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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 22.01.2004
Aktenzeichen: 3 u 73/03
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2
MarkenG § 14 Nr. 1
MarkenG § 14 Abs. 5
MarkenG § 24
Der Parallelimporteur ist nicht berechtigt, einen mit seinem Firmenlogo (Schriftzugmarke) versehenen zweiten Hinweis auf seine Funktion als Importeur, Umpacker und Vertreiber auf der mit der Marke des Herstellers gekennzeichneten Packung anzubringen.
3 u 73/03

verkündet am 22.01.2004

Urteil:

(auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2003)

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 11. März 2003 abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000.- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer zu unterlassen,

aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder aus einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum importierte Arzneimittel mit einer Bezeichnung, für die die Klägerin im Inland Markenschutz genießt oder zu deren Benutzung oder Verteidigung im Inland die Klägerin von dem Markeninhaber ermächtigt wurde, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, feilzuhalten, abzugeben oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen oder in den Verkehr bringen zu lassen,

wenn sich auf der Umverpackung des Arzneimittels folgendes Logo der Beklagten zu 1. zusätzlich neben dem auf der Umverpackung aufgebrachten Hinweis "Einfuhr, Umverpackung und Vertrieb: XX GmbH, 12345 O...." befindet:

und/oder

insbesondere, wenn das Logo auf der Umverpackung des Arzneimittels "C" (erste Ausführung des Logos) oder "I" (zweite Ausführung des Logos) angebracht ist.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von je € 275.000.- abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland u. a. die Arzneimittel "C" und "I". Die Bezeichnungen "C" und "I" (Klagmarken) sind für die mit der Klägerin im Konzern verbundene S P Corporation, K. N.J., USA, als eingetragene Marken in Deutschland geschützt (Klagmarken). Die Klägerin ist zur Benutzung der Marken in der Bundesrepublik Deutschland sowie zur gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen wegen einer Markenverletzung berechtigt.

Die Beklagte zu 1. ist Parallelimporteur. Sie brachte und bringt u. a. aus Frankreich importiertes und umgepacktes "C" und aus Belgien importiertes und umgepacktes "I" im Inland in den Verkehr. Die Beklagte zu 2. ist als Mitvertreiberin auf den Packungen angegeben.

Auf den von den Beklagten in Deutschland vertriebenen Packungen sind die Angaben zur Einfuhr, zum Umpacken und Parallelvertrieb mit den vollständigen Firmen der beiden beklagten Parteien angeführt. Zusätzlich findet sich auf den Packungen nochmals der Hinweis: "Einfuhr, Umpackung und Vertrieb: XXXXX" in den aus dem Tenor ersichtlichen Formen. Dabei ist das sog. "XXlogo" entsprechend der für die Beklagte zu 1. in das Markenregister eingetragenen Wort-/Bildmarke gestaltet.

Die Klägerin hält den nochmaligen Hinweis auf die Rolle der Beklagten zu 1. als Parallelimporteur unter Verwendung deren Firmenlogos als sog. Co-Branding für markenverletzend. Die Verwendung des Logos sei nicht erforderlich, um eine in Deutschland vertriebsfähige Verpackung zu schaffen.

Sie hat die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beantragt. Die zweite Ausführung des Logos ist erst in der Berufung in den Antrag aufgenommen worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Es ist der Auffassung, dass dem Parallelimporteur ein gewisser Spielraum verbleiben müsse, in welchem Umfang und in welcher Größe er die zur Herstellung der Verkehrsfähigkeit der importierten Arzneimittel im Inland erforderlichen Angaben auf den Verpackungen anbringe. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils vom 11. März 2003 wird verwiesen.

Mit der gegen dieses Urteil form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin den Unterlassungsanspruch weiter.

Sie beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils wie erkannt zu entscheiden.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Der Unterlassungsanspruch folgt aus §§,14 Abs. 5 i. V. mit § 14 Abs. 2 Nr. 1, 30 Abs. 3 MarkenG. Die Beklagten verletzen die Klagmarken, wenn sie auf den parallelimportierten Arzneimittelpackungen neben dem von der Rechtsprechung vorgegebenen Umpack-Hinweis die Wiederholung diese Hinweises nutzen, um darunter die Logomarke der Beklagten zu 1. anzubringen. Dies ist nämlich nicht erforderlich, um eine im Inland vertriebsfähige Packung zu schaffen. Die Klägerin widersetzt sich des weiteren Vertriebs der Ware deswegen aus berechtigten Gründen, § 24 Abs. 2 MarkenG, womit die Beklagten sich nicht mit Erfolg auf Erschöpfung Markenrechte berufen können.

