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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.08.2001
Aktenzeichen: 4 U 196/00
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 535 | |
BGB § 536 a.F. | |
BGB § 870 |
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 29. August 2001
In dem Rechtsstreit
gegen
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 4. Zivilsenat, durch die Richter Dr. Raben, Dr. Bischoff, Albrecht-Schäfer nach der am 29. August 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 33, vom 21. September 2000 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung von 13.000,-- DM, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beschwer des Klägers übersteigt 60.000,-- DM.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Einräumung unmittelbaren Besitzes an Gewerberäumen als Erfüllung eines am 7.4.2000 geschlossenen Mietvertrag mit der Beklagten (Anl. K 1). Das Mietverhältnis sollte am 1.5.2000 beginnen. Ebenfalls am 7.4.2000 hatte der Kläger als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der bisherigen Mieterinnen der Gewerberäume, der Firmen GmbH und GmbH, sein Einverständnis mit der Beendigung der bestehenden Mietverträge dieser Firmen zum 30.4.2000 erklärt (Anl. K 2 = B 4, 5). Als Grund für die vom Kläger erbetene Vertragsumstellung hatte er gegenüber der Hausverwaltung der Beklagten steuerrechtliche, finanzielle und betriebliche Gründe angegeben. Die Vormieterinnen sollten nach seinen Angaben weiterhin - über noch abzuschließende Untermietverträge - ihren Betrieb in den Mieträumen fortführen.
Mit Schreiben vom 12.4.2000 wurde dem Kläger die fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses wegen geschäftsschädigenden Verhaltens und die sofortige Abberufung als Geschäftsführer der Firmen GmbH und GmbH mitgeteilt (Anl. B 10, 11).
Bezüglich der Übergabe der Räume korrespondierten die Parteien am 28.4.2000 mit mehreren Schreiben (Anl. B 6 - 8). Nachdem der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 3.5.00 (Anl. K 3) die Beklagte erneut und unter Fristsetzung zur Vertragserfüllung aufgefordert und ihr die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen angedroht hatte, erklärte diese mit Anwaltsschreiben vom 17.5.00 die Anfechtung des Mietvertrags wegen Irrtums und arglistiger Täuschung und vorsorglich die fristlose Kündigung (Anl. B 1). Diese Erklärungen hält der Kläger für unwirksam und verweist auf eine vor Abschluss der Mietverträge der Vormieterinnen abgeschlossene Vereinbarung der Parteien vom 12.4.1999 (Anl. K 5 = B 2) über die Folgen einer Abberufung des Klägers als Geschäftsführer für die mit den von ihm vertretenen Gesellschaften abzuschließenden Mietverträge.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 21.9.2000, auf das zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, die Klage abgewiesen, weil das Herausgabeverlangen den der Vertragsumstellung zugrundeliegenden gemeinsamen Vorstellungen von einer unveränderten tatsächlichen Situation widerspreche. Im übrigen sei die fristlose Kündigung des Mietvertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt.
Gegen das ihm am 28.9.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.10.2000 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung mit Verfügung vom 24.11.2000 - am 27.12.2000 begründet.
Er weist darauf hin, dass die Beklagte ursprünglich selbst mit Schreiben vom 28.4.2000 (Anl. B 7) von den Vormieterinnen die Herausgabe der Räume verlangt habe, um den Mietvertrag mit ihm erfüllen zu können, und auch Räumungsklagen gegen sie erhoben habe, was unstreitig ist.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg (Az. 333 O 116/00) vom 21.9.2000 zu verurteilen, dem Kläger den unmittelbaren Besitz an den Gewerberäumlichkeiten 2/EG links, ca. 190 qm/Zwischengeschoss, ca. 230 qm/EG rechts, ca. 230 qm/ Hamburg", -einschließlich der Übergabe der dazu gehörenden Schlüssel- entsprechend dem schriftlichen Mietvertrag für Kontore, gewerbliche Räume und Grundstücke vom 7.4.2000 einzuräumen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und weist darauf hin, dass der Kläger bei der Vertragsumstellung vorgegeben habe, weiterhin Geschäftsführer der bisherigen Mieterinnen zu sein, obwohl sein Arbeitsverhältnis bereits mit Schreiben vom 30.3.2000 (Anl. K 9) zum 30.4.2000 gekündigt worden war.
Wegen des weiteren Vertrags der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist im Ergebnis nicht gerechtfertigt.
Ein Anspruch auf Einräumung des unmittelbaren Besitzes an den näher bezeichneten Gewerberäumlichkeiten steht dem Kläger nicht zu und ergibt sich insbesondere nicht aus dem Mietvertrag der Parteien vom 7.4.2000. Zwar hat der Kläger als Mieter einen Gebrauchsüberlassungsanspruch aus §§ 535, 536 BGB. Dieser ist aber nicht in jedem Falle mit einem Anspruch auf Einräumung unmittelbaren Besitzes gleichzusetzen. Was der Vermieter im Einzelfall tun muss, um seiner Überlassungspflicht zu genügen, richtet sich nach der Art und dem Umfang des Mietgebrauchs, der vertraglich vorgesehen ist (vgl. BGH NJW-RR 1989, 589 m.N.). Wird ein vermietetes Objekt in der Weise vermietet, dass der neue Mieter (zunächst) die Stellung eines Zwischenmieters einnehmen und der bisherige Mieter im unmittelbaren Besitz bleiben soll, kommt nur eine Übertragung des mittelbaren Besitzes (§ 870 BGB) an den neuen Mieter in Betracht.
Eine derartige Konstellation liegt hier vor. Beim Abschluss des neuen Mietvertrags zwischen den Parteien in Verbindung mit der Aufhebung der Mietverträge der Firmen GmbH und GmbH war nach den geäußerten Vorstellungen gerade des Klägers, auch soweit er für diese Firmen handelte, nicht daran gedacht, an der tatsächlichen Nutzung der Räume durch diese Firmen etwas zu ändern. Die Vertragsumstellung sollte lediglich im Interesse der Firmen aus finanziellen, steuerlichen und betrieblichen Gründen erfolgen, woraus die Absicht des Klägers zur Übernahme einer treuhänderischen Zwischenmieterstellung zu folgern war. Diese von der Beklagten akzeptierte Vorstellung ist bei der Auslegung des Mietvertrags, insbesondere auch des § 1 Ziff. 3, zugrundezulegen.
Die vertragsgemäße Ausgestaltung der Überlassungspflicht im Sinne der Verschaffung lediglich mittelbaren Besitzes ist auch durch die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der bisherigen Mieterinnen und den Verlust seiner Vertretungsbefugnis nicht verändert worden. In welcher Weise das interne Verhältnis des Klägers zu den bisherigen Mieterinnen im einzelnen geregelt werden würde, war seine eigene Angelegenheit. Hierzu bedurfte er nicht der Verschaffung des unmittelbaren Besitzes durch die Beklagte. Für sie war die Entwickung jenes internen Verhältnisses nur im Rahmen der ursprünglichen Mietverträge mit den Gesellschaften von Interesse, weil sie sich insoweit durch die Vereinbarung mit dem Kläger vom 12.4.1999 gegen mögliche Nachteile abgesichert hatte.
Da der Klaganspruch durch die vertragliche Überlassungspflicht der Beklagten nicht gerechtfertigt ist, kann im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits dahingestellt bleiben, ob die vertragliche Überlassungspflicht noch besteht oder ob sie durch die Erklärung der Anfechtung und der fristlosen Kündigung seitens der Beklagten erloschen ist.
Angesichts des Ergebnisses der Berufung folgt die Kostenentscheidung aus § 97 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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