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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 19.06.2002
Aktenzeichen: 3 Ws 70/02
Rechtsgebiete: StGB, StPO, AO
Vorschriften:
StGB § 257 Abs. 2 | |
StGB § 261 | |
StGB § 261 Abs. 1 Satz 1 | |
StGB § 261 Abs. 1 Satz 2 | |
StGB § 261 Abs. 1 Satz 3 | |
StGB § 261 Abs. 1 Nr. 3 | |
StGB § 261 Abs. 2 Nr. 1 | |
StGB § 261 Abs. 4 | |
StGB § 261 Abs. 9 | |
StGB § 261 Abs. 9 Satz 2 | |
StGB § 129 | |
StPO § 100 a | |
StPO § 100 a Satz 1 Nr. 2 | |
StPO § 100 a Satz 1 Nr. 1 c | |
StPO § 112 | |
AO § 370 | |
AO § 373 | |
AO § 374 | |
AO § 375 Abs. 2 |
2. Vortat i.S.v. § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB ist auch die tateinheitlich mit der Geldwäsche begangene (gewerbsmäßige) Steuerhehlerei.
3 Ws 70/02
In dem Ermittlungsverfahren
hier betreffend weitere Haftbeschwerde
hat der 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg am 19. Juni 2002 durch die Richter
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des B. vom ... wird der Haftbefehl des Landgerichts Hamburg vom ... dahingehend abgeändert, dass B. lediglich einer am .... und danach begangenen gewerbsmäßigen Steuerhehlerei dringend verdächtig ist. Insoweit dauert die Untersuchungshaft unter Verwerfung der Beschwerde fort.
Gründe:
Auf die zulässige Beschwerde war der Haftbefehl des Landgerichts Hamburg in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuändern. B., der sich bisher nicht zur Sache eingelassen hat, ist nach den bisherigen Erkenntnissen aus einer Vielzahl abgehörter Telefongespräche lediglich dringend verdächtig, in ... am ... und danach mit gesondert Verfolgten gewerbsmäßig Waren, hinsichtlich derer Verbrauchssteuern und Zoll hinterzogen worden sind, abgesetzt oder abzusetzen geholfen zu haben, indem er mit anderen, um sich aus wiederholter Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen und sich oder Dritte zu bereichern, in der Kenntnis, dass die Einfuhrabgaben (Zoll, Tabak- und Einfuhrumsatzsteuer) nicht entrichtet waren, am .... und danach (Fall 107) beim Absatz von insgesamt 45.000 Stangen unversteuerter und unverzollter nach Deutschland eingeschmuggelter Zigaretten und einer Hinterziehung von Eingangsabgaben in Höhe von rund 2,2 Millionen DM mitgewirkte. Ein dringender Tatverdacht hinsichtlich der übrigen ihm mit dem Haftbefehl des Landgerichts zur Last gelegten Taten besteht hingegen nicht.
1. Das sich gegen B. richtende Ermittlungsverfahren resultiert aus einem Verfahren gegen weitere Beschuldigte, deren Zahl sich infolge der aus durchgeführten Telefonüberwachungsmaßnahmen gewonnenen Erkenntnisse stetig erhöht und eine Vielzahl weiterer Telefonüberwachungsmaßnahmen zur Folge hatte. Die dabei aus den angeordneten Telefonüberwachungen verschiedener Anschlüsse gewonnenen Erkenntnisse sind nach Auffassung des Senates nur eingeschränkt verwertbar und können für die Beantwortung der Frage des dringenden Tatverdachtes zu Lasten des B. nur zum Teil herangezogen werden.
Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angeordneten Überwachungsmaßnahmen ist zunächst danach zu differenzieren, auf welche der in § 100 a StPO genannten Katalogtaten sich die Anordnungen und Verlängerungen der zahlreichen Telefonüberwachungsmaßnahmen stützen. Zu Beginnder Abhörmaßnahmen legten die erkennenden Gerichte ihren Anordnungen allein den Verdacht der Geldwäsche (§ 261 StGB) - Katalogtat gemäß § 100 a Satz 1 Nr. 2 StPO - zugrunde. Im Verlauf des weiteren Verfahrens stellten sie - zusätzlich - auf den Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) - Katalogtat gemäß § 100 a Satz 1 Nr. 1 c StPO - ab.
Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen mit Blick auf die Grundsätze des rechtstaatlichen Strafverfahrens die aus einer rechtswidrig angeordneten Telefonüberwachung gewonnenen Erkenntnisse nicht als Beweismittel verwendet werden (BGHSt 31, 304; 32, 68). Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen es an einer wesentlichen sachlichen Voraussetzung für die Anordnung der Maßnahme nach § 100 a StPO gefehlt hat. Dementsprechend hat es etwa die Unverwertbarkeit zur Folge, wenn der Verdacht einer Katalogtat von vornherein nicht bestanden hat oder die Anordnung unter Mißachtung des Subsidiaritätsgrundsatzes ergangen ist (BGHR § 100 a StPO - Verwertungsverbot 9).
Bei der Beurteilung der für den Verdacht einer Katalogtat maßgeblichen Tatsachen ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 41, 30ff und BGH NStZ 98, 426) zwar dem die Überwachungsmaßnahme anordnenden Richter ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, ob ein auf bestimmte Tatsachen gestützter Verdacht einer Katalogtat gegeben ist und der Subsidiaritätsgrundsatz der Anordnung nicht entgegen steht. Damit ist die Anordnung der Telefonüberwachung aber - auch soweit es die Voraussetzungen des Tatverdachts und des Fehlens anderer Ermittlungsmöglichkeiten betrifft - nicht jeder Nachprüfung entzogen, sondern lediglich darauf beschränkt, ob die Entscheidung vertretbar war. Das ist nicht der Fall, wenn sie von vornherein aus Rechtsgründen nicht hätte getroffen werden dürfen. Dann ist die angeordnete Telefonüberwachung rechtswidrig mit der Folge, dass ein Verwertungsverbot besteht.
2. Für die Beurteilung des Tatverdachtes hinsichtlich der dem B. im Haftbefehl des Landgerichts Hamburg zur Last gelegten Taten, die er am .... begangen haben soll, kommt es entscheidend auf die Verwertbarkeit der sich aus der Telefonüberwachung der Anschlüsse .... ergebenden Erkenntnisse an. Denn sonstige Beweismittel, die unabhängig von den Ergebnissen der Telefonüberwachungen die Annahme eines dringenden Tatverdachtes rechtfertigen könnten, bestehen nicht. Soweit während der Überwachungszeiträume Observationen stattgefunden haben, lassen sich allein aus den daraus resultierenden Ergebnisseen keine wesentlichen Schlüss für die Annahme eines dringenden Tatverdachtes ziehen. Sie haben lediglich Fahrten verschiedener Fahrzeuge in verschiedene Lager zum Gegenstand.
Das Amtsgericht hat mit Beschlüssen vom .... die Überwachung der genannten Anschlüsse mit der Begründung angeordnet, es bestehe aufgrund der bisherigen Ermittlungen des Zollfahndungsamtes der Verdacht der Begehung einer Katalogtat nach § 100a Satz 1 Nr. 2 StPO. Die Beteiligten stünden im Verdacht, gewerbsmäßige Steuerhehlerei in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Geldwäsche/ Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte begangen zu haben. Die Anordnung der Überwachung und Aufnahme des Fernmeldeverkehrs sei erforderlich, weil auf andere Weise die Erforschung des Sachverhalts, insbesondere Feststellungen zu weiteren Tatbeteiligten, Liefer- und Vertriebswegen der Zigaretten, Zeitpunkten des Eintreffens der Waren und Vereinbarungen der Übergabeart, angesichts der bisher festgestellten konspirativen Vorgehensweise der Tatbeteiligten, aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
An dem oben erwähnten Prüfungsmaßstab gemessen, war der Verdacht des Vorliegens dieser Katalogtat nicht begründbar.