Die Passivlegitimamition der Beklagten zu 2., die von dieser In Abrede genommen wird, ist spätestens seit Kenntnis infolge der Abmahnung gegeben. Niemand muss es sich nämlich gefallen lassen, seine Firma auf rechtswidrig in den Verkehr gebrachten Packungen eines anderen Unternehmers aufgedruckt zu sehen. Die Beklagte zu 2. hat nicht geltend gemacht, dass sie aus etwa aus ihrem Firmenrecht nach Kenntnis gegen die Beklagte zu 1. vorgegangen ist. Sie muss deren rechtsverletzendes Tun damit so gegen sich gelten lassen, als hätte sie selbst entsprechend rechtswidrig gehandelt. Im Einzelnen:

1. (a) Streitgegenstand des Antrags ist allein die Frage, ob die Beklagten berechtigt sind, auf den für den Vertrieb in Deutschland hergestellten Verpackungen einen mit dem "XXlogo" versehenen zweiten Hinweis auf das Umpacken anzubringen. Es geht also nicht um die Wiederholung des Hinweises als solchem, wenn er die Firma der Beklagten zu 1. in neutraler Drucktype und üblicher Schreibweise aufführte und es geht auch nicht darum, ob der pflichtgemäß ausgeführte erste Hinweis auf das Umpacken mit der Schriftzugmarke der Beklagten zu 1. gezeichnet werden darf. Zu entscheiden ist nach der Fassung des Antrags allein über die Rechtmäßigkeit der Verwendung des Firmenlogos im Zusammenhang mit dem wiederholten Hinweis auf das Umpacken.

(b) Der Antrag bezieht sich auf die konkrete Verletzungsform.

Dass erst in der Berufungsinstanz die zweite Verwendungsform hinzugekommen ist ("Parallel vertrieben von: XXpharma"), ist nach Auffassung des Senats weder eine Klagänderung noch eine Klagerweiterung. Die Ergänzung dient allein der Verdeutlichung des Umfangs des begehrten Verbots; denn die in den Antrag aufgenommene weitere Form der Logoverwendung dürfte bereits im Kernbereich des erstinstanzlich gestellten Antrags liegen ("Einfuhr, Umpackung und Vertrieb: XXpharma").

(c) Selbst wenn man diesen Standpunkt nicht teilen sollte, handelte es sich nicht um eine nach § 533 ZPO zu beurteilende Klagänderung, die an die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sachdienlichkeit oder Einwilligung gebunden wäre, sondern allenfalls um eine Klagerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO, also eine quantitative und/oder qualitative Erweiterung des Klagantrags, die nicht mit der Einführung eines anderen Streitgegenstandes einherginge. Diese Klagerweiterung wäre hier nach §§ 529 Abs. 1, Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ohne weiteres zuzulassen.

(d) Soweit der Klagantrag in seinem Obersatz Verallgemeinerungen enthält, charakterisieren diese zutreffend das spezifisch Markenrechtswidrige der beiden konkreten Beanstandungsfälle. Die Beklagten haben bisher zwei verschiedene, im Wege des Parallelimports bezogene Arzneimittel auf die streitgegenständliche Weise gekennzeichnet. Es geht also nicht um einen Markenrechtsverstoß, der nur die Packungen einer ganz bestimmten Arzneimittellspezialität zum Gegenstand hat und die Beklagten verteidigen ihr Verhalten auch nicht mit besonderen Umständen des konkreten Arzneimittels, sondern halten sich überhaupt für berechtigt, Parallelimporte für den Vertrieb in Deutschland in der geschehenen Art und Weise mit ihrem Firmenlogo versehen zu dürfen.

(e) Der Unterlassungsantrag betrifft also einen Sachverhalt mit folgenden tatbestandlichen Merkmalen:

- der Parallelimporteur importiert aus dem Exportmitgliedsland bzw. einem anderen Vertragsstaat des EWR Arzneimittel,

- die mit einer Marke gekennzeichnet sind,

- für die im Inland Markenschutz besteht,

- alternativ: zu deren Benutzung und Verteidigung ein Unternehmer im Inland ermächtigt ist,

- auf der Umverpackung des Arzneimittels befindet sich der Umpackhinweis auf das Unternehmen des Parallelimporteurs,

- die Angabe Firma des Parallelimporteurs erfolgt in neutraler Drucktype,

- der Umpackhinweis wird auf der Umverpackung wiederholt und

- nunmehr mit der gestalteten Schriftzugmarke (Firmenlogo) des Parallelimporteurs versehen,

- die auf diese Weise gestaltete Packung wird im Inland in den Verkehr gebracht.

