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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 06.09.2000
Aktenzeichen: 4 U 15/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 536
BGB § 538 Abs. 2
BGB § 275 Abs. 1
BGB §§ 323 ff
BGB § 633 Abs. 2 S. 3
BGB § 251 Abs. 2
BGB § 275
BGB § 242
BGB § 133
BGB § 157
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 708 Ziffer 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
Ein Mangelbeseitigungsverlangen gem. § 536 BGB kann treuwidrig sein, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie der Höhe des Mietzinses andererseits besteht, und die Mangelhaftigkeit nicht vom Vermieter verschuldet worden ist (Opfergrenze).
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 6. September 2000

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 4. Zivilsenat, durch die Richter nach der am 30.8.2000 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer für Handelssachen 13, vom 9.12.1999 wird zurückgewiesen.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9.12.1999 wird zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird in Höhe von DM 3.758.330,40 abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 120.000,-- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt DM 60.000,--.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen des Berufungsverfahrens darüber, ob die Beklagte der Klägerin für die Sanierung einer asbestbelasteten Tribüne einen Vorschuss auf die Sanierungskosten von DM 3.416.664,-- sowie für Nebenkosten in Höhe von weiteren DM 341.666,40 zur Verfügung zu stellen hat.

Die Beklagte vermietete der Klägerin mit Vertrag vom 2.3.1976 (Anl. K 1) bis zum 30.12.2005 ein Grundstück nebst Baulichkeiten und Anlagen zur Benutzung als Trabrennbahn. Die Beklagte bewirtschaftet das Grundstück für die Freie und Hansestadt Hamburg, die dieses mit den im wesentlichen auch heute noch vorhandenen Gebäuden aus der Konkursmasse des A erworben hatte.

Der von der Klägerin zu zahlende Mietzins beläuft sich seit April 1993 auf ca. DM 310.000,-- jährlich. Er setzt sich aus einer Festmiete von DM 250.000,-- sowie einem nachträglich abzurechnenden Anteil (0,18 %) am Totalisatorumsatz zusammen (Anl. B 2).

Zuvor hatten die Parteien durch einen ersten Nachtrag zum Mietvertrag (Anl. K 8) mit Wirkung vom 1.1.1981 eine von der Klägerin zu zahlende Festmiete in Höhe von DM 793.000,-- jährlich vereinbart.

Mit einem zweiten Nachtrag (Anl. K 7) ermäßigten die Parteien 1986 den Mietzins auf DM 200.000,-- jährlich zuzüglich 0,18 % vom Totalisatorumsatz und verpflichteten die Klägerin, für die dach- und fachfeste Instandhaltung sämtlicher Gebäude auf ihre Kosten zu sorgen. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweiten Nachtrages wird auf die Anlage K 7 verwiesen.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 24.3.1992 (Anl. K 9) die Kündigung der im zweiten Nachtrag enthaltenen Mietzinsregelung erklärt hatte, setzte ein Schiedsgutachterausschuss den Mietzins mit Wirkung ab dem 1.4.1993 entsprechend der Anlage B 2 fest.

Im Jahr 1996 wurde im Bereich der Tribüne Spritzasbest festgestellt, woraufhin das Bezirksamt Altona im Mai 1989 die Stilllegung der asbestbelasteten Tribüne androhte (Anl. K 3).

Im Juni 1999 teilte das Bezirksamt Altona der Klägerin mit, dass es eine Nutzung des Tribünengebäudes nur noch bis zum 31.8.1999 dulden werde (Anl. K 15), da eine Asbestsanierung bisher nicht durchgeführt worden sei. Zwischenzeitlich hat die Behörde die Duldung bis zum 31.12.2000 verlängert, nachdem die Klägerin im Rahmen vorläufiger Maßnahmen die Deckenöffnungen zu den asbestbelasteten Teilen der Tribüne verschließen ließ.

Ein von der Klägerin im Dezember 1997 eingeholtes Angebot beziffert die Kosten der Asbestsanierung mit DM 2.945.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer (Anl. K 4).

