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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 03.05.2001
Aktenzeichen: 3 W 45/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 176
ZPO § 91a
ZPO § 93
1) Wird eine Beschlußverfügung nicht den im Passivrubrum angegebenen Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin zugestellt, sondern an diese selbst, so schadet das nicht, wenn tatsächlich keine Prozeßvollmacht bestand und die Angabe auf einem Versehen des Gerichts beruhte.

2) Eine Anwendung des § 93 ZPO kommt auch im Rahmen des § 91a ZPO in Betracht. Die Antragsgegnerin ist nicht gehalten, nach Abgabe einer Unterwerfungserklärung Kostenwiderspruch einzulegen.

3) Die Antragsgegnerin war - anders als in einem Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO - nicht verpflichtet, die Antragstellerin vor Einlegung des Widerspruchs abzumahnen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

3 W 45/01

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 3. Mai 2001 durch die Richter Brüning, Spannuth, Rieger

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 7. November 2000 dahin geändert, daß die Antragstellerin die Kosten erster Instanz zu tragen hat.

Die Antragstellerin trägt auch die Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerdewert ist gleich den Kosten, die in erster Instanz entstanden sind.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.

Nachdem die Parteien übereinstimmend das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war nur noch gemäß § 91 a ZPO über die Kosten zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es nach Auffassung des Senats billigem Ermessen, der Antragstellerin die Kosten erster Instanz aufzuerlegen.

1) Die Antragstellerin hat schon deshalb die Kosten des Erlaßverfahrens zu tragen, weil sie insoweit mit Schriftsatz vom 17. Mai 2000 einen Verzicht ausgesprochen und lediglich beantragt hat, der Antragsgegnerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen.

2) Die Antragstellerin hat außerdem die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen.

a) Die einstweilige Verfügung ist allerdings wirksam zugestellt worden.

Die Zustellung ist zwar an die Antragsgegnerin selbst geschehen, dagegen nicht an die im Passivrubrum der einstweiligen Verfügung als Prozeßbevollmächtigte aufgeführten Rechtsanwälte. Diese Angabe im Passivrubrum beruhte aber auf einem bloßen Versehen der Kammer 16 für Handelssachen. Tatsächlich bestand keine Prozeßvollmacht. Die Antragsgegnerin wußte nichts von einem ( drohenden ) Verfahren; sie war gar nicht abgemahnt worden.

Aus der Rechtsprechung, auf die sich die Antragsgegnerin für ihren gegenteiligen Standpunkt beruft ( Senat in NJW-RR 1995, 444, 445 ), folgt lediglich, daß sich die Antragstellerin grundsätzlich darauf verlassen kann, daß die im Passivrubrum genannten Rechtsanwälte auch tatsächlich Prozeßvollmacht haben. Diese Angabe begründet lediglich einen Vertrauensschutz zugunsten der Antragstellerin für den Fall, daß in Wirklichkeit keine Prozeßvollmacht vorliegt.

Daraus ergibt sich aber nicht, daß an die aufgeführten Prozeßbevollmächtigten auch dann zugestellt werden muß, wenn sie nur versehentlich genannt worden sind. Die Antragstellerin kann zwar im allgemeinen nicht erkennen, worauf die im Rubrum erfolgte Angabe beruht. Sie handelt jedoch lediglich auf ihr eigenes Risiko, wenn sie an die Partei selbst zustellt, was ihr schaden würde, wenn tatsächlich eine Prozeßvollmacht vorgelegen hätte. Im übrigen konnte die Antragstellerin hier ohne weiteres, d.h. ohne Nachfrage bei Gericht oder bei der Antragsgegnerin, von einem Versehen ausgehen, weil sie die Antragsgegnerin gar nicht abgemahnt hatte und diese daher von dem Verfahren nichts wußte.

b) Soweit es um die Kosten des Widerspruchsverfahrens geht, greift zugunsten der Antragsgegnerin § 93 ZPO ein.

aa) Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert die analoge Anwendung der Vorschrift nicht daran, daß die Antragsgegnerin Vollwiderspruch eingelegt und sich nicht mit einem Kostenwiderspruch begnügt hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird, ist der Antragsgegner nicht gehalten, nach Angabe einer Unterwerfungserklärung Kostenwiderspruch einzulegen, um zu seinen Gunsten eine entsprechende Anwendung des § 93 ZPO zu erreichen, sondern darf dazu Vollwiderspruch einlegen, um auf diese Weise - auf Grund übereinstimmender Erledigungserklärungen - den gegen ihn gerichteten Titel zu beseitigen und so im Falle eines zukünftigen Verstoßes eine sonst mögliche Doppelsanktion zu verhindern. Der analogen Anwendung des § 93 ZPO steht nicht entgegen, daß im Rahmen des § 91 a ZPO anders als im Falle eines Anerkenntnisurteils auch überprüft wird, ob der Verfügungsantrag zulässig und begründet war. Demgemäß scheitert die Anwendung des § 93 ZPO auch nicht daran, daß sich die Antragsgegnerin mit dem Widerspruch in erster Linie darauf berufen hat, es fehle an einer wirksamen Vollziehung.

bb) Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin nicht abgemahnt, obwohl sie das vor Einleitung des Verfügungsverfahrens am 23. März 2000 tun mußte.

Auch wenn die Sache verhältnismäßig eilig war, war es der Antragstellerin zuzumuten, die Antragsgegnerin mit kurzer Frist abzumahnen.

Aus der Reaktion der Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 26. April 2000 ( Anlage AS 2 ) ergibt sich nicht etwa, daß eine vorherige Abmahnung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Eine solche Schlußfolgerung läßt sich zwar ausnahmsweise aus einem nachträglichen, insbesondere prozessualen Verhalten des Antragsgegners ziehen. Das setzt aber voraus, daß er mit seinem nachträglichen Verhalten zum Ausdruck bringt, sich gegen den geltend gemachten Unterlassungsanspruch wehren zu wollen.

Aus dem genannten Schreiben folgt das nicht. Darin hatte die Antragstellerin ganz allgemein einen Widerspruch angekündigt, ohne dabei näher zum Ausdruck zu bringen, in welchem Umfange und aus welchem Grunde das geschehen sollte, auch wenn die Formulierung eher nach einem Vollwiderspruch klingt. Vordergründig ging es ihr um die gegen sie festgesetzten Kosten. Der Inhalt dieses Schreibens genügt nicht, um nachträglich annehmen zu können, daß eine vorherige Abmahnung keinen Erfolg gehabt hätte.

Auch aus dem Widerspruchsvorbringen läßt sich eine derartige Schlußfolgerung nicht herleiten.

Die Antragsgegnerin war - anders als in einem Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO- nicht verpflichtet, die Antragstellerin vor Einlegung des Widerspruchs ihrerseits abzumahnen.

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Senat gemäß § 91 ZPO entschieden.

Ende der Entscheidung

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