2. Der auf diesen Sachverhalt gestützte Unterlassungsanspruch ist aus §§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG begründet. Die Beklagten benutzen ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt. Es geht damit um den absoluten Schutz der Marke (siehe zur Terminologie: EuGH, Urteil vom 12.11. 2002 in der Rechtssache C-206/01 - Arsenal Football Club pic -, Tz. 50 unter Bezugnahme auf die zehnte Begründungserwägung zur Richtlinie 89/104 EWG <WRP 2002, 1415> und EuGH, Urteil vom 09.01.2003 in der Rechtssache C-292/00 - Davidoff/Gofkid - Tz. 28 <WRP 2003, 370>), so dass es auf Verwechslungsgefahr nicht ankommt. Es kann also nicht Gegenstand der Diskussion sein, ob durch das Kohllogo für das Publikum etwa der unzutreffende Eindruck einer Zusammenarbeit der Parteien entstehen könnte.

3. Das Problem des Falles liegt bei der Frage der Erschöpfung nach § 24 MarkenG. Denn es geht um den Vertrieb von Arzneimitteln, die ursprünglich in einem Land der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Zustimmung des dortigen Markeninhabers aus dem Konzern der Klägerin in den Verkehr gebracht worden sind, so dass das Markenrecht gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG an sich erschöpft ist. Die Klägerin kann sich aber nach § 24 Abs. 2 MarkenG des weiteren Vertriebs der Ware aus berechtigten Gründen widersetzen. Die Anbringung der Schriftzugmarke unter dem wiederholten Umpackhinweis ist nämlich nicht notwendig, um eine im Inland vertriebsfähige Packung zu schaffen. Es handelt sich damit um einen Eingriff in das Markenrecht, der zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs in der Gemeinschaft nicht erforderlich ist und den die Markeninhaber wegen Verletzung ihres absoluten Schutzrecht deswegen nicht hinnehmen muss.

4. Dazu hat der Senat schon wiederholt entschieden (siehe nur: Senat, Magazin-Dienst 2003, 477, - 3 U 381/00), dass der Parallelimporteur nach der EuGH-Rechtsprechung im Grundsatz gehalten ist , in das Kennzeichnungsrecht des Markeninhabers so wenig wie möglich einzugreifen. Bei dem Vertrieb von Arzneimitteln, die vom Markeninhaber unter einer Marke in der Gemeinschaft erstmals in Verkehr gebracht worden sind, geht es stets darum, in dem Spannungsverhältnis zwischen den Interessen des Markeninhabers und dem Postulat des freien Warenverkehrs in der Gemeinschaft einen Ausgleich zu finden, mittels dessen der freie Warenverkehr, also das Recht des Importeurs, das parallelimportierte Arzneimittel im Einfuhrmitgliedsland vermarkten zu können, unter größtmöglicher Schonung der als absolutes Recht geschützten Position des Markeninhabers gewährleistet wird (vgl. Senat: Beschluss vom 05.03.2003 - 3 W 24/03 -).

5. Nach der für die Beurteilung der hier gegebenen Konfliktlage heranzuziehenden EuGH-Rechtsprechung kann der Markeninhaber sich des Umpackens der mit der Marke gekennzeichneten Ware grundsätzlich erwehren. Unter bestimmten, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen tritt wegen des gemäß Art. 28, 30 EG (damals: Art. 30, 36 EG-Vertrag) zu gewährleistenden freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union aber eine gemeinschaftsrechtliche Erschöpfung ein, so dass der Parallelimporteur insoweit auch ohne Zustimmung des Markeninhabers zum Umkonfektionieren fremder Markenware befugt ist (Urteile des EuGH vom 11.07.1996 in den Rechtssachen C-71/94 - Eurim Pharm -< WRP 1996, 867>-; C-232/94 - MPA Pharma -< WRP 1996, 874>-; C-427/93 - Bristol-Myers Squibb -< WRP 1996, 880 >). Danach kann der Markeninhaber in den Fällen des Re- oder Parallelimports von Arzneimitteln Veränderungen der mit seiner Marke versehenen Umverpackung, die bis zu einem Austausch der Verpackung gehen kann, wegen Erschöpfung der Rechte aus der Marke nicht verhindern, wenn

