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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 17.07.2003
Aktenzeichen: 5 U 14/03
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 7
UWG § 8
1. Die Besonderheiten des auf eine zügige Abwicklung und Realisierung von Warenwerten ausgerichteten Insolvenzverfahrens verbieten eine unmittelbare Anwendung der im Rahmen von §§ 7, 8 UWG für den regulären, werbenden Geschäftsbetrieb entwickelten Grundsätze auf entsprechende Handlungen des Insolvenzverwalters.

2. Bei der rechtlichen Beurteilung seiner Werbemaßnahmen muss sich der Insolvenzverwalters im Regelfall selbst dann nicht entgegenhalten lassen, dass zuvor bereits der Gemeinschuldner in ähnlicher Weise - wettbewerbswidrig - geworben hatte, wenn ihm diese Werbung bei pflichtgemäßer Aufgabenerfüllung nicht verborgen geblieben sein kann.

3. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Insolvenzverwalter im Widerspruch zu seiner unabhängigen Organstellung von dem Gemeinschuldner zur Fortsetzung der wettbewerbswidrigen Werbung - unter dem Deckmantel des Insolvenzverfahrens - instrumentalisiert wird bzw. mit ihm in wettbewerbswidriger Weise zusammenwirkt.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 14/03

Verkündet am: 17.07.03

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter

Gärtner, Rieger, Dr. Koch

nach der am 19.06.03 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf de Berufung der Antragsgegner zu 1. und 3. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 20.12.2002 abgeändert.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird auch gegenüber den Antragsgegnern zu 1. und 3. zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits erster Instanz sowie die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für den Rechtsstreit in erster Instanz- insoweit in Abänderung des protokollierten Beschlusses vom 29.11.2002 - sowie für das Berufungsverfahren auf € 250.000.- festgesetzt.

Eine höhere Wertfestsetzung ist unter Berücksichtigung des Angriffsfaktors der konkreten Werbemaßnahme nicht veranlasst, zumal sich der Gegenstand des beantragten Verbots nach dem Verständnis des Senats lediglich auf die Werbung für den T-Markt in Kaltenkirchen bezog. Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg für die in Anlage e.V.2 ebenfalls eingereichte Prospektwerbung für den T-Markt in Wustermark ist nicht ersichtlich. Die Inanspruchnahme von drei Antragsgegnern erhöht den Streitwert nicht, da der Unterlassungsantrag im Ergebnis auf dasselbe Interesse gerichtet ist.

Gründe:

Die Parteien sind Wettbewerber im Handel mit Orientteppichen. Der in 24568 Kaltenkirchen, Kisdorferweg 11 ansässige Teppich-Markt "T - Der Orientteppich-Riese" führte in der Vergangenheit mehrfach in kurzen Zeitabständen unter gleich bleibender Geschäftsbezeichnung und identischem Firmensitz, aber mit wechselnden Betreibern aus der Familie T bzw. dem Umfeld der T-Unternehmensgruppe jeweils unter herausgestellter Beilagenwerbung in Zeitungen mehrfach Räumungs- und sodann Neueröffnungsverkäufe durch.

Im Spätsommer/Herbst 2002 wurde dieses Geschäftslokal schließlich von der Antragsgegnerin zu 2. betrieben. Über deren Vermögen ist mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 31.10.2002 mit Wirkung vom 01.11.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Anlage AG1). Der Antragsgegner zu 3. ist als Insolvenzverwalter bestellt worden.

Mit einer Zeitungs-Beilagenwerbung am 04.11.2002 bewarben die Antragsgegner u.a. für dessen T-Orientteppichmarkt in Kaltenkirchen unter Hinweis auf das "Insolvenzeröffnungsverfahren der T-Gruppe" einen "Insolvenzverkauf", bei dem u.a. in Aussicht gestellt wurde "Insolvenzrabatte bis zu 75 % zu gewähren". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage e.V. 2 Bezug genommen. Diese Werbung - die inhaltsidentisch auch für andere bundesdeutsche T-Geschäfte erfolgt ist - entspricht in der Art ihrer Anpreisung sowie in der optischen Gestaltung im wesentlichen denjenigen Werbemaßnahmen, die die Antragstellerin bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens u.a. gegenüber dem Antragsgegner sowie weiteren Rechtspersönlichkeiten der Unternehmensgruppe zum Teil erfolgreich als Verstoß gegen §§ 7, 8 UWG beanstandet hatte. Derartige Rechtsstreitigkeiten waren u.a. Gegenstand der Senatsurteile vom 24.04.2003 in den Verfahren 5 U 111/02 und 5 U 185/02.

