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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 02.04.2008
Aktenzeichen: 3 W 228/07 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, HWG


Vorschriften:

ZPO § 890
UWG § 3
UWG § 8
UWG § 4 Nr. 11
HWG § 11 Abs. 1 Nr. 2
1. Wird die Werbung außerhalb der Fachkreise für ein Arzneimittel mit Hinweis auf eine Testveröffentlichung als Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG untersagt, so fällt in den sog. Kernbereich des Verbotstitels entsprechend dem ursprünglich vorgetragenen Verletzungsfall der Anzeige in einer Publikumszeitschrift mit dem Test als Arzneimittelwerbung mit fachlicher Empfehlung bzw. Prüfung nicht auch eine solche Werbung auf Bestelllisten für das Arzneimittel, die nur für Fachkreise bestimmt sind und nur auf einer Fachmesse verteilt werden, auch wenn die Bestellliste im Ausnahmefall an das allgemeine Publikum auf Nachfrage abgegeben worden ist. So ein Sonderfall ist nicht gleichsam "mitentschieden" worden, auf einen solchen stellt der Titel nicht ab.

2. Wird die Arzneimittelwerbung mit einer Testveröffentlichung gemäß § 3 UWG wegen der fehlenden oder unvollständigen Test-Fundstellenangabe untersagt, so fällt eine Werbeanzeige mit einer solchen Test-Werbung nicht in den Verbotskern des Titels, wenn die Fundstellenangabe zwar vollständig, möglicherweise aber zu klein gedruckt worden ist. Die (unterstellt) mangelnde Lesbarkeit der Angabe war im Erkenntnisverfahren nicht Streitgegenstand.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 160/06

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 20. Dezember 2007

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 15. November 2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 1. Juni 2006 abgeändert, soweit es die Klage abgewiesen hat. Der Urteilsausspruch wird zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 250.000 €, Ordnungshaft insgesamt höchsten zwei Jahre) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Arzneimittel "Meeeee" (Wirkstoff Zoledronsäure) mit den Aussagen zu werben:

1.1 "Die Wirksamkeit von Zoledronsäure verglichen mit Plazebo in dieser Untersuchung ist nicht unerwartet; auffallend ist jedoch die Größe des therapeutischen Nutzens von Zoledronsäure, der größer erscheint als jener, der mit anderen Bisphosphonaten einschließlich Pamidronsäure und Ibandronsäure in ähnlichen Patientengruppen erzielt worden ist" (auf Englisch: "The efficacy of zoledronic acid compared with placebo in this trial is not unexpected; however, the magnitude of the therapeutic benefit after 1 year was striking and appears greater than that achieved with other bisphosphonates, including pamidronate and ibandronate, in similar patient populations");

und/oder

1.2 "Sowohl Ibandronsäure i.v. (6 ml) als auch Ibandronsäure oral (50mg/Tag) führten im Vergleich zu Plazebo nicht zu einem signifikanten Rückgang des Prozentsatzes an Patienten mit einem neuen Knochenereignis. Die absolute Differenz war 11 % für Ibandronsäure i.v. und 7 % für Ibandronsäure oral verglichen mit Plazebo" (auf Englisch: "Both IV ibandronate [6 mg] and oral ibandronate [50mg/day] failed to significantly reduce the percentage of patients with a new bone event compared with placebo. The absolute difference was 11 % for IV ibandronate and 7 % for oral ibandronate compared with placebo");

und/oder

1.3 "Zoledronsäure wird gut vertragen; sein allgemeines Nebenwirkungsprofil und das renale Sicherheitsprofil sind ähnlich dem von Plazebo" (auf Englisch: "Zoledronic acid is well tolerated, with overall and renal safety profiles similar to placebo"); wenn dies geschieht wie in dem beigefügten Werbeposter "Abstract 668" der Studie von Kohno et al. ("A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Phase III Trial of Zoledronic Acid in the Prevention of Skeletal Complications in Japanese Women with Bone Metastases from Breast Cancer");

<es folgen drei Kopien, sie sind für die Veröffentlichung entbehrlich>

2. die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen nach Ziffer 1 seit dem 4. Juni 2005 durch Angabe des Zeitpunkts, der Art und des Umfangs der Verbreitung dieser Aussage sowie über die Empfänger entsprechender Werbematerialien;

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen entstanden ist oder noch entsteht.

Die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 270.000.- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Parteien sind Pharma-Unternehmen und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Beklagte hat für das von ihr angebotene Arzneimittel Meeeee mit einem Klapp-Werbefolder (Anlage K 3) geworben, in dessen Tasche das Studienposter "Abstract 668" beigefügt worden war (Anlage K 4; vgl. die obige Verbotsanlage zum Senatsurteil, Seiten 4-6).

Die Klägerin beanstandet Angaben aus dem "Abstract 668" als unlautere irreführende Werbung und nimmt die Beklagte deswegen mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Die Parteien konkurrieren u. a. in Bezug auf Arzneimittel mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Bisphosphonate, die insbesondere bei Krebspatienten mit Knochenmetastasen gegen den Knochenabbau eingesetzt werden. Das entsprechende Arzneimittel der Klägerin ist Voo mit dem Wirkstoff Ibandronsäure (Anlage K 1), das Präparat der Beklagten ist Meeeee mit dem Wirkstoff Zoledronsäure (Anlage K 2).

Das in den Klageanträgen als "Werbeposter" bezeichnete Studienposter "Abstract 688" (vgl. den zweiseitigen Ausdruck gemäß Anlage K 4; er ist in der Verbotsanlage zum Senatsurteil auf drei Kopien, Seiten 4-6, überlappend wiedergegeben) trägt die Überschrift:

"A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Phase III Trial of Zoledronic Acid in the Prevention of Skeletal Complications in Japanese Women With Bone Metastases From Breast Cancer"

und enthält die Gliederungspunkte: "Abstract - Introductions - Patients and Methods - Results - Conclusions - References".

Im Abschnitt "Conclusions" des "Abstract 668" heißt es (vgl. Anlage K 4):

- This placebo-controlled trial has confirmed the statistically significant clinical benefits of zoledronic acid in patients with bone metastases from breast cancer.

- The efficacy of zoledronic acid compared with placebo in this trial is not unexpected; however, the magnitude of the therapeutic benefit after 1 year was striking and appears greater than that achieved with other bisphosphonates, including pamidronate and ibandronate, in similar patient populations.

- Among patients treated with zoledronic acid, there was absolute 20 % and a relative 40 % reduction in the percentage of patients with an SRE compared with the placebo group.

- The pamidronate trials, which also enrolled patients with osteolytic lesions, demonstrated an absolute 10 % to 13 % reduction and a relative 18 % to 23 % reduction in the percentage of patients with an SRE after 1 year. 7,12

- This is consistent with the finding that zoledronic acid is superior to pamidronate, particular among patients with predominantly osteolytic lesions.13

- Both IV ibandronate (6 mg) and oral ibandronate (50 mg/day) failed to significantly reduce the percentage of patients with a new bone event compared with placebo.14,15

- The absolute difference was 11 % for IV ibandronate and 7 % for oral ibandronate compared with placebo.

- Zoledronic acid also significantly reduced bone pain, as indicated by the decrease from baseline pain scores.

- Zoledronic acid is well tolerated, with overall and renal safety profiles similar to placebo.

Im Abschnitt "References" des "Abstract 668" sind die Bezugsziffern Nr. 1-15 mit Fundstellen erläutert (vgl. Anlage K 4).

Der Werbefolder der Beklagten (Anlage K 3: "Mammakarzinom Meeeee(r) vs. Placebo - Zeigen Sie Ihrer Patientin wie es wirkt!") nimmt bei einzelnen Hinweisen mit Bezugsziffern u. a. auf die Studie von Kohno et al. (Anlage K 6: im folgenden KOHNO-Studie) Bezug. In einer Tasche des Werbefolders war, wie ausgeführt, das Studienposter "Abstract 668" (Anlage K 4) beigefügt, das sich auf die KOHNO-Studie bezieht.

