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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 5 U 108/06
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 6 Abs. 1
UWG § 6 Abs. 2 Nr. 5
1. Versucht ein Presseunternehmen mit der Bezugnahme auf die Marke und den Werttitel eines anderen Unternehmens, seine eigene Zeitung anzupreisen und sich den umworbenen Verkehrskreisen dadurch zu empfehlen, dass es sich in vermeintlich positiver Weise von dem anderen Presseorgan absetzt, so kann hierin auch dann eine unangemessene Herabsetzung und Geschäftsschädigung liegen, wenn dies im Rahmen eines Werbespots in witziger Weise, künstlerisch anspruchsvoll, mit ironischem Unterton und durchaus mit einem nicht unerheblichen Wahrheitskern geschieht.

2. Eine derart abwertende Abgrenzung, die erheblich über die herabsetzende Wirkung hinausgeht, die einem kritischen Werbevergleich immanent ist, ist jedenfalls dann nicht durch das Grundrecht der Presse- bzw. Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG gedeckt, wenn es nicht um eine (aufklärende) künstlerische Auseinandersetzung, sondern erkennbar um Eigenwerbung geht.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 5 U 108/06

Verkündet am: 11. Juli 2007

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Betz, Rieger, Dr. Koch nach der am 20. Juni 2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, vom 07.04.06 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind zwei bundesweit bekannte Presseunternehmen. Im Verlag der Klägerin erscheint die "BILD"-Zeitung, die Beklagte verlegt "die Tageszeitung" (TAZ). Die Beklagte warb im Jahr 2005 mit zwei Werbespots (Anlagen K6, K12, K14), deren storyboards dem landgerichtlichen Urteil als Anlage beigefügt sind, bundesweit in Kinos für ihr Produkt.

Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin im Hinblick auf die in diesen Werbespots erfolgte Bezugnahme auf die "BILD"-Zeitung als marken- und wettbewerbswidrig.

Auf Antrag der Klägerin hatte das Landgericht Hamburg der Beklagten bereits mit Beschluss vom 21.10.05 (315 O 749/05) die streitgegenständliche Werbung im Wege der einstweiligen Verfügung verboten (Anlage K7). Die Klägerin verfolgt vorliegend ihre Ansprüche im Hauptsacheverfahren, nachdem die Beklagte trotz Aufforderung (Anlagen K8/K9) eine Abschlusserklärung nicht abgegeben hatte.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Zeitung "die tageszeitung" (TAZ) mit den aus den nachfolgenden Storyboards ersichtlichen Werbespots zu werben und/oder werben zu lassen:

[es folgen die dem landgerichtlichen Urteil als Anlage beigefügte storyboards];

II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziff. I begangen hat und zwar unter Angabe der Art, des Zeitpunkts, des Ortes und der Anzahl der Werbemaßnahmen;

III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlung gemäß Ziff. I entstanden ist und/oder zukünftig noch entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 07.04.06 antragsgemäß verurteilt.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagte verfolgt in zweiter Instanz ihr Klagabweisungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter. Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Unterlassung sowie zur Auskunftserteilung verurteilt und die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festgestellt. Das streitgegenständliche Verhalten der Beklagten stellt sich jedenfalls als unzulässig herabsetzende vergleichende Werbung i. S. v. §§ 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 UWG dar und ist damit wettbewerbswidrig. Ihr Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der grundsätzliche Vorrang des Markenrechts in Situationen der vorliegenden Art einem Rückgriff auf wettbewerbsrechtliche Grundsätze nicht entgegensteht.

a. Mit dem Inkrafttreten des Markengesetzes ist zwar an die Stelle verschiedener kennzeichnungsrechtlicher Regelungen eine umfassende, in sich geschlossene kennzeichnungsrechtliche Regelung getreten. Im Anwendungsbereich der jeweiligen Bestimmungen des Markengesetzes ist für die gleichzeitige Anwendung der Vorschriften des UWG (Generalklauseln der §§ 1 und 3 UWG a.F.) oder des § 823 BGB grundsätzlich kein Raum (BGH GRUR 05, 423, 427 - Staubsaugerfiltertüten; BGH WRP 02, 694, 696 - shell.de). Dies hat auch für eine gleichzeitige Anwendung von § 4 Nr. 7 UWG bei einer herabsetzenden oder verunglimpfenden Verwendung von Marken zu gelten; der Vorschrift kommt im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG keine eigenständige Bedeutung zu (BGH WRP 05, 896, 899 - Lila-Postkarte). Neben Ansprüchen aus dem Markenrecht können Ansprüche aus § 3 UWG aber gegeben sein, wenn sie sich gegen ein solches wettbewerbswidriges Verhalten richten, das als solches nicht Gegenstand der markenrechtlichen Regelung ist (BGH WRP 04, 360, 364 - Davidoff II; BGH GRUR 02, 167, 171). Dies ist hier der Fall.