Die Beklagte hat im Rahmen dieses Rechtsstreits mit Schriftsätzen vom 12. November 1999 sowie vom 2. Dezember 1999 jeweils die Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Schriftsätze verwiesen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin außer den genannten Sanierungskosten und entsprechenden Nebenkosten noch Schadensersatz wegen Umsatzrückgangs in Höhe von DM 357.879,72 geltend gemacht. Die Beklagte begehrt mit ihrer Widerklage Zahlung des Mietzinses für das dritte Quartal 1999 in Höhe von DM 77.500,-- sowie Feststellung, dass die Klägerin zu einer Untervermietung zwecks Durchführung von Veranstaltungen wie zum Beispiel Musikkonzerten nicht berechtigt ist.

Im Einverständnis mit den Parteien hat das Landgericht durch Teilurteil vom 9.12.1999 zunächst nur über den Sanierungskostenvorschuss entschieden und die Klage insoweit abgewiesen. Das Landgericht stützt seine Entscheidung im wesentlichen darauf, dass angesichts unverhältnismäßig hoher Sanierungskosten die Geschäftsgrundlage des Vertrages weggefallen sei und die Beklagte deshalb das Mietverhältnis mit ihrem Schriftsatz vom 2.12.1999 wirksam gekündigt habe. Auf das Urteil des Landgerichts wird zur weiteren Sachdarstellung verwiesen.

Gegen das ihr am 13.12.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.12.1999 Berufung eingelegt und diese am 24.1.2000 (Montag) begründet.

Nachdem die Klägerin mit ihrer Berufung zunächst auch den Schadensersatzanspruch wegen Umsatzrückgangs (DM 357.879,72) geltend gemacht hat, hat sie ihr Rechtsmittel insoweit zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9.12.1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 3.758.330,40 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen erster Instanz. Wegen weiterer Einzelheiten ihres Vortrags wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klägerin kann gegenüber der Beklagten aus § 538 Abs. 2 BGB keinen Anspruch auf den begehrten Vorschuß herleiten.

Es kann offen bleiben, ob der zweite Nachtrag zum Mietvertrag (Anl. K 7) entgegen § 536 BGB für die Klägerin die Verpflichtung begründet, auf ihre Kosten für eine dach- und fachfeste Instandhaltung der Gebäude zu sorgen und ob davon die Sanierung der unstreitig asbestbelasteten Tribüne umfaßt wäre.

Denn die Beklagte wäre zu einer Sanierung der asbestbelasteten Tribüne auch dann nicht verpflichtet, wenn ihr als Vermieterin gem. § 536 BGB die Instandhaltung der mitvermieteten Gebäude obläge. Im konkreten Fall steht einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten jedenfalls der Umstand entgegen, dass der zur Asbestsanierung erforderliche Aufwand die sogenannte Opfergrenze übersteigt.

1.

Die Verpflichtung des Vermieters zur Wiederherstellung der vermieteten Sache endet dort, wo der dazu erforderliche Aufwand die Opfergrenze übersteigt. Treten solche Umstände ein, so können diese einen Fall der Unmöglichkeit begründen, der den Vermieter unter den Voraussetzungen des § 275 Abs. 1 BGB von seiner Wiederherstellungspflicht befreit. Soweit der Vermieter dementsprechend von seinen Verpflichtungen befreit ist, er insbesondere die zur Unmöglichkeit führenden Umstände nicht zu vertreten hat, liegt bereits kein Fehler der Mietsache vor. Auch die Pflicht zur Mietzahlung orientiert sich dann an den allgemeinen Vorschriften über die Unmöglichkeit gemäß §§ 323 ff BGB (BGH, Urteil vom 26.9.1990 - VIII ZR 205/89 - ZMR 1991, 19 unter II 2 a) und b) = WuM 1990, 546; ebenso OLG Karlsruhe, ZMR 1995, 201, 202; Palandt-Heinrichs, BGB 59. Aufl., § 275 Rd. 8; Staudinger-Emmerich, BGB 13. Aufl., Vorbem. zu § 537 Rd. 8 ff.).

