angebots jeweils im Wert von DM 100,00, anzukündigen;

b. entsprechend der vorstehenden Ankündigung zu verfahren, mithin neuen Mitgliedern Ware im Verkaufswert von bis zu DM 100,00 ohne besondere Berechnung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag das angefochtene Urteil. Darüber hinaus vertritt sie die Ansicht, daß durch die zwischenzeitlich erfolgte Aufhebung der Zugabeverordnung die Grenzen der zulässigen Wertreklame erheblich gelockert worden seien.

Auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsprotokolle beider Instanzen wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I.

Gegenstand des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs sind die Ankündigung der Gewährung eines sogenannten Start-Guthabens bzw. eines sogenannten Einstiegs-Angebots in Höhe von DM 100,00 (= € 51,13) für neue Mitglieder des von der Beklagten unterhaltenen Buchclubs, und zwar nicht allgemein, sondern wie in den Verbindungsanlagen geschehen (Unterlassungsantrag zu a.), sowie die tatsächliche Umsetzung der vorgenannten Ankündigung (Unterlassungsantrag zu b.). Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist -wie der Kläger in der Berufungsverhandlung klar gestellt hat- auch die Berücksichtigung des Umstandes, daß in den Verbindungsanlagen zusätzlich das Geschenk einer Kamera beworben wird. Die Gewährung der Kamera als Geschenk ist jedoch nicht isoliert angegriffen worden.

Wie aus dem Unterlassungsantrag zu b. hervorgeht, will der Kläger der Beklagten das Gewähren der angeführten Vergünstigung nicht gesondert verbieten, sondern nur, wenn es in Vollzug der erörterten Werbeankündigung erfolgt und damit Teil des einheitlichen Verletzungstatbestandes ist.

II.

Die Berufung ist begründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Aufhebung der Zugabeverordnung kann der klägerische Unterlassungsanspruch nicht mehr auf § 1 Abs. 1 ZugabeVO gestützt werden. Er ist jedoch unter dem Aspekt der unzulässigen Wertreklame nach § 1 UWG begründet.

1.) Die streitgegenständliche Werbemaßnahme verstößt gegen § 1 UWG, weil für den Fall des Abschlusses einer Buchclubmitgliedschaft die Übereignung von Waren aus dem Sortiment der Beklagten im Wert von rund DM 100,00 in Aussicht gestellt werden, ohne daß gleichzeitig die Folgekosten der Clubmitgliedschaft in ausreichender Weise benannt werden.

Bei der streitgegenständlichen Werbemaßnahme der Beklagten handelt es sich um Wertreklame, und zwar in Form einer Kopplung von Zuwendung und Vertragsschluß ("rechtlicher Kaufzwang"), denn die ausgelobte Vergünstigung, d.h. die Übereignung von Ware im Wert von bis zu DM 100,00, wird nur für den Fall gewährt, daß der Werbeadressat dem Club der Beklagten beitritt. Eine solche Form der Wertreklame kann wettbewerbswidrig sein, wenn durch sie die Entschließungsfreiheit des Kunden in einem derartigen Maß unsachlich beeinflußt wird, daß er seine Entscheidung nicht mehr nach dem Leitbild des Leistungswettbewerbs im Hinblick auf die Qualität und Preiswürdigkeit der Ware oder Dienstleistung, sondern im Wesentlichen im Hinblick auf den ihm gewährten oder in Aussicht gestellten Vorteil trifft. Die Beurteilung hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere von der Art und dem Wert der Vergünstigung und der Hauptware sowie der Form der Ankündigung ab (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, 2001, § 1 UWG Rn. 88 m.w.N.; OLG Jena, GRUR-RR 2002, 32, 33 -Abo-Karten für Haarfärbungen).

Die Vorgehensweise der Beklagten stellt -auch bei Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intentionen, welche mit der Aufhebung der Zugabeveordnung verbunden waren - eine wettbewerbswidrige Form der Wertreklame dar. Der Wert der Testbestellung beläuft sich auf DM 100,00. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, daß es sich insoweit um einen Maximalbetrag handelt. Es ist jedoch davon auszugehen, daß die angesprochenen Testkunden bemüht sein werden, diesen Höchstbetrag mit ihrer Testbestellung weitgehend auszuschöpfen. Die Beklagte kann sich -angesichts der ausdrücklichen Bewerbung eines Startguthabens bzw. Einstiegsangebots in Höhe von DM 100,00- auch nicht darauf berufen, der Wert der Waren liege zum Zeitpunkt des Erwerbs der Clubmitgliedschaft deutlich darunter, weil diese Waren dann gebraucht seien. Angesichts des recht hohen Wertes des Einkaufsguthabens über DM 100,00, wird ein erheblicher Anreiz erzeugt, Clubmitglied bei der Beklagten zu werden.

