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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 21.06.2006
Aktenzeichen: 5 U 138/05
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 5 Abs. 3
UWG § 6 Abs. 1
1. Stellt ein Anbieter seine Leistungen mit einem bestimmten (Minuten)Preis in Form eines "Wahlscheins" konkreten Leistungen von (zwei) Mitbewerbern gegenüber, so ist die Darstellung als irreführende vergleichende Werbung wettbewerbswidrig, wenn der gegenübergestellte eigene (günstigere) Preis - anders als die Vergleichspreise - nicht im vertragstypischen Regelfall, sondern nur unter besonderen, im Einzelnen aber nicht genannten Voraussetzungen erreichbar ist.

2. Die hierdurch verursachte Irreführung lässt sich nicht durch einen aufklärenden Sternchenhinweis wieder in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise korrigieren. Denn die blickfangmäßig herausgestellte Angabe darf auch isoliert betrachtet nicht objektiv unrichtig sein.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 5 U 138/05

Verkündet am: 21.06.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch den Senat

Betz, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Rieger, Richter am Oberlandesgericht Dr. Koch, Richterin am Oberlandesgericht

nach der am 07.06.2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg , Zivilkammer 15, vom 03.08.05 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die einstweilige Verfügung vom 22.06.05 mit folgendem Wortlaut aufrecht erhalten bleibt:

Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Gegenüberstellung zu Minutenpreisen von Prepaid-Mobilfunktarifen für einen Mobilfunktarif, bei dem sich der Kunde für die Vertragslaufzeit zur Zahlung eines monatlichen Entgeltes verpflichtet, für welches der Kunde monatlich ein Inklusivminuten-Kontingent erhält, blickfangmäßig mit der Herausstellung des sich rechnerisch für das Inklusivminuten-Kontingent ergebenden Minutenpreises zu werben, wenn der Preis für Verbindungsentgelte nach Aufbrauch des Inklusivminuten-Kontingents teurer als der blickfangmäßig herausgestellte rechnerische Minutenpreis für Gespräche innerhalb des Inklusivminuten-Kontingents ist, und hierauf lediglich in der Weise hingewiesen wird, wie in der in den Tenor des landgerichtlichen Urteils eingeblendeten Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 07.06.2005, es sei denn, es handelt sich um die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 07.06.05 veröffentlichten Anzeige.

Die weitergehende einstweilige Verfügung wird aufgehoben.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Antragstellerin 3/4, die Antragsgegnerin trägt 1/4.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Antragsgegnerin zu 3/4 und der Antragstellerin zu 1/4 zur Last.

und beschlossen:

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 07.06.06 auf € 125.000.- herabgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen im Bereich des Mobilfunks.

Die Antragsgegnerin warb in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 07.06.05 mit folgender Anzeige für ihre Leistungen.

Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin wegen einer irreführenden (vergleichenden) Werbung als wettbewerbswidrig, da der von der Antragsgegnerin genannte Minutenpreis nicht durchgängig, sondern nur im Rahmen eines bestimmten Minutenkontigents zu erreichen sei, das im Rahmen eines monatlichen Preises mit abgegolten ist. Außerhalb dieser Inklusivminuten falle ein erheblich höherer Minutenpreis an.

Die Antragstellerin hatte in erster Instanz beantragt,

die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

für einen Mobilfunktarif, bei dem sich der Kunde für die Vertragslaufzeit zur Zahlung eines monatlichen Entgeltes verpflichtet, für welches der Kunde monatlich ein Inklusivminuten-Kontingent erhält, blickfangmäßig mit der Herausstellung des sich rechnerisch für das Inklusivminuten-Kontingent ergebenden Minutenpreises zu werben, wenn der Preis für Verbindungsentgelte nach Aufbrauch des Inklusivminuten-Kontingents teurer als der blickfangmäßig herausgestellte rechnerische Minutenpreis für Gespräche innerhalb des Inklusivminuten-Kontingents ist, ohne hierauf ebenfalls unmissverständlich und deutlich hinzuweisen,

insbesondere wenn dies geschieht, wie in der nachstehende abgebildeten Anzeige, veröffentlicht in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 07.06.05

[es folgt die Einblendung der vorstehenden Anzeige]

Das Landgericht hat die Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 22.06.05 entsprechend zur Unterlassung verpflichtet