Der Klageantrag zu Ziffer 1.1 hat die Äußerung unter dem 2. Haupt-Spiegelstrich ("The efficacy of zoledronic acid ...") der "Abstract-668-Conclusions" zum Gegenstand, sie lautet in der deutschen Übersetzung der Klägerin:

"Die Wirksamkeit von Zoledronsäure gegenüber Plazebo in dieser Studie ist nicht unerwartet; das Ausmaß des therapeutischen Nutzens nach einem Jahr ist jedoch beeindruckend und erscheint größer als jener Nutzen, der mit anderen Bisphosphonaten einschließlich Pamidronsäure und Ibandronsäure in ähnlichen Patientengruppen erzielt wurde".

Im Klageantrag zu Ziffer 1.2 ist die Angabe im 3. Haupt-Spiegelstrich ("Among patients ...") der "Abstract-668-Conclusions", und zwar dort unter dem 3. Unter-Spiegelstrich aufgeführt ("Both IV ibandronate [6 mg] and oral ..."), sie lautet in der Übersetzung der Klägerin:

"Sowohl Ibandronsäure i.v. (6 ml) als auch Ibandronsäure oral (50 mg/Tag) führten gegenüber Plazebo nicht zu einem signifikanten Rückgang des Prozentsatzes an Patienten mit einem neuen skelettalen Ereignis" (im Anschluss an diese Angabe im Studienposter sind - wie ausgeführt - die Bezugsziffern 14, 15 angegeben);

und im Anschluss lautet der dortige (einzige) Unter-Unterspiegelstrich ("The absolute difference ...") in der Übersetzung der Klägerin:

"Die absolute Differenz war 11 % für Ibandronsäure i.v. und 7 % für Ibandronsäure oral verglichen mit Plazebo".

Der Klageantrag zu Ziffer 1.3 betrifft die Äußerung unter dem 5. Haupt-Spiegelstrich ("Zoledronic acid is well tolerated ...") der "Abstract-668-Conclusions", sie lautet in der Übersetzung der Klägerin:

"Zoledronsäure wird gut vertragen, das allgemeine Nebenwirkungsprofil ist ebenso wie das renale Sicherheitsprofil ähnlich dem von Plazebo".

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die beanstandeten Werbeaussagen in den "Abstract-668-Conclusions" (Anlage K 4) seien irreführend (§§ 3 Nr. 1, Nr. 2 b HWG).

Die Äußerung zum angeblich "größeren therapeutischen Nutzen" von Zoledronsäure gegenüber Ibandronsäure (vgl. im Klageantrag zu 1. 1.) sei falsch und irreführend:

Eine auf die Wirksamkeit bezogene Vergleichsaussage könne in so allgemeiner Form nur aufgrund einer entsprechenden Head-to-head-Studie aufgestellt werden. Zudem sei eine solche Studie mit der BODY-Head-to-Head-Studie erstmals im Mai 2005 veröffentlicht worden, die bisher nur als Abstract vorliege (Anlage K 5: "BODY-H-t-H-Abstract") und deren Ergebnisse das Gegenteil von der angegriffenen Behauptung bewiesen. Demnach liefere Ibandronsäure mindestens ebenso gute, in der Tendenz sogar bessere Ergebnisse als Zoledronsäure.

Die "Wertung" in dem "Abstract 668" gebe es in der diesem zugrunde liegenden KOHNO-Studie nicht, von einem "größeren therapeutischen Nutzen" stehe dort (Anlage K 6) nichts. Das unrichtige Zitat werde auch durch die Meinungsfreiheit nicht geschützt.

Außerdem lasse der Vergleich zwischen der KOHNO-Studie (Anlage K 6) und der Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie (Anlage K 7) die Schlussfolgerungen im Sinne der angegriffenen Behauptung nicht zu (Bl. 5-7 mit Beweisantritt). Die Patientenkollektive der KOHNO-Studie und der Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie hätten ganz unterschiedliche gesundheitliche Voraussetzungen mitgebracht, so dass eine Vergleichbarkeit nicht gegeben sei. Die Verbreitung von unwahren bzw. nicht erwiesenen Tatsachen stehe nicht unter dem Schutz der Meinungsfreiheit, erst recht nicht, wenn sie zu Wettbewerbszwecken aufgestellt würden.

Der Klageantrag zu 1.1 betreffe nur die konkrete Verletzungsform, es gehe entgegen der Ansicht der Beklagten nicht um ein Verbot der isolierten Verwendung der angegriffenen Aussagen.

Auch die Äußerung zu dem angeblich "nicht signifikanten Effekt von Ibandronsäure" (Klageantrag zu Ziffer 1.2) sei unzulässig. Das Gegenteil ergebe sich aus der Zulassungsstudien (Anlage K 7-8, Bl. 43 mit Beweisantritt).

Entsprechendes gelte zu dem Hinweis auf ein Sicherheitsprofil "ähnlich dem von Plazebo" (Klageantrag zu Ziffer 1.3) schon im Hinblick auf die beträchtlichen renalen Nebenwirkungen bei Meeeee (Anlagen K 9-13, K 16; Bl. 46, 65 mit Beweisantritt).

Die Klägerin hat beantragt (wegen der ursprünglich angekündigten Antragsfassung vgl. Bl. 2),

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von bestimmten Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Arzneimittel "Meeeee" (Wirkstoff Zoledronsäure) mit den Aussagen zu werben:

1.1 "Die Wirksamkeit von Zoledronsäure verglichen mit Plazebo in dieser Untersuchung ist nicht unerwartet; auffallend ist jedoch die Größe des therapeutischen Nutzens von Zoledronsäure, der größer erscheint als jener, der mit anderen Bisphosphonaten einschließlich Pamidronsäure und Ibandronsäure in ähnlichen Patientengruppen erzielt worden ist" (auf Englisch: "The efficacy of zoledronic acid compared with placebo in this trial is not unexpected; however, the magnitude of the therapeutic benefit after 1 year was striking and appears greater than that achieved with other bisphosphonates, including pamidronate and ibandronate, in similar patient populations");

und/oder

1.2 "Sowohl Ibandronsäure i.v. (6 ml) als auch Ibandronsäure oral (50mg/Tag) führten im Vergleich zu Plazebo nicht zu einem signifikanten Rückgang des Prozentsatzes an Patienten mit einem neuen Knochenereignis. Die absolute Differenz war 11 % für Ibandronsäure i.v. und 7 % für Ibandronsäure oral verglichen mit Plazebo" (auf Englisch: "Both IV ibandronate [6 mg] and oral ibandronate [50mg/day] failed to significantly reduce the percentage of patients with a new bone event compared with placebo. The absolute difference was 11 % for IV ibandronate and 7 % for oral ibandronate compared with placebo");

und/oder

1.3 "Zoledronsäure wird gut vertragen; sein allgemeines Nebenwirkungsprofil und das renale Sicherheitsprofil sind ähnlich dem von Plazebo" (auf Englisch: "Zoledronic acid is well tolerated, with overall and renal safety profiles similar to placebo"); wenn dies geschieht wie in dem beigefügten Werbeposter "Abstract 668" der Studie von Kohno et al. ("A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Phase III Trial of Zoledronic Acid in the Prevention of Skeletal Complications in Japanese Women with Bone Metastases from Breast Cancer");

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen nach Ziffer 1 durch Angabe des Zeitpunkts, der Art und des Umfangs der Verbreitung dieser Aussage sowie über die Empfänger entsprechender Werbematerialien;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen entstanden ist oder noch entsteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Sie habe mit dem Studienposter "Abstract 668" nicht geworben (§ 1 HWG). Außerdem seien die angegriffenen Aussagen Meinungsäußerungen, die auf zutreffenden Tatsachengrundlagen basierten.

Ein Hinweis auf wissenschaftliche Studien und deren Ergebnisse sei nicht stets als Werbung anzusehen, insbesondere nicht im vorliegenden Fall, in dem keine expliziten Schlussfolgerungen gezogen würden. Hier handele es sich nur um eine zulässige Information über den Stand der wissenschaftlichen Forschung; ein Verbot würde den wissenschaftlichen Diskurs erheblich behindern (Art. 5 GG). Zudem müssten Zitate wortgetreu und mit Fundstelle wiedergegeben werden (§ 6 HWG), mit dem dem Werbefolder beigefügten "Abstract 668" sei der Beleg für die Zitate gleich mitgegeben worden.

