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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: 5 U 149/03
Rechtsgebiete: GeschmMG


Vorschriften:

GeschmMG § 1 Abs. 2 a.F.
GeschmMG § 66 Abs. 2
GeschmMG § 39
1. LKW-Ersatzteile können ebenso wie KFZ-Ersatzteile geschmacksmusterfähig sein.

2. Der Hersteller von LKWs, der für die dazugehörigen Ersatzteile Geschmacksmuster nach altem Recht hat eintragen lassen, muss auch unter Geltung des neuen GeschmMG und der Vermutung des § 39 GeschmMG für solche Ersatzteile, die allein technischen Zwecken dienen und nach dem Einbau nicht mehr sichtbar sind, im Streit über die Beständigkeit der Muster zunächst darlegen, inwieweit überhaupt Gestaltungsspielräume bestanden und wie sie ausgenutzt worden sind.

3. Ein Ersatzteilhersteller, der dem Hersteller und Geschmacksmusterinhaber mitteilt, er wolle die mustergeschützten Teile nachbauen, daraufhin von dem Hersteller abgemahnt wird und sodann im Wege der negativen Feststellungsklage die Beständigkeit der Geschmacksmuster klären lässt, hat gegen den Hersteller keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unter dem Gesichtspunkt der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung, wenn sich in dem Prozess herausstellt, dass nur ein Teil der Geschmacksmuster beständig ist.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 149/03

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 25. November 2004

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter

Betz, Rieger, Dr. Koch

nach der am 21. Oktober 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufungen beider Parteien und unter Zurückweisung der Berufungen im übrigen wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 8 - vom 21.2.2003 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegen die Klägerin keine geschmacksmusterrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung der Nachbildung der folgenden beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Muster hat:

 Artikel-Nr.BezeichnungNr. des Musterregisters beim Deutschen Patent- und Markenamt
a) 1387 553SchalldämpferM 950 5204.6
b) 1104 543BremsschuhM 890 1730.7
1104 544BremsschuhM 890 1730.7
1104 545BremsschuhM 890 1730.7
551 161BremsbelagM 890 1730.7
551 165BremsbelagM 890 1730.7
551 137BremsbelagM 890 1730.7
551 142BremsbelagM 890 1730.7
551 162BremsbelagM 890 1730.7
551 166BremsbelagM 890 1730.7
551 138BremsbelagM 890 1730.7
551 143BremsbelagM 890 1730.7
c) 1325 808FederabstützungenM 960 0077.5
1326 547FederabstützungenM 960 0077.5
1326 548FederabstützungenM 960 0077.5
d) 1336 885MotoraufhängungenM 960 0183.6
1371 729MotoraufhängungenM 960 0183.6
1336 882GetriebelagerM 960 0183.6
e) 1373 589Motorraum-VerkleidungsteileM 960 0184.4
1368 052Motorraum-VerkleidungsteileM 960 0184.4
1358 691Motorraum-VerkleidungsteileM 960 0184.4

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können eine Vollstreckung der jeweiligen Gegenpartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

1. Die Klägerin vertreibt LKW-Ersatzteile im In- und Ausland. Die Beklagte stellt LKWs her und hat zahlreiche Ersatzteile in Deutschland durch Geschmacksmuster schützen lassen. Die Klägerin möchte einige der Teile nachbauen und teilte dies der Beklagten mit Schreiben vom 5.8.98 mit (Anlage K 1). Die Beklagte schaltete daraufhin Rechtsanwälte ein und forderte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich der von der Klägerin genannten Teile (Anlage K 2). Die Klägerin verweigerte die Erklärung, begann jedoch nicht mit der Herstellung der umstrittenen Teile, sondern erhob Klage auf Feststellung, dass der Beklagten aus den in der Abmahnung genannten Geschmacksmustern keine Unterlassungsansprüche gegen sie zustünden.

Bei den Ersatzteilen handelt es sich sowohl um äußerlich sichtbare Teile (Trittstufengitter, Fahrzeugtürgriff, Blinker- und Wischerschalter, Blinkerglas, Kotflügelteil) als auch um nach dem Einbau nicht mehr sichtbare Teile (Schalldämpfer, Bremsschuh, Bremsbelag, Federabstützungen, Motoraufhängungen, Getriebelager und Motorraum-Verkleidungsteile; letztere werden nur beim Umlegen des Führerhauses sichtbar). Außerdem begehrt die Klägerin Schadensersatzfeststellung wegen der ihrer Meinung nach unberechtigten Abmahnung.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags und des Wortlauts der gestellten Anträge wird ergänzend auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Geschmacksmuster der Beklagten für den Schalldämpfer, die Bremsschuhe und -beläge, die Federabstützungen, die Motoraufhängungen und das Getriebelager nicht für beständig erachtet, insoweit der negativen Feststellungsklage stattgegeben und auch eine Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt. Im Übrigen hat es die Geschmacksmuster als schutzfähig anerkannt und die Klage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin begehrt eine Änderung des landgerichtlichen Urteils dahingehend, dass der Klage auch bezüglich der vom Landgericht als geschützt beurteilten Ersatzteile stattgegeben wird, die Beklagte verfolgt ihren erstinstanzlich gestellten Antrag auf vollständige Klagabweisung weiter.