Liegt kein Fall einer Unmöglichkeit vor, so kann sich ein Überschreiten der dem Vermieter zumutbaren Opfergrenze aus einer an Treu und Glauben (§ 242 BGB) orientierten Gesamtwürdigung ergeben, die den Vermieter im Ergebnis ebenfalls von der ihm gem. § 536 BGB obliegenden Wiederherstellungspflicht befreit (BGH, WM 1977, 400 unter 3 a; BGH; NJW 1957, 826 sowie WuM 1977, 5; Bub-Treier-Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl., III Rdn. 1192; Wolf/Eckart, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 7. Aufl., Rdn. 258). Ein gesetzlicher Anhaltspunkt für eine solche Opfergrenze findet sich in §§ 633 Abs. 2 S. 3, 251 Abs. 2 BGB. Nach dem in diesen Vorschriften ausgedrückten allgemeinen Rechtsgedanken kann das Verlangen nach Herstellung eines vertraglich geschuldeten Zustandes rechtsmißbräuchlich sein, wenn ihm der in Anspruch Genommene nur unter unverhältnismäßigen, billigerweise nicht zumutbaren Aufwendungen entsprechen könnte (BGH, NJW 1988, 699 unter III 2 b mit weiteren Nachweisen).

2.

Ein Fall von Unmöglichkeit ist vorliegend nicht gegeben. Ist nämlich - wie hier - lediglich ein Teil der Mietsache betroffen, so setzt die Annahme teilweiser Unmöglichkeit im Sinne von § 275 BGB voraus, dass die Leistung des Vermieters teilbar ist. Teilbar ist diese Leistung aber nur dann, wenn eine Nutzung der Mietsache auch ohne den beeinträchtigten Teil möglich ist (BGH, WM 1977, a.a.O.; BGHZ 116, 334, 337).

Vor diesem Hintergrund scheidet für diesen Fall eine Teilbarkeit der Leistung und damit eine teilweise Unmöglichkeit aus. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass ohne die Tribüne eine Benutzung des Grundstücks als Trabrennbahn nicht möglich ist, weil diese die Wettannahmestellen sowie die gastronomischen Einrichtungen beherbergt. Deren Funktionsfähigkeit ist aber zur Durchführung des Zuschauerbetriebes nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin unbedingt erforderlich.

3.

Das Wiederherstellungsverlangen der Klägerin stellt sich jedoch als treuwidrig im Sinne von § 242 BGB dar.

a) Es liegt nämlich bereits ein krasses Mißverhältnis zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits vor (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe, a.a.O.; Bub-Treier, a.a.O., Rdn. 1286).

Unstreitig beträgt der derzeit von der Klägerin jährlich zu entrichtende Mietzins nur DM 310.000,--. Der von ihr nur für die Tribüne geforderte Sanierungskostenvorschuss übersteigt damit das 12-fache des Mietzinses, den die Klägerin für das gesamte Objekt einschließlich aller Baulichkeiten und Anlagen sowie des Parkplatzgeländes zu zahlen hat. Auch wenn sich keine feste wirtschaftliche Grenze ziehen läßt, kann als Orientierungspunkt für die Frage, ob es sich um einen zumutbaren Aufwand handelt, der Gesichtspunkt herangezogen werden, ob die aufzuwendenden finanziellen Mittel innerhalb eines Zeitraumes von ca. 10 Jahren durch eine erzielbare Rendite aus dem Mietobjekt ausgeglichen werden können [so für die Beseitigung eines zweckentfremdungsrechtlichen Zustandes Bundesverwaltungsgericht, ZMR 1987, 70 unter B 1 a) m.w.N.].

Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Mietverhältnis der Parteien bis Ende 2005 befristet ist. Nur bis zu diesem Zeitpunkt würde der Klägerin die Sanierung zugute kommen, wobei auch noch der für die Sanierungsarbeiten erforderliche Zeitraum zu berücksichtigen ist, den die Klägerin selbst mit bis zu 2 Jahren angibt. Bereits aus diesen Umständen wird deutlich, dass zwischen Nutzen der Sanierung für die Klägerin und dem Sanierungsaufwand sowie den Einnahmen, die die Beklagte aus dem Grundstück ziehen kann bzw. gezogen hat, ein krasses Mißverhältnis besteht.

b) Im Rahmen der Würdigung erlangt außerdem der zweite Nachtrag zum Mietvertrag (Anl. K 7) besondere Bedeutung, der mit Wirkung vom 1.4.1986 an den jährlichen Mietzins von DM 793.000,-- auf DM 200.000,-- zuzüglich 0,18 % vom Totalisatorumsatz reduziert hat.

