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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 07.06.2006
Aktenzeichen: 5 U 130/05
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3
UWG § 5
UWG § 12 Abs. 1
1. Im Anwendungsbereich von § 5 UWG n.F. setzt der Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens auf Grund des gewandelten Schutzzweckverständnisses dieser Norm nicht (mehr) voraus, dass der Verletzer auch subjektive Kenntnis von den tatsächlichen Umständen besessen hat, die den Vorwurf der Irreführung begründenden. Die unlautere Zuwiderhandlung ist insoweit bereits durch ein objektiv rechtswidriges Verhalten erfüllt.

2. Für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrag kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Abmahnung des Verletzten auch für vergangenes Verhalten zu Recht erfolgt ist. Selbst wenn durch vorangegangenes wettbewerbswidriges Verhalten keine Wiederholungsgefahr begründet gewesen sein sollte, weil dem Verletzer die hierfür erforderliche subjektive Kenntnis fehlte, setzt der Verletzer zumindest Erstbegehungsgefahr, wenn er sein früheres Verhalten vorbehaltlos als rechtmäßig verteidigt, ohne zumutbare Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen, denen nachzugehen auf Grund der Abmahnung Veranlassung hat.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 5 U 130/05

Verkündet am: 7. Juni 2006

nach der am 17. Mai 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 12.08.05 abgeändert.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 22.11.2004 Wettbewerbshandlungen gem. Ziff. I des landgerichtlichen Urteils begangen hat, wobei die Werbung nach Werbeträgern, Auflagen der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 22.11.2004 durch die unter Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils geschilderte Wettbewerbshandlung entstanden ist oder noch entsteht;

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 12.08.05 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 215.000.- abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber u.a. bei dem Vertrieb von Elektrogroßgeräten.

Die Beklagte bewarb im November 2004 im Rahmen ihres "Technik-Weihnachtskataloges" u.a. einen Siemensgeschirrspüler SF 23 A 900 EU. Dabei stellte sie ihrem eigenen Preis von € 369.- einen höheren "UVP" von "€ 399.-" gegenüber, den sie als "unverb. Preisempf. d. Herstellers" erläuterte.

Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung als wettbewerbswidrig. Sie behauptet, der Hersteller Siemens habe für diese Geräte eine Preisempfehlung nicht ausgesprochen. Dies sei der Beklagten auch bekannt gewesen bzw. zumindest in Folge von Fahrlässigkeit unbekannt geblieben.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken elektrische Haushaltsgeräte unter Angabe einer UVP zu bewerben, wenn diese bei Erscheinen der Werbung nicht oder nicht mehr in der angegebenen Höhe besteht;

II. a. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I. geschilderte Wettbewerbshandlung entstanden ist oder noch entsteht;

b. die Beklagte zu verurteilen, auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen gem. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen;

c. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.200,40 nebst Zinsen gem. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Wettbewerbshandlungen gem. Ziff. 1 begangen hat, wobei die Werbung nach Werbeträgern, Auflagen der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Firma Siemens, der Hersteller und Lieferant der Geräte, habe die von der Klägerin beanstandete unverbindliche Preisempfehlung in rechtswirksamer Weise abgegeben. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, fehle es ihr an der für einen Wettbewerbsverstoß erforderlichen subjektiven Kenntnis der die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung begründenden Umstände. Denn die Firma Siemens habe sich ihr gegenüber durch Mitarbeiter ausdrücklich dazu erklärt, dass eine derartige Preisempfehlung bestehe. Demgemäß falle ihr auch kein Verschulden zur Last.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung von zwei Mitarbeitern der Fa. Siemens, der Zeugen Tsitsinias und A..

Das Landgericht hat die Beklagte sodann mit Urteil vom 12.08.05 zu den Klageanträgen zu Ziffern I. sowie Ziffer II. c antragsgemäß verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Hiergegen richten sich die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen beider Parteien, die die erstinstanzliche Entscheidung mit Rechtsmitteln jeweils insoweit angreifen, als sie unterlegen sind. Die Beklagte verfolgt in zweiter Instanz ihr Klagabweisungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter. Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Unterlassung sowie zur Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten verurteilt. Ihr Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Die zulässige Berufung der Klägerin ist hingegen überwiegend begründet, soweit sie die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt. Das Berufungsvorbringen der Parteien gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Die Berufung der Beklagten ist ohne weiteres unbegründet, soweit sie den Unterlassungsantrag zu Ziffer I. - und damit das von ihr geforderte Verhalten in der Zeit nach der Abmahnung der Klägerin - betrifft. Diese Feststellung gilt unabhängig davon, ob der Beklagten auch bei einem verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch ein subjektives Merkmal der Kenntnis derjenigen Umstände abzuverlangen ist, die die Unlauterkeit begründen.