Die angegriffene Textstelle zum "größeren therapeutischen Nutzen" von Zoledronsäure gegenüber Ibandronsäure (vgl. im Klageantrag zu 1. 1.) sei eine zulässige Meinungsäußerung. Es handele sich um eine Wertung ("erscheint größer") in dem "Abstract 668" (Anlage K 4) betreffend die Ergebnisse der KOHNO-Studie (Anlage K 6). Die in Rede stehende Schlussfolgerung in den "Abstract-668-Conclusions" stamme von den Verfassern der KOHNO-Studie und sie sei von der KOHNO-Studie (Anlage K 6) gedeckt, insbesondere im Hinblick auf die weitere Aussage, die mit dem Klageantrag zu 1.2. angegriffen worden sei. Die Schlussfolgerung sei auch mit den Ergebnissen der Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie vereinbar, beide Patientenkollektive seien durchaus vergleichbar (Bl. 23 mit Beweisantritt).

Das Beifügen des "Abstract 668" (Anlage K 4) zu ihrem (der Beklagten) Werbefolder (Anlage K 3) bedeute noch lange nicht, dass sie sich damit sämtliche wissenschaftlichen Äußerungen von Kohno zu eigen mache. Wenn sie (die Beklagte) sich überhaupt etwas zu eigen gemacht habe, so seien das nur diejenigen Aussagen, die in ihrem Werbefolder ausdrücklich mit Fußnoten als Zitate aus der KOHNO-Studie kenntlich gemacht worden sei. Mit der Fußnote 1 im Werbefolder sei aber nur auf Teilausschnitte des "Abstract 668" bzw. der dortigen "Conclusions" verwiesen worden, die im Klageantrag zu 1.1 zitierte Aussage sei im Werbefolder ausgelassen worden.

Im Übrigen erfasse der Klageantrag zu 1.1 nicht die konkrete Verletzungsform, es bestehe keine Begehungsgefahr dafür, dass die beanstandeten Äußerungen in einem anderen Zusammenhang als in dem "Abstract 668" verbreitet würden.

Aus eben diesen Gründen seien auch die Klageanträge zu 1.2. und 1.3 nicht begründet. Die entsprechenden Angaben in dem "Abstract 668" seien inhaltlich zutreffend (Anlagen B 1-4, Bl. 26 ff mit Beweisantritt). Das ergebe sich auch aus den Zulassungstudien (Anlagen K 7-8), die im Rahmen der Untersuchung von Kohno als Vergleichsparameter herangezogen worden seien. Die Ergebnisse seien auch vergleichbar, weil es bei beiden Studien jeweils Tumorpatienten gewesen seien. Dem Klageantrag zu 1.3 fehle zudem das Rechtsschutzbedürfnis wegen der Vorverfahren (Landgericht Hamburg 327 O 379/05).

Durch Urteil vom 1. Juni 2006 hat das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben, und zwar den Unterlassungsanträgen zu Ziffer 1.1 und Ziffer 1.2 (aber nur in der Verknüpfung mit "und") und den darauf bezogenen Klageanträgen zu Ziffern 2. auf Auskunft ab 4. Juni 2005 und zu Ziffer 3. auf Feststellung der Schadensersatzpflicht, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Entgegen der Wendung im Urteilsausspruch ("wenn dies geschieht wie in dem als Anlage beigefügten Werbeposter "Abstract 668") enthält das landgerichtliche Urteil aber keine Verbotsanlage. Auf das Urteil wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen, ebenso auf den Berichtigungsbeschluss des Landgerichts vom 25. Juli 2006.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien, und zwar die Klägerin mit der Berufung, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und die Beklagte mit der unselbständigen Anschlussberufung, soweit sie verurteilt worden ist. Beide Parteien haben ihr Rechtsmittel jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit es der Klage stattgegeben hat. Ergänzend trägt sie noch vor:

Zu Unrecht habe das Landgericht den Klageantrag zu 1.3 insgesamt abgewiesen und die Klageanträge zu 1.1. und zu 1.2 in der "oder"-Verknüpfung. Die angegriffenen Behauptungen seien aus sich selbst heraus verständlich und hätten einen unterschiedlichen Inhalt. Die Aussagen seien jeweils für sich gesehen irreführend. In den "Abstract-668-Conclusions" stünden sie unabhängig voneinander. Zudem könne die Beklagte das "Abstract 668" unter Schwärzen irgendeiner der Aussagen in der Werbung weiter verwenden.

Entgegen dem Landgericht sei auch die im Klageantrag zu 1.3 zitierte Äußerung irreführend, und zwar gerade auch unter Berücksichtigung des Werbeumfeldes.

Die Anschlussberufung der Beklagten sei unbegründet.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils, soweit es die Klage abgewiesen hat, die Beklagte weiter zu verurteilen gemäß dem Klageantrag zu Ziffer 1. 3. auf Unterlassung sowie zur Unterlassung gemäß den Klageanträgen zu Ziffer 1.1 bis 1.3 jeweils in der Verknüpfung mit "und/oder" sowie gemäß den sich hierauf beziehenden Klageanträgen zu 2.) auf Auskunft ab 4. Juni 2005 und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in der Fassung des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils;

sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

sowie im Wege der unselbständigen Anschlussberufung unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat. Ergänzend trägt sie noch vor:

Sie habe mit dem Studienposter "Abstract 668" nicht geworben (§ 1 HWG), die angegriffenen Aussagen in den "Conclusions" seien zudem Meinungsäußerungen und sie (die Beklagte) habe sich diese nicht zu eigen gemacht. Allenfalls habe sie (die Beklagte) diejenigen Teilausschnitte aus dem "Abstract 668" werblich verwendet, auf die im Werbefolder (Anlage K 3) ausdrücklich mit Zitatverweis hingewiesen worden seien. Von einem Sich-zu-eigen-machen des "Abstract 668" insgesamt könne keine Rede sein. Die im Klageantrag zu 1.1 zitierte Aussage enthalte den entscheidenden Text aus den "Abstract-668-Conclusions" gerade nicht.

Unabhängig davon seien die Äußerungen gemäß den Klageanträgen zu 1.1 und 1.2 nicht getrennt voneinander zu verbieten, insoweit fehle es schon an der Begehungsgefahr. Auch der Klageantrag zu 1.2 sei unbegründet. Zu Recht habe das Landgericht den Klageantrag zu 1.3 abgewiesen. Demgemäß seien auch die Folgeanträge (auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht) unbegründet.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist in dem von der Klägerin in der zweiten Instanz verfolgten Umfang begründet. Demgemäß ist das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten abzuändern. Der Senat hat zum Zwecke der Klarstellung den Urteilsausspruch insgesamt neu gefasst und dabei auch die dreiseitige Verbotsanlage beigefügt.

Damit erübrigt sich eine Berichtigung des landgerichtlichen Urteils wegen der fehlenden Verbotsanlage im Urteilsausspruch.

I.

1.) Der Gegenstand der Berufung der Klägerin sind die in der Berufungsverhandlung gestellten Klageanträge, soweit sie vom Landgericht abgewiesen worden sind.

Bei den Unterlassungsanträgen geht es zum einen um den Klageantrag zu Ziffer 1.3 als solchen und zum anderen um die Anträge zu Ziffer 1.1 bis 1.3 jeweils in der Verknüpfung "und/oder", denn das Landgericht hat - wie ausgeführt - den Klageanträgen zu Ziffern 1.1 und 1.2 nur in der Verknüpfung "und" stattgegeben, d. h. das Verbot des landgerichtlichen Urteils bezieht sich insoweit nur auf die beiden unter Ziffern 1.1 und 1.2 zitierten Äußerungen zusammen.

Bei dem Klageantrag auf Auskunftserteilung (Klageantrag zu Ziffer 2.), der sich wie der Klageantrag zu Ziffer 3. (Feststellung der Schadensersatzpflicht) auf sämtliche Handlungen gemäß dem Klageantrag zu Ziffer 1. bezieht, hat die Klägerin die zeitliche Begrenzung übernommen, wie vom Landgericht erkannt (Auskunft ab 4. Juni 2005).

2.) Der Gegenstand der unselbständigen Anschlussberufung der Beklagten ist deren Verurteilung durch das Landgericht, die Beklagte möchte insgesamt die Klage abgewiesen haben.

