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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 08.11.2000
Aktenzeichen: 4 U 205/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 816 Abs. 1 Satz 1 | |
BGB § 547 | |
BGB § 313 | |
BGB § 128 | |
BGB § 125 | |
BGB § 139 | |
BGB § 571 | |
BGB § 139 | |
BGB § 812 | |
BGB § 951 | |
BGB § 946 | |
BGB § 94 | |
BGB § 818 Abs. 2 | |
BGB § 326 | |
ZPO § 91 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 711 | |
ZPO § 713 | |
ZPO § 546 Abs. 2 |
2. Verweigert der Mieter in diesem Falle nach Beendigung des Mietverhältnisses die Beseitigung der Halle, so kann er von dem Vermieter, der anschließend das Grundstück mit der Halle verkauft hat, nicht gem. § 816 Abs.1 Satz1 BGB einen Teil des Kaufpreises verlangen.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
Verkündet am: 8. November 2000
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 4. Zivilsenat, durch die Richter nach der am 27. September 2000 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 11, vom 19.7.99 wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Beklagte mit 33.270 DM.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der Klage stattgegeben, und die Widerklage zurückgewiesen, weil der Beklagten keine Ansprüche zustehen, mit denen sie gegenüber der unstreitigen Mietzinsforderung der Kläger aufrechnen könnte, und die sie mit der Widerklage geltendmachen könnte.
Aus denselben Gründen ist auch der nunmehr geltendgemachte weitergehende Widerklaganspruch nicht begründet.
1. Ansprüche der Beklagten auf Verwendungsersatz gem. § 547 BGB kommen nicht in Betracht.
a) Dies ergibt sich allerdings nicht etwa daraus, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag wegen Formmangels bezüglich des vorgesehenen Vorkaufsrechtes insgesamt gem. §§ 313, 128, 125,139 BGB unwirksam gewesen wäre. Angesichts der geringen wirtschaftlichen Bedeutung des Vorkaufsrechtes und der erheblichen Vertragsdauer, die im Falle eines Verkaufs auch gegenüber dem Erwerber gelten würde (§ 571 BGB), ist nämlich davon auszugehen, dass der Mietvertrag auch ohne die Vereinbarung eines Vorkaufsrechtes geschlossen worden wäre (§ 139 BGB). Wie gering die Bedeutung des Vorkaufsrechtes für die Beklagte war, zeigt sich im übrigen auch darin, daß diese niemals die in dem Vertrag vorgesehene grundbuchrechtliche Absicherung von dem jeweiligen Eigentümer begehrt hat.
b) Verwendungsersatzansprüche nach § 547 BGB bestehen jedoch deshalb nicht, weil es sich bei dem Bau der Lagerhalle nicht um eine auf das Grundstück gemachte Verwendung im Sinne dieser Vorschrift handelt. Die Beklagte hat diesen Bau nämlich nicht in der Absicht errichtet, die Mietsache im Interesse des Vermieters zu verbessern (vergl. zum Verwendungsbegriff: Bub/Treier/Scheuer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3.Aufl. V Rn. 384 m.w.N.). Sie ist vielmehr ausschließlich für ihre eigenen Zwecke tätig geworden, weil sie das Rampenlager für den Betrieb ihrer Spedition benötigte.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dieser auch kein Anspruch aus §§ 951,812, 818 Abs.2 BGB auf Vergütung des Wertzuwachses zu, den das Grundstück der Kläger bei Bau der Halle im Jahre 1966 oder bei deren Wiederaufbau im Jahre 1983 erfahren hat.
a) Ein Anspruch gegen die Kläger wegen des ursprünglichen Baus scheitert bereits daran, dass dieser sich nicht gegen die jetzigen, sondern gegen den damaligen Eigentümer des Grundstücks F gerichtet hätte. Die Kläger sind auch nicht mit dessen Tode als Gesamtrechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten Fs eingetreten. Die von der Beklagten aufgestellte Behauptung, die Kläger seien dessen Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft, ist nämlich ausweislich des vorgelegten Grundbuchauszugs nicht zutrefffend. Vielmehr haben die Kläger zu 2) und 3) ihren Anteil an dem Grundstück im Wege der Erbfolge nach L erworben. Über die Erbfolge nach F enthält das Grundbuch keine Hinweise. Dieser hat vielmehr das Eigentum an dem Grundstück durch eine Auflassungerklärung zu je 1/2 an die Klägerin zu 1) sowie an Frau Lore L übertragen.
b) Aber auch ein Anspruch nach §§ 951, 812, 818 Abs.2 BGB wegen des Wiederaufbaus im Jahre 1983 ist nicht ersichtlich, weil die Kläger auch dann, wenn sie bei Abschluß des Baus Eigentümer des Grundstücks waren (der exakte Zeitpunkt des Wiederaufbaus ist nicht dargetan), nicht Eigentümer des Rampenlagers gem. § 946 BGB geworden sind.