Die Anordnung war daher rechtswidrig, so dass die aus diesen Telefonüberwachungsmaßnahmen gewonnenen Erkenntnisse nicht als Beweismittel in Strafverfahren verwendet werden dürfen (BGH St 32, 68) und für die Bewertung des dringenden Tatverdachtes ausscheiden.
Durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Überwachung ergeben sich daraus, daß das Amtsgericht die Überwachungsanordnung auf eine tateinheitliche Begehungsweise von Steuerhehlerei und Geldwäsche gestützt hat, obwohl gemäß § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB eine Bestrafung wegen Geldwäsche entfällt, wenn der Betroffene wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist.
Durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität 1998 ist der Vortatenkatalog des § 261 StGB in Abs. 1 Nr. 3 um den gewerbsmäßigen, gewaltsamenund bandenmäßigen Schmuggel (§ 373 AO) und die gewerbsmäßige Steuerhehlerei (§ 374 AO) - und damit um zwei schwere Fiskaldelikte - erweitert worden. Zugleich ist der Straftatenkatalog für die Anordnung einer Telefonüberwachung um die Vorschrift der Geldwäsche ergänzt worden, so dass seit dieser gesetzlichen Änderung der qualifizierte Schmuggel und die qualifizierte Steuerhehlerei über die Katalogtat des § 261 StGB inzident mit erfasst ist.
Das gegen B. gerichtete Ermittlungsverfahren beinhaltet einen vergleichsweise kleinen Komplex aus einem deutlich umfangreicheren Verfahren. Soweit aus dem Inhalt der vorgelegten Telefonüberwachungsprotokolle und den darüber vom Zoll verfassten Gesprächszusammenfassungen ersichtlich ist, haben die gegen B. und die von den oben erwähnten Telefonanordnungen unmittelbar Betroffenen gerichteten Ermittlungsverfahren übereinstimmend den Vorwurf zum Gegenstand, in das deutsche Steuergebiet unverzollt und unversteuert eingeführte Zigaretten gewerbsmäßig als Hehler oder Zwischenhehler weitergegeben zu haben.
Durch Tathandlungen der Steuerhehlerei ist zugleich der Tatbestand des § 261 StGB erfüllt, weil - unabhängig von den Geldkreisläufen, in denen gegebenenfalls über die §§ 373, 374 AO hinaus auch nach Tatbeendigung Geldtransfers noch ausschließlich als Geldwäsche strafbar sein können - auch schon die Warenkreisläufe geschmuggelter Waren selbst in vollem Umfang vom Tatbestand der Geldwäsche erfasst sind.
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Eine Steuerhehlerei begeht, wer Waren, hinsichtlich derer Abgaben hinterzogen worden sind, ankauft, sich oder einem Dritten verschafft oder absetzt oder absetzen hilft. Diese Tathandlungen der Steuerhehlerei sind von denen der Geldwäsche vollen Umfangs umfaßt. Die Tatalternative des "sich oder einem Dritten verschaffen", zu der auch das "ankaufen" gehört, ist gleichbedeutend mit der zweiten Handlungsalternative der Geldwäsche des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Die Tatbestandsmerkmale "absetzen" und "absetzen helfen" des § 374 AO finden sich in der ersten Handlungsvariante des 261 Abs. 1 StGB wieder, wenn durch den Absatz bzw. der Hilfe dazu der Gegenstand der Geldwäsche verborgen wird, dessen Herkunft verschleiert oder die Einziehung auch nur gefährdet wird. Über diese Kongruenz hinaus werden in § 261 StGB noch weitere Handlungen (z.B. "verwahren" oder "verwenden") erwähnt, die nicht unter den Tatbestand der Steuerhehlerei fallen. Der Tatbestand der Geldwäsche ist daher in den Fällen, in denen Schmuggelgut mittels einer qualifizierten Steuerhinterziehung gemäß §§ 370, 373 AO in das Steuergebiet verbracht worden ist oder von einem gewerbsmäßig handelnden Hehler/Zwischenhehler i.S.v. §§ 374, 373 AO weitergegeben wird, zwangsläufig durch die Identität der Tathandlung miterfüllt.