b. Denn der spezifische Unwertgehalt des streitgegenständlichen Verhaltens liegt nicht in der Verwendung der klägerischen Marke selbst, sondern in der von der Beklagten gewählten konkreten Form des Werbevergleichs. Die Beklagte versucht mit den angegriffenen Werbespots in einer herabsetzenden und geschäftsschädigenden Bezugnahme auf die Zeitung und den Titel bzw. die Marke BILD der Klägerin ihre Zeitung TAZ anzupreisen und den umworbenen Verkehrskreisen zu empfehlen, indem sie sich in vermeintlich positiver Weise von dem Presseorgan der Klägerin abzusetzen versucht. Wenngleich die Werbespots der Beklagten unbestreitbar auch durch Witz, Ironie und Sarkasmus geprägt sind, überschreitet die Beklagte mit der gewählten Ausdrucksform eindeutig die Grenzen des wettbewerblich Zulässigen. Denn die Beklagte versucht, ihr Produkt werblich herauszustellen, indem sie das Produkt der Klägerin und deren Leserschaft ohne sachlichen Grund unangemessen und verwerflich abqualifiziert. Für ein derartiges Verhalten kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf ihre Grundrechte der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit und/oder der Kunstfreiheit aus Art. 5 GG berufen. Denn im Rahmen der auch hiernach erforderlichen Interessen- und Güterabwägung geht das Interesse der Klägerin, nicht ohne sachlichen Grund mit ihrem Produkt in den Augen breiter Verkehrskreise herabgewürdigt zu werden den berechtigten Äußerungsinteressen der Beklagten vor.

2. Die Beklagte bestreitet zu Unrecht und ohne Überzeugungskraft, dass ihre beiden Werbespots unverkennbar von der Tendenz getragen sind, die BILD-Zeitung herabzusetzen und damit die Klägerin in ihren geschäftlichen Interessen zu schädigen. Dabei sind beide Werbespots für die lauterkeitsrechtliche Betrachtung als Einheit anzusehen. Dies ist zwischen den Parteien auch letztendlich unstreitig. Zwar ist die Botschaft des ersten Werbespots ("Kalle, gib mal Zeitung") auch ohne den zweiten Werbespot ("Kalle, gib mal Taz") zu verstehen, nicht jedoch umgekehrt. Denn der zweite Werbespot nimmt in seiner Aussage - unausgesprochen - auf den ersten Werbespot Bezug, indem er eine Fortsetzung des vorherigen Geschehens darstellt. Beide Werbespots sind - auch dies ist zwischen den Parteien nicht streitig - in der Vergangenheit als Kino-Werbung in unmittelbarem Zusammenhang nacheinander, nicht jedoch vereinzelt gezeigt worden. Dementsprechend erfordert auch ihre wettbewerbsrechtliche Würdigung eine Gesamtschau.