a. Gegenstand des Unterlassungsanspruchs ist die Berühmung der Beklagten, das rechtsverletzende Verhalten auch in Zukunft fortsetzen zu dürfen. Eine derartige Befugnis steht ihr letztlich unstreitig nicht zu, denn es existierte für den angebotenen Artikel im Jahr 2004 keine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung. Dies hat die von dem Landgericht durch Vernehmung der Zeugen T. und A. durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. Dementsprechend ist die Rechtsverteidigung der Beklagten insoweit ohne Aussicht auf Erfolg, als sie den Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft in Abrede gestellt. Selbst wenn der Mitarbeiter T. der Beklagten gegenüber der Beklagten einen bestimmten Preis zu Unrecht als eine - tatsächlich nicht gem. § 1 GWB (in zulässiger Weise) ausgesprochene - unverbindliche Preisempfehlung dargestellt hat, steht der Beklagten erkennbar kein Recht zu, mit dieser Angabe auch in Zukunft in wettbewerbswidriger Weise zu werben.

b. Die Unterlassungsklage ist insoweit berechtigterweise erhoben worden. Denn die Klägerin hatte die Beklagte mit Schreiben vom 30.11.04 (Anlage JS2) ordnungsgemäß abgemahnt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine unverbindliche Preisempfehlung für diesen Artikel nicht besteht.

aa. Auf der Grundlage dieser Abmahnung besaß die Beklagte die Kenntnis aller derjenigen Tatsachen, auf die die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch stützte. Die Beklagte wusste damit insbesondere, dass die Existenz einer Herstellerpreisempfehlung zumindest zweifelhaft war. Sie hatte nach Erhalt der vorprozessualen Abmahnung jeden Anlass, sich in eigener Verantwortung zu vergewissern, dass die von ihr in Anspruch genommene Preisempfehlung tatsächlich existierte, wenn sie auch in Zukunft in der von ihr praktizierten Art und Weise für das Produkt mit einer Gegenüberstellung ihres eigenen Preises und des vom Hersteller empfohlenen Preises werben wollte.

bb. Die Klägerin war nicht verpflichtet, im Rahmen einer vorprozessualen Abmahnung ihre Behauptung, die in Bezug genommene Herstellerpreisempfehlung bestehe nicht, im Einzelnen zu substantiieren. Die Beklagte konnte unzweifelhaft erkennen, welchen Sachverhalt die Klägerin geltend machen wollte. Da es sich hierbei um Drittinformationen eines (gemeinsamen) Lieferanten handelte, besaß die Klägerin auch keinen der Beklagten nicht zugänglichen Informationsvorsprung, den sie dieser u.U. hätte offenbaren müssen.

c. Indem die Beklagte trotz der Abmahnung Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens nicht hat aufkommen lassen bzw. diesen nicht nachgegangen ist und die nicht existenten Herstellerpreisempfehlung auch für ihr künftiges Verhalten vorbehaltlos verteidigt hat, hat sie Veranlassung zur Erhebung der Klage nach dem Unterlassungsantrag zu I. gegeben. Die damit begründete Wiederholungsgefahr ist nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung - bzw. durch eine streitige Verurteilung - auszuräumen. Bei der gegebenen Sachlage kommt es für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrag nicht entscheidend darauf an, ob die Abmahnung durch die Klägerin auch für vergangenes Verhalten zu Recht erfolgt ist. Denn jedenfalls hat sich der Gegenstand der Abmahnung durch die von dem Landgericht erhobenen Zeugenaussagen als zutreffend erwiesen. Einen entsprechenden Erkenntnisstand hätte sich auch die Beklagte bereits nach Erhalt der Abmahnung verschaffen können und müssen, wenn sie ihr Verhalten auch für die Zukunft - wie dies mit der Klagerwiderung geschehen ist - vorbehaltlos als rechtmäßig verteidigen wollte. Zumindest der Umstand, dass sie dies nicht getan hat, gereicht ihr auch im Rahmen der §§ 3, 5 UWG in subjektiver Hinsicht zum Nachteil. Selbst wenn durch vorangegangenes wettbewerbswidriges Verhalten - mangels subjektiver Kenntnis - keine Wiederholungsgefahr begründet gewesen wäre, hätte die Beklagte durch ihre vorbehaltlose Rechtsverteidigung zumindest Erstbegehungsgefahr gesetzt.