Der Wegfall der Zugabeverordnung hat zu einer Erweiterung der Zulässigkeit entsprechender Werbemaßnahmen geführt. Zwar führt die Änderung der Gesetzeslage nicht zu deren unbegrenzter Zulässigkeit, denn die Gesetzesbegründung zur Abschaffung dieser Gesetze verweist ausdrücklich darauf, daß die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften anwendbar bleiben (Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung und zur Anpassung weiterer Rechtsvorschriften vom 15. März 2001, Bundestagsdrucksache 14/5594, Seite 8; so auch OLG Hamburg MD 2002, 361, 363 -Einkaufsgutschein- unter Hinweis auf die Fundstellen bei Nordemann, NJW 2001, 2505, 2509; OLG Frankfurt a.M. GRUR-RR 2002, 30 -Traumreise gratis).

Nach der neuen Rechtslage erscheint es jedoch als sehr zweifelhaft, ob allein der Umstand, daß der Wert der Werbegeschenks mit DM 100,00 recht hoch ist, zu einer Unzulässigkeit der Werbemaßnahme nach § 1 UWG führen kann.

Der Bundesgerichtshof hat zur Aufhebung der Zugabeverordnung ausgeführt, daß der darin zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers zu respektieren sei. Dies führe dazu, daß Geschenke und Zugaben auch nach § 1 UWG nur noch unter bestimmten engen Voraussetzungen untersagt werden könnten. Die an den Kauf einer bestimmten Ware gebundenen Geschenke seien wie andere Kopplungsangebote auch grundsätzlich zulässig. Doch stecke in derartigen Angeboten eine erhebliches Irreführungs- und Preisverschleierungspotential. Nach wie vor als unlauter zu beurteilen seien daher mißbräuchliche Kopplungsangebote, die sich vor allem dadurch auszeichneten, daß die Verbraucher über den wirklichen Wert des Angebots getäuscht oder zumindest unzureichend informiert würden (zitiert nach der Pressemeldung Nr. 59/2002 des BGH vom 13. Juni 2002 zu den Urteilen des BGH vom 13. Juni 2002, Az.: I ZR 71/01, I ZR 72/01 und I ZR 173/01).

Bei Berücksichtigung dieser Beurteilungsmaßstabs liegt hier eine unzulässige Wertreklame vor. Die Unzulässigkeit der angegriffenen Werbemaßnahme der Beklagten ergibt sich daraus, daß das Geschenk im Wert von DM 100,00 angeboten wird, ohne daß die angesprochenen Verbraucher über die Höhe der mit der Clubmitgliedschaft verbundenen Kosten ausreichend informiert würden. Zwar wird den angesprochenen Verbrauchern im Rahmen der angegriffenen Werbemaßnahme mitgeteilt, daß die Clubmitgliedschaft zunächst für 1 Jahr gilt, und daß Clubmitglieder viermal im Jahr den Katalog der Beklagten erhalten, aus dem sie jeweils mindestens einen Artikel kaufen (müssen). Die Höhe der mit dieser Abnahmeverpflichtung verbundenen Kosten wird jedoch nicht ausdrücklich mitgeteilt. Sie erschließt sich auch nicht aus dem sonstigen Inhalt der Werbemaßnahme. Da die Höhe dieser Kosten davon abhängt, zu welchen Preisen die Waren in den zukünftigen Katalogen der Beklagten angeboten werden, bleibt unklar, wie hoch die mit der Clubmitgliedschaft verbundenen Folgekosten sind.

Aufgrund der unzureichenden Angaben zur Höhe der mit der Clubmitgliedschaft verbundenen Folgekosten erweist sich - unabhängig von der zusätzlichen kostenlosen Gewährung einer Kamera- bereits die Gewährung eines Startguthabens bzw. Einstiegsangebots über DM 100,00 -auch bei Berücksichtigung der geänderten Gesetzeslage- als unzulässige Wertreklame nach § 1 UWG.