Die Antragstellerin hatte die Antragsgegnerin erst nach Erlass der einstweiligen Verfügung mit anwaltlichem Schreiben vom 22.06.05 abgemahnt (Anlage AG1). Daraufhin hat die Antragsgegnerin eine (nur) auf die konkrete Verletzungsform beschränkte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben (Anlage AG2)

Die Antragstellerin hat ihren Verfügungsantrag bei Schluss der ersten Instanz sodann mit dem Wortlaut verfolgt:

die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

für einen Mobilfunktarif, bei dem sich der Kunde für die Vertragslaufzeit zur Zahlung eines monatlichen Entgeltes verpflichtet, für welches der Kunde monatlich ein Inklusivminuten-Kontingent erhält, blickfangmäßig mit der Herausstellung des sich rechnerisch für das Inklusivminuten-Kontingent ergebenden Minutenpreises zu werben, wenn der Preis für Verbindungsentgelte nach Aufbrauch des Inklusivminuten-Kontingents teurer als der blickfangmäßig herausgestellte rechnerische Minutenpreis für Gespräche innerhalb des Inklusivminuten-Kontingents ist, ohne hierauf ebenfalls unmissverständlich und deutlich hinzuweisen,

es sei denn, es handelt sich um die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 07.06.05 (Anlage ASt2) veröffentlichten Anzeige.

[es folgt die Einblendung der vorstehenden Anzeige]

Das Landgericht hat auf den mit einem Abweisungsantrag verbundenen Widerspruch der Antragsgegnerin mit Urteil vom 03.08.05 die einstweiligen Verfügung vom 22.06.05 mit diesem Wortlaut aufrechterhalten.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihr Abweisungsbegehren weiter. Die Antragstellerin verteidigt auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge das landgerichtliche Urteil.

Sie stellt bei Schluss der mündlichen Verhandlung nunmehr folgenden Hauptantrag, den sie bislang in modifizierter Form nur hilfsweise verfolgt hatte:

die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

in Gegenüberstellung zu Minutenpreisen von Prepaid-Mobilfunktarifen für einen Mobilfunktarif, bei dem sich der Kunde für die Vertragslaufzeit zur Zahlung eines monatlichen Entgeltes verpflichtet, für welches der Kunde monatlich ein Inklusivminuten-Kontingent erhält, blickfangmäßig mit der Herausstellung des sich rechnerisch für das Inklusivminuten-Kontingent ergebenden Minutenpreises zu werben, wenn der Preis für Verbindungsentgelte nach Aufbrauch des Inklusivminuten-Kontingents teurer als der blickfangmäßig herausgestellte rechnerische Minutenpreis für Gespräche innerhalb des Inklusivminuten-Kontingents ist, und hierauf lediglich in der Weise hingewiesen wird, wie in der Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 07.06.2005 (Anlage ASt2),

es sei denn, es handelt sich um die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 07.06.05 (Anlage ASt2) veröffentlichten Anzeige.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist weitgehend unbegründet. Das Landgericht hat die Antragsgegnerin zu Recht zur Unterlassung verurteilt. Allerdings hatte die Antragstellerin erstinstanzlich einen zum Teil unzulässigen und zum Teil zu weitgehenden Unterlassungsantrag verfolgt, in dem die Besonderheiten der zum Verfügungsangriff genommenen Sachverhaltsgestaltung nicht vollständig Ausdruck gefunden haben. Die Antragstellerin hat ihren Antrag in der Senatsverhandlung am 07.06.06 entsprechend angepasst. In dieser Fassung ist der Verfügungsantrag vollständig begründet. Das Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Die Antragsgegnerin hatte bereits vorprozessual eine Unterwerfungserklärung abgegeben, diese jedoch ausdrücklich auf die konkrete Werbeanzeige beschränkt. Hierdurch ist das Begehren der Antragstellerin nicht ausreichend streitfrei gestellt worden, weil die Antragstellerin darüber hinaus ebenfalls die künftige Unterlassung abweichender, aber kerngleicher Verletzungen verlangen kann. Ihr stand dementsprechend ein Rechtsschutzbedürfnis für den hier verfolgten Verfügungsantrag zur Seite. Sie hat diesen bereits in erster Instanz zutreffend dahingehend eingeschränkt, dass diejenige Werbeanzeige nicht umfasst ist, hinsichtlich derer die Antragsgegnerin sich unterworfen hat. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit bereits in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