Der Tatbestand der Geldwäsche setzt zudem weiter voraus, dass das Handlungsobjekt, der Gegenstand, aus einer der in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB genannten Taten herrührt. Als eine solche Vortat sind in § 261 Abs. 1 Nr. 3 StGB die §§ 373, 374 AO aufgeführt. Der Gesetzgeber hat durch Ergänzung in § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB sichergestellt, daß Geldwäsche auch bezüglich eines Gegenstandes, hinsichtlich dessen Abgaben hinterzogen worden sind, vorliegen kann. Dieses Schmuggelgut muß dann aber aus einer nach § 373 AO qualifizierten Steuerhinterziehung stammen oder von einem gemäß §§ 374, 373 Abs. 1 AO gewerbsmäßig handelnden Hehler/ Zwischenhehler weitergegeben sein. In diesen Fällen sind die Beziehungsgegenstände einer qualifizierten Steuerhinterziehung oder gewerbsmäßigen Steuerhehlerei taugliche Tatobjekte einer Geldwäsche. Wenn ein Tatbeteiligter daran mitwirkt, nach Deutschland geschmuggelte Zigaretten weiter zu geben, sind die steuerstrafrechtlich relevanten Tathandlungen daher auch immer geeignet, die Herkunft der Schmuggelware, das Auffinden oder die in § 375 Abs. 2 AO vorgesehene Einziehung zu gefährden. Da infolge der 1998 erfolgten Gesetzesänderung in § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB das ursprünglich vorhandene Tatbestandsmerkmal "eines anderen" gestrichen worden ist, ist die Strafbarkeit wegen Geldwäsche nunmehr auch auf die Fälle erweitert, in denen der Vortäter selbst Geld wäscht bzw. Vermögenswerte verschleiert.
Der Verdacht einer zu einer Bestrafung des B. führenden Geldwäschehandlung i.S.d. § 261 StGB als Katalogtat des § 100 a StPO lag jedoch nicht vor, da von Beginn der Ermittlungen an davon ausgegangen werden musste, dass Steuerdelikt und Geldwäsche zusammenfallen und deshalb der in § 261 Abs. 9 StGB normierte persönliche Strafausschließungsgrund eingreift. Hierzu hat der BGH in einer Entscheidung, die einen vergleichbaren Fall betraf, ausgeführt, dass der Strafausschließungsgrund des § 261 Abs. 9 Satz 2 AO zugleich eine Konkurrenzregel enthält, die eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche immer dann ausschließt, wenn der Betroffene bereits wegen der Beteiligung an einer Katalogtat strafbar ist (BBGHR § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB, Vortat 1). Eine Bestrafung wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in Tateinheit mit Geldwäsche scheidet damit aus.
Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der Ausnahmestrafrahmen der Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 4 StGB weiter reicht als derjenige der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei. So eröffnet der besonders schwere Fall der Geldwäsche einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Ein solcher liegt in der Regel dann vor, wenn der Beschuldigte - wie hier - gewerbsmäßigen Handelns dringend verdächtig ist. Demgegenüber ist bei gewerbsmäßiger Begehung einer Steuerhehlerei ein Strafrahmen von nur drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen. Zwar kann ein unterschiedlicher Strafrahmen für die Bestimmung des Verhältnisses verschiedener Tatbestände zueinander grundsätzlich von Bedeutung sein (vgl. BGHSt 31, 163, 165 ff zum Verhältnis von § 30 Abs. 1 Nr. 4 zu § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Ob trotz des gegebenen Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit der Strafrahmen des besonders schweren Falles ausgelöst werden könnte, bedürfte einer wertenden Beurteilung. Dabei müsste der Strafrahmen der Vortat berücksichtigt werden, hinsichtlich derer die Geldwäsche vorgenommen worden wäre. Im Hinblick auf die Rechtsähnlichkeit zur Begünstigung läge es nahe, den Rechtsgedanken des § 257 Abs. 2 StGB in die Abwägung einzubeziehen.
