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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 27.07.2007
Aktenzeichen: 5 U 147/06
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 5 Abs. 1 | |
UWG § 12 Abs. 2 |
2. Die angesprochenen Verkehrskreise haben keine Veranlassung, der Bewerbung einer antiviralen Wirkung von Papiertaschentüchern (hier: zu 99,9%) ein umfassendes Wirkungsversprechen bei der Bekämpfung von Erkältungskrankheiten zu entnehmen.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Geschäftszeichen: 5 U 147/06
Verkündet am: 27. Juli 2007
In dem Rechtsstreit
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Betz, Rieger, Alander nach der am 25. Juli 2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 13.06.06 wird - auch im Umfang des zweitinstanzlich gestellten Hilfsantrages - zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe:
I.
Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Papiertaschentüchern.
Die Antragsgegnerin führte Anfang Januar 2006 unter der Bezeichnung "Kleenex Anti-Viral" ein neues Produkt auf dem deutschen Markt ein, nachdem dieses Produkt bereits seit 2004 in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern auf den Markt gebracht worden war. Es handelt sich hierbei um dreilagige Taschentücher, deren mittlere Schicht mit einer als "Zitrus-Aktiv-Formel" bezeichneten Substanz behandelt worden ist, die virenabtötende Wirkung hat.
Die vordere Schauseite des Produkts ist wie folgt gestaltet:
Die hierbei (auch auf der Rückseite und den Schmalseiten) verwendeten Werbeanpreisungen der Antragstellerin, insbesondere die Behauptung, die Taschentücher töteten 99,9% der hauptsächlichen Erkältungsviren im Tuch ab, beanstandet die Antragstellerin in mehrfacher Hinsicht als irreführend und damit als wettbewerbswidrig.
Die Antragstellerin hat in erster Instanz beantragt,
die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen,
für Taschentücher "Kleenex Anti-Viral" mit den Aussagen zu werben:
"Tötet 99,9% der hauptsächlichen Erkältungsviren durch die Zitrus-Aktiv-Formel im Tuch ab."
und/oder
"Wusstest Du schon, dass Familien alle Nase lang erkältet sind: Nämlich 5 x häufiger als andere? Erkältungsviren verlieren mit Kleenex-Anti-Viral-Tüchern!"
und/oder
"Die neuen Kleenex Anti-Viral Tücher haben eine clever behandelte Mittellage, die 99,9% der hauptsächlichen Erkältungsviren im Tuch abtötet, bevor diese übertragen werden können."
und/oder
"das neue Kleenex Anti-Viral Taschentuch mit der Zitrus-Aktiv-Formel. Tötet 99,9% der hauptsächlichen Erkältungsviren im Tuch. Das neue Anti-Viral von Kleenex. Zum Glück ist man nicht wehrlos. Zum Glück gibt's Kleenex".
Das Landgericht hat die Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 07.04.06 entsprechend zur Unterlassung verpflichtet, diese Verfügung auf den mit einem Abweisungsantrag verbundenen Widerspruch der Antragsgegnerin mit Urteil vom 13.06.06 aber nur zu der zweiten Behauptung aufrechterhalten und wegen der ersten sowie dritten Behauptung die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags wieder aufgehoben. Wegen der vierten Behauptung hatte die Antragsgegnerin in der Kammersitzung vor dem Landgericht am 13.06.06 die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt.
Gegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsstellerin. Die Antragstellerin verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihren Unterlassungsanspruch insoweit weiter.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13.06.06 abzuändern und die einstweilige Verfügung zu den noch streitgegenständlichen Behauptungen zu eins und drei erneut zu erlassen.
Sie beantragt in zweiter Instanz hilfsweise,
die Antragsgegnerin nach diesen beiden Anträgen zu verurteilen, und zwar unter Bezugnahme auf die konkrete Ausgestaltung der Produktverpackung, wie als Anlage ASt1 in der Senatssitzung am 25.07.07 vorgelegt <die Anlage ASt1 enthält Farbabbildungen der oberen Schauseite sowie der kurzen Schmalseiten der Produktverpackung>
Die Antragsgegnerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sie beantragt,
die Berufung zurückzuweisen .
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat seine einstweilige Verfügung in Bezug auf die erste und dritte Behauptung zu Recht und mit zutreffender Begründung wieder aufgehoben. Insoweit steht der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch nach § 5 Abs. 1 UWG zu, und zwar auch nicht auf der Grundlage des zweitinstanzlichen Hilfsantrages, der sich auf die konkrete Verletzungsform beschränkt. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann der Senat auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen. Das Berufungsvorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:
1. Der Antragstellerin steht für die Durchsetzung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein Verfügungsgrund zur Seite. Die Antragstellerin hat durch ihr vorprozessuales Verhalten die gem. § 12 Abs. 2 UWG zu ihren Gunsten streitende Dringlichkeitsvermutung im Ergebnis nicht selbst widerlegt. Dies hat auch das Landgericht zu Recht angenommen.