Die Klägerin beanstandet auch die streitgegenständliche Werbung als Verstoß gegen das gesetzliche Verbot von Sonderveranstaltungen bzw. vorgetäuschter Räumungsverkäufe als wettbewerbswidrig.

Das Landgericht hat die Antragsgegner zu 1. und 3. mit Urteil vom 20.12.2002 unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Letztverbrauchern einen Insolvenz-Verkauf gemäß Anlage zu diesem Urteil, sofern Rabatte von über 50 % angekündigt oder gewährt werden, anzukündigen und/oder ab 05.11.2002 fortzusetzen.

Gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, da dieser Antragsgegnerin aufgrund ihrer insolvenzverfahrensbedingten Verfügungsbeschränkungen in rechtlicher Hinsicht keine Störereigenschaft zukomme.

Gegen ihre Verurteilung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsgegner zu 1. und 3., mit denen diese Antragsgegner ihren Antrag auf Zurückweisung des Verfügungsantrags weiterverfolgen. Die Antragsgegner wiederholen und vertiefen in zweiter Instanz ihren Rechtsstandpunkt, wonach sich die angegriffene Werbemaßnahme im Rahmen zulässiger Verwertungshandlungen - und deren Bewerbung - durch den Insolvenzverwalter zur bestmöglichen Realisierung der Vermögenswerte der Gemeinschuldnerin halte.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Der Verfügungsanspruch ist auch gegen die Antragsgegner zu 1. und 3. unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts nicht, das den Antragsgegner zu 3. wegen eines Verstoßes gegen §§ 7, 8 UWG in Anspruch genommen und den Antragsgegner zu 1. insoweit ebenfalls als Störer angesehen hatte.

1. Als Ergebnis einer isolierten Betrachtung der angegriffenen Werbebeilage schließt sich der Senat der Auffassung des OLG Hamm aus seinem Urteil vom 08.03.2002 (4 U 21/03) - das die Antragsgegner als Anlage AG9 vorgelegt haben - an, welches entsprechende Werbemaßnahme der Antragsgegner mit Blick auf §§ 7, 8 UWG im Ergebnis unbeanstandet gelassen hatte.

a. In diesem Zusammenhang kommt es nicht entscheidend darauf an, ob diesem Urteil in jeder Hinsicht dieselbe Werbebeilage zugrunde gelegen hat, die im vorliegenden Rechtsstreit streitgegenständlich ist, was allerdings der Antragsgegner-Vertreter anwaltlich versichert hat. Denn die Einzelelemente der Werbung, auf die das OLG Hamm abstellt, insbesondere der Hinweis auf einen beabsichtigten "Abverkauf" sowie Rabatte bis zu 75 %, gelten für die hier zu entscheidende Sachverhaltsgestaltung gleichermaßen. Das OLG Hamm - auf dessen Entscheidungsgründe zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird - hat unter Hinweis auf eine frühere Entscheidung des OLG Stuttgart (WRP 92, 663, 664 ff; Anlage AG4) sowie eine jüngere Entscheidung des OLG Düsseldorf (GRUR 99, 1022 ff; Anlage AG7) zutreffend darauf abgestellt, dass die Anwendung der §§ 7, 8 UWG den Besonderheiten der Aufgabenstellung eines Konkurs- bzw. Insolvenzverwalters Rechnung zu tragen haben. Nach den beiden zitierten Entscheidungen verbietet sich aufgrund der Besonderheiten des auf eine zügige Abwicklung und Realisierung von Warenwerten ausgerichteten Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens eine unmittelbare Anwendung der im Rahmen von §§ 7, 8 UWG für den regulären, werbenden Geschäftsbetrieb entwickelten Grundsätze. Vielmehr bedarf es bei der Auslegung der §§ 7, 8 UWG einer teleologischen Reduktion (so das OLG Stuttgart, a.a.O., S. 664) bzw. es ist als Maßstab abzustellen auf den "regelmäßigen Geschäftsverkehr eines Konkurswarenverkaufs für das spezifische Unternehmen" (so das OLG Düsseldorf, a.a.O, S. 1023). Denn eine unmittelbare Übertragung der auf normale Gewerbebetreibende ausgerichteten Vorschriften der §§ 7, 8 UWG "passt" nicht auf den Konkurs- bzw. Insolvenzverwalten (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Dieser zutreffenden Auffassung tritt der Senat bei. Die hierfür insbesondere von dem OLG Stuttgart und dem OLG Düsseldorf in den zitierten Entscheidungen ausführlich dargelegte Begründung - die sich der Senat zu Eigen macht und auf welche er zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug nimmt - gilt in ihren tragenden Erwägungen trotz inhaltlicher und verfahrenstechnischer Unterschiede, auf die das Landgericht etwa mit § 156 Abs. 1 Satz 2 InsO hingewiesen hat, gleichermaßen für das (neue) Insolvenzverfahren. Denn dieses ist ebenfalls an dem Ziel einer möglichst vollständigen und raschen Befriedigung der Insolvenzgläubiger ausgerichtet (§§ 1 Satz 1, 159 InsO). Das Verfahrensziel der "Haftungsverwirklichung" steht - in der Tradition des alten Rechts - weiterhin im Vordergrund (Braun-Kießner, InsO, § 1 Rdn. 3).

b. Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts nicht, bei Anlegung der danach gebotenen großzügigen Bewertungsmaßstäbe stelle sich die angegriffene Werbung selbst als Verkaufsmaßnahme eines Insolvenzverwalters als wettbewerbswidrig dar. Angesichts der im Teppicheinzelhandel bereits im regulären Geschäftsverkehr üblichen - und auch in einem gewissen Maß wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstandenden - hohen Preisnachlässe ist jedenfalls im Rahmen eines Insolvenzverkaufs eine Preisreduzierung von bis zu 75 % nicht so ungewöhnlich, dass allein dieser Umstand das von der Antragstellerin begehrte Verbot rechtfertigen könnte. Der Senat hat in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob ein durchgängiger Preisnachlass von 75 % bzw. eine derartige Ankündigung außerhalb eines Insolvenzverkaufs rechtlich zu beanstanden wäre. Ihre Behauptung, die angekündigte Reduzierung von 75 % gewähre der Antragsgegner zu 3. lediglich auf sog. Mondpreise hat die Antragstellerin nicht durch Tatsachen belegt, obwohl ihr dies als fachkundiger Wettbewerberin zuzumuten gewesen wäre. Die häufige Erwähnung des Wortbestandteils "Insolvenz" oder der Hinweis auf einen Abverkauf des Warenbestandes kann ebenfalls die Unzulässigkeit der Werbung nicht begründen. Hierzu hat das OLG Hamm in seinem Urteil die erforderlichen zutreffenden Ausführungen gemacht. Diesen schließt sich der Senat an. Selbst wenn das Insolvenzverfahren - anders als das frühere Konkursverfahren - stärker an einer Erhaltung des insolventen Unternehmens ausgerichtet ist, steht der Zweck einer schnellen und bestmöglichen Verwertung der vorhandenen Vermögenswerte zur Befriedigung von Gläubigerinteressen weiterhin im Vordergrund. Die Antragsgegner weisen zutreffend darauf hin, dass sich die angegriffene Werbung im Wesentlichen auf eine mehr oder weniger objektive Darstellung des Sachverhalts beschränkt und reißerische Ankündigungen bzw. Reizworte vermeidet. Selbst wenn Teile der angesprochenen Verkehrskreise zu Unrecht davon ausgehen sollten, ein Insolvenzverkauf sei im Ergebnis nichts anderes als ein Räumungsverkauf, so kann ein derartiges Verständnis dem Antragsgegner zu 3. jedenfalls dann nicht entgegengehalten werden, wenn eine solche Fehlinterpretation durch den Inhalt seiner Werbung zwar möglich, aber nicht nahe gelegt ist. So verhält es sich im vorliegenden Fall.

c. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist nicht die Frage, ob bzw. wie häufig und in welcher Form ein Insolvenzverwalter wiederholt in hervorgehobener Weise für den Abverkauf von Insolvenzware werben bzw. entsprechend dieser Ankündigung Verkaufsveranstaltungen durchführen darf. Die vorliegende Werbeaktion hat nur 3 Tage nach der Eröffnung des (endgültigen) Insolvenzverfahrens stattgefunden. Zumindest zu diesem Zeitpunkt war der Antragsgegner zu 3. zu einer Werbung in der streitgegenständlichen Art berechtigt. Ob dies für künftige Werbemaßnahmen ebenfalls gilt, bedarf einer gesonderten rechtlichen Beurteilung. Diese Notwendigkeit ergibt sich auch daraus, dass Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits nach der Formel des landgerichtlichen Urteils ausschließlich die konkrete Verletzungsform einer bestimmten Werbeanzeige ist ("...gemäß Anlage zu diesem Urteil.."), so dass abweichende Gestaltungen hiervon ohnehin nicht ohne weiteres erfasst sind.