Dieses Bauwerk ist nämlich nicht zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks i.S. von § 94 BGB geworden, weil es nur zu einem vorübergehenden Zweck mit Grund und Boden verbunden worden ist (§ 95 Abs.1 BGB).
Die Beklagte war Mieterin des genannten Grundstückes, so dass ihr im Zweifel die Pflicht oblag, nach Ende des Mietverhältnisses das von ihr errichtete Gebäude wieder zu entfernen. Im Hinblick auf diese Entfernungspflicht des Mieters ist im Regelfall davon auszugehen, dass Einbauten, die dieser vornimmt, nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgen (vergl. BGHZ 92,70,73 m.w.N.; BGHZ 104, 298,301; Münchener Kommentar/Holch BGB 3. Aufl. Rn.6 zu § 95).
Etwas anderes kann sich allenfalls dann ergeben, wenn der Mieter aufgrund des Mietvertrages annehmen durfte, dass keine Abrißverpflichtung bei Mietvertragsende bestand (BGHZ 104,298,301 m.w.N.).
Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Mietvertrag eine entsprechende ausdrückliche Regelung enthält, was hier nicht der Fall ist. § 4 Abs.2 des Mietvertrages regelt lediglich Fälle von "Um- und Einbauten", nicht aber die Rechtsfolgen der Errichtung eines Neubaus.
Allerdings kann sich in solchen Fällen auch aus weiteren Umständen ergeben, dass das Bauwerk über das Mietende hinaus auf dem Grundstück verbleiben soll, insbesondere dann, wenn der Vermieter den Bau genehmigt hat, und wenn darüber hinaus aus der Sicht des Mieters Grund zu der Annahme besteht, dass der Vermieter auf die Beseitigung verzichtet habe (vergl. dazu OLG Düsseldorf, MDR 1990, 551).
Letzteres ist hier indessen nicht der Fall. Angesichts der Länge der geplanten festen Vertragsdauer von 25 Jahren und der daran anschließenden Verlängerungsmöglichkeit ist vielmehr davon auszugehen, dass bei Vertragsabschluß der Verbleib der Halle nach Vertragsende für die Vertragsschließenden keine große Bedeutung hatte, da sich die Investition ohnehin für die Beklagte als wirtschaftlich sinnvoll darstellte. Hinzu kommt, dass der Beklagten ein - wenn auch formunwirksames - Vorkaufsrecht eingeräumt worden war,und dass bei Vertragsschluß noch nicht vorherzusehen war, wie sich die Situation nach so langer Zeit darstellen würde. Da andererseits der abgeschlossene Vertrag durchaus individuelle Regelungen enthält, insbesondere zur Unterhaltung der vorhandenen Gebäude und des Platzes, und da die Errichtung des Rampenlagers als Bedingung für den Vertragsabschluß in den Vertragtext aufgenommen wurde, hätte es nahegelegen, hinsichtlich des Verbleibs dieses Neubaus nach Vertragsende eine Vereinbarung zu treffen, wenn die gesetzliche Regelung keine Gültigkeit hätte haben sollen. Die Vertragsgestaltung läßt somit eher den Schluß zu, daß die Vertragsschließenden seinerzeit bewußt keine vom Gesetz abweichende Regelung treffen wollten.
Dies gilt auch für die Situation bei Wiederaufbau des abgebrannten Rampenlagers im Jahre 1983. Zu dieser Zeit betrug die weitere feste Vertragsdauer zwar nur noch ca. 8 Jahre. Allein aus der Zustimmung des Vertreters der Eigentümer zum Bauantrag konnte aber die Beklagte keine weiteren Schlüsse ziehen. Mit dem Neubau sollte nämlich lediglich das frühere Gebäude im wesentlichen mit Mitteln der Feuerversicherung ersetzt werden, so dass insbesondere auch für die Grundstückseigentümer kein Anlaß bestand, über die Rentabilität dieser Investition für die Mieterin nachzudenken und auf die Verpflichtung zum Abriß bei Räumung hinzuweisen. Auch hier wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, vor dem Wiederaufbau auf eine entsprechende Vereinbarung hinzuwirken, um eine spätere Abrißverpflichtung als gesetzlich vorgesehene Folge auszuschließen.