2. In der Sache selbst teilt der Senat im Wesentlichen die Auffassung des Landgerichts, das zutreffend entschieden hat, die angegriffene Werbung stelle sich als irreführend dar.

a. Allerdings ist das Charakteristische der zum Anlass des Verfügungsantrags genommenen konkreten Verletzungsform - entgegen der ursprünglichen Antragsfassung - wesentlich dadurch geprägt, dass die Antragsgegnerin den von ihr (angeblich) geforderten günstigen Preis auf einem "Wahlzettel" in Beziehung zu den Angeboten von zwei konkreten Mitbewerbern gesetzt hat. Dementsprechend sind die Grundsätze über eine Irreführung im Rahmen einer vergleichenden Werbung gem. §§ 6 Abs. 1, 5 Abs. 3 UWG für eine sachgerechte Beurteilung des Sachverhalts einschlägig und vorzugswürdig gegenüber der von der Antragstellerin zunächst verfolgten und von dem Landgericht aufgegriffenen rechtlichen Würdigung, die das Leistungsversprechen der Antragsgegnerin im Wesentlichen für sich genommen betrachtet hatte. Die Frage, ob für einen derartigen - isolierten - Verstoß überhaupt wettbewerbsrechtliche Begehungsgefahr bestanden hätte, bedarf indes keiner abschließenden Beurteilung durch den Senat. Denn die Antragstellerin hat ihren Verfügungsantrag in der Senatsverhandlung entsprechend angepasst. Einen Rechtsverstoß gegen die Grundsätze der vergleichenden Werbung hatte die Antragstellerin überdies bereits in ihrer Antragsschrift zum Gegenstand ihrer Beanstandungen gemacht.

b. Der Begriff "vergleichende Werbung" i.S.v. § 6 Abs. 1 UWG ist in einem weiten Sinn zu verstehen, da er alle Arten vergleichender Werbung abdecken soll (BGH GRUR 04, 607, 611 - Genealogie der Düfte). Um eine vergleichende Werbung i.S.d. Art. 2 Nr. 2a der RL 84/450 handelt es sich schon dann, wenn eine Äußerung in einer beliebigen Form vorliegt, die - auch nur mittelbar - auf einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die dieser anbietet, Bezug nimmt. Hierbei ist es ohne Belang, ob ein Vergleich zwischen den vom Werbenden angebotenen Erzeugnissen oder Dienstleistungen und denjenigen des Mitbewerbers vorliegt (EuGH WRP 01, 1432, 1435 - Toshiba Europe; BGH GRUR 04, 607, 611 - Genealogie der Düfte). Unerlässliches Erfordernis eines jeden Werbevergleichs ist es, dass der Werbende einen für den Verkehr erkennbaren Bezug zwischen (mindestens) zwei Wettbewerbern, zwischen deren Waren oder Dienstleistungen bzw. ihren Tätigkeiten oder sonstigen Verhältnissen herstellt (BGH WRP 02, 1138, 1139 - Die "Steinzeit" ist vorbei; BGH WRP 02, 973, 975 - Lottoschein). Diese Voraussetzung ist hier ohne Weiteres erfüllt, denn die Antragsgegnerin stellt ihrem Tarif ausdrücklich zwei andere konkrete Angebote im Sinne einer Alternativauswahl nach Art eines Wahlscheins gegenüber. Durch diese Art der Werbung werden die in Bezug genommenen Mitbewerber auch ohne Weiteres erkennbar, obwohl sie in der Werbung - anders als die Antragsgegnerin - nicht ausdrücklich genannt sind. Eine Werbung macht einen Mitbewerber (auch) dann unmittelbar oder mittelbar erkennbar, wenn sie so deutlich gegen einen oder mehrere Mitbewerber gerichtet ist, dass sich eine Bezugnahme auf sie für die angesprochenen Verkehrskreise förmlich aufdrängt (BGH WRP 02, 1138, 1139 - Die "Steinzeit" ist vorbei; BGH WRP 99, 1141, 1144 - Generika-Werbung; BGH GRUR 01, 752, 753 - Eröffnungswerbung). So verhält es sich hier. Denn die Antragsgegnerin nimmt für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar auf zwei konkrete Angebot von Mitbewerbern Bezug, die sie zwar nicht namentlich, aber mit ihren charakteristischen Merkmalen umschreibt. Der Verkehr erkennt, dass sich hinter dem Begriff "Kaffeeröster-Tarif" ein seinerzeit im Markt erhältliches Angebot der Firma Tchibo verbirgt (Anlage ASt3). In gleicher Weise erkennen die angesprochenen Verkehrskreise hinter dem Begriff "Volkstarif" das gleichnamige Angebot des Anbieters Payback (Anlage ASt4). Diese Feststellungen vermag der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu treffen. Im Übrigen liegt es auch auf der Hand, dass die gesamte Werbemaßname der Antragsgegnerin überhaupt nur dann einen Sinn macht, wenn der angesprochene Verbraucher mit den vermeintlich kostspieligeren Alternativangeboten eine konkrete Vorstellung verbindet, weil ansonsten die behauptete Preisgünstigkeit des Angebots der Antragsgegnerin ohne hinreichend bestimmte Bezugsgröße wäre.