a. Es kann nach Sachlage nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin bereits vor dem von ihr selbst genannten Zeitpunkt (13.02.06) durch maßgebliche Mitarbeiter von der konkreten Produktwerbung erfahren hat, die Gegenstand des Verfügungsantrags ist. Der werbliche Auftritt vergleichbarer Produkte im Ausland spielt hierfür ebenso wenig eine Rolle, wie das Verhalten der Antragsgegnerin gegenüber dem Handel oder auf Messen, solange nicht dargelegt ist, dass die Antragstellerin hiervon Kenntnis erlangt hat. Allgemeine Mutmaßungen reichen insoweit nicht aus.
b. Allerdings sind zwischen der ersten Kenntnisnahme am 13.02.06 (eidesstattliche Versicherung von S.W., Anlage ASt4) und der vorprozessualen Abmahnung durch die Antragstellerin vom 21.03.06 (Anlage ASt5) mehr als fünf Wochen vergangen, ohne dass die Antragstellerin zunächst konkret vorgetragen hatte, dass dieser Zeitraum in einer relevanten, nicht dringlichkeitsschädlichen Weise genutzt worden ist.
aa. Frau W. hatte hierzu nur ausgeführt, dass sie in dieser Zeit die Internetseite der Antragsgegnerin aufgesucht und über die Produktwerbung Informationen eingeholt habe. In der Antragsschrift ist hierzu weiter ausgeführt, die Antragstellerin habe nach Kenntnis der angegriffenen Werbeaussagen "unverzüglich Untersuchungen über die Richtigkeit angestellt". Was die Antragstellerin konkret in einem relativ langen Zeitraum von fünf Wochen unternommen hat, ist indes nicht substantiiert ausgeführt worden. Obwohl sich die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 11.06.06 ausführlich mit den Einwendungen der Antragsgegnerin in Bezug auf die fehlende Dringlichkeit auseinander setzt, sind die Darlegungen der Antragstellerin hierzu nur spärlich. Von der konkreten Wirkungsweise des Produkts der Antragsgegnerin hatte die Antragstellerin nach ihrer eigenen Darstellung bereits zuvor Kenntnis, und zwar auf Grund der Untersuchungen, die mit gleichartigen Produkten auf ausländischen Märkten durchgeführt worden sind.
bb. Letztlich bleibt damit ein Zeitraum von nahezu 5 Wochen, für den die Antragstellerin zunächst keine nachvollziehbare, zielführende Tätigkeit dargelegt hatte. Ein nicht durch konkrete Aktivitäten belegter Zeitraum von ca. fünf Wochen bewegt sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats bereits im Grenzbereich eines dringlichkeitsschädlichen Verhaltens. Andererseits ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass jedenfalls dann, wenn es um eine Werbung geht, die sich in der Nähe von medizinisch-relevanten Wirkungszusagen bewegt, es in der Natur der Sache liegt, dass vor der Einreichung eines Verfügungsantrags eigene Untersuchungen durchgeführt, wissenschaftliche Meinungen abgeklärt und Wirkungsmechanismen überprüft werden müssen. Die Antragstellerin hat hierzu in der Senatssitzung am 25.07.07 erklärt und erläutert, dass sie auch im konkreten Fall so vorgegangen ist und dieser Zeitraum erforderlich war, um überhaupt diejenigen Erkenntnisse zu gewinnen, derer es für eine konkrete Abmahnung bedurfte. Die Antragstellerin hat sodann weniger als eine Woche nach dem Erhalt der ablehnenden Äußerung der Antragsgegnerin (Anlage ASt7) bereits am 06.04.06 Verfügungsantrag bei dem Landgericht eingereicht. Vor dem Hintergrund dieser Umstände kann unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls nicht mit der notwendigen Überzeugung davon ausgegangen werden, die Antragstellerin habe durch ihr eigenes vorprozessuales Verhalten gezeigt, dass ihr die Rechtsdurchsetzung selbst nicht wirklich eilig sei. Die Dringlichkeitsvermutung des §§ 12 Abs. 2 UWG ist damit im Ergebnis nicht widerlegt.
2. Ein Verfügungsanspruch aus § 5 Abs. 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung steht der Antragstellerin im Hinblick auf die in zweiter Instanz noch streitgegenständlichen Behauptungen aber nach ihrem Hauptantrag nicht zu. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind lediglich zwei Äußerungen von den vier Äußerungen, die ursprünglich von der einstweiligen Verfügung des Landgerichts umfasst waren.
a. Die von der Antragstellerin hierzu, insbesondere in der ersten Instanz, gemachten rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen sind allerdings in einem erheblichen Umfang ohne streitentscheidende Bedeutung, denn sie rechtfertigen die gestellten Verfügungsanträge nicht, sondern betreffen Umstände, die außerhalb der konkret beantragten Rechtsfolgen liegen.
aa. Soweit die Antragstellerin ihre Berufung darauf stützt, das Landgericht habe es zu Unrecht als glaubhaft gemacht angesehen, dass bereits innerhalb der ersten 30 Sekunden über 99,7% der auf der Produktverpackung genannten hauptsächlichen Erkältungsviren abgetötet werden, bleibt dieser Gesichtspunkt rechtlich unerheblich. Denn die Frage, innerhalb welchen Zeitraums (irgend)eine Wirkung eintritt, ist in dieser Allgemeinheit nicht Streitgegenstand dieses Rechtsstreits. Die gestellten Anträge stellen auf eine zeitliche Komponente nicht ab.