a. Das Geschehen zu Beginn des ersten Werbespots vermittelt dem Betrachter das Bild einer in jeder Hinsicht trostlosen Umgebung. Im Hintergrund ist das Spiel mit einem Basketball im Straßenbild zu hören und zu sehen. Der Zeitungs-Kunde ist schon von seinem Aussehen als eher einfacher, nicht sehr gepflegter Mensch charakterisiert. Er ist nur mit einem Unterhemd und einer Jogginghose bekleidet und vermittelt erkennbar das Bild eines "Proleten". Das Unterhemd ist - wie sich in einer späteren Szene zeigt - mit anspruchslosen, offenbar maritimen Motiven bedruckt, u. a. einer Meerjungfrau, deren ansonsten nackter Oberkörper mit einem Spruchband bedeckt ist. Dieser Eindruck äußerster Schlichtheit soll durch die Umgebung unterstützt werden, in der die Geschichte spielt. Der als "Trinkhalle" bezeichnete Kiosk befindet sich in einer offensichtlich trostlosen Gegend auf einem kahlen, schmucklosen Platz. Im Hintergrund ist die für den sozialen Wohnungsbau typische Bebauung erkennbar. Ein Unterstand, an dem zwei Jugendliche sitzen, ist mit Graffiti beschmiert. Durch diese Bildsequenzen erkennt der Betrachter bereits vor dem ersten Dialog am Kiosk und der Bezugnahme auf die Zeitungen der Parteien mit aller Deutlichkeit, dass der Kunde als "Hauptakteur" aus einfachsten sozialen Verhältnissen stammt. Dieser Eindruck wird durch die Dialoge noch erheblich verstärkt, die sich auf rudimentäre Sprachfetzen auf unterstem Ausdrucksniveau beschränken ("Kalle, gib mal Zeitung" - "Is' aus" - "Wie aus?" - "Wat is dat denn?" - "Mach mich nicht fertig, Du"). Vor Beginn des ersten Dialogs wird ein leerer Zeitschriftständer prominent und deutlich sichtbar eingeblendet, der auffällig mit der Marke BILD der Klägerin sowie der umlaufenden Werbebetitelung "BILD - dir deine Meinung!" am oberen Rand des Zeitschriftenständers versehen ist. Durch die Art der Kameraführung wird der Blick und das Interesse des Betrachters auf diesen - im Vordergrund stehenden - Zeitschriftenständer und den dort angebrachten Namen der Zeitung der Klägerin gelenkt. Im Hintergrund ist am Kiosk weiterhin ein großer Werbeträger mit dem Namen und dem Logo dieser Zeitung angebracht. Die Kamera verhält einen Moment in dieser Perspektive. Eine nur zufällige, bei der Einblendung des Kiosks zwangsläufige Fokussierung auf dieses auffällige Werbemittel ist aus Sicht des Betrachters ausgeschlossen. Er erkennt vielmehr, dass es mit der Einblendung des Logos BILD irgendeine, für das Verständnis des Werbespots relevante Bedeutung hat, selbst wenn sich ihm deren Inhalt und Zielrichtung an dieser Stelle noch nicht erschließt. Der Slogan "BILD - dir deine Meinung", auf den die Kameraführung zielt, wird zugleich als Aufforderung an den Betrachter verstanden, sich zu der nachfolgenden Szene "seine Meinung" zu bilden. Die "Auflösung" dieser Ungewissheit wird durch den unmittelbar folgenden Dialog vollzogen. Denn die Aufforderung "Kalle, gib mal Zeitung" ist an einem Zeitungskiosk erkennbar unvollständig und erläuterungsbedürftig. Der Betrachter versteht, dass die vorherige Einblendung des Logos der BILD-Zeitung diesen Wunsch des Kunden auch ohne weitere Ausführungen verständlich machen sollte. Diese - ohne Worte, nur durch Bilder - gegebene Erläuterung wird durch die Reaktion des Kioskinhabers "Is' aus" verstärkt, denn der Betrachter hat zuvor den leeren Zeitungsständer gesehen und bezieht die Antwort deshalb zwangsläufig auf die BILD-Zeitung. Dies vor allem auch deshalb, weil der Kunde vor seinem Wunsch nach einer Zeitung bereits deutlich in Richtung auf den leeren Zeitumstände (und damit in Richtung auf die Kamera) geblickt hatte. Damit ist die Grundbotschaft des Werbespots für den Betrachter eindeutig: Der Kunde wünscht eine BILD-Zeitung zu erwerben, der Kioskinhaber kann diesen Wunsch nicht erfüllen. Die folgende Reaktion des Kunden mit den Worten "Wie aus?" charakterisiert ihn folglich als dumm, "unterbelichtet" und begriffsstutzig. Denn aufgrund des leeren Ständers und der Reaktion des Kioskinhabers erschließt sich dem Betrachter ohne Weiteres, dass die BILD-Zeitung ausverkauft ist. Nicht jedoch dem Kunden, der offenbar selbst diese einfache Botschaft intellektuell nicht verarbeiten kann. Es folgt ein Moment "stupider Ratlosigkeit", die dadurch verstärkt wird, dass der Kunde "Hilfe suchend" einen anderen, ebenfalls am Kiosk stehenden Kunden ansieht, der seinen Blick aber abwendet, um nicht in den Dialog mit hineingezogen zu werden. Anschließend schiebt der Kiosksinhaber dem Kunden wortlos eine Ausgabe der Zeitung TAZ über den Tresen, verbunden mit einem verschmitzten Seitenblick zu dem anderen Kunden, dem er damit eine zu erwartende Reaktion des Zeitungskäufers signalisieren will. Damit ist der Aufforderung des Kunden "Kalle, gib mal Zeitung" - allerdings erkennbar nur formal - Rechnung getragen worden. Sein Gesicht macht einen erstaunt-mürrischen und unzufriedenen Ausdruck. "Wat is dat denn?" Der Kunde ist mit dieser Reaktion des Kioskinhabers überfordert. Der Kunde nimmt die TAZ entgegen, schlägt sie auf und beginnt, darin zu lesen. Dieser Versuch wird nach kürzester Zeit wieder beendet, erkennbar auch deshalb, weil den Kunden die Thematik der Berichterstattung der TAZ nicht im Entferntesten interessiert, soweit er ihr intellektuell folgen kann. Der Kunde gibt die Lektüre auf. Sein Gesicht vermittelt nach der Lektüre einen geradezu "angeekelten" Ausdruck. Es ist unverkennbar, dass er die Präsentation dieser Zeitung an Stelle der von ihm verlangten BILD-Zeitung als "Zumutung" und Provokation empfindet. Er wirft dem Kioskinhaber die TAZ unwillig wieder auf den Tresen. Seine Gesichtszüge nehmen dabei einen verärgerten, drohenden Eindruck an. Der Betrachter versteht aus dieser Bildführung, dass die Unzufriedenheit des Kunden mit der ihm präsentierten Zeitung weit über reine Geschmacksfragen hinausgeht. Der Kunde ist offensichtlich nicht in der Lage, den anspruchsvollen Inhalt der Zeitung zu verstehen und will sich einer näheren Lektüre nicht aussetzen, um sich nicht noch weiter eine Blöße zu geben. Die Äußerung "Mach mich nicht fertig, du" ist hilflos-unfähiger Ausdruck einer intellektuellen Überforderung. Der Betrachter erkennt die Werbebotschaft des Spots, die darin liegt, dass der "primitive" Interessent der BILD-Zeitung einfach intellektuell nicht in der Lage ist, die anspruchsvolle TAZ lesen - und verstehen - zu können. Auf dem Höhepunkt der Frustration des Käufers und zur Vermeidung einer ernsthaften Konfrontation schiebt der Kioskinhaber nunmehr doch die gewünschte BILD-Zeitung über den Tresen. Die Situation entspannt sich augenblicklich in ein befreites Gelächter. Für den Kunden ist die Welt jetzt wieder in Ordnung. Er hat die gewünschte BILD-Zeitung erhalten und geht zufrieden seiner Wege, nicht ohne dem Kioskinhaber zuvor noch mit der Zeitung in der Hand scherzhaft etwas gedroht zu haben.