3.) Der Gegenstand des mit dem Klageantrag zu Ziffer 1.1 geltend gemachten Unterlassungsanspruchs ist das Werben für das Arzneimittel Meeeee mit der im Antrag zitierten Aussage (in deutscher und/oder englischer Sprache), wenn das geschieht wie in dem als Verbotsanlage beigefügten Werbeposter "Abstract 668" (Anlage K 4) der KOHNO-Studie, d. h. es geht um die Verwendung des Studienposters "Abstract 668" in der Werbung, und zwar im Hinblick auf diese Äußerung, so z. B. wenn das "Abstract 668" (irgend) einem Werbefolder der Beklagten beigefügt wird oder sonst unter Hinweis auf das Arzneimittel Meeeee von der Beklagten verbreitet wird.

Zum Streitgegenstand gehört aber nicht die Begleitwerbung (z. B. der Werbefolder gemäß Anlage K 3) selbst, d. h. das Verbot soll unabhängig von etwaigen Werbeäußerungen außerhalb des "Abstract 668" bestehen. Das bedeutet zum einen, dass das Verbot selbstverständlich nicht auf bestimmten Angaben aus dem Werbefolder gestützt werden kann. Zum anderen würde eine Werbemaßnahme (wie das Verbreiten eines Folders), in der etwa die streitgegenständliche Aussage aus dem beigefügten "Abstract 668" ausdrücklich als unzutreffend bzw. als überholt kommuniziert wird, nicht dem streitgegenständlichen Verbot unterfallen.

4.) Für den Gegenstand der mit den Klageanträgen zu Ziffern 1.2 und 1.3 geltend gemachten Unterlassungsansprüche gilt das oben im Abschnitt I. 3.) Ausgeführte entsprechend. Angegriffen ist jeweils die werbliche Verwendung des "Abstract 668" mit den einzelnen, in den Anträgen zitierten Äußerungen, und zwar wegen der Verknüpfung mit "und/oder" in beliebiger Kombination bzw. auch dann, wenn (nur) einzelne dieser Aussagen im "Abstract 668" unkenntlich gemacht sein sollten. Im Übrigen geht es stets nur um die Verwendung der Aussagen in dem "Abstract 668" und nicht etwa sonst in isolierter Form.

5.) Die Anträge auf Auskunftserteilung ab dem 4. Juni 2005 und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten (Klageanträge zu Ziffern 2. und 3.) sind jeweils zurückbezogen auf die in den Klageantrag zu Ziffer 1. mit allen Unterpunkten beschriebenen Handlungen.

II.

Der mit dem zulässigen Klageantrag zu Ziffer 1.1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats für sich allein - und nicht nur in Kombination mit dem Antrag zu Ziffer 1.2, wie es das Landgericht gemeint hat - begründet (§ 3 HWG, §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG).

1.) Der Unterlassungsantrag betrifft das das Werben für das Arzneimittel Meeeee mit der Aussage:

"Die Wirksamkeit von Zoledronsäure verglichen mit Plazebo in dieser Untersuchung ist nicht unerwartet; auffallend ist jedoch die Größe des therapeutischen Nutzens von Zoledronsäure, der größer erscheint als jener, der mit anderen Bisphosphonaten einschließlich Pamidronsäure und Ibandronsäure in ähnlichen Patientengruppen erzielt worden ist"

(auf Englisch: "The efficacy of zoledronic acid compared with placebo in this trial is not unexpected; however, the magnitude of the therapeutic benefit after 1 year was striking and appears greater than that achieved with other bisphosphonates, including pamidronate and ibandronate, in similar patient populations"); wenn das geschieht wie in dem beigefügten Werbeposter "Abstract 668" (Anlage K 4 = Verbotsanlage) der KOHNO-Studie.

2.) Der Unterlassungsantrag ist nicht unbestimmt, obwohl das Verbot die Wendung "zu werben" und die Beschreibung des Studienposters "Abstract 668" als "Werbeposter" enthält und die Parteien sich aus gegebener Veranlassung auch darum streiten, ob das beanstandete Verhalten ein Werben darstellt oder nicht. Hiervon ist das Landgericht zutreffend ausgegangen.

(a) Es ist in der Rechtsprechung zu Recht anerkannt, dass Verallgemeinerungen im Unterlassungsantrag, die in einem (theoretisch immer denkbaren) Einzelfall auslegungsbedürftig sein mögen, schon aus Zweckmäßigkeitsgründen zulässig sind, wenn über die betreffende Wendung im konkreten Verletzungsfall Begriffsklarheit besteht, so gerade auch für die Handlung "Werben" im Normalfall (BGH WRP 2000, 389 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge).

Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall, denn es geht - wie im Abschnitt I.3. ausgeführt - um die tatsächliche werbliche Verwendung des "Abstract 668" mit dieser Aussage, so wenn das "Abstract 668" körperlich irgendeinem Werbeschreiben der Beklagten beigefügt wird.

(b) Hiervon ist die vom Landgericht diskutierte Frage zu unterscheiden, inwieweit das beanstandete Verhalten der Beklagten rechtlich eine Werbung für ein Heilmittel im Sinne der HWG-Vorschriften darstellt oder nicht.

3.) Zu Recht hat das Landgericht das Verbreiten des Werbefolders (Anlage K 3) durch die Beklagte mit dem beigefügten "Abstract 668", das die im Klageantrag zu Ziffer 1.1 zitierte Äußerung enthält, als Werbung für das Arzneimittel Meeeee im Sinne der HWG-Bestimmungen angesehen.

(a) Der heilmittelrechtliche Werbebegriff ist nach der zutreffenden herrschenden Meinung weit zu verstehen. Ihm unterfallen alle informationsvermittelnden und meinungsbildenden Aussagen, die darauf abzielen, die Aufmerksamkeit des Adressaten zu erwecken und deren Entschlüsse mit dem Ziel der Förderung des Warenabsatzes in Bezug auf ein Arzneimittel zu beeinflussen.

(b) Das vorliegend streitgegenständliche Verhalten ist ein Werben der Beklagten für das Arzneimittel Meeeee, und zwar im oben dargestellten Sinne von § 1 HWG.

Die Beklagte hat einem Meeeee-Werbefolder das "Abstract 668" beigefügt, das - wie die diesem Studienposter zugrunde liegende KOHNO-Studie - Aussagen über die Zoledronsäure, dem Wirkstoff von Meeeee, unter Nennung von Vorzügen gegenüber anderen Wirkstoffen bzw. konkurrierenden Arzneimitteln macht.

(aa) Inhaltlich sind die Angaben aus dem "Abstract 668" ohne weiteres geeignet, den Absatz von Meeeee positiv zu beeinflussen. Das Konkurrenzpräparat der Klägerin ist, wie ausgeführt, Voo mit dem in der angegriffenen Äußerung genannten Wirkstoff Ibandronsäure (Anlage K 1).

Auch wenn beim Verbreiten der "Abstract 668" die wissenschaftliche Information der Fachkreise über das Ergebnis der KOHNO-Studie im Vordergrund steht, handelt es sich um Werbung im oben dargestellten Sinne. Sachlich gehaltene Ausführungen - gerade solche werden in der Pharmawerbung erwartet - verlieren nicht etwa den Bezug zur Absatzwerbung und Imageförderung des Pharmaunternehmens und seiner Produkte. Dass es die KOHNO-Studie über das so vorgestellte Arzneimittel gibt, wird die Bedeutung des Mittels noch unterstreichen und das Interesse für die Verschreibungspraxis erhöhen. Dass damit der Markterfolg des Mittels - wie beabsichtigt - gesteigert werden kann, liegt auf der Hand.

(bb) Das Argument der Beklagten, es handele sich bei dem "Abstract 668" und demgemäß auch bei dessen Verbreitung durch sie um eine Meinungsäußerung, greift demgegenüber nicht durch.

Soweit in der Rechtsprechung der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von Unternehmensäußerungen unter dem Gesichtspunkt der sog. kommerziellen Meinungsäußerung Grenzen aufgezeigt worden sind, betraf das die grundsätzliche Anwendbarkeit des UWG; auch die einem Wettbewerbszweck dienende Wirtschaftswerbung mit wertendem meinungsbildenden Inhalt wird von der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG), deswegen sind die grundrechtseinschränkenden Wirkungen der UWG-Bestimmungen in Wechselwirkung zur Bedeutung des Grundrechts abwägend zu begrenzen (vgl. zu § 1 UWG a. F.: BVerfG GRUR 2001, 1058 - Therapeutische Äquivalenz; BVerfG WRP 2003, 633 - Benetton-Werbung II; jeweils m. w. Nw.).