bb. Mit ihren in der Berufungsinstanz nach dem Hauptantrag noch gegenständlichen Verfügungsanträgen verfolgt die Antragstellerin das allgemeine Verbot von zwei Behauptungen, ohne dass dies auf die konkrete Verletzungsform bezogen ist. Damit will die Antragstellerin der Antragsgegnerin das Verbot auferlegt wissen, diese Behauptungen in irgendeiner Weise zu wiederholen. Auf den konkreten Verwendungszusammenhang kommt es dabei nicht an. Insbesondere ist es auf der Grundlage dieses Antrags unerheblich, ob sie Antragsgegnerin die angegriffenen Äußerungen durch erklärende Zusätze eingekleidet, die die Aussagerichtung der Werbebehauptung erläutern.
cc. Streitgegenstand nach dem Hauptantrag ist damit nicht die konkrete Produktverpackung. Streitgegenstand ist ebenfalls nicht eine Blickfangwerbung, bei der die angegriffenen Behauptungen durch einen Sternchenhinweis aufgelöst werden. Streitgegenstand ist ebenfalls nicht eine Werbebehauptung, die die Wirkungsweise von bestimmten Rahmenbedingungen (z. B. Zeitdauer) abhängig macht, diese jedoch unrichtig sind. Alle diese Umstände finden in den gestellten Anträgen keine Entsprechung, so dass es schon nicht darauf ankommt, welchen Lebenssachverhalt die Antragstellerin insoweit vorgetragen hat.
b. Gegenstand des Rechtsstreits ist vielmehr allein die isolierte Behauptung in der angegriffenen Form. Diese ist dann - aber auch nur dann - zu verbieten, wenn sie in jedem denkbaren Äußerungszusammenhang unrichtig ist. Dies ist indes nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hatte bereits mit der Widerspruchbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die angegriffenen Werbebehauptungen in einem bestimmten Äußerungszusammenhang stehen und beanstandet, dass die Antragstellerin mit ihren Anträgen diese Behauptungen isoliert, zergliedert und dem Gesamtkontext entnommen habe. Hieraus hat die Antragstellerin indes erstinstanzlich keine, in zweiter Instanz allerdings mit der Stellung des Hilfsantrags prozessualen Konsequenzen gezogen. Es ist - unabhängig von den nachfolgenden Ausführungen - bereits nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin für die von der Antragstellerin zum Gegenstand ihres Hauptantrags gemachten isolierten Äußerungen überhaupt eine wettbewerbliche Begehungsgefahr gesetzt hat. Schon daran dürften die mit dem Hauptantrag verfolgten Ansprüche scheitern. Denn die Werbebehauptungen stehen auf der Produktverpackung in einem konkreten Äußerungszusammenhang, durch den sie zumindest in einem gewissen Umfang erläutert werden.
c. Unabhängig davon kommt es für das Verständnis der angegriffenen Behauptungen und deren rechtliche Beurteilung allein darauf an, ob die Behauptung der Antragsgegnerin richtig ist, dass (1) 99,9% (2) der hauptsächlichen Erkältungsviren (3) durch die Zitrus-Aktiv-Formel (4) im Tuch (5) abgetötet werden. Die Antragstellerin hat auch mit der Berufungsbegründung keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, die der Richtigkeit dieser Behauptung entgegenstehen können.
aa. Die Frage, ob bereits 99,7% von Erkältungsviren innerhalb von 30 Sekunden abgetötet werden, ist - wie bereits erwähnt - ohne relevante Bedeutung. Deshalb ist es auch unerheblich, dass die Antragsgegnerin nicht - was die Antragstellerin im Übrigen verspätet erstmals in der Berufungsinstanz konkret beanstandet - die Versuchsanordnung bei der Feststellung dieses Ergebnisses offen gelegt hat. Der Frage, dass die Werbebehauptung nur die - auf der Produktverpackung zudem im Einzelnen erläuterten - hauptsächlichen Erkältungsviren betrifft und dass die Wirkung durch eine "Zitrus-Aktiv-Formel" eintreten soll, ist zwischen den Parteien nicht ernsthaft streitig, so dass hierauf nicht näher eingegangen werden muss.