b. Diese Drohung, die sich erkennbar darauf bezieht, dass der Kioskinhaber den Kunden "veräppelt" und zu seinen Lasten Späße gemacht hat, wird in dem zweiten Werbespot filmisch aufgelöst. Nunmehr tritt der Kunde erneut an den Kiosk heran und verlangt zur Verblüffung aller Beteiligten mit den Worten "Kalle, gib mal taz" die TAZ. Die Absurdität der Situation wird dadurch unterstrichen, dass - anders als in der Ausgangssituation - in dieser Szene zuvor ein voll gefüllter Ständer mit BILD-Zeitungen eingeblendet worden ist. Der Betrachter erkennt, dass der Kunde in dieser Szene sein "Wunschobjekt" erhalten kann, dies auch weiß und sich aus einem Gefühl der Sicherheit und Stärke nunmehr einen Spaß zu Lasten des Kioskinhabers erlauben kann, ohne befürchten zu müssen, wieder mit einer Zeitung konfrontiert zu werden, die ihn intellektuell überfordert. Der Kioskinhaber ist angesichts des Wunsches des BILD-Zeitung-Lesers, eine TAZ zu erhalten, erkennbar fassungslos überrascht. Er kommt dem Wunsch des Kunden nicht nach, weil er dessen Verlangen in Anbetracht der schlichten und sehr einfachen Persönlichkeitsstruktur für offensichtlich so absurd hält, dass er ratlos-gelähmt ist. Auch diese Situation löst sich durch schallendes Gelächter auf, in das der Kunde plötzlich und ohne äußeren Anlass ausbricht, um deutlich zumachen, wie fern liegend und lächerlich sein Verlangen nach der TAZ ist. Der Betrachter erkennt aus dieser Situation, dass der Kunde als BILD Zeitungs-Leser - trotz seiner geistigen Schlichtheit - zumindest seine intellektuellen Grenzen erkennt und versteht, dass sein Verlangen nach einer TAZ nichts als ein "schlechter Witz" war. In beiden Werbespots wird die Selbsterkenntnis der intellektuellen Beschränktheit des BILD-Zeitungs-Lesers mit dem am Schluss auf schwarzem Hintergrund eingeblendeten Text "taz ist nicht für jeden" (und dem im Hintergrund andauernden Gelächter) nochmals augenfällig unterstrichen.

c. Diese Feststellungen zum Verständnis der beiden Werbespots kann der Senat aus eigener Sachkunde treffen. Denn seine Mitglieder gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen der Kino-Besucher und Zeitungs-Leser. Das dargelegte Verständnis der Werbespots erschließt sich dem Betrachter zumindest in den streitrelevanten Einzelheiten bereits beim ersten Ansehen, ohne dass eine analytische Untersuchung oder eine wiederholte Betrachtung notwendig ist. Mit dieser Werbemaßname setzt die Beklagte in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise die BILD-Zeitung der Klägerin in sachlich unangemessener und wettbewerbswidriger Weise herab. Dies geschieht zwar nicht unmittelbar und mit Worten, jedoch nicht minder wirkungsvoll, indem die Beklagte ein "vernichtendes" Bild von den (fehlenden) intellektuellen Fähigkeiten sowie der trostlosen Sozialstruktur eines BILD-Zeitungs-Lesers zeichnet, den der Betrachter als "typisch" ansehen soll und dieser Suggestion auch erliegt. Auch diese Feststellungen zum Verständnis des Werbespots vermag der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu treffen.

3. Damit setzt die Beklagte die von der Klägerin unter der Marke BILD vertriebenen Waren i. S. v. § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG unangemessen herab.

a. Dabei reicht nicht jede herabsetzende Wirkung, die einem kritischen Werbevergleich immanent ist, aus, um den Vergleich unzulässig erscheinen lassen (BGH GRUR 02, 72, 73 - Preisgegenüberstellung im Schaufenster; BGH GRUR 99, 501 - Vergleichen Sie). Werbung erfüllt ihren Zweck nur, wenn sie das Angebot des werbenden Unternehmens anpreisend herausstellt, womit naturgemäß eine Abgrenzung gegenüber dem Angebot der Mitbewerber verbunden ist (BGH GRUR 98, 824 - Testpreis-Angebot). Deshalb setzt eine Herabsetzung mehr voraus, als die einem kritischen Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile der verglichenen Produkte (BGH WRP 02, 828, 831 - Hormonersatztherapie; BGH GRUR 99, 501 - Vergleichen Sie). Maßgeblich für die Beurteilung ist, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlich gebotenen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Herabsetzend i.S.v. § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich deshalb nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen ((BGH WRP 02, 828, 831 - Hormonersatztherapie ;BGH GRUR 02, 72, 73 - Preisgegenüberstellung im Schaufenster; BGH GRUR 99, 501 - Vergleichen Sie). Auch ironische Werbevergleiche sind nicht grundsätzlich zu beanstanden. Werbung lebt zu einem nicht unerheblichen Teil von Humor sowie Ironie und wird hiervon begleitet. Wo genau die Grenze zwischen leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung verläuft, bedarf dabei stets einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall. Solange der Werbende mit ironischen Anklängen lediglich Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber keine Abwertung des Mitbewerbers verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung oder Verunglimpfung (BGH GRUR 02, 72, 73 - Preisgegenüberstellung im Schaufenster).