1. die Geltendmachung der Rechte aus der Marke einer künstlichen Abschottung der Märkte dient,

2. der Originalzustand der Arzneimittel von den Veränderungen, die der Parallelimporteur vornimmt, nicht berührt wird, was allerdings auch mittelbar durch Beifügung eines neuen Beipackzettels mit lückenhaften oder unrichtigen Angaben geschehen kann,

3. auf der Verpackung sowohl der die Umverpackung vornehmende Unternehmer als auch der Hersteller genannt sind,

4. das umgepackte Arzneimittel nicht so aufgemacht ist, das der Ruf der Marke geschädigt wird,

5. der Importeur den Markeninhaber vorab vom Feilhalten des umgepackten Arzneimittels unterrichtet und ihm auf Verlangen ein Muster liefert.

6. Aus diesen Entscheidungen des EuGH folgt nach Auffassung des Senats aber nun keinesfalls, dass der Parallelimporteur bei der Gestaltung der für den Vertrieb im Inland gefertigten Verpackung frei ist, solange er nur die Bedingungen 2., 3. 4.und 5. beachtet.

Dass dies mit den fünf Essentials nicht gemeint sein kann, erhellt schon daraus, dass der Parallelimporteur selbst dann keine neue Umverpackung für den Vertrieb im Inland schaffen darf, wenn dadurch der Originalzustand des Arzneimittels von vornherein ersichtlich nicht beeinträchtigt werden kann, weil dieses etwa zusätzlich von einer Innenverpackung geschützt ist, solange er eine den Abgabegepflogenheiten im Importmitgliedsland entsprechende Packung durch Abkleben der aus dem Exportmitgliedsland bezogenen Packungen und ggf. durch deren Bündelung schaffen kann. Dazu ist etwa in Tz. 55 des Urteils in der Sache C- 427/93 "Bristol-Myers Squibb" ausdrücklich angeführt, dass sich der Markeninhaber dem Umpacken in eine neue äußere Verpackung widersetzen kann, wenn es dem Importeur möglich ist, eine im Einfuhrmitgliedsland vertriebsfähige Packung dadurch zu schaffen, dass er auf der Originalpackung neue Etiketten in der Sprache des Einfuhrmitgliedsstaates anbringt und einen Beipackzettel in dieser Sprache beifügt. Die Befugnis des Inhabers einer in einem Mitgliedstaat geschützten Marke, sich dem Vertrieb umgepackter Waren zu widersetzen, dürfe nämlich nur insoweit beschränkt werden, als das Umpacken durch den Importeur erforderlich sei, um die Ware im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können (a.a.O., Tz. 56).

Das bereits in diesem Satz zum Ausdruck gebrachte Prinzip des schonendsten Eingriffs gilt nach Auffassung des Senats nicht nur für die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Umpacken eines Arzneimittels in eine für den Vertrieb im Einfuhrmitgliedsland vom Importeur geschaffene neue Packung zulässig ist, sondern grenzt generell die Befugnisse des Importeurs gegenüber den Rechten des Markeninhabers ab. Der Importeur darf Änderungen an der mit einer fremden Marke versehenen Verpackung nur vornehmen, soweit diese notwendig sind, um eine im Einfuhrmitgliedland vertriebsfähige Packung herzustellen. Jede darüber hinaus gehende Änderung muss der Markeninhaber als Eingriff in sein Markenrecht nicht hinnehmen.

7. Die Richtigkeit dieses Verständnisses der für den Handel mit Arzneimitteln in der Gemeinschaft grundlegenden EuGH-Entscheidungen ergibt sich unschwer aus den weiteren Äußerungen des Gerichtshofs zu dem Grundkonflikt, den es zu lösen galt.