bb. Die Beanstandung der Antragstellerin, die Werbung suggeriere allgemein zu Unrecht eine sofortige Abtötung, ist ebenfalls unbegründet. Denn die in ihrer Vereinzelung angegriffene Werbebehauptung "Tötet 99,9% der hauptsächlichen Erkältungsviren durch die Zitrus-Aktiv-Formel im Tuch ab" enthält nach dem gestellten Hauptantrag keinerlei zeitliche Komponente. Deshalb kann bei dem angesprochenen Verbraucher auch keine Fehlvorstellung darüber entstehen, innerhalb welchen Zeitraums dieser Effekt eintritt. Die angesprochenen Verkehrskreise werden allenfalls davon ausgehen, dass die Abtötung der Viren innerhalb einer Zeitspanne erfolgt, die jedenfalls im Hinblick auf die mit der Werbung bezweckte Aussagerichtung nicht vollkommen irrelevant ist. Davon kann auch angesichts einer Zeitdauer von 15 Minuten jedenfalls dann keine Rede sein, wenn es um eine Wirkung im Tuch geht. Denn hiervon gehen - dies ist zwischen den Parteien im Ergebnis nicht streitig - Infektiongefahren vor allem deshalb aus, weil das benutzte Taschentuch z. B. im Wohnbereich unachtsam liegen gelassen wird, hierdurch in Kontakt mit Oberflächen gerät oder von anderen Personen zum Zwecke der Entsorgung erneut in die Hand genommen wird. Hierbei handelt es sich in der Regel eher um langfristige Wirkmechanismen, für die es ohne Bedeutung ist, ob die antivirale Wirkung innerhalb von 30 Sekunden, 3 Minuten, 10 Minuten unter 15 Minuten eintritt. Dafür, dass die Werbebehauptung der Antragsgegnerin mit einem Wirkungseintritt innerhalb von 15 Minuten unrichtig ist, hat die Antragstellerin auch in zweiter Instanz zunächst keine substantiierten Tatsachen vorgetragen. Sie hat diese Behauptung zweitinstanzlich noch nicht einmal erneut bestritten, sondern ausdrücklich der Bewertung zugrunde gelegt (Seite 6 der Berufungsbegründung). Auch in erster Instanz hatte die Antragstellerin keine relevanten Tatsachen gegen die Richtigkeit dieser Behauptung aufgezeigt, sondern deren Richtigkeit letztlich bei ihrer - rechtlich allerdings nicht überzeugenden - Argumentation unterstellt und sich auf andere Streitfragen konzentriert, die für die entscheidende Rechtsstreits indes ohne Bedeutung sind. Der Frage, ob das Landgericht bei der einseitig, ohne Anhörung des Prozessgegners erlassenen einstweiligen Verfügung davon ausgegangen ist, dass die Werbebehauptung unrichtig ist, kommt im Widerspruchsverfahren, das auf einer wesentlich umfassenderen Tatsachengrundlage entschieden wird, im Übrigen keine relevante Bedeutung bei.
cc. Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass ein nahezu vollständiges "Abtöten" der Erkältungsviren "im Taschentuch" selbst für die angesprochenen Verkehrskreise durchaus sachlich relevant ist. Denn es geht letztlich um die Frage, wie eine zusätzliche Infektionsquelle sachgerecht ohne zusätzlichen Aufwand verringert bzw. vermieden werden kann. Die angesprochenen Verkehrskreise erkennen aber auch ohne Weiteres, dass die Antragsgegnerin hiermit kein "Heilungsversprechen" allein durch den Gebrauch eines Taschentuch machen will. Eine derartige Zusage wäre zumindest bei einer exorbitant hohen Quote von 99,9% aller hauptsächlichen Erkältungsviren im körperlichen Umfeld des Benutzers oder allein im Bereich der Nase erkennbar nicht einlösbar und so ungewöhnlich, dass die angesprochenen Verbraucher keine Veranlassung haben, einen derartigen Bedeutungsgehalt zu vermuten. Die Annahme der Antragstellerin, der von Erkältungsviren befallene Verbraucher werde durch die angegriffene Werbung davon abgehalten, andere notwendige Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, ist ebenfalls erfahrungswidrig. Die Antragsgegnerin bietet Papiertaschentücher und kein umfassendes Leistungspaket zur Vermeidung von Erkältungskrankheiten an. Der Verbraucher weiß, dass der Gebrauch von Papiertaschentüchern nur eine von vielen Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Infektionen ist. Er weiß auch, dass z. B. beim Gebrauch von Taschentüchern Erkältungsviren an die Hände gelangen können. Die Annahme der Antragstellerin, allein aufgrund der angegriffenen Werbebehauptungen werde der angesprochenen Verbraucher davon abgehalten, weitere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen und werde sich allein auf die antivirale Wirkung der Papiertaschentücher verlassen, erscheint dem Senat ausgesprochen fern liegend zu sein.
dd. Es ist nach Sachlage auch nichts dafür ersichtlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der Werbung ein umfassendes Wirkungsversprechen sehen, dass die streitgegenständlichen Taschentücher eine antivirale Wirkung nicht nur im Taschentuch selbst entfalten, sondern auch bei der Anwendung im Bereich der Nase aktiv Viren außerhalb des Taschentuchs abtöten. Eine derartige Annahme wird durch die angegriffene Werbebehauptung nicht hervorgerufen. Dies schon deshalb nicht, weil die Werbebehauptung ausdrücklich auf eine Abtötung "im Tuch" Bezug nimmt. Zwar mag es sein, dass bei einem isolierten Angriff der Werbebehauptung ein solches Verständnis nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint. Jedenfalls unter Berücksichtigung des Verwendungszusammenhangs, bei dem die Werbebehauptung als Aufkleber auf einer Taschentuchverpackung erscheint, liegt ein derart umfassendes Wirkungsversprechen ausgesprochen fern und kann im Ergebnis unberücksichtigt bleiben. Eine allumfassende Werbebehauptung, das Taschentuch "hilft bei Erkältungen" hat die Antragsgegnerin weder wörtlich noch bei verständiger Würdigung aus dem Äußerungszusammenhang aufgestellt. Hierfür fehlt es deshalb an einer wettbewerblich relevanten Begehungsgefahr. Die insoweit angestellten Deutungsversuche der Antragstellerin sind ebenso bemüht wie realitätsfern. Sie entsprechen nicht demjenigen Verständnis, welches sich dem Referenzverbraucher bei situationsadäquater Aufmerksamkeit erschließt. Dies vermag der Senat aus eigener Sachkunde zu beurteilen, denn seine Mitglieder gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen der regelmäßigen Nutzer von Papiertaschentüchern.