Hiervon ist die vorrangige Beurteilung einer Angabe als Werbung zu unterscheiden; der Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit gilt grundsätzlich auch für die Wirtschaftswerbung, die rechtliche Einordnung einer Äußerung als Werbung bleibt davon unberührt.

(cc) Die vorliegend angegriffene Verhaltensmodalität, dass die Beklagte das "Abstract" mit der im Antrag zu Ziffer 1.1 zitierten Dritt-Äußerung einem ihrer Werbefolder beigefügt hat, lässt deren rechtliche Beurteilung als Werbung mit der Angabe unberührt.

Der Senat verkennt nicht, dass es ein anderer - vorliegend nicht streitgegenständlicher - Sachverhalt wäre, wenn es etwa um eine Printwerbung der Beklagten ginge, in die die im Antrag genannte Textstelle als originär-eigene Äußerung der Beklagten implantiert wäre. Insoweit ist die Art der beanstandeten werblichen Kommunikation subtiler, aber gleichwohl ein eben spezielles Werben der Beklagten mit dieser Dritt-Äußerung.

Wissenschaftliche Darstellungen wie z. B. Studienberichte oder Studienposter als Vorabinformation sind als solche regelmäßig keine Maßnahmen der Wirtschaftswerbung, soweit die Autoren sie verbreiten. Wird dagegen von einem Pharmaunternehmen derartiges Studienmaterial über einen Wirkstoff im Rahmen der Werbung für das entsprechende Arzneimittel verteilt, so handelt es sich um Werbung, wenn auch in der speziellen Form der werblichen Verwendung einer Dritt-Äußerung (OLG Hamburg OLGReport 1996, 120 = MagazinDienst 1996, 533 = PharmaRecht 1996, 212 m. w. Nw.).

So ist es auch im vorliegenden Fall. Die Beklagte hat das "Abstract 668", wie ausgeführt, ihrem Werbefolder (Anlage K 3) beigefügt, damit ist das Studienposter mit der Dritt-Äußerung Teil der eigenen Werbung der Beklagten geworden.

(dd) Zu Recht ist schon das Landgericht davon ausgegangen, dass sich die Beklagte mit der streitgegenständlichen werblichen Kommunikation des "Abstract 668" die im Klageantrag zu Ziffer 1.1 zitierte Dritt-Äußerung zu eigen gemacht hat, und zwar mangels jedweder inhaltlichen Distanzierung seitens der Beklagten als aktuell zutreffend und damit auch (selbstverständlich) wissenschaftlich gesichert.

Der Durchschnittsverbraucher, dem eine Pharmawerbung unter Beifügung eines Studienergebnisses als Dritt-Publikation unkommentiert und ohne inhaltliche Distanzierung seitens des Werbenden begegnet, wird selbstverständlich annehmen, dass das werbende Pharmaunternehmen seinerseits diese Angaben für richtig, wissenschaftlich gesichert und für aktuell gültig ansieht und dass diese Auffassung der redliche Grund ist, weshalb die Dritt-Äußerung beigefügt wird. Das gilt insbesondere auch für die noch bestehende Aktualität und wissenschaftliche Abgesichertheit eines Studienergebnisses, denn dass ein Pharmaunternehmen im Rahmen einer Produktwerbung überholte und nur noch historisch interessante wissenschaftliche Dritt-Publikationen offerieren würde, kann der Referenzverbraucher nicht erwarten.

Die von der Beklagten argumentativ unterstützte Annahme, ein Pharmaunternehmen übernähme beim Verbreiten von Studienmaterial gleichsam "nur" Verlagsaufgaben, beteilige sich "nur" an der wissenschaftlichen Diskussion oder Fortbildung der beworbenen Ärzte oder wolle "nur zur Arbeitserleichterung" des Lesers die in der Werbung zitierten Fundstellen um die Publikation selbst ergänzen, widerspricht schon der Lebenserfahrung jedenfalls dann, wenn die Dritt-Äußerung über den Wirkstoff und deren Konkurrenzerzeugnissen unkommentiert und ohne jede inhaltliche Distanzierung einer konkreten Arzneimittelwerbung beigefügt wird. Nur um ein solches Verhalten der Beklagten ist, wie ausgeführt, vorliegend Streitgegenstand.

Deswegen kann der Durchschnittsverbraucher nur annehmen, die Beklagte vertrete vorliegend die streitgegenständliche Äußerung in dem "Abstract 668" bzw. halte sie für richtig, noch aktuell und wissenschaftlich gesichert. Dem steht nicht entgegen, dass der Werbeempfänger erkennt, dass das "Abstract 660" von dessen Autor und damit ursprünglich nicht von der Beklagten stammt. Gerade weil die Beklagte als Pharmaunternehmen mit der Werbung den Arzneimittelabsatz fördern will, würde der Referenzverbraucher zum Beispiel, wie ausgeführt, nicht erwarten, eine inzwischen veraltete oder überholte Studie in einer Marketingmaßnahme angedient zu bekommen.

4.) Die beanstandete Äußerung ist irreführend (§ 3 HWG), sie ist entgegen der Annahme des Durchschnittsumworbenen (des Referenzverbrauchers) der Fachkreise wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert bzw. umstritten.

(a) Die angegriffene Aussage ist jedenfalls auch eine Tatsachenbehauptung. Die Textstelle

"Die Wirksamkeit von Zoledronsäure verglichen mit Plazebo in dieser Untersuchung ist nicht unerwartet; auffallend ist jedoch die Größe des therapeutischen Nutzens von Zoledronsäure, der größer erscheint als jener, der mit anderen Bisphosphonaten einschließlich Pamidronsäure und Ibandronsäure in ähnlichen Patientengruppen erzielt worden ist"

kleidet den vermeintlich größeren therapeutischen Nutzen von Zoledronsäure in die Wendung "der größer erscheint". Damit erschöpft sich die Angabe in ihrer inhaltlichen Aussage nicht etwa nur in einer unverbindlichen Meinungsäußerung oder Annahme des Autors, sondern teilt ein ohne weiteres nachprüfbares Ergebnis gerade auch in tatsächlicher Hinsicht mit.

(b) Dass die angegriffene Aussage nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert und demgemäß insoweit irreführend ist, ergibt sich schon aus der BODY-Head-to-head-Studie, dessen Posterveröffentlichung bereits am 13.-17. Mai 2005 erfolgt ist (Anlage K 5: Jean-Jacques Body et al., Effect of oral ibandronate versus intravenous (i.v.) zoledronic acid on markers of bone resorption in patients with breast cancer and bone metastases results from a comparative phase III trial; im folgenden kurz: "BODY-H-t-H-Abstract").

Im Abschnitt "Conclusions" des BODY-H-t-H-Abstract heißt es:

- As evidenced by reductions in serum markers for bone turnover, oral ibandronate supressed tumor-induced bone resorption as effectively as intravenous zoledronic acid infusion every 4 weeks.

- Oral ibandronate was not-inferior to zoledronic acid for the primary endpoint S-CTX, with similar results seen for serum levels of OC, BAP and P1NP.

zu Deutsch also:

- Wie die Verminderung der Serummarker für den Knochenumsatz beweist, verhinderte Ibandronsäure (oral) den tumorbedingten Knochenabbau ebenso gut wie eine Zoledronsäure-Infusion alle 4 Wochen.

- Ibandronsäure (oral) war nicht unterlegen gegenüber Zoledronsäure bezüglich des primären Endpunktes S-CTX, mit ähnlichen zu verzeichnenden Ergebnissen bei den Serum-Spiegeln von OC, BAP und P1NP.

Ob im Hinblick auf diese neueren Ergebnisse die Werbung mit der angegriffenen Aussage im "Abstract 668" generell unzulässig geworden ist, kann offen bleiben. Jedenfalls trägt die uneingeschränkte Verwendung seit der Veröffentlichung des BODY-H-t-H-Abstract im Mai 2005 dessen Vergleichsergebnis zu Inbandronsäure und Zoledronsäure in dem untersuchten Bereich nicht Rechnung.