b. Diese Grenze hat die Beklagte im vorliegenden Fall indes - nach Auffassung des Senats sogar sehr eindeutig - überschritten. Ihre Werbebotschaft geht weit über "ironische Anklänge" oder ein leises "Schmunzeln" hinaus, sondern enthält eine massive Abwertung der Klägerin.

aa. Dies geschieht - insoweit atypisch - nicht, indem die Beklagte über die BILD-Zeitung selbst oder die Klägerin irgendwelche wahrheitswidrigen oder herabsetzenden Äußerungen verbreitet. Das Wettbewerbswidrige der Werbung der Beklagten liegt vielmehr darin, dass sie dem Betrachter einen BILD Zeitungs-Leser quasi stellvertretend für die Leserschaft insgesamt vorstellt, dessen Habitus für ausgeprägte geistige Schlichtheit steht. Auch diese Art vergleichender Werbung, die das Produktumfeld negativ erscheinen lässt oder lächerlich macht, ist unzulässig (Hasselblatt/Eck/Ikas, MAH Gewerblicher Rechtsschutz, § 23 Rdn. 121). Zwar handelt es sich der Sache nach hierbei nur um "einen" Leser der BILD-Zeitung. Der Betrachter erkennt aber ohne Weiteres die mit den beiden Werbespots beabsichtigte Verallgemeinerung, die die Beklagte im Rahmen einer - grundsätzlich zulässigen - vergleichenden Werbung zum Ausdruck bringen will. Hiernach ist der - typische - Leser der BILD-Zeitung so undifferenziert und intellektuell anspruchslos, dass er nach kurzem erfolglosem Bemühen die Lektüre der - anspruchsvollen - TAZ wieder aufgeben muss, weil er hiermit (inhaltlich und/oder sprachlich) hoffnungslos überfordert ist. Diese Werbebotschaft wird durch die Schrifteinblendung am jeweiligen Ende des Spots herausgestellt: "taz ist nicht für jeden". Damit rückt die Beklagte die Leserschaft der BILD-Zeitung insgesamt in ein Licht, das die Klägerin unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmen muss - und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der für die Beklagte streitenden Grundrechte aus Art. 5 GG.

bb. Indem die Beklagte die Leserschaft der BILD-Zeitung in der beschriebenen Weise - erkennbar über einen bestimmten "Typus" - pauschal als primitiv und dumm abstempelt, setzt sie das Produkt der Klägerin und deren geschäftliches Ansehen als Verlagshaus unlauter herab. Hierzu ist die Beklagte nicht berechtigt, und zwar selbst dann nicht, wenn die Klägerin durch die Art und Weise der Berichterstattung in der BILD-Zeitung selbst eine maßgebliche Ursache für ein derartiges Verständnis in breiten Teilen der Bevölkerung gesetzt hat. Es mag sein, dass es den in den Werbespots beschriebenen "Typus" des BILD Zeitungs-Lesers tatsächlich - und vielleicht sogar verbreitet - gibt. Es mag sein, dass die BILD-Zeitung mit ihrer reißerischen, auf flüchtige optische Eindrücke abzielenden Berichterstattung häufig bei ihren Lesern "niedere Instinkte" anspricht. Dies mag berechtigten Anlass mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der BILD-Zeitung und der Klägerin geben, die zum Beispiel in Form von Artikeln, Reportagen, Talkshows usw. im Rahmen der Meinungs- und Pressefreiheit von dem Grundrecht aus Art. 5 GG abgedeckt und damit zulässig sein können. Die Grenzen einer zulässigen Auseinandersetzung mit einem unmittelbaren Konkurrenten und dessen Produkt sind nach Auffassung des Senats im Rahmen einer vergleichenden Werbung nach § 6 Abs. 1 UWG indes deutlich enger gesteckt. Hierbei geht es - auch wenn die Beklagte Gegenteiliges glauben machen will - nicht allein oder in erster Linie um eine Information der Öffentlichkeit, um eine künstlerische Auseinandersetzung oder eine ironisch-satirische Betrachtung. Im Rahmen der vergleichenden Werbung geht es allein um den Absatz des eigenen Produkts, und zwar zu Lasten des bzw. eines Konkurrenzprodukts. Zu diesem Zweck sind Vergleiche gesetzlich zulässig. Sie haben indes engere Grenzen zu beachten als etwa eine künstlerische Auseinandersetzung mit der BILD-Zeitung z.B. im Rahmen einer Kabarettaufführung. Denn der Werbende nimmt den Vergleich ausschließlich in der Absicht vor, die angesprochene Kundschaft für sein Produkt zu gewinnen.