d. Die von der Antragstellerin in zweiter Instanz vorgelegte Verkehrsbefragung der Ipsos GmbH von Juli 2006 (Anlage ASt12) rechtfertigt ebenfalls kein abweichendes Ergebnis. Die von der Antragstellerin in der Berufungsschrift zitierten Ergebnisse stützen ihre Behauptung der Irreführung in Bezug auf die konkrete Antragsfassung nicht. Aus der Verkehrsbefragung lässt sich nicht wesentlich mehr ableiten, als dass die angesprochenen Verkehrskreise den beworbenen Taschenbüchern besondere Wirkungen, und zwar im Hinblick auf die Verbreitung von Erkältungsviren zumessen. Diese Auffassung ist ohne Weiteres zutreffend und steht nicht im Widerspruch mit der Werbebehauptung der Antragsgegnerin. Denn das Abtöten von Viren im Taschentuch ist ohne Zweifel ein geeigneter und durchaus lebensnaher Weg, eine weitere Verbreitung von Erkältungsviren einzuschränken. Es ist dem Senat aus eigener Anschauung bekannt, dass Papiertaschentücher gelegentlich mehrfach verwendet und ebenso gelegentlich unachtsam liegen gelassen werden, sodass hiervon weitere Infektionen ausgehen können bzw. das Abklingen einer bereits vorhandenen Infektion verzögert bzw. gehindert wird. Dafür, dass die befragten Verbraucher - so, wie die Antragsgegnerin dies meint - den Taschentüchern weitergehende, aktiv erkältungsbekämpfende Eigenschaften außerhalb des Taschentuch selbst beimessen, gibt auch die von ihr vorgelegte Befragung nichts her. Soweit die Antragstellerin behauptet, ein erheblicher Teil der Befragten sei der Auffassung, die Erkältungsviren würden auch außerhalb des Taschentuchs abgetötet werden, beruht dies auf einer eher ergebnisorientierten Missinterpretation der Befragung. Tatsächlich sind Antworten, die eine derartige Annahme stützen können, mit der erforderlichen Gewissheit nicht festzustellen. Allein der Umstand, dass die Befragten der Meinung waren, die Taschentücher könnten "die Verbreitung von Erkältungsviren verhindern", besagt nicht, dass dies "absolut" gemeint ist, wie dies die Antragstellerin zu deuten versucht. Dafür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Hier hätte es im Zweifel der konkreten Nachfrage des Meinungsforschungsinstituts bedurft, wie diese Antworten zu verstehen sind. Dies ist indes nicht geschehen. Insbesondere hieran krankt das Gutachten der Ipsos GmbH. Es erweist sich deshalb für die Entscheidung dieses Rechtsstreits letztlich als wertlos. Dies u. a. auch deshalb, weil die Antragstellerin - hierauf weist die Antragsgegnerin zu Recht hin - durch den Gutachter die konkrete Produktverpackung hat vorlegen lassen, die im Rahmen dieses Rechtsstreits im Rahmen des Hauptantrags überhaupt nicht konkret streitgegenständlich ist. Entscheidungsrelevant ist vielmehr nach dem von der Antragstellerin gewählten Antrag allein das Verständnis isoliert aufgestellter Werbebehauptungen. Auch durch den in den Verfügungsantrag mit aufgenommenen Zusatz "für Taschentücher "Kleenex Anti-Viral" mit den Aussagen zu werben" wird die jedenfalls konkrete Produktgestaltung nicht zum Streitgegenstand erhoben. Der Deutung, die die Antragstellerin dem Befragungsergebnissen beilegt, kann auch im Übrigen nicht beigetreten werden. Soweit die Antragstellerin meint, die Annahme der Befragten stimme nicht, "die Tücher helfen, eine Erkältung loszuwerden, wenn man selbst erkältet ist" bzw. "dass die Tücher besser vor Erkältungen schützen", vermag der Senat dieses Verständnis der Antragstellerin nicht zu teilen. Denn der beschriebenen Gefahr der Neu- bzw. Wiederinfektionen, die von gebrauchten Papiertaschentüchern unzweifelhaft ausgeht, kann durch das Produkt der Antragsgegnerin jedenfalls in einem bestimmten Bereich begegnet werden. Es ist dem Gutachten nichts dafür zu entnehmen, dass die befragten Personen bei ihren Antworten nicht ein derartiges Verständnis zugrunde gelegt haben könnten. Auch insoweit hätte es im Zweifel zur Klarstellung einer konkreten Nachfrage bedurft, die nicht erfolgt ist. Diesen Mangel kann die Antragstellerin nicht durch eigene, ergebnisorientierte Interpretationen, die bestenfalls möglich, aber noch nicht einmal nahe liegend sind, ausgleichen. Schließlich ist auch die Tatsache, dass eine Vielzahl der Befragten das Produkt der Antragsgegnerin für etwas Besonderes halten bzw. ihm positive Eigenschaften beimessen, zutreffend. Denn es hebt sich durch seine antivirale Wirkung ohne Zweifel maßgeblich von "klassischen" Papiertaschentüchern ab. Zur Entscheidung der konkret streitgegenständlichen Rechtsfragen kann diese Feststellung aber nichts beitragen. Angesichts dieser Umstände bedürfen die übrigen Beanstandungen der Antragsgegnerin keiner abschließenden Entscheidung, die u. a. die Art der Fragestellung sowie die Repräsentanz der Erhebung der Verkehrsbefragung beanstandet.