Das Gegenargument der Beklagten, vom Nachweis einer Überlegenheit oder auch nur einer allgemeinen "Ebenbürtigkeit" von Voo gegenüber Meeeee könne keine Rede sein, weil sich das BODY-H-t-H-Abstract nur Effekte auf Serum-Marker für den Knochen-Umsatz belege (Bl. 23), greift nicht durch. Denn es geht vielmehr allein um die in der angegriffenen Äußerung enthaltene Behauptung eines größeren Nutzens von Zoledronsäure (Meeeee) gegenüber Ibandronsäure und nicht etwa umgekehrt.

5.) Außerdem und unabhängig von dem oben dargestellten Ergebnis ist die angegriffene Aussage auch im Hinblick auf den Vergleich der KOHNO-Studie (Anlage K 6 - auf dieser basiert das "Abstract 668") mit der schon im Jahre 2003 veröffentlichten Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie (Anlage K 7: Jean-Jacques Body et al., Intravenous ibandronate reduces the incidence of skeletal complications in patients with breast cancer and bone metastases) nicht hinreichend gesichert:

(aa) Das Design der beiden Studien ist so unterschiedlich, dass ein direkter Vergleich der Zahlenwerte nicht in Betracht kommen kann.

Primärer Endpunkt der KOHNO-Studie (Anlage K 6) war die sog. "SRE rate ratio". Die "SRE rate" war definiert als die absolute Anzahl skelettbezogener Ereignisse, dividiert durch die Anzahl der Studienjahre, die "SRE rate ratio" ist das Verhältnis zwischen "SRE rate" der Zoledronsäure-Patienten und der "SRE rate" der Plazebo-Gruppe (Anlage K 6 Seite 3). Als "skelettales Ereignis" gelten laut KOHNO-Studie pathologische Frakturen, Rückenmarkskompressionen, Bestrahlung und Knochenoperationen (Anlage K 6 Seite 1-2: "Patients and Methods").

Der primäre Endpunkt der Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie (Anlage K 7) war die Anzahl von 12-Wochenperioden mit neuen skelettbezogenen Komplikationen bzw. Knochenereignissen ("bone events"), aus der die SMPR ("skeletal morbidly period rate") resultiert, die definiert ist als die Anzahl von Perioden mit einem neuen Knochenereignis dividiert durch die Anzahl der insgesamt beobachteten Perioden (Anlage K 7, Seite 1400: "Efficacy assessments"). Als "Knochenereignis" gelten laut dieser Studie Wirbelfrakturen, andere krankhafte Frakturen, Bestrahlung und Operationen aufgrund von Knochenkomplikationen (Anlage K 7, Seite 1400: "Efficacy assessments").

Diese Unterschiede werden in der beanstandeten Äußerung nicht deutlich.

(bb) Außerdem unterscheiden sich die in beiden Studien jeweils untersuchten Patientengruppen relevant voneinander, so waren - wie die Klägerin schon in erster Instanz ausgeführt hat (Bl. 41 ff) - die Patienten der KOHNO-Studie erheblich "gesünder".

(cc) Auch die Zahlenwerte lassen die streitgegenständliche Schlussfolgerung im "Abstract 668" so nicht zu: So betrug der Rückgang der Rate der Skelettkomplikationen laut KOHNO-Studie im Vergleich zu Placebo 39 % (KOHNO-Studie: Anlage K 6, Seite 1 "Results"), während die Verminderung neuer Knochenereignisse laut Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie im Vergleich zu Placebo 38 % beträgt (Anlage K 7, Seite 1399 "Results"). Beide Ergebnisse sind demgemäß nahezu gleich.

6.) Die beanstandete Aussage ist auch deswegen nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert, weil sie sich aus der dem "Abstract 668" zugrunde liegenden, im Mai 2005 veröffentlichten KOHNO-Studie (Anlage K 6) so - wie in der "Abstract-668-Conclusions" (Anlage K 4) dargestellt - entgegen der selbstverständlichen Annahme des Referenzverbrauchers so nicht herleiten lässt:

In der KOHNO-Studie geht es nicht, wie die Angabe in der "Abstract-668-Conclusions" (Anlage K 4) erwarten lässt, um einen Vergleich zwischen Zoledronsäure und Ibandronsäure (Meeeee), sondern um einen Vergleich zwischen Zoledronsäure und Pamidronsäure, und zwar jeweils bezogen auf die "SRE rate", die - wie ausgeführt - in der Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie (Anlage K 7) nicht der Studien-Endpunkt gewesen ist. In der KOHNO-Studie heißt es:

"Therefore, the efficacy of zoledronic acid compared with placebo in this trial is not unexpected. However, the magnitude of the therapeutic benefit after 1 year was striking. Among patients treated with zoledronic acid, there was an absolute 20 % and a least one SRE compared with the placebo group. In comparison, the pamidronate trials, which also enrolled patients with osteolytic lesions, demonstrated an absolute 10 % to 13 % reduction and a relative 18 % to 23 % reduction in the percentage of patients with an SRE after 1 year" (Anlage K 6, Seite 7).

zu Deutsch also:

"Aus diesem Grund ist die Effizienz von Zoledronsäure im Vergleich zu Plazebo in dieser Studie nicht unerwartet. Allerdings ist der Umfang der therapeutischen Vorteile nach 1 Jahr erstaunlich. Unter den Patienten, die mit Zoledronsäure behandelt wurden, konnte man eine absolute 20-%-ige und eine relative 40-%-ige Reduktion des Prozentsatzes derjenigen Patienten feststellen, die mindestens ein skelettbezogenes Ereignis (SRE) aufweisen im Verhältnis zur Plazebo-Gruppe. Im Vergleich dazu zeigten die Pamidronat-Studien, die ebenfalls Patienten mit osteolytischen Läsionen einschlossen, eine absolute 10 bis 13-%-ige Reduktion und eine relative 18 bis 23-%-ige Reduktion des Prozentsatzes an Patienten mit einem SRE nach 1 Jahr".

7.) Ob das von der Klägerin vorangestellte Argument zutrifft, die angegriffene Angabe sei "schon" falsch, weil man so eine Aussage zulässigerweise nur aufgrund einer Head-to-head-Studie machen dürfe, kann dahingestellt bleiben.

Gegen eine (generelle) Unzulässigkeit dürfte allerdings sprechen, dass im Falle einer noch fehlenden direkten Vergleichsstudie eine Studie nach Art der KOHNO-Studie (Wirkstoff gegen Plazebo) durchaus Anlass zu (vorläufigen) Vergleichsbewertung mit anderen Wirkstoffen geben und bei entsprechend transparenter Kommunikation in der Werbung zulässig sein kann.

8.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben, der Antrag erfasst mit der isolierten Zitierweise der beanstandeten Äußerung die konkrete Verletzungsform.

(a) In den "Abstract-668-Conclusions" wird der im Antrag aufgenommene Äußerung unter dem 2. Haupt-Spiegelstrich als selbständige Behauptung dargestellt und das Verbot nimmt auf die "Abstract 668" insgesamt Bezug.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beanstandete Äußerung gemäß dem 2. Haupt-Spiegelstrich etwa nur eingeschränkt durch den 3. Haupt-Spiegelstrich zu verstehen ist.

Die Aussage im 2. Haupt-Spiegelstrich wird durchaus als eigenständige Äußerung innerhalb einer Aufzählung verstanden. In der beanstandeten, streitgegenständlichen Darstellung der "Abstract-668-Conclusions" wird nicht deutlich, dass die Angabe im 2. Haupt-Spiegelstrich etwa durch Hinweise im 3. Haupt-Spiegelstrich oder gar in einer seiner Unter-Spiegelstriche erläutert oder in der Aussagebedeutung beschränkt werden soll.

Dem steht das Argument der Beklagten unter Hinweis auf die KOHNO-Studie (Anlage K 6) nicht entgegen. Denn angegriffen ist (selbstverständlich) nicht das Verbreiten der KOHNO-Studie als solche, sondern - wie ausgeführt - die Darstellung der "Abstract-668-Conclusions" in dem von der Beklagten im Rahmen der Werbung verbreiteten "Abstract 668".

(b) Welche Aussagen in der Begleitwerbung zu dem dieser beigefügten "Abstract 668" gemacht werden, ist nach dem Streitgegenstand, wie ausgeführt, ohne Belang. Für die Begründetheit des Unterlassungsanspruchs kommt es auf diese Besonderheiten auch nicht an.