c. Bei den genannten Konkurrenten handelt es sich auch - trotz möglicherweise bestehender Unterschiede - ohne Weiteres um Mitbewerber im Sinne der genannten Vorschrift. Durch die konkrete Art der Werbung werden die angesprochenen Verbraucher über die Preisgünstigkeit des von der Antragsgegnerin angebotenen Produkts irregeführt.

aa. Hinsichtlich der Form und des Inhalts des Vergleichs ist der gemeinschaftsrechtliche Irreführungsmaßstab zu Grunde zu legen (BGH GRUR 05, 172, 175 - Stresstest; EuGH GRUR 03, 533 - Pippig Augenoptik). Zwar weist die Antragsgegnerin in der Fußnote der Werbeanzeige (Anlage ASt2) bei der Auflösung des Sternchen-Hinweises darauf hin, wie sich der blickfangmäßig herausgestellte Preis von 15 Cent errechnet ("Der Preis von 0,15 €/Minute ergibt sich bei optimaler Ausnutzung der mit mtl. Inklusivminuten des Tarifs Relax 100 eco"). Diese Art der Aufklärung ist indes aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes ungeeignet, eine durch den Blickfang bereits eingetretene Irreführung wirksam zu beseitigen.

bb. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die beiden anderen, in den Vergleich mit einbezogenen Tarife ("Volkstarif" und "Kaffeeröster-Tarif") die dort genannten Minutenpreise einschränkungslos für die gesamte Vertragslaufzeit ohne Begrenzung auf ein bestimmtes - besonders günstiges - Minutenkontingent bieten. Indem sich die Antragsgegnerin in ihrer herausgestellten Werbeanzeige mit diesen beiden Tarifen verglichen hat, erweckt sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, dass der von ihr genannte Preis mit den Konkurrenzangeboten jedenfalls dem Grunde nach vergleichbar ist. Dies ist aber nicht der Fall.

aaa. Dieser Eindruck wird in besonderer Weise dadurch herausgestellt, dass unterhalb aller drei Tarifbezeichnungen derselbe Zusatz "Telefonieren in alle deutschen Netze pro Minute" wiederholt wird. Insbesondere mit dieser Angabe stellt die Antragsgegnerin aus Sicht der Verkehrskreise eine "Klammer" zur Verfügung, die alle drei Tarife vergleichbar verbinden soll. Der Verkehr hat keine Veranlassung zu der Annahme, die Antragsgegnerin stelle sich hierbei mit einem Tarifmodell zum Vergleich, das nur unter abweichenden, besonderen Umständen, nicht jedoch im vertragstypischen Regelfall den werblich herausgestellten besonders günstigen Preis von 15 Cent ergibt. Aufgrund dieser Umstände ist bereits die blickfangmäßig herausgestellte Werbeaussage als Teil eines Vergleichs objektiv unrichtig. Sie erweckt jedenfalls im Hinblick auf eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der Preisangaben mit den genannten Alternativangeboten den unzutreffenden Eindruck einer Vollständigkeit, so dass der angesprochene Verkehr keine Veranlassung hat, daran zu zweifeln, dass mit dem Tarifmodell der Antragsgegnerin vertragsgemäß - und zwar dauerhaft und ohne Rücksicht auf begrenzte monatliche Kontingente - ein Minutenpreis von 15 Cent zu erreichen ist.