d. Die Beklagte hat erst im Rahmen ihrer Berufungserwiderung erklärt, sie nehme für sich nicht in Anspruch, auch zukünftig in der angegriffenen Art und Weise wettbewerbswidrig zu werben, allerdings ohne daraus den nach Sachlage gebotenen Schluss zuziehen und den Unterlassungsanspruch unstreitig zustellen. Diese Erklärung vermag die bereits in der Vergangenheit begründete Begehungsgefahr nicht mehr wirksam zu beseitigen, nachdem die Beklagte ihr Verhalten zuvor vorbehaltlos und uneingeschränkt als rechtmäßig verteidigt hatte.

2. Die Klage ist indes auch nach dem Antrag zu Ziffer II.c. begründet, mit dem die Klägerin von der Beklagten die Erstattung ihrer Auslagen für die vorgerichtliche Abmahnung vom 30.11.04 nach den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683, 677, 670 BGB in Verbindung mit § 12 Abs. 1 UWG verlangt.

a. Einwände gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten hat die Beklagte nicht erhoben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hatte zudem unwidersprochen erklärt, dass die Klägerin seine Gebührenrechnung inzwischen beglichen hat. Dementsprechend geht es auch nicht um eine Frage der Freistellung, sondern die Beklagte schuldet der Klägerin Kostenerstattung, wenn diese tatsächlich ein Geschäft für sie in ihrem (vermuteten) Interesse geführt hat.

b. Dies ist der Fall. Allerdings kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen werden, dass die Beklagte bei der Veranlassung ihrer Werbemaßnahme wegen der unrichtigen Auskunft der Mitarbeiter der Fa. Siemens die für einen Wettbewerbsverstoß erforderlichen subjektiven Kenntnis der die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung begründenden Umstände nicht besessen hat. Eine fehlende Kenntnis dieser Art beseitigt hingegen den Vorwurf wettbewerbswidrigen Handelns unter den konkreten Einzelfallumständen nicht. Ohnehin hatte die Beklagte die Möglichkeit, einer kostenverursachende Abmahnung durch eigenes, rechtmäßiges Handeln zuvorzukommen, in dem die Beklagte sich nicht mit Auskünften von Vertriebsmitarbeitern der Fa. Siemens zufrieden gab, sondern verbindliche Auskünfte der für kartellrechtlich wirksame Erklärungen zuständigen Stellen des Herstellers einholte. Zudem setzt die dem Anspruch aus §§ 683, 677, 670 BGB zu Grunde liegende Geschäftsführung ein Handeln voraus, das im "wohl verstandenen Interesse" des Abgemahnten liegt, um diesen - was insbesondere bei Unkenntnis der Fall ist - auch zur Vermeidung weiterer Kosten und gerichtlicher Auseinandersetzungen darüber aufzuklären, dass er fremde Rechte verletzt. Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch im vorliegenden Fall auch dann als begründet, wenn die Beklagte auf Grund einer unrichtigen Auskunft des Zeugen T. die subjektive Kenntnis nicht hatte, dass sie mit der von diesem Zeugen mitgeteilten Preisempfehlung gegen Wettbewerbsrecht verstieß.

c. Unter der Geltung des bis zum 07.07.04 in Kraft befindlichen Wettbewerbsrechts nach dem UWG a.F. entsprach es allerdings den Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein Verstoß des Normadressaten gegen §§ 1, 3 UWG im Regelfall die subjektive Kenntnis der die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung begründenden Umstände voraussetzte. Die Beklagte hat insoweit auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen (BGH GRUR 92, 448, 449 - Pullovermuster; BGH GRUR 91, 914, 916 - Kastanienmuster).

d. Die Frage, ob an dem Erfordernis subjektiver Kenntnis auch unter der Geltung des UWG n.F. nach dem 08.07.04 festzuhalten ist, hat bislang noch keine eindeutige und umfassende Klärung in Rechtsprechung und Literatur erfahren.

