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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 06.02.2002
Aktenzeichen: 4 U 145/99
Rechtsgebiete: BGB, BVO, AGBG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 549 Abs. 1 Satz 2 a.F.
BVO § 27 der II.
BVO § 26 der II.
AGBG § 9 a.F.
ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Der Vermieter eines Ladenlokals ist in der Regel nicht verpflichtet, einer Sortimentsänderung zuzustimmen, auch wenn die Zusammensetzung der Kundschaft eines Einkaufszentrums sich verändert hat.

Zur Umlegbarkeit von "Strom allgemein" und Verwaltungskosten in der Nebenkostenabrechnung.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 145/99

Verkündet am: 06. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 4. Zivilsenat, durch die Richter Dr. Raben, Dr. Bischoff, Albrecht-Schäfer nach der am 06. Februar 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 7, vom 07. April 1999 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Schlussurteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 7, vom 23. Juni 1999 dahin abgeändert, dass der Beklagte über bereits zugesprochene 2.721,85 € (5.323,48DM) nebst Zinsen weitergehend verurteilt wird, an die Klägerin 2.721,87 € (5.323,51 DM) nebst 5% Zinsen seit dem 04. Februar 1999 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

Von den Kosten der 1. Instanz trägt die Klägerin 2%, der Beklagte 98%.

Von den Kosten der 2. Instanz (Streitwert 8.447,80 €) trägt die Klägerin 10% , der Beklagte 90%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die vorzeitige Kündigung des bis 31.12.2000 befristeten Mietvertrags der Parteien (Anl. K 1) mit Schreiben vom 30.6.1998 (Anlage B 6) für unwirksam gehalten. Die Verweigerung der Zustimmung zur Untervermietung an Herrn S. (Anl. B 8) war vertragsgerecht im Sinne von § 6 Buchstabe f Satz 2 des Mietvertrags und schloss ein Kündigungsrecht des Beklagten gemäß § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. aus, da in der Person des Herrn S. ein wichtiger Grund vorlag. Ein solcher liegt insbesondere dann vor, wenn der vorgeschlagene Untermieter einen Mietgebrauch beabsichtigt, der dem Mieter selbst nicht gestattet ist (BGHZ 89, 308 = NJW 1984, 1031; OLG Köln WuM 1997, 620; Bub/Treier/Kraemer III Rdn 1016, 1262). Unstreitig hätte die Untervermietung an Herrn S. dazu geführt, dass in dem Ladenlokal nicht mehr (nur) das mit dem Beklagten vereinbarte Warensortiment geführt worden wäre.

Ein Anspruch des Beklagten auf Zulassung der beabsichtigten Sortimentsänderung bestand weder nach dem Mietvertrag noch nach allgemeinen Grundsätzen. Selbst wenn das Einkaufszentrum, in dem sich das Mietobjekt befindet, durch eine Veränderung der Zusammensetzung der umgebenden Wohnbevölkerung und mithin der Kundschaft eine bei Vertragsschluss nicht vorhersehbare wirtschaftliche Entwicklung genommen haben sollte, was die Klägerin unter Hinweis auf zunächst vorgebrachte gesundheitliche Probleme des Beklagten bestreitet (vgl. Anl. BfK 1), fielen die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Verwertbarkeit des Mietobjekts in den Risikobereich des Beklagten. Auch in einem Einkaufszentrum trägt der gewerbliche Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (BGH ZMR 2000, 508, 512), so dass ein Wegfall oder eine Veränderung der Geschäftsgrundlage nicht anzuerkennen ist. Dass die Parteien die Risikoverteilung dauerhaft vertraglich geändert hätten, ist nicht erkennbar, vielmehr spricht § 6 Buchstabe k des Mietvertrags für das Gegenteil.

Im übrigen hätte eine Veränderung der Geschäftsgrundlage allenfalls dazu geführt, dass der Beklagte eine Änderung oder Erweiterung des zukünftig zu führenden Sortiments im Rahmen der grundsätzlich vorrangigen Gesamtplanung der Klägerin hätte verlangen können. Eine dem zuwiderlaufende kategorische Ablehnung jeder Sortimentsänderung ist insbesondere dem Ablehnungsschreiben vom 22.4.1998 (Anl. B 8) nicht zu entnehmen. Der Beklagte selbst hat mit Schriftsatz vom 22.3.1999 vorgetragen, der Kläger habe mit anderen an dem Mietobjekt interessierenden Personen verhandelt, die ein vom Sortiment des Beklagten abweichendes Warenangebot führen wollten. Eine Zustimmung zur Änderung des Geschäftszwecks speziell im Sinne des von Herrn S. beabsichtigten Warenangebots konnte der Beklagte aber angesichts der Verantwortung der Klägerin für das gesamte Einkaufszentrum und ihres insoweit bestehenden Beurteilungsspielraums jedenfalls nicht verlangen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil vom 23.6.1999 ist teilweise begründet.