Dem steht auch das Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht entgegen. Zwar hat der Zeuge G. erklärt, die Rücklaufquote der hier streitgegenständlichen Werbemaßnahmen habe nur bei 0,9 bis 1,34 % gelegen. Dieser Umstand besagt jedoch nichts dazu, inwieweit gerade der hier angegriffene Aspekt der Werbemaßnahme Einfluß auf die genannten Rücklaufquoten gehabt hat. Eine Beantwortung der maßgeblichen Frage, wieviele Kunden ihre Entscheidung allein im Hinblick auf die Gewährung des Start-Guthabens bzw. des Einstiegs-Angebots getroffen haben, erlaubt das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht. Zudem würde ein Abstellen auf den Erfolg der jeweiligen Werbemaßnahme zu dem nicht hinnehmbaren Ergebnis führen, daß weitgehend "erfolglose" Werbemaßnahmen bzw. Werbemaßnahmen für schwer absetzbare Waren und Dienstleistungen mangels hoher Rücklaufquote dem Anwendungsbereich des § 1 UWG (unzulässige Wertreklame) entzogen würden.

Die Beklagte kann sich demgegenüber auch nicht auf die BGHRechtsprechung zur Kombination von Handykauf- und Netzkartenverträgen (vgl. BGH WRP 1999, 90 -Handy für 0,00 DM; BGH WRP 1999, 517 -Am Telefon nicht süß sein?) berufen. Anders als in den dort zugrundeliegenden Fällen, kann hier nicht davon ausgegangen werden, daß es sich bei der Kopplung von StartGuthaben und Clubbeitritt aus der Sicht der Verbraucher um ein einheitliches Angebot handelt. Maßgebliche Kriterien des BGH für die Annahme eines Gesamtangebots waren in diesem Zusammenhang die Funktionseinheit von Telefon und Netzzugang sowie die Fülle derartiger Angebote am Markt, die dazu geführt hat, daß die angesprochenen Verbraucher erkennen konnten, daß die Kosten der verbilligten Handy-Abgabe durch die Einnahmen aus der Durchführung des mehrjährigen Netzvertrages finanziert werden würden (so z.B. BGH WRP 1999, 517, 518 -Am Telefon nicht süß sein?).

Das Kriterium der Funktionseinheit liegt hier schon deshalb nicht vor, weil der Erwerb und die Durchführung einer Clubmitgliedschaft bei der Beklagten grundsätzlich auch ohne die vorherige Gewährung eines Start-Guthabens bzw. eines EinstiegsAngebots in Höhe von DM 100,00 (= € 51,13) möglich wäre. Zwischen dem Beitritt zum Buchclub der Beklagten und der Gewährung des ausgelobten Guthabens in Höhe von DM 100,00 besteht mithin nicht die erforderliche zweckgebundene Zusammengehörigkeit im Sinne der vom BGH geforderten Funktionseinheit (vgl. dazu auch OLGR Hamburg 2001, 63, 64 - 5 Bestseller für je nur 2 DM). Anhaltspunkte dafür, daß aus der Sicht des Verkehrs die Kosten des "Start-Guthabens" aus den späteren Bestellungen finanziert werden könnten, bestehen auch nicht.

Die vorliegende Sachverhaltskonstellation unterscheidet sich mithin deutlich von den bisher entschiedenen Handy-Fällen (vgl. BGH WRP 1999, 90 ff. -Handy für 0,00 DM; BGH WRP 1999, 517 ff. Am Telefon nicht süß sein?; BGH NJOZ 2002, 975 ff. -Handy für 1 DM; BGH NJOZ 2002, 972 ff. -Für'n Apfel und n' Ei).