e. Soweit die Antragstellerin in zweiter Instanz erstmalig konkret in Zweifel zieht bzw. nachhaltig bestreitet, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommenen Versuche auch auf die tatsächlichen Gegebenheiten bei der "Anwendung von realem Nasenschleim" übertragbar sind, ist dieser Vortrag gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet und nicht mehr berücksichtigungsfähig. Der Senat hat deshalb keine Veranlassung, von der Antragsgegnerin etwa einen Nachweis der Abtötung der Viren "in einer realen Gebrauchssituation" zu verlangen bzw. sie zur Erläuterung ihres Versuchsaufbaus aufzufordern. Denn die nunmehr erhobenen Beanstandungen der Antragsgegnerin waren erstinstanzlich zumindest nicht derart konkret angesprochen, dass der erheblich erweiternde Sachvortrag in zweiter Instanz lediglich als (zulässige) Konkretisierung verstanden werden könnte. Vielmehr gibt die Antragstellerin ihren Angriffen hiermit gegenüber den materiellen erstinstanzlichen Angriffen und Begründungen eine vollkommen andere Richtung, mit der sie gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist, weil ein derartiger Sachvortrag bereits in erster Instanz möglich und erforderlich gewesen wäre, wenn die Klägerin ihre Verfügungsanträge hierauf stützen wollte. Dementsprechend kommt es auch - jedenfalls im Verfügungsverfahren - inhaltlich nicht auf die als Anlage ASt14 vorgelegte eidesstattliche Versicherung von A. W. vom 13.07.07 und das von ihr geschilderte Versuchsergebnis an. Hierbei hatte die Antragstellerin einen Versuchsaufbau gewählt, bei dem nicht eine mit Sekret versetzte wässrige Lösung, sondern eine derartige Masse verwendet worden ist, die einem verdickten, der realen Anwendungssituation entsprechenden Nasenschleim ähnlicher ist. Mit ihrem Testergebnis will die Antragstellerin belegen, dass nur (unrealistisch) dünnflüssige Lösungen, mit denen die Antragsgegnerin bei ihren Tests die Taschentücher "geimpft" haben will, überhaupt bis in die antivirale Mittelschicht vordringen kann, während tatsächlicher Nasenschleim wegen seiner verdickten Konsistenz in den äußeren Schichten verbleibt. Die Antragstellerin hatte erstinstanzlich hingegen den Umstand, dass die als Zitrus-Aktiv-Formel beworbene Substanz im Taschentuch selbst gegen den dorthin gelangten Nasenschleim wirksam wird, nicht hinreichend konkret bestritten. Deshalb kann sie mit diesem neuen Vortrag in der Berufungsinstanz nicht mehr gehört werden. Dies umso weniger, als die Antragsgegnerin bereits in der Widerspruchsschrift vom 17.05.06 (dort Seite 13, Ziff. 1.3.) ausdrücklich vorgetragen hatte, der antivirale Wirkstoff sei nicht allein in der Mittelschicht aktiv, sondern "wirkt in allen Lagen des Kleenex Anti-Viral Taschentuchs." Ihr Versäumnis, sich mit dieser Darstellung bereits in erster Instanz substantiiert auseinander zu setzen, kann die Antragstellerin nicht 14 Monate später mit der Vorlage einer wissenschaftlichen Stellungnahme bei Schluss der zweiten Instanz ausgleichen, selbst wenn die fachliche Überprüfung durch eigene (!) Mitarbeiter erst kurz zuvor am 13.07.07 erfolgt ist. Ein derartiges Verhalten beruht auf Nachlässigkeit. Ebenfalls nicht hinreichend bestritten war die Frage, ob die Art und Weise, mit der die Antragsgegnerin ihre Versuche durchgeführt hatte, insoweit zu zutreffenden bzw. verlässlichen Ergebnissen führen konnte. Die Antragstellerin hatte erstinstanzlich vielmehr in erster Linie darauf hingewiesen, dass infektiöser Nasenschleim bei der Benutzung des Taschentuchs auch in die Hände gelangen kann und vor allem bezweifelt, ob die Ergebnisse auf reale Situationen übertragbar sind, wenn beim Naseputzen Druck ausgeübt wird und die Taschentücher dabei reißen können. Die Frage, ob bzw. zu welchem Prozentsatz die Taschentücher der Antragsgegnerin im realen Gebrauch reißen, ist indes nicht Gegenstand des Verfügungsantrags und deshalb für die Entscheidung des Rechtstreits unerheblich. Denn die angesprochenen Verkehrskreise beziehen die angegriffene Werbebehauptung nahe liegend auf die Verwendung eines einzelnen Taschentuchs bei zweckentsprechendem und fehlerfreiem Gebrauch. Auch diese Feststellung vermag der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu treffen. Die Frage, ob diese Werbebehauptung auch dann zulässig ist, wenn ein hoher Quotient der Taschentuch bei normalen Gebrauch zerreißt und deshalb der versprochene Effekt nicht eintreten kann, umschreibt einen abweichenden Streitgegenstand, über den der Senat nicht zu entscheiden hat.