Denn im Rahmen der hier vorzunehmenden Prüfung kann von ausschlaggebendem Gewicht sein, dass der Vermieter eine geringere Miete deshalb vereinbart hat, weil der Mieter dafür Instandsetzungsarbeiten übernommen hat. Dieser Umstand vermag dem Wiederherstellungsverlangen des Mieters jedenfalls solange entgegenzustehen, bis dieser wieder die volle Miete zahlt (so BGH, NJW 1959, 2300 unter b).

Unabhängig von der Frage, ob Ziffer 3 des zweiten Nachtrages auch die Kosten der hier streitigen Asbestsanierung auf die Klägerin übertragen hat, wird daraus jedenfalls deutlich, dass nach dem Willen der Parteien der seit dem 1.4.1986 von der Klägerin gezahlte Mietzins keinen Anteil enthielt, aus dem die Beklagte Rücklagen für Sanierungsmaßnahmen hätte bilden sollen oder können. Denn gemäß Ziffer 3 des zweiten Nachtrages sollte die Klägerin für die Reduzierung der Miete nicht nur die dach- und fachfeste Instandhaltung sämtlicher Gebäude und Anlagen auf ihre Kosten tragen, sondern auch alle zukünftigen Neubaumaßnahmen wie auch notwendige Ersatzbauten für abgängige Gebäude und Anlagen übernehmen. Zudem sollte sie sämtliche Unterhaltungs- und Modernisierungskosten tragen. Soweit Stallgebäude, deren Erhaltung für die Durchführung des Rennbetriebes nicht notwendig erscheint, einen unverhältnismäßig hohen Instandhaltungsaufwand erfordern würden, sollte die Klägerin zu deren Abriss ermächtigt sein. Eine Instandhaltung durch die Beklagte sollte auch in diesen Fällen nicht erfolgen.

Verstärkt wird dies durch Ziffer 4 des zweiten Nachtrages, der nochmals betont, dass unter Ziffer 3 keine Kosten bei der Beklagten verbleiben dürfen ,und festlegt, dass der von der Klägerin zu zahlende Mietzins eine reine Vergütung für die Kapitalverzinsung des Anlagevermögens darstellt.

Angesichts der detaillierten und individualvertraglich vereinbarten Regelungen in Ziff. 3 und 4 spricht alles dafür, daß der zweite Nachtrag zum Mietvertrag unter Berücksichtigung von §§ 133, 157 BGB eine Befreiung der Beklagten von ihrer Instandhaltungspflicht aus § 536 BGB beinhalten sollte.

Vor diesem Hintergrund widerspricht es Treu und Glauben gem. § 242 BGB, wenn die Klägerin einen Sanierungskostenvorschuss in Millionenhöhe geltend macht, obwohl es dem Willen beider Parteien entsprach, dass die Beklagte aus dem Mietzins weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft für einen derartigen Aufwand Rücklagen sollte bilden können. Dies gilt um so mehr, als bisher keineswegs feststeht, ob die Klägerin die Tribüne nicht auch ohne die verlangten Sanierungsmaßnahmen bis zum Ende der Vertragszeit wird nutzen können. Denn die zuständige Behörde war bereits aufgrund der von der Klägerin ausgeführten vorläufigen Maßnahmen bereit, eine weitere Nutzung der Tribüne bis Ende des Jahres 2000 zu dulden, ohne daß weitere Verlängerungen einer solchen Duldung ausgeschlossen erscheinen.

c) Auch andere Gesichtspunkte, die im Rahmen einer Zumutbarkeitsprüfung in Rechnung zu stellen sind, führen hier zu keiner abweichenden Bewertung. So liegt insbesondere auf Seiten der Beklagten keine vorsätzliche Vertragsverletzung vor (vgl. hierzu BGH, NJW 1988, aaO.).

