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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 18.01.2005
Aktenzeichen: 3 Vollz(Ws) 123/04
Rechtsgebiete: StVollzG
Vorschriften:
StVollzG § 46 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT 3. Strafsenat Beschluss
In der Strafvollzugssache
hat der 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg am 18.01.2005 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Rühle Richter am Oberlandesgericht Dr. Mohr Richter am Oberlandesgericht Sakuth
beschlossen: Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde werden der Widerspruchsbescheid der Justizvollzugsanstalt F. vom 12.03.04 und der Beschluss des Landgerichts Hamburg - Große Strafkammer 9 als Strafvollstreckungskammer - vom 15.09.04 aufgehoben und die Justizvollzugsanstalt F. verpflichtet, an den Beschwerdeführer Taschengeld für September 2003 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Staatskasse.
Der Streitwert beträgt 30,- €.
Gründe:
I. Der Beschwerdeführer verlangt von der Justizvollzugsanstalt F. (JVA) der Beschwerdegegnerin die Zahlung von Taschengeld für September 2003.
Der Beschwerdeführer, der in der JVA einsitzt, erhielt seit Jahren gemäß § 46 StVollzG Taschengeld, weil er schuldlos ohne Arbeit und bedürftig war.
Am 06/07.09.03 fand in der JVA ein Sommerfest statt, bei dem Besucher für die Gefangenen in beschränktem Umfang Nahrungs- und Genussmittel kaufen durften. Die JVA erließ unter Ziff. 6 des Merkblatts folgende Anordnung:
"Jeder Insasse kann über sein Hausgeld verfügen. Wer keinen Besuch erhält, kann bis zu 35,- € vom freien Eigengeld zusätzlich beantragen . ..."
Der Beschwerdeführer, der keinen Besuch erhielt, ließ sich daraufhin von dritter Seite 35,- € auf sein Eigengeldkonto überweisen. Nach Eingang dieses Geldbetrages lehnt die JVA den Antrag auf Gewährung von Taschengeld für September 2003 mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer sei nicht bedürftig. Den Widerspruch des Beschwerdeführers wies die JVA mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.04 ab.
Das Landgericht wies den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 15.09.04 zurück. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde.
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie dient der Fortbildung des Rechts (§ 116 Abs. 1 StVollzG), nämlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen Geldbeträge, die von dritter Seite für einen Gefangenen zum eigenen Einkauf von Nahrungs- und Genussmitteln eingezahlt werden, ausnahmsweise bei der Prüfung der Bedürftigkeit unberücksichtigt bleiben.
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Dem Beschwerdeführer stand gemäß § 46 StVollzG Taschengeld auch für September 2003 zu, weil er ohne Verschulden kein Arbeitsentgelt erhielt und bedürftig war. Die Bedürftigkeit ist nicht durch die von dritter Seite vorgenommene Einzahlung von 35,- € für den Beschwerdeführer entfallen. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung der Nr. 2 Satz 3 der Verwaltungsvorschriften zu § 46 StVollzG, die wie folgt lautet:
"Ein Geldbetrag, der für einen Gefangenen statt eines Paketes im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 StVollzG zum eigenen Einkauf von Nahrungs- und Genussmitteln eingezahlt wird, bleibt bis zu dem für den Ersatzeinkauf festgesetzten Höchstbetrag bei der Berechnung des Taschengeldes ... unberücksichtigt."
Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist diese Verwaltungsvorschrift auf den vorliegenden Fall entsprechend anzuwenden. Nach dem Grundgedanken dieser Regelung lässt ein Geldbetrag, der einen Einkauf als Ersatz für den Empfang eines Pakets nach § 33 Abs. 1 Satz 1 StVollzG ermöglichen soll, die Bedürftigkeit ebensowenig entfallen wie der Empfang des Paketes selbst (vgl. AK-StVollzG, 4. Aufl. 2000, Rdz 10 zu § 46 StVollzG unter Hinweis auf Müller-Dietz, NStZ 1988, 478, 479 zur Rechtslage vor Inkrafttreten der der Nr. 2 Satz 3 VV zu § 46 StVollzG). Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten: Dass die auf dem Sommerfest von Besuchern für einen Gefangenen gekauften Nahrungs- und Genussmittel dessen Bedürftigkeit im Sinne des § 46 StVollzG nicht entfallen lassen, versteht sich von selbst. Es wäre mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, einen Gefangenen, der, weil er keinen Besuch erhält, anstelle der Sachzuwendung von dritter Seite Geld für einen Ersatzeinkauf in der von der Anstalt gestatteten Höhe erhält, anders zu behandeln. Dementsprechend hat der Beschwerdeführer auch, wie die Beschwerdegegnerin im Rechtsbeschwerdeverfahren eingeräumt hat, in früheren Jahren trotz der Zuwendungen für den Ersatzeinkauf zum jährlichen Sommerfest Taschengeld erhalten.
3. Da die Sache spruchreif ist, hat der Senat gemäß § 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG an Stelle entschieden und die JVA antragsgemäß zur Zahlung des Taschengeldes für September 2003 verpflichtet.
4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 121 Abs. 1, 4 StVollzG, 467 Abs. 1 StPO analog, 52 Abs. 1, 60 GKG.
Ende der Entscheidung
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