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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 30.10.2006
Aktenzeichen: 3 Ws 134/06
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 172 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT 3. Strafsenat Beschluss
3 Ws 134/06 2 Zs 609/06 7301 Js 12/04
In der Ermittlungssache
hier betreffend den Antrag des
hat der 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg am 30.10.06 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Rühle, Richter am Oberlandesgericht Dr. Mohr, Richter am Oberlandesgericht Sakuth
beschlossen:
Tenor:
Dem Anzeigenden wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. für seinen beabsichtigten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den ablehnenden Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg vom 04.07.06 bewilligt.
Gründe:
Der Antrag des Anzeigenden auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) ist ... begründet, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 172 Abs. 3 S. 2 StPO i. V. m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Der Beschuldigte ist nach Maßgabe der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung hinreichend verdächtig, eine Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1 StGB begangen zu haben, indem er ... (wird ausgeführt)
...
5. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des beigeordneten Anwalts muss zur Wahrung der Zulässigkeitsvoraussetzungen binnen eines Monats ab Zustellung dieses Beschlusses beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg unter Einhaltung der in § 172 Abs. 3 StPO beschriebenen Formerfordernisse eingehen.
Wird der Antrag nach der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der Form des § 172 Abs. 3 StPO nachgeholt, ist dem Antragsteller gegen die Versäumung der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (Hans. OLG Hamburg, MDR 1984, 775; OLG Celle MDR 1977, 160). Maßgebend für die Nachholung dieser Handlung ist aber nicht die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 2 StPO, sondern die Frist des § 172 Abs. 2 S. 1 StPO (anders LR-Graalmann-Scheerer, § 172 Rn. 173; Wohlers in: SK-StPO, § 172 Rn. 70; Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 172 Rn. 25; vgl. auch OLG Celle MDR 1977, 160; OLG Düsseldorf NJW 1987, 2453).
Das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichstellung bemittelter und unbemittelter Antragsteller erfordert eine verfassungskonforme Auslegung der genannten Vorschriften. Der aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG folgende Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit gebietet es, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen (BVerfGE 22, 83, 86; 63, 380, 394; 81, 347, 356; Rpfleger 2001, 188; 2002, 212). Eine solche Angleichung ist nur gewährleistet, wenn auch dem Unbemittelten diejenigen Fristen zur Verfügung stehen, die der Gesetzgeber für das jeweilige Verfahren typisierend als angemessen erachtet hat (vgl. auch BVerfG NJW 1987, 1191).
Aus diesem Grunde ist in der Rechtsprechung verschiedener Bundesgerichte schon seit längerem eine verfassungskonforme Auslegung des jeweiligen Wiedereinsetzungsrechts befürwortet worden (BGH (Zivilsachen) NJW 2003, 3275f.; 2004, 2902, 2903; BAG NJW 1984, 941; BVerwG NJW 1992, 2307f.; NVwZ 2002, 992f.; BFH NVwZ-RR 2004, 461f.).
Dieser Gedanke hat inzwischen durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24.08.2004 (BGBl. I, S. 2198) auch in § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO und vergleichbaren Regelungen andere Verfahrensordnungen Ausdruck gefunden, die bei Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist eine längere Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat vorsehen, um eine Schlechterstellung des auf Prozesskostenhilfe angewiesenen Bürgers zu verhindern (BT-Drs. 15/1508, S. 17f.).
Führt ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu einer Versäumung der Frist des § 172 Abs. 2 S. 1 StPO, sind diese Regelungen in verfassungskonformer Auslegung deshalb im Klageerzwingungsverfahren entsprechend anzuwenden.
Ende der Entscheidung
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