c. Dabei ist ein Werbevergleich nicht auf Fallkonstellationen beschränkt, in denen sich die Wettbewerber um denselben Kundenkreis bemühen. Darum dürfte es im vorliegenden Fall kaum gehen. Die Leser der TAZ werden sich nicht oder nur zu einem geringen Prozentsatz aus den Lesern der BILD-Zeitung rekrutieren. Allein diese Tatsache führt aber nicht dazu, dass ein herabsetzender Werbevergleich entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG zulässig ist. Eine wettbewerbswidrige Herabsetzung der Konkurrenz hat auch dann zu unterbleiben, wenn die Kundenkreise sich nur geringfügig überschneiden. Dies ist insbesondere in den - auch hier vorliegenden - Fällen so, in denen sich ein Unternehmen dadurch selbst zu "überhöhen" versucht, dass es die Konkurrenz möglichst schlecht dastehen lässt. Ein derartiges Verhalten hat ohne Weiteres auch marktrelevante Auswirkungen. Es stärkt zum einen das Wertgefühl der bestehenden Kunden, die sich - abgeschreckt durch das Negativbeispiel - in ihrer Produktwahl bestätigt fühlen. Und es veranlasst potenziell wechselwillige Kunden, sich nunmehr dem Werbenden zuzuwenden, um auch an dessen positivem Image teilhaben zu können. Eben in diese Richtung zielt auch erkennbar die Werbung der Beklagten. Mit dem Schlusssatz "taz ist nicht für jeden. Das ist OK so" in ihren Werbespots setzt sich die Beklagte bewusst und erkennbar von dem Publikum ab, das sie in den Werbespots in der Person des BILD-Lesers zuvor beschrieben hat. Ein derartiges Verhalten muss die Klägerin zumindest im Rahmen einer vergleichenden Werbung selbst dann nicht hinnehmen, wenn dieser "Typus" durchaus nicht untypisch für Teile ihrer Leserschaft ist. Denn ihr unternehmerischer Geltungsanspruch und das Image ihres Produkts BILD-Zeitung wird hierdurch schwer und ohne Rechtfertigung geschädigt.

d. Der Senat hat aus Anlass dieses Rechtsstreits nicht zu entscheiden, was zu gelten hätte, wenn die Leserschaft der BILD-Zeitung sich tatsächlich - nahezu - ausschließlich aus der Personengruppe zusammensetzen würde, die die Beklagte in ihren Werbespots überzeichnend beschreibt. Der Umstand, dass dies nicht der Fall ist, ist den Mitglieder des Senats aus eigener Sachkunde bekannt. Die BILD-Zeitung wird - dies mag schwer verständlich oder aus Sicht einiger Personen gar zu bedauern sein - von breiten Teilen der Bevölkerung quer durch alle sozialen Schichten gelesen, wenngleich ein deutlicher Schwerpunkt im Bereich einer nicht anspruchsvollen Leserschaft liegen mag. Um dies festzustellen, bedarf es weder einer Meinungsbefragung noch der differenzierten Analyse von Mediadaten. Insoweit reicht ein aufmerksamer Blick auf die Mitreisenden in den öffentlichen Verkehrsmitteln einer Großstadt zur Hauptverkehrszeit aus. Auch diese Feststellungen vermögen die Mitglieder des Senats aus eigener Sachkunde zu treffen. Bei dieser Sachlage stellt die Beklagte die Klägerin mit ihrer Leserschaft zu Unrecht in eine "anspruchslose Ecke" allein zu dem Zweck, sich selbst und ihr Produkt hierdurch zu profilieren.

e. Die Tatsache, dass dies in witziger Weise, künstlerisch anspruchsvoll gemacht, mit ironischem Unterton und durchaus mit einem nicht unerheblichen Wahrheitskern geschieht, kann das Verhalten der Beklagten jedenfalls im Rahmen von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG auch nicht unter Berücksichtigung eines bestehenden Grundrechtsschutzes aus Art. 5 GG rechtfertigen.