Danach darf die Strafe für die Begünstigung nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe (BGHR StGB § 257 Abs. 2 - Verjährung 1). Mit diesen Überlegungen ist es ausgeschlossen, dass sich aus der Anschlusstat der Geldwäsche eine höhere Strafe ergeben könnte als aus der Vortat (so auch BGHR StGB § 261 - Strafzumessung 3).
Ginge man in Fällen der vorliegenden Art von der Anwendbarkeit des § 261 StGB als Katalogtat aus, liefe dies auf eine Umgehung der Vorschrift des § 100 a StPO hinaus. Denn dann wäre im Ergebnis die Abhörmaßnahme über die ausdrücklich nicht in den Katalog aufgenommene Vorschrift des § 374 AO zulässig. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er den Katalog um diese Vorschrift erweitern können und müssen.
Daraus, dass er dies aber gerade nicht getan hat, lässt sich entnehmen, dass in diesen Fällen Abhörmaßnahmen nicht gerechtfertigt sein sollen. Damit läuft die Vorschrift auch nicht leer, weil zulässige Abhörmaßnahmen bei anderen Fallkonstellationen denkbar sind.
Der Gesetzgeber hat, indem er in § 261 Abs. 9 StGB einen Strafausschließungsgrund normiert hat, von anderen - etwa den Tatbestand verdrängenden Regelungen - Abstand genommen.
Konsequenz bei Vorliegen eines Strafausschließungsgrundes ist zwar, daß Tatbestandmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld nicht entfallen (Kleinknecht/Meyer 45. Auflage, vor § 32, Rdnr. 17 m.w.N.), so dass der Beschuldigte auch dann Beteiligter einer Geldwäsche bleibt, wenn seine Strafe aus einer anderen Norm entnommen werden kann. Wenn - wie hier - aber schon im Zeitpunkt der Anordnung der Telefonüberwachungsmaßnahme angesichts der aufgezeigten Grundkonstellation ersichtlich ist, dass der Strafausschließungsgrund eingreifen wird, liegen die sachlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Katalogtat von vornherein nicht vor. Auch wenn sich der auf bestimmte Tatsachen gründende Verdacht nach überwiegender Meinung (Löwe-Rosenberg, 24. Auflage, § 100 a, Rdnr. 12; Kleinknecht, Meyer, 45. Auflage, § 100 a, Rdnr. 6; Lemke, 3. Auflage, § 100 a, Rdnr. 10) nur auf die Tatbestandmäßigkeit und nicht auch - so die abweichende Meinung (KMR, § 100 a, Rdnr. 2) - auf die Rechtswidrigkeit und Schuld erstrecken muss, gilt nichts anderes. Denn die B. betreffende Situation ist mit einer Fallgestaltung vergleichbar, in der im Zeitpunkt der Entscheidung über die Anordnung einer Telefonüberwachungsmaßnahme zweifelsfrei feststeht, dass die Tat rechtmäßig war, dann liegt ein entsprechender Tatverdacht von vornherein nicht vor (Löwe/Rosenberg, 24. Auflage, § 100 a, Rdnr. 12).