Soweit die Beklagte sich auf die Rechtsprechung zur Kopplung der verbilligten Abgabe von Elektrogeräten mit dem Abschluß von mehrjährigen Stromlieferungsverträgen (vgl. KG NJW-RR 2002, 42 ff. -Kein übertriebenes Anlocken bei Koppelung von günstigem Fernsehgerät mit Stromlieferungsvertrag; OLG Köln GRUR 2001, 853ff. Fernseher für 1 DM; OLG Celle GRUR 2001, 855 ff. -Elektrische Geräte für 1 DM; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2002, 40 ff. Kopplungsangebot bei Stromlieferungsvertrag) bezogen hat, hat der BGH mit seinen Urteilen vom 13. Juni 2002 klar gestellt, daß diese Kopplung nur dann zulässig ist, wenn die Verbraucher über den wirklichen Wert des Angebots ausreichend informiert werden (vgl. Pressemeldung Nr. 59/2002 des BGH vom 13. Juni 2002 zu den Urteilen des BGH vom 13. Juni 2002, Az.: I ZR 71/01, I ZR 72/01 und I ZR 173/01). An einer solchen ausreichenden Information der Verbraucher fehlt es im vorliegenden Fall.

Die Beklagte kann sich darüber hinaus auch nicht auf die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von zeitlich befristeten Probeabonnements im Bereich des Zeitschriftenvertriebs berufen. Denn zum einen lagen insoweit keine Fälle rechtlicher Kopplung vor, zum anderen ist die unentgeltliche Zuwendung von Probezeitschriften nur insoweit für zulässig erachtet worden, als der ernst gemeinte Probezweck dies erforderte (BGH GRUR 1989, 367, 368 -Wirtschaftsmagazin). Daran fehlt es hier im Wesentlichen. Zwar kann sich der angesprochene Werbeadressat mit der Verwendung des Startguthabens von DM 100,00 einen ersten Eindruck von der Aufmachung einzelner Buchclubausgaben der Beklagten verschaffen. Für diesen Erprobungszweck würde es jedoch auch genügen, die Anforderung von Ware zu einem deutlich geringeren Wert zu ermöglichen. Darüber hinaus wäre es nicht erforderlich, von einer Rücksendung der bestellten Ware abzusehen. Anders als bei Zeitungsprobeabonnements, ist eine Rücksendung der "getesteten" Ware, d.h. der Bücher, CD's oder DVD's, nicht von vorn herein sinnlos. Erfahrungen hinsichtlich der maßgeblichen Verpflichtung der Clubmitglieder, nämlich zur vierteljährlichen Warenabnahme aus dem Sortiment der Beklagten, vermag der Verbraucher auf diese Weise nicht zu sammeln. Aufgrund der Aufmachung der streitgegenständlichen Werbung ergibt sich zudem, daß es bei der Gewährung des Start-Guthabens nicht um die Erprobung des Leistungsangebots der Beklagten, sondern darum geht, den angesprochenen Adressaten -für den Fall, daß sie Buchclubmitglied werden- Waren im Wert von rund DM 100,00 zukommen zu lassen.

Die Beklagte kann sich zur Stützung ihres Abweisungsantrages auch nicht auf Laienwerbung berufen (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, 2001, § 1 UWG Rn. 203 ff.). Insoweit handelt es sich um eine gänzlich andere Fallkonstellation. Entscheidend ist, daß hier der Umworbene selbst mit dem Eintritt in den Buchclub die Vergünstigung wie eine Art Bestechung erhalten soll, während es bei der Laienwerbung vor allem darum geht, durch die Prämie Dritte dazu anzuhalten, intensive Werbeaktivitäten zu entfalten.

Die angegriffene Werbemaßnahme der Beklagten stellt mithin eine unzulässige Wertreklame und somit einen Verstoß gegen § 1 UWG dar.

Die Frage, ob das Vorgehen der Beklagten -wie der Kläger meintauch im Hinblick auf einen etwaigen Verstoß gegen die Buchpreisbindung nach § 1 UWG (Vorsprung durch Rechtsbruch) unzulässig ist, kann somit offen bleiben.

2.) Über die werblichen Ankündigungen hinaus (Unterlassungsantrag a.) stellt auch die tatsächliche Durchführung der wegen übermäßigen Anlockens gemäß § 1 UWG unzulässigen Werbemaßnahmen (Unterlassungsantrag b.) einen Verstoß gegen die guten Sitten dar (OLG Hamburg, WRP 1999, 374, 375 -Nulltarif-Verschenken von Brillenfassungen). Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist mithin auch insoweit begründet.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist somit vollen Umfangs aus § 1 UWG begründet.

Auf die Berufung des Klägers war daher das Urteil des Landgerichts Hamburg abzuändern und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n. F. zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Sie geht über eine Anwendung der gesicherten sowie auch der neueren Grundsätze der BGH Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus.

Ende der Entscheidung

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