Die von der Antragstellerin wegen eines Verstoßes gegen die Anzeigepflicht aus § 8 Abs. 3 UWG zum Gegenstand einer Verbotsverfügung vom 11.10.2002 (312 O 597/02) gemachte frühere Werbemaßnahme vom 08.10.02 ist ebenfalls nicht einschlägig, zumal diese Maßnahme vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist.

2. Eine von den soeben dargelegten Grundsätzen abweichende Bewertung wäre allerdings dann geboten, wenn die Wettbewerbswidrigkeit der streitgegenständlichen Werbeanzeige nach §§ 7, 8 UWG im Zusammenhang mit den vorangegangenen inhaltsähnlichen Werbemaßnahmen der früheren Betreiber zu beurteilen wäre. Insoweit hatte der Senat in den genannten Rechtsstreitigkeiten 5 U 111/02 und 5 U 185/02 u.a. den Antragsgegner zu 1. sowie seinen Sohn T wegen unzulässiger Werbeanzeigen aus Anlass angeblicher Räumungs- und Neueröffnungsverkäufen, die den objektiven Tatsachen nicht entsprachen, zur Unterlassung verurteilt. Nach den sich aus diesen Rechtsstreitigkeiten ergebenden Umständen spricht vieles dafür, dass insbesondere der Antragsgegner zu 1. z.B. in der Kaltenkirchener T-Filiale, durch die herausgehobene Bewerbung solcher Räumungs- und Neueröffnungsverkäufe in kurzer Folge mit dem Versprechen hoher Preisnachlässe versucht hat, die gesetzlichen Regelungen aus §§ 7, 8 UWG systematisch zu umgehen. Dieses Verhalten kann jedoch dem Antragsgegner zu 3. nicht entgegen gehalten werden, der als unabhängiger Insolvenzverwalter (vgl. zur rechtlichen Einordnung der Stellung des Insolvenzverwalters: Braun-Kroth, InsO, § 80 Rdn. 18 ff) nunmehr für die angegriffene Werbemaßnahme verantwortlich ist.

a. Die Antragstellerin weist allerdings zutreffend darauf hin, dass die im vorliegenden Rechtsstreit angegriffene Werbeanzeige aus Anlass eines "Insolvenzeröffnungsverfahrens" sowohl in ihrer Aufmachung als auch in ihrer Aussagerichtung nahezu vollständig denjenigen Werbebeilagen entspricht, die der Antragsgegner zu 1. (bzw. die in Abstimmung mit ihm als formell verantwortliche Betreiber handelnden Personen und Einrichtungen) bereits lange Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens für unterschiedliche Unternehmen in kurzer Folge als Zeitungsbeilage hatte verteilen lassen. Dieser Umstand legt die Annahme nahe, dass auch die streitgegenständliche Anzeige von dem Antragsgegner zu 1. - bzw. der VE-Werbung GmbH, deren Geschäftsführer er war - gestaltet worden ist und der Antragsgegner zu 1. damit bestimmenden Einfluss auf die Art und Weise des Werbeauftritts auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat. Dieser Umstand allein führt allerdings nicht dazu, dass sich ein Insolvenzverwalter wettbewerbswidriges Werbeverhalten der Gemeinschuldnerin bzw. von deren Organen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei seinen künftigen Handlungen stets wie eigenes Verhalten entgegenhalten lassen muss. Denn ein Kernbereich seiner Aufgabenstellung liegt gerade darin, für ein - aus welchen Gründen auch immer - in eine wirtschaftliche Notlage geratenes Unternehmen eine möglichst hohe Enthaftung zu erzielen und dieses Unternehmen sodann im Rahmen eines wirtschaftlichen Neuanfangs ("fresh Start") wieder erfolgreich im Markt zu positionieren (Braun-Kind, InsO, § 60 Rdn. 7). Hierbei nimmt der Insolvenzverwalter eine sowohl von der Gemeinschuldnerin als auch von den Gläubigern unabhängige Stellung ein (Braun-Kind, a.a.O, § 56 Rdn. 21; Eickmann, InsO, 2. Aufl., § 56 Rdn. 3 f). Mit einer solchen Zielsetzung wäre eine Fortwirkung wettbewerbswidrigen Verhaltens aus der Vergangenheit letztlich kaum vereinbar.