Die Willensrichtung der Beklagten, nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck einzubauen, läßt sich des weiteren auch nicht schon daraus entnehmen, dass diese erwarten durfte, selbst in Zukunft Eigentümerin des Grundstücks zu werden. Selbst wenn das Vorkaufsrecht formgerecht vereinbart worden wäre, hätte dies nur zu einer relativ geringen Erwerbschance der Beklagten geführt, da Voraussetzung hierfür ein Verkauf zu für die Beklagte akzeptablen Bedingungen während der Zeit des Mietverhältnisses war.
Schließlich läßt sich auch aus den relativ hohen Baukosten nicht schließen, dass diese nur zum Zwecke eines Einbaus auf Dauer aufgewendet worden sein könnten. Bei Errichtung des ersten Baus stellte sich diese Investition, wie oben ausgeführt, durchaus als rentabel dar, da sie für mindestens 25 Jahre, bei Fortsetzung des Mietverhältnisses auch länger, genutzt werden konnte. Bei dem Wiederaufbau ist davon auszugehen, dass wesentliche Teile der Kosten von der Versicherung finanziert wurden, so dass sich die Frage der Rentabilität dann nicht stellte. Im übrigen bestand weiterhin die Möglichkeit einer langfristigen Verlängerung des Vertrages, die sich im übrigen dann auch realisiert hat.
Da somit das Rampenlager nur zu einem vorübergehenden Zweck erbaut wurde, sind die Kläger nicht dessen Eigentümer geworden, so dass Ansprüche nach §§ 951, 812, 818 Abs.2 BGB nicht gegeben sein können.
3. Schließlich hat die Beklagte auch keinen Anspruch gegen die Kläger nach § 816 Abs.1 S. 1 BGB auf Herausgabe desjenigen Teils des Kaufpreises, den diese beim Verkauf des Grundstücks an den jetzigen Eigentümer für das Rampenlager erlöst haben.
Voraussetzung hierfür wäre, dass die Kläger bezüglich des Rampenlagergebäudes als Nichtberechtigte verfügt und hierfür einen zusätzlichen Kaufpreis erlöst hätten.
Hieran ist hier deswegen zu denken, da die Kläger, wie ausgeführt, durch den Einbau nicht Eigentümer des Bauwerkes geworden sind, so dass sie insofern über fremdes Eigentum verfügt haben könnten, welches - u.U. kraft guten Glaubens - auf den Erwerber übergegangen sein könnte.
Dem steht jedoch entgegen, dass die Kläger auf Grund der Untätigkeit der Beklagten berechtigt waren, nach ihrem Belieben über das Gebäude zu verfügen. So war die Beklagte vom Vertreter der Klägerinnen mehrfach aufgefordert worden, das Gebäude abzureißen. Durch Schreiben vom 6.5.99 war sie ferner auf einen bevorstehenden Verkauf hingewiesen und unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung erneut zur Beseitigung aufgefordert worden. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist waren die Kläger gem. § 326 BGB berechtigt, die Durchführung des Abrisses durch die Beklagte abzulehnen, selbst den Abriß durchzuführen und Schadensersatz zu verlangen.Dies schloß auch die Berechtigung ein, in anderer Weise mit dem Gebäude zu verfahren, insbesondere dieses zu veräußern.
Im übrigen zeigte die Beklagte dadurch, dass sie selbst den Abriß nicht betrieb, dass sie selbst an dem Bauwerk kein Interesse hatte, und auch gegen den angekündigten Verkauf keine Einwände hatte. Auch in der Folgezeit bis zur Übereignung des Grundstücks im Juli des Jahres 2000 hat die Beklagte, der schon durch das erstinstanzliche Urteil bekannt war, dass Zweifel an dem Eigentumserwerb durch die Kläger nach § 946 BGB bestanden und dass sie somit Eigentümerin der Halle war, dem Verkauf durch die Kläger nicht widersprochen. Dieses Verhalten konnte zumindest als konkludente Zustimmung zu der bevorstehenden Übereignung, wenn nicht sogar als Eigentumsaufgabe i.S. von § 959 BGB bewertet werden, was sich auch dem Umstand entnehmen läßt, dass es der Beklagten selbst nicht möglich gewesen wäre, aus dem Verkauf des Gebäudes wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Wie sich der vorgelegten Korrespondenz entnehmen läßt, war demgemäß das Interesse der Beklagten nicht darauf gerichtet, eine Übereignung zusammen mit dem Grundsatück zu verhindern, sondern darauf, Entschädigungsansprüche nach § 951 BGB oder aus dem Mietvertrag geltend zu machen (die ihr allerdings nicht zustanden), oder zumindest den Abriß nicht auf eigene Kosten durchführen zu müssen.
Da somit die Kläger zur Verfügung über das auf ihrem Grundstück stehende Bauwerk berechtigt waren, entfällt auch ein Anspruch nach § 816 Abs.1 S. 1 BGB.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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