aa. Der Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG steht nicht entgegen, dass in Anzeigen enthaltene Äußerungen der Anpreisung von Waren und der Kundenwerbung dienen. Denn der Schutz der Meinungsfreiheit erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen sowie reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat (BVerfG GRUR 01, 1058 ff - Therapeutische Äquivalenz; BVerfGE 30, 336; BVerfGE 102, 347, 359). Für die Beurteilung einer wettbewerbswidrigen Herabsetzung hat das BVerfG konkrete Grundsätze aufgestellt. Danach setzt eine Einschränkung der Meinungsfreiheit im Interesse des Schutzguts die Feststellung einer Gefährdung des an der Leistung orientierten Wettbewerbs voraus. Da zur Meinungsfreiheit das Recht gehört, den Kontext einer Äußerung frei zu wählen, muss dargelegt werden, dass dieses Recht bei Wirtschaftswerbung gerade mit Rücksicht auf den konkret zu beurteilenden Wettbewerb beschränkt ist. Es muss dargelegt werden, auf welche Weise und in welchem Maße die für sittenwidrig erachtete Werbung Gefährdungen für den an der Leistung orientierten Wettbewerb auslöst, obwohl die Marktteilnehmer üblicherweise einer Vielzahl von suggestiven Werbeeinflüssen ausgesetzt sind, ohne dass in diesen eine entsprechende Gefährdung gesehen wird (BVerfG WRP 02, 430, 433 - Tierfreundliche Mode). Wird ein möglicherweise wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne von §§ 3, 4 UWG in einer Meinungsäußerung gesehen, ist die Meinungsfreiheit - dies hat der Senat bereits bei den vorstehenden Ausführungen berücksichtigt - schon bei der Prüfung des Verstoßes gegen die guten Sitten im geschäftlichen Verkehr und der sich daraus ergebenden Gefährdung des Leistungswettbewerbs zu berücksichtigen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der guten Sitten und die Gefährdung des Schutzguts sind mithin nicht allein durch die Feststellung der Tatbestandselemente der einschlägigen Fallgruppe zu bestimmen. Wohl aber kann von ihnen eine aus praktischer Erfahrung gewonnene Indizwirkung für die Sittenwidrigkeit und die Gefährdung des Leistungswettbewerbs ausgehen. Demnach müssen die Fachgerichte, soweit sie auf die bereits entwickelten Fallgruppen zurückgreifen oder neue bilden, prüfen, ob die Indizwirkung auch angesichts der sich daran anschließenden Rechtsfolge, der Einschränkung der Meinungsfreiheit, gerechtfertigt ist. Darüber hinaus muss die angegriffene Äußerung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls so schwerwiegend sein, dass sie eine hinreichende Gefährdung des Leistungswettbewerbs bewirkt (BVerfG GRUR 01, 1058 ff - Therapeutische Äquivalenz). Dementsprechend ist es begründungsbedürftig, Werbung als sittenwidrig einzuordnen, wenn die Anbieter der Leistungen sich nicht nur auf die Angaben zu Preis und Qualität beziehen, sondern durch weitere Informationen zum Kauf motivieren wollen (BVerfG WRP 02, 430, 433 - Tierfreundliche Mode).

bb. Auch vor dem Hintergrund dieser Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts stellt sich die vorliegende Werbung als grundrechtswidrig dar. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen des Senats Bezug genommen.

aaa. Je weniger eine Äußerung zur Meinungsbildung in einer die Öffentlichkeit berührenden Frage beiträgt, und je mehr sie eigennützigen Interessen dient, desto weniger schutzwürdig ist sie (Hefermehl/Bornkamm/Köhler, UWG, 24. Aufl., § 3 Rdn. 28). Ein relevantes - grundrechtlich überwiegend schutzwürdiges - Informations- bzw. Kommunikationsinteresse über die intellektuellen Fähigkeiten von BILD-Zeitungs-Lesern vermag der Senat nicht zu erkennen. Die von der Beklagten gewählte Werbeaussage gefährdetet massiv den fairen Leistungswettbewerb. Denn sie zielt nicht in erster Linie darauf ab, die Vorzüge ihres eigenen Produkts herauszustellen, sondern legt es darauf an, die Klägerin als Konkurrentin pauschal anzuschwärzen, um hieraus ein eigenes - positives - Produktimage abzuleitenden.

bbb. Zwar kann auch reine Aufmerksamkeitswerbung eine nach Art. 5 GG geschützte Meinungsäußerung enthalten (Hefermehl/Bornkamm/Köhler, a.a.O., Rdn. 29). Dieser Schutz umfasst hingegen nicht herabsetzende Äußerungen über die Konkurrenz in Wort und Bild, wie diejenigen der Beklagten im vorliegenden Fall. Dieses Vorgehen wiegt umso schwerer, weil die Parteien - wie oben dargestellt - nur in einem geringen Umfang im unmittelbaren Wettbewerb um denselben Kundenkreis stehen, bei dem auch drastische Werbeformen noch eher verständlich erschienen. Vielmehr bezweckt die Beklagte eine pauschale Herabsetzung der Klägerin allein zu Zwecken eine "Imagewerbung" gegenüber ihrem eigenen - vermeintlich anders gelagerten - Kundenstamm, der von der Klägerin erkennbar überhaupt nicht umworben und deshalb der Beklagten in keiner Weise streitig gemacht wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Werbeverhalten der Beklagten als (besonders) verwerflich dar.

ccc. Dies gilt auch, so weit sich die Beklagte auf das Grundrecht der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG beruft. Zwar kann sie sich möglicherweise ebenfalls auf einen Grundrechtsschutz berufen, obwohl sie nicht Schöpferin des Filmwerks ist (BGH GRUR 05, 583, 584 - Lila Postkarte). Die vorstehenden Abwägungsentscheidungen gelten aber insoweit gleichermaßen. Insbesondere dann, wenn mit dem Werk - wie hier - ausschließlich kommerzielle Interessen verfolgt werden, hat der Schutz der Kunstfreiheit im Regelfall keinen Vorrang vor der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BGH WRP 05, 896, 899 - Lila Postkarte)

f. Aus der bisherigen Senatsentsprechung ergeben sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - keine abweichenden Rechtsgrundsätze. Den entschiedenen Rechtsstreitigkeiten lagen ausnahmslos abweichende Sachverhaltsgestaltungen zu Grunde.