Die Beklagte hat die Asbestbelastung der Tribüne nämlich nicht verschuldet, weil weder sie noch die Eigentümerin diese errichten ließen. Vielmehr wurde das bereits bebaute Grundstück vor ungefähr 25 Jahren aus der Konkursmasse des A erworben hat. Ferner behauptet auch die Klägerin nicht, daß die Verwendung asbesthaltiger Baustoffe bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (1976) einen erkennbar sanierungsbedürftigen Zustand darstellte.

Sofern sich die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 28.8.00 darauf beruft, der Beklagten sei eine Sanierungsbedüftigkeit der Tribüne aber bei Unterzeichnung des 2. Nachtrages im Jahr 1986 bekannt gewesen, verhilft ihr auch dies nicht zum Erfolg. Denn die Beklagte ist nach Auffassung des Senats von der ihr gem. § 536 BGB obliegenden Instandhaltungsverpflichtung nicht deshalb befreit, weil sie diese durch den 2. Nachtrag auf die Klägerin übertragen hat, sondern nur deshalb, weil der zur Instandhaltung erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch ist. Im übrigen ist eine Benachteiligung der Klägerin durch den 2. Nachtrag nicht ersichtlich. Schließlich wurde durch ihn seit 1986 der von ihr zu zahlenden Mietzins um mehr als DM 500.000,-- jährlich ermäßigt. Diese Ermäßigung war somit -auf die Dauer der restlichen Mietzeit berechnet- wesentlich größer, als die nunmehr geltendgemachten Sanierungskosten. Die Klägerin kann jedoch den 2. Nachtrag zum Mietvertrag nicht nur teilweise für sich gelten lassen, indem sie die Reduzierung des Mietzinses beansprucht, gleichwohl aber von der Beklagten die außergewöhnlich hohen Sanierungskosten fordert.

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner auf eine Vernichtung ihrer Existenz. Die Klägerin verkennt an dieser Stelle bereits, daß die zuständige Behörde die Nutzung der Tribüne derzeit duldet und daß der Mietvertrag bis Ende 2005 befristet ist. Ferner würden die verlangten Sanierungsmaßnahmen dem Vortrag der Klägerin nach bis zu 2 Jahre in Anspruch nehmen. Zudem kann die Beklagte aus ihrer Befreiung von der Instandhaltungsverpflichtung keinen Grund zur Kündigung des Mietverhältnisses herleiten, wie dies allerdings das Landgericht annimmt. Vielmehr kann sich die Klägerin entscheiden, ob sie das Mietverhältnis kündigen oder an diesem festhalten will (vgl. hierzu BGHZ 116, 334, 338).

d) Schließlich kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, die Abrisskosten für die Tribüne würden etwa 90 % der Sanierungskosten betragen, so dass die nur unwesentlich höheren Sanierungskosten der Beklagten zuzumuten seien. Denn diese Überlegung der Klägerin stellt keine gleichwertige Alternative dar, weil einerseits die Notwendigkeit eines Abrisses keineswegs feststeht und andererseits ein Abriss der Beklagten die Möglichkeit gäbe, spätestens nach Beendigung des Mietverhältnisses der Parteien das gesamte Gelände einer anderweitigen, gewinnbringenden Nutzung zuzuführen. Im übrigen bestände die Möglichkeit, das Grundstück einem Interessenten zu überlassen, der die Sanierung auf eigene Kosten vornehmen würde, wie die Klägerin selbst erkennt. Hinzukommt, daß etwaige Abrißkosten nicht von der Beklagten, sondern der Eigentümerin, der Freien und Hansestadt Hamburg, zu tragen wären.

Der Tenor der angefochtenen Entscheidung war zur Klarstellung neu zu fassen, da das Landgericht bisher nur über den von der Klägerin geforderten Vorschuß für Sanierungs- und Sanierungsnebenkosten im Höhe von zusammen DM 3.758.330,40 entschieden hat. Dies mußte auch im Tenor zum Ausdruck kommen.

Der Schriftsatz der Klägerin vom 30.8.2000 gibt keinen Anlaß die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§§ 296 a, 156 ZPO).

Die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Berufung trägt die Klägerin gemäß §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 708 Ziffer 10, 711, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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