1. Unbegründet ist die Berufung allerdings bezüglich der in den Abrechnungen unter "Strom allgemein" umgelegten Kosten. Zwar ist § 3 Ziffer 1 c des Mietvertrags nicht dahin auszulegen, dass neben der dort ausdrücklich aufgeführten "Treppenhausbeleuchtung" nicht auch andere Stromkosten umlagefähig wären, die von der Anlage zu § 27 der II. BVO erfasst werden. Die Treppenhausbeleuchtung ist nur beispielhaft genannt und - wie die Klägerin nachvollziehbar dargelegt hat - zur Klarstellung, da der Beklagte sonst möglicherweise ein fehlendes Eigeninteresse an einer Beleuchtung des von ihm nicht genutzten Treppenhauses hätte einwenden können. Die Stromkosten müssen auch nicht deshalb außer Ansatz bleiben, weil sie zum Teil für die Umwälzpumpen der Heizungsanlage angefallen sind und die Heizkosten nach § 3 Ziffer 1 b des Mietvertrag direkt mit den Hamburger Gaswerken abzurechnen sind. Diese Klausel ist angesichts der umfassenden Verweisung auf § 27 der II. BVO in § 3 Ziffer 1 c des Mietvertrag dahin auszulegen, dass sie nur Heizkosten betrifft, die die Hamburger Gaswerke GmbH üblicherweise abrechnet, dass sie aber die Umlegung weiterer Kosten im Sinne von Ziffer 4 bis 6 der Anlage zu § 27 der II. BVO nicht ausschliesst. Die Umlegungsfähigkeit der Stromkosten für Brenner und Umwälzpumpen folgt auch aus § 4 Ziffer 2 der dem Mietvertrag beigefügten AVB.

Bedenklich ist jedoch, dass die Abrechnungsposition "Strom allgemein" eine partielle Zusammenfassung verschiedener der in § 3 Nr. 1 c des Mietvertrags und § 27 der II. BVO vorgesehenen Kostenarten darstellt. Wie sich aus dem Vortrag der Klägerin in Verbindung mit der als Anlage B 14 eingereichten Aufstellung ergibt, sind Teile von mindestens 3 Kostenarten (Entwässerung, Heizung, Beleuchtung) in der Position "Strom allgemein" zusammengefasst. Eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten setzt aber eine Zusammenfassung der Einzelkosten voraus, die derselben Kostenart zugehörig sind. Eine Kostenposition, die undifferenziert mehrere Kostenarten umfasst, macht es dem Mieter unmöglich, schon aus der Abrechnung selbst zu ersehen, ob ausschließlich umlagefähige Kosten berechnet wurden ( BGH NJW 1982, 573; KG ZMR 1998, 627, 629; Langenberg, Betriebskosten recht der Wohn- und Gewerberaummiete, 2. Aufl., G Rdn. 67; speziell zu Stromkosten: Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 6. Aufl., Rdn 5173).

Im übrigen ist die Richtigkeit der dieser Abrechnungsposition zugrundeliegenden Angaben gemäß Anl. B 14, insbesondere die Zuordnung der aufgeführten Elektro-Zähler, auch nach den Erläuterungen der Klägerin (Schriftsatz vom 10.5.1999, Bl. 89 d.A., und Schriftsatz vom 9.9.99, Bl. 160 d.A.) ungeklärt. Diesbezügliche Unklarheiten hat auch die Hausverwaltung der Klägerin mit Schreiben vom 18.5.1998 (Anl. B 21 zu Ziff. 4.) eingeräumt. Die Angaben in dem beigefügten Schreiben der Firma Elektro-Dreißig stimmen - soweit ersichtlich - mit denen der Anl. B 14 nicht überein.

2. Begründet ist die Berufung der Klägerin bezüglich der in den Abrechnungen umgelegten Verwaltungskosten. Die Ansicht des Landgerichts, dass die diesbezügliche Vereinbarung in § 3 Ziffer 1c des Mietvertrags wegen fehlender Bestimmtheit des Begriffs der Verwaltungskosten unwirksam sei, teilt der Senat nicht. Zwar mag es Grenzbereiche geben, die evtl. nach der Unklarheitenregel (§ 5 AGBG a.F.) zu Lasten des Vermieters auszuscheiden sind, dem Begriff fehlt jedoch nicht jede Auslegungsfähigkeit dahingehend, dass sich kein geltungsfähiger Sinn ermitteln ließe (vgl. Palandt/Heinrichs § 133 Rdn. 6). Dem steht schon § 26 der II. BVO entgegen sowie die regelmäßige Notwendigkeit, Betriebskosten von Verwaltungskosten abzugrenzen, z.B. im Rahmen von Nrn. 14 und 17 der Anlage zu § 27 der II. Berechnungsverordnung.