Das dargestellte Ergebnis widerspricht auch nicht dem, was sich der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung mit der Vorschrift des § 261 Abs. 9 StGB vorgestellt hat. Danach sollte bei Beweisschwierigkeiten für Taten gemäß §§ 373, 374 AO die Regelung der Geldwäsche als Auffangtatbestand gelten, damit ein mutmaßlicher Täter nicht straffrei ausgeht.
Ausführungen dazu, dass auch Abhörmaßnahmen gerechtfertigt sein sollen, enthält die Begründung nicht.
Ob angesichts der vorhandenen Ermittlungserkenntnisse die Anordnung der Telefonüberwachung unter dem Gesichtspunkt der Annahme einer Katalogtat des § 100 a Satz 1 Nr. 1c StPO (§ 129 - Bildung einer kriminellen Vereinigung) gerechtfertigt gewesen wäre, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Denn dem Senat ist es angesichts des dem anordnenden Gericht eingeräumten Beurteilungsspielraums verwehrt, auf einen anderen möglichen, vom Ermittlungsrichter aber - soweit ersichtlich - nicht angenommenen und nicht geprüften Tatverdacht abzustellen. Die Überprüfung hat sich allein an dem zu orientieren, wovon in der konkreten Anordnung bei Prüfung des Tatverdachts ausgegangen ist (so BGH NStZ 1998, 426).
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass im weiteren Verlauf der Telefonüberwachungsmaßnahmen die anordnenden Beschlüsse um die in § 100a Satz 1 Nr. 1c StPO genannte Katalogtat des § 129 StGB erweitert wurden. Diese Umstellung war nämlich Reaktion auf das Bekanntwerden der bereits erwähnten Entscheidung des BGH zur Frage einer tateinheitlichen Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei und Geldwäsche. Nachdem das Amtsgericht in einer Entscheidung vom ... die in dem gesamten Verfahren bisher getroffenen und noch geltenden Telefonüberwachungsanordnungen aufgehoben hatte, ordnete das Landgericht auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses am ... die Überwachung der betreffenden Telekommunikationsanschlüsse wieder an. Es stützte seine Anordnung dabei neben dem Verdacht der Geldwäsche auch auf den Verdacht des Vorliegens einer kriminellen Vereinigung. Das Landgericht war als Beschwerdegericht nicht daran gehindert, die Anordnung auf eine weitere Katalogtat zu stützen. Von diesem Zeitpunkt an wurden die weiteren Überwachungsmaßnahmen zusätzlich unter dem Gesichtspunkt des § 129 StGB angeordnet.
Die aus Sicht des Senates unverwertbaren Erkenntnisse aus den erwähnten Telefonüberwachungsmaßnahmen führen nicht zu einer Unverwertbarkeit der danach gewonnenen Ergebnisse der Abhörmaßnahmen. Die Rechtsprechung lehnt grundsätzlich eine Fernwirkung von Beweisverboten ab (so im Ergebnis auch BGH, NStZ1998, 426). So hat der BGH (BGHSt 32, 68) für § 100a StPO die Fernwirkung eines Verwertungsverbotes mit der Begründung verneint, ein solcher Verfahrensfehler dürfe nicht das gesamte Verfahren "lahmlegen". Demgegenüber hat der BGH in einer Entscheidung (BGHSt 29, 244), die sich auf die ausdrückliche gesetzliche Regeluung in § 7 Abs. 3 G 10 stützt, gegenteilig entschieden, dabei aber die Übertragbarkeit der aufgestellten Grundsätze bei einer nach § 100 a StPO angeordneten Maßnahme offen gelassen. Da von einer die Analogie gestattenden Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann, nachdem der Gesetzgeber in ein und demselben Gesetz in § 7 Abs. 3 G 10 das Verwertungsverbot angeordnet und es in § 100a StPO unterlassen hat, ist eine Verwertung später erlangter Erkenntnisse zulässig.
3. Es folgen weitere Ausführungen zum dringenden Tatverdachtfr und zu den sonstigen Voraussetzungen des § 112 StPO.
Ende der Entscheidung
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