bbb. Der somit erweckte Eindruck ist objektiv falsch. Er lässt sich auch durch einen erläuternden Fußnotentext nicht mehr in rechtlich relevanter Art und Weise korrigieren. Denn eine blickfangmäßig herausgestellte Werbung darf zwar möglicherweise unvollständig. nicht aber schon für sich genommen unrichtig oder auch nur für den Verkehr missverständlich sein. Die blickfangmäßig herausgestellte Angabe muss - auch isoliert betrachtet - inhaltlich richtig sein. Es steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH, dass eine durch den Blickfang bewirkte Irreführung nicht dadurch unschädlich wird, dass der Angesprochene durch den weiteren Inhalt der Werbeaussage aufgeklärt wird (BGH WRP 03, 379, 380 - Preis ohne Monitor; BGH GRUR 85, 58, 60 - Mischverband II; BGH GRUR 1958, 485 , 487 - Odol; BGH GRUR 1971, 29 , 33 - Deutscher Sekt; BGH GRUR 1974, 729 , 731 - Sweepstake). Wird ein aufklärender Hinweis nur von denjenigen Interessenten zur Kenntnis genommen, die sich durch die - unrichtige - blickfangartige Herausstellung des Angebots mit den näheren Einzelheiten befassen und (erst am Ende der Produktinformationen) auf eine klein gedruckte klarstellende Angabe stoßen, so ist diese nicht geeignet, die durch die herausgehobene (bildliche) Darstellung geschaffene Irreführung zu beseitigen (BGH WRP 03, 379, 380 - Preis ohne Monitor). Diese Grundsätze finden auch im vorliegenden Fall entsprechende Anwendung mit der Folge, dass sich die angegriffene Werbung als wettbewerbswidrig darstellt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.

a. Die zu ihren Lasten ergangene Kostenentscheidung des Landgerichts im Anwendungsbereich von §§ 91a, 93 ZPO für den auf Grund der Verpflichtungserklärung erledigten Teil hat die Antragstellerin mit einem eigenen Rechtsmittel nicht angegriffen, so dass sich insoweit weitere Ausführungen erübrigen. Dementsprechend hat der Senat davon auszugehen, dass die Antragstellerin erstinstanzlich bereits auf der Grundlage ihres - zu weitgehenden - ursprünglichen Hauptantrages zur Hälfte unterlegen war. Die Beschränkung auf den im Berufungsrechtszug erfolgreichen Antrag wirkt sich als ein weiteres 1/4 der erstinstanzlichen Kostenlast aus, die somit insgesamt 3/4 beträgt.

b. Da Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch der auf den nicht-erledigten Teil des Rechtsstreits beschränkte Antrag ist, wirkt sich insoweit die Beschränkung nach Maßgabe des bei Schluss der Rechtsmittelinstanz gestellten Antrags mit 1/4 des gesamten Berufungsstreitwerts aus. In diesem Umfang wäre der Verfügungsantrag bei streitiger Entscheidung zurückzuweisen gewesen. Denn der Verfügungsantrag war durch Verwendung der Begriff "ohne hierauf ebenfalls unmissverständlich und deutlich hinzuweisen" zu unbestimmt und deshalb unzulässig. Die von dem Bundesgerichtshof in der Entscheidung "statt"-Preis aufgestellten Grundsätze gelten gleichermaßen für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits. Den insoweit von dem Landgericht Hamburg und der Antragstellerin vorgenommenen - abweichenden - Differenzierungen folgt der Senat nicht. Zwar trifft es zu, dass der BGH in den Entscheidungen "Orient-Teppichmuster" und "Kontrollnummernbeseitigung" eine Auffassung vertreten hatte, die Anlass zu der Annahme bieten kann, die Zulässigkeit der beanstandeten Begriffe hänge wesentlich auch von der Art und Weise ihrer Einbettung in den Äußerungszusammenhang ab. Der BGH hatte ausgeführt, dass eine Verwendung dieser Begriffe dann nicht zu beanstanden ist, wenn hierdurch ein bereits im übrigen ausreichend konkret beschriebenes Verbot nicht eingeschränkt, sondern lediglich klargestellt wird (BGH WRP 00, 517, 519 - Orient-Teppichmuster). Eine derartige Situation stand hier auf der Grundlage des ursprünglichen Verfügungsantrags jedoch nicht zur Entscheidung. In diesen Urteilen ging es vor allem um die Frage, dass überhaupt ein aufklärender Hinweis erfolgt war. Nicht streitgegenständlich war die Frage, in welcher konkreten Form dies zu geschehen hatte. Anders verhält es sich im vorliegenden Fall. Hier ist - unstreitig - ein zutreffend aufklärender Hinweis im Text am Fuß der Seite erfolgt. Indes stellte sich dieser nach Auffassung der Antragstellerin als unzureichend dar, um eine relevante Irreführung des Verkehrs auszuschließen. In Fällen dieser Art geht es gerade darum zu beurteilen, wann eine bestimmte Aufklärung noch unverständlich bzw. nicht mehr deutlich genug ist. Diese Beurteilung soll nach dem Willen des Bundesgerichtshofs gerade nicht aus dem Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren verschoben werden, was bei der Zulassung derart unbestimmter Begriffe der Fall wäre. Dementsprechend hat sich der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Entscheidung "statt"-Preis auch ausdrücklich mit seiner früheren Rechtsprechung auseinander gesetzt und sich gegenüber dieser abgegrenzt. Er hat hierzu ausgeführt (BGH GRUR 05, 692, 694 - "statt"-Preis):