So sagt der EuGH in Tz. 40 der Entscheidung Bristol-Myers Squibb, dass es darum gehe, die grundlegenden Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs im Gemeinsamen Markt in Einklang zu bringen. Dazu führt er unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung aus der Zeit vor Inkrafttreten der Richtlinie 89/104 EWG an, dass das Markenrecht nicht dazu diene, dem Markeninhaber die Möglichkeit zu geben, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch etwa die Beibehaltung von Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern (EuGH a.a.O., Tz. 46). Dazu habe sich aus der - dort angeführten - bisherigen Rechtsprechung des Gerichts zu Artikel 36 des EG-Vertrages bereits ergeben, dass das ausschließliche Recht eines Markeninhabers zum Anbringen der Marke auf einer Ware als erschöpft anzusehen sei, damit ein Importeur Waren, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in einem anderen Mitgliedstaat in Verkehr gebracht worden sind, unter dieser Marke vertreiben könne (a.a.O., Tz. 34). Da die Richtlinie außer im Rahmen dessen, was der Vertrag zulasse, keine Behinderungen des innergemeinschaftlichen Handelns rechtfertigen könne (a.a.O., Tz. 36) und die Formulierung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie den Ausführungen des Gerichtshofes in den Urteilen entspreche, mit denen in Auslegung der Artikel 30 und 36 EG-Vertrag der Grundsatz der Erschöpfung des Rechts aus der Marke anerkannt worden sei, (a.a.O., Tz. 31) werde mit beiden Bestimmungen dasselbe Ergebnis angestrebt, weswegen sie gleich auszulegen seien (a.a.O., Tz. 40). Die Regelungen zur Erschöpfung des Markenrechts können die dem Markeninhabers durch die Richtlinie eingeräumten Verbietungsrechte aus der Marke also nur insoweit begrenzen, als dies erforderlich ist, um den freien Handel mit Markenware in der Gemeinschaft zu gewährleisten.

8. Dem vom Senat gefundenen Ergebnis stehen weitere grundlegende Bemerkungen des EuGH zur Hauptfunktion der Marke (insbes. Teilziffer 47 der Entscheidung Bristol Myers Squibb) nicht entgegen, sondern bestätigen dieses sogar.

An der angegebenen Stelle hat der EuGH ausgeführt, dass bei Prüfung der Frage, ob das ausschließliche Recht des Markeninhabers die Befugnis umfasse, sich der Verwendung der Marke durch einen Dritten nach Umpacken der Ware zu widersetzen, die Hauptfunktion der Marke zu berücksichtigen sei, die darin bestehe dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit der Marke versehenen Ware zu garantieren, was einschließe, dass er sicher sein dürfe, dass an einer ihm angebotenen mit der Marke versehenen Ware nicht auf einer früheren Vermarktungsstufe durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers ein Eingriff vorgenommen worden sei, der den Originalzustand der Ware beeinträchtigt habe. Wenn in der Tz. 48 daraus sodann gefolgert wird, dass zum Schutz der so verstandenen Herkunftsgarantie Ausnahmen von dem fundamentalen Grundsatz des freien Warenverkehrs gerechtfertigt sein können, ist dies eine Begründung dafür, warum es überhaupt angängig sein kann, den Grundsatz des freien Warenverkehrs hinter dem absoluten Recht des Markeninhabers zurücktreten zu lassen, keinesfalls aber ein Erlaubnissatz dahin, dass der Importeur nun etwa berechtigt wäre, bis zur Grenze der sog. unordentlichen Verpackung jedwede Manipulation an der Packung vorzunehmen, die nicht auf die Herkunftsverbürgung der Marke durchschlagen könnte. Dass eine solche Sichtweise der Dinge nicht richtig sein kann, ergibt sich zusätzlich aus der späteren Entscheidung des EuGH vom 11.11.1997 in der Rechtssache C-349/95 - Loendersloot ./.Ballantines- <GRUR Int. 1998, 145>, wo unter Bezugnahme auf die Tz. 68 der Bristol-Myers Squibb -Entscheidung nochmals betont wird, dass es überhaupt nur die Besonderheiten des Produkts Arzneimittel seien, die den Markeninhaber zwecks Gewährleistung des freien Warenverkehrs auf dem Gemeinsamen Markt zwängen, die Einräumung gewisser Befugnisse für den Parallelimporteur hinzunehmen, die ihm unter normalen Umständen selbst vorbehalten seien (Tz. 48 der Loendersloot-Entscheidung).