aa. Die wettbewerbsrechtlichen Kommentatoren neigen mehrheitlich dazu, an dem Erfordernis einer subjektiven Kenntnis nicht mehr festzuhalten. Hefermehl/Köhler/Bornkamm (24. Aufl.) vertritt diese Auffassung (§ 3 Rnd. 41) mit beachtlichen Gründen:

"Denn die nachteiligen Auswirkungen einer Wettbewerbshandlung auf die Marktteilnehmer und den Wettbewerb bestehen unabhängig davon, ob der Handelnde Kenntnis von den unlauterkeitsbegründenden Umständen hatte oder nicht. Es besteht daher eine zwingende Notwendigkeit, wettbewerbsschädliche Handlungen grds. ohne Rücksicht auf den Wissensstand des Handelnden mit dem (verschuldensunabhängigen) Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch (§ 8 I) zu bekämpfen. Die praktischen Konsequenzen dieser Auffassung zeigen sich auch bei der Abmahnung (§ 12 I). Denn die Abmahnung ist nach dieser Auffassung schon dann berechtigt (mit der Folge eines Aufwendungsersatzanspruchs nach § 12 I 2), wenn der Handelnde objektiv unlauter handelt, mag er auch von den unlauterkeitsbegründenden Umständen keine Kenntnis haben. Fehlende Kenntnis von den unlauterkeitsbegründenden Umständen kann daher nur im Rahmen der verschuldensabhängigen Schadensersatz- und Gewinnabschöpfungsansprüche (§§ 9, 10) eine Rolle spielen."

In ähnlicher Weise äußern sich Harte/Henning/Schünemann (UWG § 3 Rdnr. 224 ff). Auch Köhler weist zutreffend auf die bisherige Rechtslage sowie darauf hin, dass die Frage, ob nach der Neufassung des UWG an dem Erfordernis eines subjektiven Merkmals festzuhalten ist, im Gesetzgebungsverfahren bewusst offen gelassen worden ist.

"Während der Bundesrat sich dafür einsetzte, darauf zu verzichten und dies auch in eindeutiger Weise klarzustellen (BT-Drucks 15/1487 S 30), erklärte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung, es handle sich um eine dogmatische Frage, deren Klärung der Rspr und Literatur überlassen bleiben könne, zumal die praktische Relevanz gering sei (BT-Drucks 15/1487 S 40). Ob die Rspr zum Tatbestand der Unlauterkeit in § 3 an ihrer früheren Auffassung festhalten wird, ist noch ungewiss."

Insbesondere diese Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren entfalten erhebliche Bedeutung bei der Beantwortung der Frage, ob die §§ 3, 4 UWG bzw. § 5 UWG in jedem Fall zwingend - wie dies die Beklagte annimmt - eine subjektive Kenntnis voraussetzen.

bb. Dies ist nach Auffassung des Senats vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Willens nicht der Fall. Der Senat hat aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits allerdings nicht allgemein darüber zu entscheiden, ob bzw. in welchen Konstellationen eine derartige subjektive Kenntnis der die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung begründenden Umstände zu fordern ist.

aaa. Es scheint dem Senat nicht als ausgeschlossen, dass diese Frage etwa im Anwendungsbereich von §§ 3, 4 UWG nicht für alle Ausprägungsformen unlauteren Handelns einheitlich, sondern nur für den jeweiligen Regelungsbereich einzelner gesetzlicher Bestimmungen unter Beachtung der Besonderheiten der gesetzlichen Regelung entschieden werden kann. Denn die Frage, ob eine subjektive Kenntnis der die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung begründenden Umstände zu fordern ist, kann sich in Abhängigkeit davon stellen, ob die einzelne Fallgruppe in erster Linie auf die objektive Gefährlichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung oder die subjektiven Verwerflichkeit der Wettbewerbshandlung abstellt. In den zuletzt genannten Anwendungsfällen könnte sich unter Umständen auch - ohne dass der Senat dies aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits zu entscheiden hat - im Anschluss an Teplitzky (Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., Kap. 30, Rdn. 23) eine Unterscheidung danach anbieten, ob der Wettbewerber selbst bei fehlender subjektiver Kenntnis vor Aufnahme der Wettbewerbshandlung alles ihm Zumutbare getan hat, um einen Rechtsverstoß auszuschließen.