Der Unterlassungsantrag erfasst in Bezug auf den konkreten Beanstandungsfall - die Werbung der Beklagten mit dem Klapp-Werbefolder (Anlage K 3) und dem beigefügten "Abstract 668" (Anlage K 4) das Charakteristische des Verstoßes, obwohl die begleitenden Aussagen des Werbefolders nicht einbezogen sind.

(aa) Zum einen sind der Klapp-Werbefolder und das beigefügte "Abstract 668" nicht miteinander verbunden und können sich beim Empfänger verselbständigen. Deswegen ist das "Abstract 668" auch für sich zu bewerten.

(bb) Zum anderen führt das "Abstract 668" als Werbeaussage nicht nur körperlich, sondern auch vom Inhalt her gleichsam ein "Eigenleben". Denn das "Abstract 668" wird in dem Werbefolder nicht diskutiert oder kommentiert, auch eine Distanzierung von bestimmten Aussagen aus dem "Abstract 668" erfolgt, wie ausgeführt, nicht.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht angenommen werden, dass die Aussagen im Werbefolder deswegen als Korrektur der "Abstract-668-Conclusions" verstanden würden, weil der Text, wie er im Unterlassungsantrag zu Ziffer 1.1 gemäß dem 2. Haupt-Spiegelstrich der "Abstract-668-Conclusions" zitiert ist, im Werbefolder nicht vollständig, sondern nur auszugsweise wiederholt ist.

Der Durchschnittsverbraucher wird vielmehr annehmen, dass die Angaben im "Abstract 668" gelten sollen und nicht (teilweise) im Widerspruch zum Werbefolder stehen. Schon deswegen hat er keinen Anhalt, Textabgleichungen vorzunehmen und aus etwaigen Auslassungen Rückschlüsse im Sinne der Argumentation der Beklagten anzustellen.

Im Übrigen trifft es zwar zu, dass Äußerungen in einem Werbefolder, die mit Bezugsziffern auf eine Fundstelle wie z. B. eine Studie verweisen, vom Verkehr als durch das Zitat belegt verstanden werden; darin erschöpft sich aber das Beifügen des Studienposters im Rahmen einer Arzneimittelwerbung, wie ausgeführt, nicht.

(c) Nach dem Streitgegenstand kommt es schließlich auch nicht darauf an, ob das "Abstract 668" von der Beklagten selbst und nicht von den Verfassern der KOHNO-Studie inhaltlich zusammengestellt worden ist (so die Vermutung der Klägerin) oder ob es sich um das auf dem Kongress in New Orleans im Jahre 2004 vorgestellte Original-"Abstract 668" handelt (so die Behauptung der Beklagten Bl. 54). Auch wenn das "Abstract 668" gemäß Anlage K 4 ein Nachdruck vom "Original" ist, ändert das an den oben dargestellten Irreführungen nichts.

(d) Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem isolierten Verbot der im Klageantrag zu Ziffer 1.1 zitierten Äußerung nicht etwa eine fehlende Begehungsgefahr deswegen entgegen, weil in den "Abstract-668-Conclusions" alle dortigen Angaben zusammen erfolgt sind und allerdings nur deren wiederholte Verbreitung in der Werbung zu vermuten ist.

Die durch die "und/oder"-Verknüpfung auch isoliert verbotenen Äußerungen in den Klageanträgen zu Ziffer 1.1 bis 1.3 verdeutlichen nur, dass die streitgegenständliche Verbreitung des "Abstract 668" in der Werbung der Beklagten schon isoliert im Hinblick auf die im Klageantrag zu Ziffer 1.1 angeführte, im "Abstract 668" enthaltene Äußerung verboten ist. Entsprechendes gilt für die "Einzeläußerungen" in den Klageanträgen zu 1.2 und zu 1.3.

9.) Das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 GG) steht dem Verbot nicht entgegen.

Die beanstandete Werbeaussage ist in erster Linie eine Tatsachenbehauptung, bei der das Meinen und Dafürhalten des Autors des "Abstract 668" in den Hintergrund tritt. Ein "größer erscheinender", erzielter therapeutischer Nutzen bei dem einen Arzneimittel gegenüber einem anderen ist eine Behauptung, die - wie ausgeführt - ohne weiteres einer Überprüfung in tatsächlicher Hinsicht zugänglich ist. Die Meinungsäußerungsfreiheit wird dadurch nicht berührt, dass es der Beklagten untersagt ist, eine überholte und wissenschaftlich nicht gesicherte Aussage in der streitgegenständlichen unkommentierten Form im Rahmen ihrer Arzneimittelwerbung aufzustellen. Insoweit hat das durch § 3 HWG geschützte Interesse an einer nicht irreführenden Heilmittelwerbung Vorrang.

III.

Der mit dem Klageantrag zu Ziffer 1.2 geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats ebenfalls begründet (§ 3 HWG, §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG).

1.) Der Unterlassungsantrag betrifft das das Werben für das Arzneimittel Meeeee mit der Aussage:

"Sowohl Ibandronsäure i.v. (6 ml) als auch Ibandronsäure oral (50mg/Tag) führten im Vergleich zu Plazebo nicht zu einem signifikanten Rückgang des Prozentsatzes an Patienten mit einem neuen Knochenereignis. Die absolute Differenz war 11 % für Ibandronsäure i.v. und 7 % für Ibandronsäure oral verglichen mit Plazebo"

(auf Englisch: "Both IV ibandronate [6 mg] and oral ibandronate [50mg/day] failed to significantly reduce the percentage of patients with a new bone event compared with placebo. The absolute difference was 11 % for IV ibandronate and 7 % for oral ibandronate compared with placebo");

wenn das geschieht wie in dem "Abstract 668" (Anlage K 4) der KOHNO-Studie.

2.) Die beanstandete Äußerung ist irreführend (§ 3 HWG), sie ist entgegen der Vorstellung des Referenzverbrauchers wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert bzw. umstritten.

Hiervon ist im Hinblick auf die Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie (Anlage K 7) und die Voo-(oral)-Zulassungsstudie (Anlage K 8: Body et al., Oral ibandronate reduces the risk ...) auszugehen. In beiden Studien sind - wie bei Zulassungsstudien auch zu erwarten - für Voo (Ibandronsäure) signifikante Ergebnisse gegenüber Plazebo bei der Verminderung von Skelettkomplikationen verzeichnet.

(a) Ibandronsäure intravenös (6 mg) reduziert sowohl die SMPR-Rate als auch, wie oben ausgeführt, die Anzahl neuer Knochenereignisse signifikant gegenüber Plazebo:

"Consistent with the SMPR, ibandronate 6 mg siginificantly reduced the number of new bone events (by 38 %) ... (Anlage K 7: Voo-[i.v.]-Zulassungsstudie, Seite 1399: "Results").

Das Entsprechende gilt ebenso für Ibandronsäure oral (50 mg):

"The mean SMPR for all new bone events was significantly reduced with oral ibandronate 50 mg compared with placebo" (Anlage K 8: Voo-[oral]-Zulassungsstudie, Seite 1135: "Efficacy").

(b) Dem stehen die von der Beklagten herangezogenen Zitate aus den beiden Studien nicht entgegen, eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung der beanstandeten Behauptung ergibt sich daraus erst recht nicht:

(aa) In der Voo-(i.v.)-Zulassungsstudie (Anlage K 7) heißt es:

"The proportion of patients who did not experience any bone events during the study was higher in the ibandronate 6 mg group (49 %) than in the ibandronate 2 mg (38 %) or placebo (38 %) group, although this did not reach statistical significance (P = 0.052)" (Anlage K 7, Seite 1402 "New bone events").

zu Deutsch also:

"Die Anzahl der Patienten, die während der Studien-Dauer überhaupt kein neues Knochen-Ereignis (Unterstreichung durch den Senat) erlitten, war höher in der Ibandronat-6-mg-Gruppe (49 %) als in der Ibandronat-2-mg-Gruppe (38 %) oder in der Plazebo-Gruppe (38 %), obwohl dieser Umstand keine statistische Signifikanz erreichte (P = 0.052)".

(bb) An dieser Stelle ist demgemäß von dem Anteil der Patienten die Rede, die über die gesamte Studiendauer "überhaupt kein neues Knochen-Ereignis erlitten" haben. Demgegenüber betrifft die beanstandete Aussage, Ibandronsäure habe gegenüber Plazebo nicht zu einem signifikanten Rückgang des Prozentsatzes an Patienten mit einem neuen Knochenereignis ("with a new bone event") geführt, einen anderen Sachverhalt.