Eine unklar AGB-Regelung der Nebenkosten kann zwar auch gegen das Transparenzgebot des §9 AGBG a.F. verstoßen und deshalb unwirksam sein, etwa wenn die Belastungen verschleiert werden (vgl. OLG München, ZMR 1997, 233 f.). Ein Verstoß gegen §9 AGBG a.F. ist angenommen worden bei Abwälzung aller Nebenkosten, ohne dass diese aufgeschlüsselt waren (OLG Düsseldorf DWW 1991, 283; Senat HbgGrE 1990, 97, 99; Sternel, Mietrecht Aktuell, 3. Auflage Rn. 756). Die Überwalzung aller im Rahmen einer Eigentümergemeinschaft abgerechneten Nebenkosten auf den gewerblichen Mieter ist dagegen schon als hinreichend bestimmt erachtet worden (OLG Frankfurt WuM 1985, 91; OLG München ZMR 1997, 233; vgl. auch Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 7. Auflage, § 546 Rn. 20; Bub/Treier/v. Brunn, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, S. Auflage, III. Rn. 34). Im Vergleich zu dem Begriff der Nebenkosten ist der Begriff der Verwaltungskosten wesentlich enger und bestimmter.

Von der Definition des §26 der II. BVO kann deshalb auch für die Geschäftsraummiete ausgegangen werden, sie genügt dem Bestimmtheitserfordernis der Umlegungsvereinbarung (Schmid Rn. 5395; vgl. auch Langenberg B Rn. 3; OLG Nürnberg WuM 1995, 308 f.). Insbesondere bei einem Einkaufszentrum liegt die Notwendigkeit von Verwaltung im Sinne von Leitung, Organisation und Koordination auf der Hand. Dass damit - wie hier- eine professionelle Hausverwalterfirma beauftragt wird, ist ebenfalls üblich und von vornherein absehbar. Ob die Parteien dies bei Abschluss des Mietvertrags ausführlich erörtert haben, wie die Klägerin in der Berufungsbegründung vorträgt, kann offen bleiben.

Auch der Umstand, dass es sich bei der Einbeziehung der Verwaltungskosten in die umzulegenden Betriebskosten gemäß § 3 Nr. 1 c des Mietvertrages möglicherweise um eine allgemeine Geschäftsbedingung gehandelt hat, steht der Wirksamkeit nicht entgegen (Schmid Rn. 5407).

Der Höhe nach sind die in den Betriebskostenabrechnungen der Klägerin angesetzten Verwaltungskosten nicht zu beanstanden. Die nach dem jetzt mit Schriftsatz vom 30. Januar 2002 vorgelegten Hausverwaltervertrag in §§ 1 und 3 übertragenen Aufgaben sind sämtlich als Verwaltung im Sinne von §26 Abs. 1 der II. BVO anzusehen. Eine auf 3% der jeweiligen Bruttomieteinnahmen festgesetzte Vergütung ist nach Kenntnis des Senats nicht überhöht. Die diesbezügliche Richtigkeit der als Anlagenkonvolut K 10 eingereichten Rechnungen hat der Beklagte nicht im Einzelnen bestritten.

Demnach ist die auf diese Belastung bezogene Umlageposition berechtigt und der entsprechende Erstattungsanspruch fällig. Der Umstand, dass die Abrechnungsposition "Strom allgemein" fehlerhaft ist, steht der Fälligkeit der Abrechnungen im Übrigen nicht entgegen (BGH ZMR 1990, 97, 99; OLG Düsseldorf DWW2000, 193, 194).

Bei Herausnahme allein der Abrechnungsposition "Strom allgemein" aus den Betriebskostenabrechnungen ergibt sich in Anlehnung an die Berechnungsschritte im Schluss-Urteil des Landgerichts für 1993 ein restlicher Nachzahlungsanspruch von 1.021,56 DM, für 1994 ein restlicher Nachzahlungsanspruch von 1.051,85DM, für 1995 ein Nachzahlungsanspruch von 1.733,49DM, für 1996 ein Nachzahlungsanspruch von 1.351,35DM und für 1997 ein Nachzahlungsanspruch von 2.043,54 DM. Insgesamt ergibt sich eine Nachzahlungsforderung der Klägerin von 7.201,79 DM, gegenüber der vom Landgericht zuerkannten diesbezüglichen Forderung von 1.878,28 DM, also eine Mehrforderung von 5.323,51 DM = 2.721,87 €.

III.

Die unselbständige Anschlussberufung des Beklagten ist unbegründet, da sie sich auf die Beendigung des Mietverhältnisses zum 31. Dezember 1998 stützt. Insoweit wird auf die Ausführungen oben zu Ziffer l. verwiesen.

IV.

Angesichts des Ergebnisses der Berufungen ergibt sich die Kostenentscheidung aus §§ 91, 92, 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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