bbb. Jedenfalls für den Anwendungsfall der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG hat der BGH in der Entscheidung "Atemtest" bereits nach Inkrafttreten der UWG-Novelle ausdrücklich entschieden, dass bei dem über § 4 Nr. 11 UWG sanktionierten Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel die unlautere Zuwiderhandlung allein ein objektiv rechtswidriges Verhalten voraussetzt (BGH GRUR 05, 778 - Atemtest):

"Die Äußerung des Regierungspräsidiums änderte nichts daran, dass die Bekl. weiterhin Kenntnis von den Umständen hatte, die bei objektiver Würdigung die etwa gegebene Sittenwidrigkeit i.S. des § 1 UWG a.F. ihrer Verhaltensweise begründeten (vgl. BGHZ 117, 115 [117f.] = GRUR 1994, 635 - Pullovermuster; BGH, GRUR 1995, 693 [695] = NJW 1994, 2289 = WRP 1994, 387 - Indizienkette; Teplitzky, in: Großkomm. z. UWG, § 1 Rdnr. G 19; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Einf. Rdnr. 294 jew. m.w. Nachw.), so dass ein danach wettbewerbsrechtlich zu beanstandendes Verhalten auch weiterhin vorlag. Dasselbe gilt für Verletzungshandlungen, welche die Bekl. unter der Geltung des am 8. 7. 2004 in Kraft getretenen neuen UWG begangen hat; denn eine nach den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlautere Zuwiderhandlung gegen eine Marktverhaltensregelung setzt allein ein objektiv rechtswidriges Verhalten voraus (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, § 4 UWG Rdnr. 11.54; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, § 4 Nr. 11 Rdnr. 49; Ullmann, GRUR 2003, 817 [822])."

ccc. Entsprechende Überlegungen haben nach Auffassung des Senats jedenfalls auch im Anwendungsbereich der irreführenden Werbung nach § 5 UWG gelten, die im vorliegenden Fall ausschließlich zur Entscheidung steht. Dies ergibt sich insbesondere bei Betrachtung des Schutzzwecks der Norm.

(1) Das UWG war in Ansehung des Irreführungsverbots ursprünglich ein Gesetz, das allein den Konkurrentenschutz im Auge hatte. Das Irreführungsverbot diente danach in erster Linie dem Schutz der Mitbewerber, deren Absatzchancen nicht dadurch beeinträchtigt werden sollten, dass einzelne Anbieter das Angebot oder den Bezug von Waren oder Dienstleistungen durch Täuschung auf sich lenken. Der mit dem Irreführungsverbot verbundene Schutz der Marktgegenseite, insbesondere der Verbraucher, wurde als ein erwünschter Reflex, nicht aber als ein eigenständiges Ziel der Regelung verstanden. Dieser Schutzzweck hat im Laufe der Zeit eine deutliche Veränderung erfahren. Nach heutigem Verständnis dient des Irreführungsverbot vor allem dem Schutz der Marktgegenseite. Auf der Marktgegenseite stehen häufig private Letztverbraucher als Abnehmer. Daneben steht gleichberechtigt der Schutz der Mitbewerber. Dem kollektiven Charakter des Schutzes der Marktgegenseite entspricht es, dass das Irreführungsverbot auch das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb (§ 1) schützt (Bornkamm in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, § 5 Randnummer 1.6 bis 1.8).

(2) Dieses gewandelte Schutzzweckverständnis des § 5 UWG erfordert und rechtfertigt es nach Auffassung des Senats, jedenfalls im Anwendungsbereich dieser Norm an dem Erfordernis einer subjektiven Kenntnis der die Wettbewerbswidrigkeit begründenden Umstände im Interesse der Allgemeinheit und zu deren Schutz vor entscheidungsrelevanten Täuschungen nach Inkrafttreten der UWG-Novelle nicht weiter festzuhalten. Insoweit ergibt sich keine andere Interessenlage als bei dem Verstoß gegen Marktregulierungsvorschriften im Rahmen von § 4 Nr. 11 UWG, bei dem nach Auffassung des BGH ebenfalls die objektive Verletzung entscheidend und ausreichend ist.

e. Deshalb hat sich die Beklagte im vorliegenden Fall bei der Werbung mit einer irreführenden - weil tatsächlich nicht existenten - Preisempfehlung des Herstellers selbst dann entgegen § 5 UWG wettbewerbswidrig verhalten, wenn sie von diesem Verstoß keine subjektive Kenntnis hatte.

3. Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Verpflichtung zu Schadensersatzleistung nach den Anträgen zu Ziff. II.a. und III. aus §§ 9 UWG, 242 BGB, 256 Abs. 1 ZPO sind überwiegend ebenfalls begründet. Die Beklagte ist der Klägerin wegen des Wettbewerbsverstoßes zu Schadensersatz verpflichtet. In diesem Umfang besteht auch eine Auskunftsverpflichtung der Beklagten zur Vorbereitung des klägerischen Schadensersatzanspruch.

a. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich nach Erhalt der klägerischen Abmahnung vom 30.11.04 ohne weiteres. Im Anschluss an diese Abmahnung hatte die Beklagte jede Veranlassung, ihre Werbung mit einer Herstellerpreisempfehlung nochmals einer sorgfältige Prüfung zu unterziehen, selbst wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt auf Grund ihr erteilter Auskünfte davon ausgegangen war, dass diese besteht. Denn immerhin handelte es sich bei der Klägerin um einen unmittelbaren Wettbewerber, der ebenfalls mit Elektro-Geräten handelt. Vor diesem Hintergrund konnte die Beklagte die Abmahnung nicht schlicht als bedeutungslos abtun, sondern musste in Betracht ziehen, dass der Klägerin aufgrund ihrer eigenen Marktkenntnisse abweichende Informationen vorlagen. Demgemäß entsprach es der beruflichen Sorgfalt, zumindest nach Erhalt der Abmahnung (erneut) bei dem Hersteller nachzufragen und sich insoweit - und zwar an zuständiger Stelle - einer verbindlichen Auskunft zu vergewissern. Dies hat die Beklagte nicht getan. Dieser Umstand begründet fahrlässiges Verhalten. Ihre Behauptung, sie hätte auch auf eine derartige Anfrage keine abweichenden Auskünfte erhalten, ist eine reine Spekulationen, die dem Vorwurf fahrlässigen Verhaltens nicht entgegensteht. Dementsprechend sind die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung für die Zeit nach Erhalt der klägerischen Abmahnung vom 30.11.04 begründet.

b. Die Ansprüche auf Auskunftserteilung und oder Schadenersatzverpflichtung sind indes auch für die Zeit bis zur Abmahnung der Klägerin begründet. Der Beklagten ist - entgegen ihrer Auffassung - auch insoweit ein Verschulden zur Last zu legen. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht. Trotz der Besonderheiten der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung hat die Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Betracht gelassen, als sie auf Grund der ihr zur Verfügung gestellten Informationen ohne hinreichende Absicherung mit einer nicht existenten Preisempfehlung des Herstellers geworben hat. Dieses Verhalten rechtfertigt - zumindest - den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit.

aa. Die Beklagte hat zwar dargelegt, dass ihr das in Anlage B1 vorgelegte Produktformular von dem Hersteller zur Verfügung gestellt worden ist. In diesem Formular ist neben anderen Angaben auch die Abkürzung "UVP - VK" enthalten und damit eine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung genannt. Auf die Angaben in diesem Formular konnte sich die Beklagte aber aus mehreren Gründen nicht verbindlich verlassen. Zum einen handelt es sich offensichtlich um einen eigenen Vordruck der Beklagten, der von dem jeweiligen Hersteller nur ausgefüllt wird. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Bezeichnung des Feldes "Lieferant", der Zusätze "Wird von Wal*Mart ausgefüllt" usw.. Daraus folgt, dass dieses Formular keine verbindliche Information des Herstellers an seine Abnehmer, sondern bestenfalls ein Service für die betriebsinternen Zwecke eines bestimmten Abnehmers durch den Hersteller ist, über deren Herkunft keine verbindlichen Erkenntnisse vorliegen. Damit gewinnen die Angaben in diesem Formular u. a. im Hinblick auf eine Herstellerpreisempfehlung nur ein eingeschränktes Maß an Verbindlichkeit. Hinzu kommt, dass die in dem Formular enthaltenen Angaben objektiv unklar bzw. missverständlich sind. Es finden sich dort - neben anderen Angaben - drei Preise, deren Bedeutung vor dem Hintergrund der verwendeten Kürzel mehrdeutig ist. Unter "VK" ist zwar mit "369.-" offenbar der Verkaufspreis der Beklagten genannt. Unter dem Kürzel "UVP-VK" sind indes zwei unterschiedliche Preise aufgeführt, nämlich "439.-/399.-". Diese Angabe kann - bzw. muss - bei unbefangener Betrachtung so verstanden werden, als handele es sich bei der Preisangabe von € 439.- um die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung, während der Preis von € 399.- als (weiterer) VK zu verstehen ist und in seiner Bedeutung unklar bleibt. Jedenfalls ist diesem Vordruck schon keine eindeutige Festlegung auf eine unverbindliche Preisempfehlung gerade in Höhe von € 399.- zu entnehmen, schon gar nicht in verbindlicher Form durch den Hersteller.