aa. Die Entscheidung "Tiefpreisgarantie" (Senat GRUR-RR 03,50 - Tiefpreisgarantie) betraf eine "aggressive" Werbung mit einem eigenen Versprechen ohne konkrete Bezugnahme auf die Konkurrenz. Die Entscheidung "Orgelndes Auto" (Senat GRUR-RR 03,249 - Orgelndes Auto) betraf eine Werbung, die sich zwar gegen Mitbewerber richtete, die jedoch nicht konkret erkennbar waren, so dass die Grundsätze der vergleichenden Werbung keine Anwendung finden konnten. In der Entscheidung "Müsli-Riegel" (Senat GRUR-RR 03,251 - Müsli-Riegel) ging es ebenfalls um einen allgemeinen "Systemvergleich", bei dem keine konkreten Mitbewerber erkennbar waren, sodass die Grundsätze vergleichender Werbung nicht anzuwenden waren.

bb. In derartigen Fällen sind - an dieser Auffassung hält der Senat fest - möglicherweise durchaus "drastischere" Werbemethoden (noch) zulässig, gerade weil hiermit keine konkreter Mitbewerber getroffen wird, sondern sich die Auswirkungen der Werbung letztlich gegen die gesamte Konkurrenz (oder Teile hiervon) richten. Der vorliegende Fall ist grundlegend anders gelagert. Hier ist die Klägerin nicht nur unmittelbar und als alleiniges Ziel des Vergleichs für jeden unschwer erkennbar. Die Beklagte versucht sich auch aggressiv gerade - und nur - von der Klägerin abzusetzen, indem sie deren Produkte (bzw. deren Leserschaft) herabsetzt. Dies tut sie zudem weiter unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG, indem sie die bekannten Marken und Geschäftsbezeichnungen der Klägerin prominent in ihrem Werbespot abbildet, um die negativen Auswirkungen ihres Vergleichs noch unmittelbarer und deutlicher gegen die Klägerin (und nur gegen diese) zu richten. Um derartige Situationen ging es in den zitierten Senatsentscheidungen nicht. Es fehlt insoweit auch an einer Vergleichbarkeit. Vielmehr ist - wie dargelegt - eine abweichende rechtliche Beurteilung geboten.

g. Aus dem Umstand, dass sich die Beklagte als "Tendenzbetrieb" bezeichnet, kann sie ebenfalls keine für sich günstigen Rechtsfolgen herleiten. Dieser Umstand mag noch im Bereich ihrer redaktionellen Tätigkeit von Bedeutung sein, er kann wettbewerblich unlauteres und herabsetzendes Verhalten indes nicht rechtfertigen. Gleiches gilt für die Darstellung der Beklagten zu der journalistischen "Qualität" der BILD-Zeitung. Die Berichterstattung der BILD-Zeitung mag zu berechtigter Kritik Anlass geben. Aus dem Umstand, dass die BILD-Zeitung ihrerseits möglicherweise journalistisch nicht "zimperlich" mit Personen oder Unternehmen umgeht, folgt indes nichts für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung. Allenfalls dann, wenn die BILD-Zeitung bzw. die Klägerin auch in wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen ihrerseits - insbesondere gegenüber der Beklagten - zu unangemessener Schärfe greift, könnte darüber nachgedacht werden, ob dies Auswirkungen auf das Verhalten der Beklagten haben kann. Darum geht es vorliegend jedoch unstreitig nicht.

4. Auch die weiteren Einwendungen der Beklagten sind ohne hinreichende Substanz. Sie bestreitet im Rahmen der Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht zu Unrecht ihr Verschulden. Im Wettbewerbsrecht werden ebenso wie im Gewerblichen Rechtsschutz allgemein und im Urheberrecht strenge Anforderungen an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gestellt. Fahrlässig handelt bereits, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtliche Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH WRP 02, 694, 699 - shell.de; BGH WRP 02, 691, 694 - vossius.de; BGH WRP 99, 924, 927 - Werbebeilage; BGH GRUR 98, 568, 569 - Beatles-Doppel-CD; BGHZ 131, 308, 318 - Gefärbte Jeans; BGHZ 130, 205, 220 - Feuer, Eis & Dynamit). Die Beklagte wird nicht ernsthaft behaupten wollen, dass eine abweichende Beurteilung von vornherein ausgeschlossen ist. Gegenteiliges ergibt sich schon aus dem Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens. Auch die Auffassung der Beklagten, einem Verbot könnten allenfalls bestimmte Bildsequenzen unterliegen, ist wenig realitätsnah. Denn es geht erkennbar nicht darum, dass die Beklagte in Einzelsequenzen das Zeichen der Klägerin verwendet hat, sondern darum, mit welcher inhaltlichen Zielrichtung und in welcher Einbettung dies im Rahmen der gesamten Spots geschehen ist.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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