9. Diese Entscheidung kann auch unter einem weiteren Aspekt für die Lösung des hier streitgegenständlichen Konflikts fruchtbar gemacht werden. In dem zugrundeliegenden Fall ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Importeur dass Etikett einer Whiskyflasche durch ein von ihm gefertigtes ersetzen darf. Der EuGH hat dazu unter Verweis auf die soeben erörterten Entscheidungen zum Parallelimport von Arzneimitteln ausgeführt, dass er in jenen Entscheidungen ausgesprochen habe, dass der Markeninhaber sich des weiteren Vertriebs eines Arzneimittels grundsätzlich widersetzen könne, wenn der Importeur es umgepackt und die Marke darauf wieder angebracht habe (a.a.O., Tz. 26). Diese Rechtsprechung finde auch in Fällen der vorliegenden Art Anwendung, denn auch hier werde das mit der Marke versehenen Erzeugnis von einem Dritten ohne Genehmigung des Markeninhabers in einer Weise geändert, die die von der Marke erbrachte Herkunftsgarantie verfälschen könne (a.a.O., Tz.27). Aber auch in Fällen, in denen es erforderlich sei, Veränderungen an der Etiketten vorzunehmen, um die Verkehrsfähigkeit des Produkts im Einfuhrmitgliedstaat herzustellen, verweist der EuGH den Importeur zunächst auf die Möglichkeit, zusätzliche Aufkleber anbringen zu können (Tz. 46 der Loendersloot-Entscheidung). Auch in dieser Entscheidung betont der Gerichtshof also wieder, dass der Importeur nur diejenigen Veränderungen an der Produktaufmachung vornehmen darf, die erforderlich sind, um ein im Einfuhrmitgliedsland verkehrsfähiges Produkt zu schaffen und dass auch dazu nur der schonendere Eingriff zulässig sei. Aller anderen Veränderungen der mit der Marke versehenen Packung, also solcher Handlungen, die normalerweise dem Markeninhaber selbst vorbehalten sind, hat der Importeur sich zu enthalten.

10. Schließlich und endlich können die Beklagten auch nicht mit dem Argument durchdringen, dass der Grundsatz des schonendsten Eingriffs in das Markenrecht bei der Herrichtung der Verpackung für den Vertrieb in Deutschland gewahrt sei und eine Beeinträchtigung der Garantiefunktion der Marke schlechterdings nicht zu befürchten sei, wenn - wie hier - bei Beachtung aller Anforderungen aus der EuGH-Rechtsprechung auf der Packung lediglich der Umpackhinweis wiederholt und mit dem Firmenlogo des Parallelimporteurs gekennzeichnet werde. Denn - wie nun mehrfach dargelegt wurde - dienen die dem Parallelimporteur eingeräumten Befugnisse, die nach dem Gesetz nur dem Markeninhaber zustehen, ausschließlich dazu, eine im Einfuhrmitgliedsland vertriebsfähige Packung herzustellen und finden in den dazu notwendigen Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes auch schon ihre Grenze.

11. Die Wiederholung des Umpackhinweises unter Hinzufügung des Firmenlogos des Parallelimporteurs kann hier nur bezwecken, diesen im Wettbewerb der Parallelimporteure und im Wettbewerb zur Markenherstellerin selbst mit einem ins Auge fallenden Erkennungszeichen zu profilieren. Dies geht über das Maß der dem Importeur im Interesse des freien Warenverkehrs auf dem Gemeinsamen Markt eingeräumten Änderungsbefugnis hinaus. Diese Veränderung der Packung dient ausschließlich dem wirtschaftlichen Fortkommen des Importeurs und dies ist kein Grund, Veränderungen der Packung zuzulassen. Dazu ist in den Markenersetzungsfällen bereits anerkannt, dass das Tatbestandsmerkmal der Zwangslage nicht erfüllt sei, wenn die Ersetzung der Marke ihren Grund ausschließlich darin habe, dass der Parallelimporteur einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen möchte (EuGH, Entscheidung vom 12.10.1999 n der Rechtssache C-379/97 - Pharmacia & Upjohn -, Tz. 44 <GRUR Int. 2000, 159> und Entscheidung vom 23.04.2002 in der Rechtssache C-443/99 - Merck, Sharp & Dohme - , Tz. 27 < WRP 2002, 673>).

12. Der Senat betont abschließend, dass mit dieser Entscheidung nur über den oben zu Ziffer II. 1. geschilderten Streitgegenstand mit den tatbestandlichen Merkmalen, wie sie oben zu Ziffer 1. (e) aufgeführt worden sind, befunden worden ist. Die Entscheidung betrifft also nicht den Fall, dass der nur einmal auf der Packung pflichtgemäß aufgedruckte Umpackhinweis mit dem Firmenlogo des Parallelimporteurs gezeichnet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze nicht hinaus. Die Rechtssache hat auch sonst keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Eine Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 EG kommt nicht in Betracht. Wie ausführlich dargelegt, steht die Anwendung der markenrechtlichen Bestimmungen mit der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Einklang.

Ende der Entscheidung

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