f. Schließlich ist die einstweilige Verfügung auch nicht insoweit zu der dritten Werbebehauptung begründet, als auf der Produktverpackungen in diesem Zusammenhang der Zusatz "bevor diese übertragen werden können" angebracht ist.
aa. Zwar mag diese Behauptung - isolierte betrachtet - nicht unproblematisch erscheinen. Denn eine derartige Aussage könnte in der Weise verstanden werden, dass eine Wirkung sofort und unmittelbar eintritt. Ansonsten ist eine Weiterübertragung eben nicht ausgeschlossen. Durch eine unkommentierte Verwendung dieses Zusatzes würde die Antragsgegnerin der Behauptung möglicherweise ein Maß an Absolutheit beilegen, das letztlich nicht einzulösen ist. Denn es wird unter Umständen suggeriert, dass eine Übertragung deshalb ausgeschlossen sei, weil das Abtöten der Viren so schnell geschieht, dass es jeder nur denkbaren Übertragungsmöglichkeit zuvorkommt. So weit will aber offenbar auch die Antragsgegnerin nicht gehen.
bb. Jedoch hatte die Antragsgegnerin auch insoweit für eine unkommentierte Verwendung dieser Behauptung keine wettbewerbsrechtliche Begehungsgefahr gesetzt, so dass ein Anspruch aus § 5 Abs. 1 UWG schon deshalb ausscheidet. Die Antragsgegnerin hat in dem konkreten Verwendungszusammenhang, in dem sie diese Behauptung auf der Umverpackung aufgestellt hat, zugleich erläutert, wie sie diese Aussage verstanden wissen will. Auf der einen Schmalseite der Verpackung heißt es hierzu: "Tests haben gezeigt, dass Kleenex Anti-Viral Tücher 99,9% der folgenden Erkältungsviren innerhalb von 15 Minuten im Tuch bekämpfen.. <es folgt die Bezeichnungen von Erkältungsviren> ...". Damit hat die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des sonstigen Äußerungszusammenhangs ausreichend deutlich gemacht, dass sie jedenfalls nicht für sich in Anspruch nehmen will, die antivirale Wirkung trete sofort und sekundengenau bzw. auch außerhalb des Tuchs ein. Dieser Erläuterung ist ausreichend, um einem etwaigen Fehlverständnis der Formulierung "bevor diese übertragen werden können" entgegenzuwirken. Deshalb fehlt es an einer Begehungsgefahr für eine unkommentierte, möglicherweise irreführende Verwendung dieser Werbebehauptung. Auf die Frage, ob die Erläuterung auf der Produktverpackung auch im Übrigen (insbesondere im Hinblick auf Fragen der Blickfangwerbung und der Verweisung/Auflösung von Sternchenhinweise) wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen standhalten kann, kommt es in diesem Zusammenhang nach dem Hauptantrag nicht an. Insoweit ist nur von Bedeutung, dass die Antragsgegnerin bislang keinen Anlass zu der Annahme gegeben hat, sie werde die angegriffene Werbebehauptung auch ohne taugliche Erläuterung verwenden.
3. Ein Verfügungsanspruch aus § 5 Abs. 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung steht der Antragstellerin indes auch nicht nach dem in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag nicht zu.
a. Zu den rechtlich relevanten allgemeinen Fragen kann der Senat insoweit zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen Bezug nehmen. Soweit sich hieraus ergibt, dass schon der Hauptantrag materiell nicht begründet war, führt auch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Dringlichkeitsvermutung gemäß § 12 Abs. 2 UWG ist für den Hilfsantrag nicht widerlegt, denn die Antragstellerin hatte sich erst aufgrund der rechtlichen Erörterungen im Senatstermin veranlasst gesehen, vorsorglich einen derartigen Antrag zu stellen. Darin liegt kein Zeichen einer dringlichkeitsschädlichen Behandlung der Sache, zumal der Antragsteller-Vertreter unwidersprochen vorgetragen hatte, er sei auch bereits in erster Instanz auf eine entsprechende Antragstellung vorbreitet gewesen, die Erörterungen des Landgerichts hätten hierzu aber keine Veranlassung gegeben.
b. Durch die mit dem Hilfsantrag vorgenommene Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform der Kleenex Anti-Viral Taschentücher vermag die Antragstellerin ihren auf § 5 Abs. 1 UWG gestützten Unterlassungsantrag auch aus sonstigen, gerade durch die Produktverpackung verwirklichten Beanstandungsformen nicht erfolgreich zu begründen.