b. Der Senat hat erwogen, ob der vorliegende Rechtsstreit hinreichende Veranlassung zu der Annahme gibt, der Antragsgegner zu 3. werde in der (wettbewerbswidrigen) Durchführung getarnter Räumungsverkäufe aufgabenwidrig von dem Antragsgegner zu 1. instrumentalisiert und setze unter dem Deckmantel eines Insolvenzverfahrens - letztlich mit anderen Mitteln nur diejenige (unzulässige) Werbung fort, die dem Antragsgegner zu 1. bzw. der ehemaligen Antragsgegnerin zu 2. schon vor der Insolvenz als wettbewerbswidrig untersagt worden war. Für eine derartige Unterstellung - gegen die sich der Antragsgegner zu 3. schriftsätzlich aufs Schärfste verwahrt hat - liegen aus Sicht des Senats entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine tragfähigen Anhaltspunkte vor. Der von dem Insolvenzgericht bestellte Insolvenzverwalter hat als neutraler Sachwalter eine von dem Gemeinschuldner unabhängige Aufgabe im Interesse der Insolvenzgläubiger wahrzunehmen. Bereits diese Ausgangslage gibt im Regelfall keinen Grund zu der Annahme, der Insolvenzverwalter könne eine Veranlassung haben, mit dem Gemeinschuldner in wettbewerbswidriger Weise zusammenzuwirken. Zwar spricht einiges dafür, dass dem Antragsgegner zu 3. bei Aufnahme seiner Tätigkeit für die ehemalige Antragsgegnerin zu 2. nicht verborgen geblieben sein kann, dass Werbung der T-Gruppe in der streitgegenständlichen Art wiederholt - auch erfolgreich - Gegenstand von Beanstandungen und gerichtlichen Verfahren gewesen ist. Dieser Umstand allein musste dem Antragsgegner zu 3. aber keine Veranlassung geben, von Werbemaßnahmen der angegriffenen Art Abstand zu nehmen, sofern diese für sich genommen zulässig waren. Ob diese Grundsätze auch dann zu gelten haben, wenn der Antragsgegner seine Insolvenzverkaufswerbung in der von der Antragstellerin beanstandeten Weise in der Folgezeit fortsetzt, bedarf im Rahmen dieses Rechtsstreits keiner Entscheidung. Hier geht es - soweit ersichtlich - um den ersten Werbeauftritt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

c. Der Umstand, dass die streitgegenständliche Werbung bereits wenige Tage nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erschienen ist, rechtfertigt ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Zwar spricht vieles dafür, dass die Werbeanzeige zu einem Zeitpunkt konzipiert, entworfen und in den Druck gegeben worden ist, zu dem die Antragsgegnerin zu 2. lediglich unter Sicherungsmaßnahmen i.S.v. § 21 InsO stand und der Antragsgegner zu 3. nur die eingeschränkte Rechtsstellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters i.S.v. § 22 InsO inne hatte, ohne dass die Gemeinschuldnerin in ihrer Verfügungsmacht umfassend beschränkt war. Selbst wenn die angegriffene Anzeige noch von der Gemeinschuldnerin - bzw. dem Antragsgegner zu 1. als ihrem Geschäftsführer - vor dem 31.10.2002 veranlasst worden ist, traf die rechtliche Verantwortung zum Zeitpunkt ihres Erscheinens am 04.11.2002 allein den Antragsgegner zu 3 als Insolvenzverwalter, auf den nunmehr gem. § 80 Abs. 1 InsO das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über die Insolvenzmasse - zu der die in dem Prospekt beworbenen Teppiche gehörten - übergegangen war. Dieser hätte noch bis zum 03.11.2002 die rechtliche Möglichkeit und Verpflichtung gehabt, die Versendung der Beilage mit den Tageszeitungen am 04.11.2002 zu unterbinden, wenn hiervon ein Wettbewerbsverstoß ausging. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Wirkung vom 01.11.2002 ist eine vorher in unzulässiger Weise veranlasste Werbung aber zumindest zulässig geworden.

3. Fehlt es an einer wettbewerbswidrigen Handlung des Antragsgegners zu 3., so kommt auch eine Mitstörerverantwortung des Antragsgegners zu 1. nicht in Betracht. Selbst wenn dieser die streitige Werbeanzeige gestaltet und faktisch veranlasst hat, so ist diese gleichwohl ausschließlich in der rechtlich Verantwortung des Antragsgegners zu 3. - und damit zulässigerweise - veröffentlicht worden. Fällt diesem kein Wettbewerbsverstoß zur Last, fehlt es an einem rechtswidrigen Wettbewerbshandeln, an der der Antragsgegner zu 1. mitgewirkt haben könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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