(cc) Entsprechendes gilt für die Voo-(oral)-Zulassungsstudie (Anlage K 8), in der es heißt:

"There was no significant difference in the number of skeletal fractures with ibandronate compared with placebo (P = 0.195) ... The mediane time to first bone event was 90.3 weeks with oral ibandronate 50 mg and 64.9 weeks with placebo (P = 0.089)" (Anlage K 8, Seite 1135 "Efficacy").

zu Deutsch also:

"Es gab keine signifikanten Unterschiede bei der Anzahl der Skelett-Frakturen mit Ibandronat im Vergleich zu Plazebo (P = 0.195) ... Die Median-Zeit bis zum ersten Knochen-Ereignis war 90,3 Wochen mit oral Ibandronat 50 mg und 64,9 Wochen mit Plazebo (P = 0.089)".

3.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben, der Antrag erfasst mit der isolierten Zitierweise der beanstandeten Äußerung die konkrete Verletzungsform.

(a) In den "Abstract-668-Conclusions" wird der im Antrag aufgenommene Äußerung, wie ausgeführt, unter dem 3. Haupt-Spiegelstrich, und zwar dort unter dem 3. Unter-Spiegelstrich aufgeführt, im Anschluss daran stehen die Bezugziffern 14, 15, die auf die beiden oben erörterten Voo-Zulassungsstudie (intravenös und oral: Anlagen K 7-8) verweisen und das Verbot nimmt auf die "Abstract 668" insgesamt Bezug.

Entgegen dem Landgericht wird auch diese Äußerung in den "Abstract-668-Conclusions" als selbständige Behauptung aufgestellt.

Die Aussage ist gerade auch unabhängig von der im Klageantrag zu Ziffer 1.1 angegriffenen Angabe, auf die obigen Ausführungen im Abschnitt II. wird entsprechend Bezug genommen.

(b) Auch wegen der übrigen Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs wird auf die obigen Ausführungen im Abschnitt II. 1.-9. insgesamt entsprechend Bezug genommen.

IV.

Der mit dem Klageantrag zu Ziffer 1.3 geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats begründet (§ 3 HWG, §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG).

1.) Der Unterlassungsantrag betrifft das das Werben für das Arzneimittel Meeeee mit der Aussage:

"Zoledronsäure wird gut vertragen; sein allgemeines Nebenwirkungsprofil und das renale Sicherheitsprofil sind ähnlich dem von Plazebo"

(auf Englisch: "Zoledronic acid is well tolerated, with overall and renal safety profiles similar to placebo");

wenn das geschieht wie in dem "Abstract 668" (Anlage K 4) der KOHNO-Studie.

2.) Die Wendungen "wird gut vertragen" und ein "ähnliches Nebenwirkungsprofil" enthalten allerdings Wertungen, haben gleichwohl einen (eingeschränkt) überprüfbaren Tatsachenkern.

(a) Die Aussage "Zoledronsäure wird gut vertragen" ("Zoledronic acid is well tolerated") steht erst in den "Abstract-668-Conclusions" am Ende, zuvor wird von Nebenwirkungen berichtet und es ist dem Durchschnittsverbraucher auch beim Lesen des "Abstract 668" klar, dass es sich um ein Mittel handelt, das - wie ausgeführt - bei Krebspatienten mit Knochenmetastasen gegen den Knochenabbau eingesetzt wird. Der Angabe "wird gut vertragen" wird der Durchschnittsverbraucher insoweit nur entnehmen, dass die Verträglichkeit "relativ gut" ist.

(b) Es kann auch nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, die Aussage "sein allgemeines Nebenwirkungsprofil und das renale Sicherheitsprofil sind ähnlich dem von Plazebo" ("with overall and renal safety profiles similar to placebo") werde vom Durchschnittsverbraucher so verstanden, dass das Mittel so nebenwirkungsfrei bzw. sicher wie ein Plazebo sei. Das Studienposter schildert auszugsweise die Ergebnisse der KOHNO-Studie, die eine Vergleichsgruppe von Patienten hatte, die ein Plazebo erhielten; hierauf bezieht sich die Wendung "ähnlich dem von Plazebo".

(c) Gleichwohl enthält die beanstandete Aussage im Kern eine Tatsachenbehauptung, die entgegen dem gewonnenen Eindruck des Referenzverbrauchers nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert ist.

Es hat unstreitig gewichtige Hinweise auf Nierenschädigungen durch Meeeee gegeben, die schließlich dazu geführt hat, dass in der Fachinformation von Meeeee ein entsprechender Warnhinweis aufgenommen worden ist (vgl. Anlage K 2, dort unter Ziffer 4.4). In die gleiche Richtung geht die EMEA-Bekanntmachung betreffend Meeeee (Anlage K 16)

Diesem Umstand kann die Beklagte nicht mit Erfolg unter Hinweis darauf begegnen, dass in der KOHNO-Studie selbst über die Nebenwirkungen bzw. die Verträglichkeit differenziertere Ausführungen gemacht werden. Es mag auch sein, dass (so die Beklagte) bei allen Arzneimitteln für die in Rede stehende schwere Erkrankungen stets relative hohe Nebenwirkungen zu verzeichnen sind und dass das der Durchschnittsverbraucher auch bei der beanstandeten Äußerung allgemein mitberücksichtigt. Dieses allgemeine Verständnis deckt aber die gewichtigen Hinweise auf die renalen Risiken, d. h. auf die erheblichen Risiken von Nierenschädigungen bei Anwendung von Zoledronsäure nicht ab und eben von diesen ist in der angegriffenen Äußerung in dem streitgegenständlichen Umfeld des "Abstract 668" nichts vermerkt.

3.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben, der Antrag erfasst mit der isolierten Zitierweise der beanstandeten Äußerung die konkrete Verletzungsform.

(a) In den "Abstract-668-Conclusions" wird der im Antrag aufgenommene Äußerung, wie ausgeführt, unter dem 5. Haupt-Spiegelstrich aufgeführt und das Verbot nimmt auf die "Abstract 668" insgesamt Bezug.

(b) Auch wegen der übrigen Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs wird auf die obigen Ausführungen im Abschnitt II. 1.-9. entsprechend Bezug genommen.

V.

Die mit dem Klageantrag zu Ziffer 1. geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind in den "und/oder"-Verknüpfungen der Unter-Ziffern 1.1 bis 1.3 in jedweder Kombination begründet. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

VI.

Die Klägerin ist nicht etwa gehindert, den auf die konkrete Verletzungsform bezogenen Unterlassungsanspruch geltend zu machen.

In den nachstehend zitierten Vorverfahren ging es allgemein um die Äußerung "Sicherheitsprofil vergleichbar mit Placebo" und damit um einen anderen Sachverhalt.

Zudem ist in dem Verfügungsverfahren (Landgericht Hamburg 327 O 695/04 = OLG Hamburg 3 U 93/05) die einstweilige Verfügung gegen die hiesige Beklagte aufgehoben worden und das Hauptsacheverfahren (Landgericht Hamburg 327 O 379/05 = OLG Hamburg 3 U 16/06) wurde in der Berufungsinstanz mit einer zwischen den Parteien vereinbarten Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO beendet.

VII.

Die Klageanträge zu Ziffern 2. und 3. auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sind ebenfalls begründet (§ 3 HWG, §§ 9, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 242 BGB).

Insoweit wird auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen, soweit es der Klage insoweit stattgegeben hat. Zu ergänzen ist allenfalls noch, dass die Beklagte schuldhaft, zumindest fahrlässig gehandelt hat, und zwar für den gesamten Zeitraum, ab dem Auskunft begehrt wird (seit dem 4. Juni 2005):

Das "BODY-H-t-H-Abstract" der BODY-Head-to-head-Studie wurde, wie ausgeführt, bereits am 13.-17. Mai 2005 veröffentlicht (Anlage K 5). Auch die anderen, oben erörterten Publikationen, die die wissenschaftliche Ungesichertheit der angegriffenen Aussagen aus dem "Abstract 668" belegen, waren vor dem 4. Juni 2005 zugänglich.

VIII.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin begründet, die Anschlussberufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen und das landgerichtliche Urteil entsprechend abzuändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 97, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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