bb. Allerdings hat die schriftliche Anhörung der benannten Zeugen ergeben, dass ein Mitarbeiter des Herstellers - zu Unrecht und abredewidrig - im Außenverhältnis eine derartige (nicht existente) Preisempfehlung tatsächlich an den Einzelhandel - und zwar die Beklagte - "kommuniziert" hat. Die Beklagte hat sich zudem darauf berufen, dass der Zeuge Tsitsinias ihr gegenüber auch ausdrücklich (telefonisch) eine bestehende Herstellerpreisempfehlung bestätigt habe. Auch diese Umstände sind nach Auffassung des Senats jedoch nicht geeignet, den Vorwurf zumindest leichter Fahrlässigkeit der Beklagten auszuräumen. Zwar konnte sich die Beklagte insoweit möglicherweise auf eine ausdrückliche Erklärung des Herstellers beziehen. Indes handelt es sich bei dem Aussprechen unverbindlicher Preisempfehlungen um einen komplexen, zumeist einem stetigen Wandel unterliegenden und vor allem rechtlich relevanten Vorgang, der sich an besonderen kartellrechtlichen Erfordernissen aus § 23 GWB a.F. bzw. § 1 GWB n.F. zu orientieren hat. Vor diesem Hintergrund ist es in Fällen der vorliegenden Art jedenfalls dann selbst bei einer ausdrücklichen Erklärung des Herstellers erforderlich, dass sich der Einzelhandel nochmals in eigener Verantwortung über die einschlägigen Produktkataloge bzw. durch Nachfragen bei dem Hersteller vergewissert, dass die schriftlich angegebene Herstellerpreisempfehlung auch tatsächlich existiert, wenn diejenigen Personen, die die vermeintliche Informationen gegenüber dem Handel abgeben, zwar für den entsprechenden Produktbereich zuständig ist, aber kein formell vertretungsberechtigten Mitarbeiter des Herstellers oder einer Person ist, die als befugt angesehen werden kann, juristisch relevante Sachverhalte verbindlich darzustellen. Davon ist nach Sachlage für den Zeugen Tsitsinias nicht auszugehen. Ein Verstoß der Beklagten gegen "berufliche Sorgfaltspflichten" i. S. v. Art. 5 Ziff. 2. a. bzw. Art. 2.h der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG) liegt deshalb insoweit vor. Die Beklagte wäre nach Sachlage jedenfalls dann gehalten gewesen, sich an zuständiger Stelle zu vergewissern, dass die ihr "kommunizierte" (vermeintliche) unverbindliche Preisempfehlung auch tatsächlich besteht, wenn ihr hierzu nicht - wie dies häufig üblich ist - offizielle schriftliche Erklärungen des Herstellers (wie z. B. Preislisten oder Produktkataloge) vorlagen. Angesichts der erheblichen Werbewirkung einerseits sowie der besonderen Gefahren andererseits, die von (unzutreffenden) Preisempfehlungen des Herstellers ausgehen, war ein derartiges Verhalten der Beklagten auch zuzumuten, wenn sie den Vorwurf selbst leichter Fahrlässigkeit vermeiden wollte.

c. Allerdings steht der Klägerin der Auskunftsanspruch nicht in der geltend gemachten Art und Weise zeitlich uneingeschränkt zu. Vielmehr bedürfen die der Vorbereitung dienenden Hilfsanträge über Auskunftserteilung und Rechnungslegung der zeitlichen Beschränkung auf den Zeitpunkt, für den eine Verletzungshandlung erstmalig schlüssig vorgetragen worden ist. Ob und wann eine Verletzungshandlung begangen worden ist, hat - als klagebegründende Tatsache - der Gläubiger im Prozess vorzutragen (BGH WRP 03, 892, 893 - Alt Luxemburg). Werden frühere Verletzungshandlungen von dem Kläger nicht konkret behauptet und unter Beweis gestellt, sind die Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruchs - und damit des Auskunftsanspruchs - für einen davor liegenden Zeitraum nicht dargetan (BGH GRUR 88, 307, 308 - Gaby). Nach dem Sachvortrag der Klägerin ist in der in Anlage JS1 vorgelegte Werbekatalog der Beklagten mit einer Gültigkeit ab dem 22.11.04 auf den Markt gebracht worden. Für zeitlich davor liegende Verletzungsfälle ist nichts dargetan, so dass insoweit der Antrag unbegründet ist.