aa. Allerdings liegen in der Gestaltung der konkreten Verletzungsform Besonderheiten vor, die möglicherweise einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung nicht standzuhalten geeignet sind. Bei dem Angriff der konkreten Verletzungsform geht es nicht mehr darum, ob der Antragsgegnerin vorzuwerfen ist, sie habe eine Begehungsgefahr für die isolierte Aufstellung dieser Behauptungen gesetzt, sondern darum, ob z.B. eine irrtumsausschließende Erläuterung gerade in der konkreten Gestaltung in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht ausreichend erfolgt ist. Dies mag vorliegend zweifelhaft sein, ohne dass der Senat hierzu - wie noch auszuführen sein wird - abschließend Stellung nehmen muss. Die den Kernsatz "Tötet 99,9% der hauptsächlichen Erkältungsviren* durch die Zitrus-Aktiv-Formel im Tuch ab**" ergänzende bzw. erläuternde Werbebehauptung mit dem Zusatz "bevor diese übertragen werden können" befindet sich auf der kurzen Schmalseite der Verpackung. Hinter dieser Äußerung ist ein "Doppel-Sternchen" angebracht. Dieses "Doppel-Sternchen" wird auf der gegenüber liegenden kurzen Schmalseite der Verpackung in der Weise aufgelöst, dass dort auf einen Zeitraum von "innerhalb von 15 Minuten" hingewiesen wird. Zwar mag einiges dafür sprechen, dass diese Auflösung des "Doppel-Sternchens" in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht nicht unerheblichen Bedenken begegnen muss. Denn ein entsprechendes "Doppel-Sternchen" befindet sich ebenfalls auf der breiten Schauseite der Verpackung im Anschluss an die Behauptung "... durch die Zitrus-Aktiv-Formel im Tuch ab". Dieser Sternchen-Hinweis wird auf der einen kurzen Schmalseite der Verpackung aufgelöst. Es mag zweifelhaft sein, ob die angesprochenen Verkehrskreise nachvollziehen können, dass sich die Antragsgegnerin hierbei einer Mehrfach-Bezugnahme bei der Auflösung von Sternchen-Hinweisen nicht nur aus dem Blickfang, sondern auch aus einem anderen - kleingedruckten - Texthinweis bedient. Dies umso weniger, als die davor zitierte Textzeile ebenfalls ihrerseits mit einem "Einfach-Sternchen" an anderer Stelle erläuternd aufgelöst wird. Zudem werden die Erläuterungen auch noch "kopfüber" zu der Aussage auf der Werbe-Schauseite (allerdings in konsistenter Textrichtung zu der Benutzungsöffnung der Packung) gegeben. Alles dies mag für den Verbraucher verwirrend und nicht hinreichend eindeutig sein.
bb. Eine hierdurch etwa eingetretene Irreführung ist allerdings auch nach dem Hilfsantrag nicht Streitgegenstand dieses Rechtsstreits. Denn die Antragstellerin hat die angegriffene Werbung zu keinem Zeitpunkt - weder in erster Instanz noch in zweiter Instanz - unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt konkret gerügt. Ob ein Sternchenhinweis als den Blickfang ergänzend anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls (BGH GRUR 90, 1027, 1028 - incl. MWSt I; BGH GRUR 83, 658 ff - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung). Die Frage, ob eine irrtumsausschließende Aufklärung am Blickfang teilhat, ist nach dem allgemeinen Verkehrsverständnis bei der Beurteilung von Werbeaussagen zu beantworten (BGH GRUR 00, 911, 913 - Computerwerbung I). Die Antragstellerin hat keine hinreichenden Ausführungen dazu gemacht, warum sie selbst gerade die "Sternchen-Verweisung" als wettbewerbsrechtlich bedenklich ansieht und warum dies konkret der Fall sein sollte. Soweit die Antragstellerin überhaupt auf den Sternchen-Hinweis eingegangen ist (z. B. im Schriftsatz vom 11.06.2006, Seite 5), betraf dies nach dem Verständnis des Senats allein die Frage der inhaltlichen Aussage. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer unzureichenden bzw. in unzulässiger Weise erläuterten Blickfangwerbung hat die Antragstellerin hingegen die Produktverpackung weder in erster noch in zweiter Instanz mit einem hinreichend substantiierten Sachvortrag angegriffen. Allein die Tatsache, dass es sich insoweit um "denselben Lebenssachverhalt" handelt und Äußerungen auf der Produktverpackung Gegenstand der Beanstandungen waren, kann nach Auffassung des Senats bei zutreffendem Verständnis des Streitgegenstandes nicht dazu führen, dass nähere Ausführungen hierzu verzichtbar waren. Denn eine Verurteilung geht über die gestellten Klageanträge hinaus (§ 308 ZPO), wenn das Gericht die in Rede stehende Werbung wegen bestimmter Aussagen als irreführend untersagt, obwohl eine entsprechende Irreführung des Verkehrs von dem Kläger nicht behauptet worden und damit auch nicht zum Streitgegenstand geworden ist (BGH WRP 01, 28, 29 - dentalästhetika). So verhält es sich im vorliegenden Fall hinsichtlich der Fragen der Blickfangwerbung. Deshalb verhilft auch der zweitinstanzlich gestellte Hilfsantrag der Antragstellerin nicht zum Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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