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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 07.04.2003
Aktenzeichen: 3 Ws 31/03
Rechtsgebiete: StVollzG, BDSG
Vorschriften:
StVollzG § 183 Abs. 2 | |
BDSG § 9 Satz 2 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT 3. Strafsenat Beschluß
In der
Strafvollzugssache des
hat der 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg am 07. April 2003 durch die Richter .... beschlossen:
Tenor:
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Strafvollzugsamtes wird der Beschluß des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 9 als Strafvollstreckungskammer, vom 11. Februar 2003 aufgehoben.
II. Der Antrag des Beschwerdegegners, die Justizvollzugsanstalt Am Hasenberge zu verpflichten, die von der Zahlstelle der Justizvollzugsanstalt Am Hasenberge erstellten Kontoauszüge, Einkaufsscheine, Auszüge zum Kontenverlauf (Bewegungen) und sonstigen Buchungsbelege mit personenbezogenen Daten dem Beschwerdegegner ab sofort nur noch in geschlossenen Umschlägen auszuhändigen, wird zurückgewiesen.
III. Der Beschwerdegegner trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen (§ 121 Abs. 2 Satz 1 StVollzG). Der Gegenstandswert wird auf 1.000,00 € festgesetzt §§ 13, 48a GKG).
Gründe:
Die den Erfordernissen des § 118 StVollzG genügende Rechtsbeschwerde ist auch nach Maßgabe des § 116 Abs. 1 StVollzG zulässig und auch begründet.
1. Eine Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts geboten. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung ist die Zahlstelle der Justizvollzugsanstalt Am Hasenberge nicht gemäß § 183 Abs. 2 StVollzG verpflichtet, Datenträger mit personenbezogenen Daten eines Gefangenen (vgl. insoweit den Tenor der Entscheidung) in Umschläge zu legen, diese zu verschließen und sodann verschlossen dem Gefangenen auszuhändigen. Soweit ersichtlich, gibt es zu dieser Frage keine obergerichtliche Rechtsprechung.
Zutreffend vertritt das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung, daß es sich bei den von der Zahlstelle der Justizvollzugsanstalt Am Hasenberge erstellten Kontoauszügen, Einkaufsscheinen, Auszügen zum Kontenverlauf (Bewegungen) und sonstigen derartigen Buchungsbelegen um Teile von Dateien bzw. Akten im Sinne von § 183 StVollzG handelt (vgl. AK-StVollG-Weichert, 4. Aufl. 2000, § 183, Rn 3; LG Karlsruhe, ZstrVo 2002, 187;). Gemäß § 183 Abs. 2 Satz 1 StVollzG sind diese Dateien durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen unbefugten Zugang und unbefugten Gebrauch zu schützen. Die Justizvollzugsanstalt ist danach verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen Vorsorge dafür zu treffen, daß bei der Weiterleitung der in Rede stehenden Daten von der Zahlstelle der Anstalt bis zur Aushändigung an den Empfänger keine unbefugte Person Einsicht in diese Daten nehmen kann. Unbefugt sind aber nicht nur andere Mitgefangene sondern nach Auffassung des Senats auch alle Bedienstete des Vollzugs, die nicht unter die Vorschrift des § 183 Abs. 1 StVollzG fallen. Anders als die Beschwerdeführerin ist der Senat allerdings der Ansicht, daß nicht unterschiedslos alle Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Berechtigte im Sinne dieser Vorschrift sind, denn es gehört nicht zu den Aufgaben eines jeden Vollzugsbediensteten, Datenträger mit personenbezogene Daten eines jeden Gefangenen weiterzuleiten. Zu den Berechtigten im Sinne von § 183 Abs. 1 StVollzG zählen z.B. nicht solche Bediensteten, die auf einer Station ihren Dienst versehen, auf der der (betroffene) Gefangene nicht untergebracht ist.
Die von der Justizanstalt Am Hasenberge getroffenen Schutzmaßnahmen gegen den unbefugten Zugang und den unbefugten Gebrauch von personenbezogenen Daten von Gefangenen durch andere Mitgefangene sind ausreichend. Nach den getroffenen Feststellungen in dem angefochtenen Beschluß ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, daß Gefangene Einsicht in personenbezogene Daten anderer Mitgefangener nehmen können. Die Weiterleitung dieser Daten von der Zahlstelle bis zur Aushändigung erfolgt ausschließlich durch Vollzugsbedienstete. Die rein theoretische Möglichkeit, daß ein Mitgefangener im Einzelfall unbefugt Kenntnis von fremden personenbezogenen Daten erlangt, kann außer Betracht bleiben.
Die getroffenen Schutzmaßnahmen reichen aber im Grundsatz nicht aus gegenüber solchen Bediensteten, die nicht unter die Vorschrift des § 183 Abs. 1 StVollzG fallen. Diese besitzen jedenfalls die Möglichkeit der unbefugten Nutzung. Das Landgericht geht zutreffend davon aus, daß größtmöglicher Schutz auch insoweit nur dadurch gewährleistet werden kann, daß die Zahlstelle der Anstalt die Datenträger in Umschläge steckt, diese mit Namen beschriftet und die Aushändigung an die Gefangenen in verschlossenen Umschlägen erfolgt. Die vom Landgericht vorgenommene Abwägung, daß die durch eine solche Vorgehensweise zu erreichende Schutzwirkung den von der Zahlstelle zu leistende Aufwand auch rechtfertigt, teilt der Senat jedoch nicht, da das Landgericht die Sensitivität der hier in Rede stehenden personenbezogenen Daten überbewertet. Der Senat verkennt nicht das berechtigte Interesse der Gefangenen an der Geheimhaltung ihrer finanziellen Verhältnisse. Es ist aber zu berücksichtigen, daß es sich dabei nicht um hoch sensible Daten (etwa Gesundheitsakten o.ä.) handelt sondern um solche mit weit geringerem Stellenwert. Auch ist in die Abwägung einzubeziehen, daß die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit eines Mißbrauchs dieser Daten durch einen Vollzugsbediensteten als sehr gering einzustufen ist. Demgegenüber ist der von der Zahlstelle der Anstalt zu leistende Aufwand, für durchschnittlich 400 und 450 Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Am Hasenberge die monatlich oder wöchentlich zu erstellenden Datenträger der einzelnen Gefangenen in Umschlägen zu verschließen und mit Namen zu beschriften, sowohl in personeller wie auch in organisatorischer Hinsicht hoch. Er steht nach Auffassung des Senats zu der angestrebten Schutzwirkung in keinem angemessenen Verhältnis.
2. Der Senat entscheidet gemäß § 119 Abs. 4 StVollzG in der Sache selbst. Es ist nämlich spruchreif, daß der Antrag des Beschwerdegegners auf gerichtliche Entscheidung nach einer unterstellten Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht von diesem im Hinblick auf die Ausführungen unter 1. als unbegründet zurückgewiesen werden müßte.
Ende der Entscheidung
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