4. Der Antrag der Klägerin nach dem Klageantrag zu Ziffer II. b. auf Zahlung von Zinsen auf verauslagte Gerichtskosten seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung ist als unbezifferter Zahlungsantrag gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Ein Sachverhalt, bei dem nach den in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen von der Bezifferung eines Zahlungsantrags (zunächst) abgesehen werden kann, ist nicht vorgetragen und auch sonst wie nicht ersichtlich.

Allerdings kann der unzulässige Zahlungsantrag der Klägerin in einen Antrag umgedeutet werden, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen gem. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen. Ein derartiger Antrag - der dem Rechtsschutzziel der Klägerin am nächsten kommt und von dem unzulässigen Zahlungsantrag als Minus mit umfasst ist - wäre mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn die Klägerin hat unter Ziffer II.a. bereits einen umfassenden - sachlich und zeitlich unbeschränkten - Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten im Hinblick auf alle der Klägerin durch den Wettbewerbsverstoß erwachsenen Schäden gestellt. Sachlich ist damit die Feststellung zu der Verzinsungspflicht bereits von dem allgemeinen Schadensersatzfeststellungsantrags zu Ziff. II.a. mit umfasst. Denn dieser unterscheidet nicht zwischen materieller und prozessualer Kostenerstattung, so dass es einer gesonderten Tenorierung nicht bedarf. Es ist auch sonst wie nicht ersichtlich, dass eine gesonderte Tenorierung z.B. zu Zwecken der Klarstellung erforderlich bzw. sinnvoll ist. Dementsprechend ist der ursprüngliche - unzulässige - Antrag zu Ziffer II.b. auch weder von der Klägerin noch von dem Landgericht mit einem gesonderten Streitwert bemessen worden. Die Klägerin hatte den Streitwert für Schadensersatzfeststellung und Auskunft in der Klagschrift einheitlich mit € 40.000.- angegeben. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die gesonderte Verfolgung des ausgegliederten Teils eines umfassenden Feststellungsantrags ist für den Senat bei der gegebenen Sachlage somit nicht erkennbar. Soweit der Senat in der von der Klägerin zitierten Entscheidung zum Aktz. 5 U 127/02 einen derartigen Feststellungsantrag noch für begründet gehalten hatte, wird hieran nach nochmaliger Überprüfung nicht mehr festgehalten.

Der Senat hat aus Anlass dieses Rechtsstreits nicht darüber zu entscheiden, was zu gelten hätte, wenn die Klägerin etwa für einen Teil ihres Verzugsschadens im Hinblick auf die Verzinsung des Anspruchs einen bezifferten Antrag gesondert verfolgen würde. Dies ist hier nicht der Fall.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Soweit die Berufung der Klägerin zu dem Klageantrag zu Ziffer II.2. vollständig und zu dem Klageantrag zu Ziffer II.1. und III. zu einem Teil zurückgewiesen worden ist, wirkt sich das aus den dargestellten Gründen geringfügige Unterliegen kostenmäßig nicht zu Lasten der Klägerin aus. Da die Klägerin sich mit der Anlage JS1 ausdrücklich auf einen konkreten Werbeprospekt der Beklagten bezogen hat, der erst ab dem Zeitraum 22.11.04 Geltung hatte, ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin mögliche Verletzungshandlung aus der davor liegenden Zeit ebenfalls von ihrem Antrag als mit umfasst angesehen hat.

Der Senat lässt gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision gegen diese Entscheidung zu. Der Rechtsstreit hat insbesondere im Hinblick auf die Fragen im Zusammenhang mit dem Erfordernis einer subjektiven Kenntnis der die Wettbewerbswidrigkeit begründenden Umstände im Rahmen des Irreführungstatbestandes grundsätzliche Bedeutung und bedarf einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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