"Im vorliegenden Fall bezieht sich der Klageantrag demgegenüber auf Fälle, in denen eine Werbung der Beklagten einen aufklärenden Hinweis in Form der an dem "statt"-Preis angebrachten Sternchen-Fußnote enthält. Wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, kann ein solcher Hinweis im Einzelfall so gestaltet sein, dass eine Irreführung des Verkehrs ausgeschlossen ist. In einem solchen Fall muss der Klageantrag diejenigen Verletzungsformen, die untersagt werden sollen, hinreichend bestimmt bezeichnen."

Nicht anders verhielt es sich im vorliegenden Fall auf der Grundlage des ursprünglichen Verfügungsantrags. Die zunächst auch in zweiter Instanz wiederholte Auffassung der Antragstellerin, der Sternchen-Hinweis, welcher am Fuß der Anzeige erläutert wird, habe bei dieser Beurteilung außer Betracht zu bleiben, teilt der Senat nicht. Zwar trifft es zu, dass dieses Sternchen nicht der Preisangabe, sondern der Tarifbezeichnung beigefügt ist. Die hieraus von der Antragstellerin gezogenen rechtlichen Schlüsse sind jedoch nach Auffassung des Senats erfahrungswidrig. Maßgebliche Anteile des Verkehrs werden diesen Hinweis nicht allein auf sonstige Vertragskonditionen des Tarifs, sondern zumindest auch auf die links davon abgedruckte Preisangabe beziehen, die zu dem Tarif gehört. Insofern handelt es sich auch hier um die Konkretisierung vorhandener - allerdings unzureichender - erläuternder Angaben. Das Landgericht hat in dem angegriffenen Urteile diese Rechtsprechung zwar zitiert, hieraus aber aus Sicht des Senats nicht die erforderlichen Schlussfolgerungen gezogen. Denn auch vorliegend geht es nicht darum, dass "überhaupt" irgendeine Art der Aufklärung erfolgt. Vielmehr beanstandet die Antragstellerin, dass die von der Antragsgegnerin bereits vorgenommene Aufklärung nicht ausreichend und deshalb zur Vermeidung eines Irrtums unzureichend ist. Mit ihrer ursprünglichen Antragsformulierung hatte die Antragstellerin gerade nicht hinreichend bestimmt diejenigen Verletzungsformen aufgezeigt, die untersagt werden sollen. Dementsprechend fallen ihr insoweit nach der Umstellung des Antrags anteilig Kosten zur Last.

c. Da das Landgericht durch die Kostenaufhebung in erster Instanz den Streitwertanteil des erledigten Teils - der nicht in die Berufungsinstanz gelangt ist - zur Hälfte und damit zu einem Wert von € 125000.- angesetzte hatte, beträgt der Streitwert der Berufungsinstanz auch auf der Grundlage der erstinstanzlichen Streitwertangaben der Antragsgegnerin nur noch € 125.000.- Dementsprechend hatte eine Anpassung des zweitinstanzlichen Streitwerts durch den mit diesem Urteil verbundenen Beschluss zu erfolgen.

Ende der Entscheidung

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