2. Die Beklagte macht mit ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:

Auch die vom Landgericht nicht als schutzfähig beurteilten Geschmacksmuster seien beständig. Zu den einzelnen Mustern trägt sie vor :

Schalldämpfer: Entgegen der Meinung des Landgericht seien die quadratischen Einprägungen nicht technisch bedingt. Der auf die runden Öffnungen aufzusetzende Stutzen liege an dem aus der Öffnung ragenden Kragen an. Auch die Form der Sicken sei nicht technisch bedingt. Das Landgericht habe ferner die drei senkrechten Einkerbungen gemäß Abb.6 des Musters nicht in seine Beurteilung einbezogen.

Bremsbeläge und Bremsschuhe: Das Landgericht habe übersehen, dass die Beläge an den Seiten ungewöhnlich stark abgefasst seien. Auch das Muster der Befestigungslöcher sei unregelmäßig und dadurch eigentümlich.

Die Bremsschuhe seien wegen ihrer filigranen Gestaltung durch die wannenartigen Vertiefungen an den bogenförmigen Außenseiten eigentümlich.

Federabstützungen: Auch diese Muster seien nur teilweise technisch bedingt. Hierzu macht die Beklagte vertiefende Ausführungen. Es läge ein ästhetischer Überschuss in verschiedenen Merkmalen vor. Es sei gelungen, die geradezu ornamentale Wirkung eines in solider Handarbeit hergestellten Schmiedestücks zu erzielen.

Motoraufhängungen und Getriebelager: Auch hier habe das Landgericht die Musterfähigkeit zu Unrecht verneint, ohne Feststellungen zum vorbekannten Formenschatz zu treffen.

Bezüglich der Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht fehle es an einem Verschulden der Beklagten, da sie aufgrund der Eintragungen in Dänemark und Schweden, wo die Beständigkeit des Musters im Eintragungsverfahren geprüft würde, darauf habe vertrauen können, dass auch die deutschen Geschmacksmuster beständig seien.

Die Klägerin meint, die vom Landgericht nicht als schutzfähig beurteilten Muster seien schon deshalb nicht beständig, weil sie nicht sichtbar und ihre Formgebung ausschließlich technisch bedingt seien. Hierzu macht auch die Klägerin vertiefende Ausführungen. Im Übrigen verteidigt sie das landgerichtliche Urteil, soweit es zu ihren Gunsten ergangen ist.

3. Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung umfangreich zur Richtlinie 98/71/EG (Geschmacksmusterrichtlinie) vor. Sie meint, dass die Richtlinie nach Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbar Anwendung finde, jedenfalls aber zur Auslegung der Schutzfähigkeit der Geschmacksmuster der Beklagten herangezogen werden müsse. Danach müsste den Mustern die Schutzfähigkeit abgesprochen werden. Zu den einzelnen Mustern macht sie geltend :

Trittstufengitter: Die Abmessungen seien vorgegeben (sog. must-fit-Teil), die restlichen Elemente dem vorbekannten Formenschatz zuzurechnen. Die Klägerin reicht zusätzliche Entgegenhaltungen ein (Anlage K 16)

Fahrzeuggriff: Die Außenabmessungen und Konturen seien vorgegeben (must-fit ). Allein die Gestaltung des Hebels reiche für die Eigentümlichkeit nicht aus. Außerdem seien auch rein technische Merkmale im Innenleben des Griffs mit angemeldet und nicht beständig.

Blinker- und Wischerschalter: Es bestehe keine hinreichende Eigentümlichkeit in Hinblick auf die Entgegenhaltungen. Die Klägerin reicht zusätzliche Entgegenhaltungen ein (Anlage K 17).

Blinkerglas: Die Abmessungen seien als must-fit-Teile nicht geschützt. Im Übrigen sei keine ausreichende Gestaltungshöhe gegeben und befänden sich rein technische Elemente im Innenleben.

Kotflügelteil :Hinsichtlich der Abmessungen sei das Kotflügelteil als must-fit-Teil nicht geschützt. Die Oberflächenbehandlung und die Linienführung genügten für die Eigentümlichkeit nicht.

Motorraum-Verkleidungsteile : Diese Teile seien nicht schutzfähig, weil sie nicht sichtbar seien.

Die Beklagte rügt die neuen Entgegenhaltungen als verspätet und bestreitet, dass diese zum Zeitpunkt der Musteranmeldung zum vorbekannten Formenschatz gehört hätten. Im Übrigen verteidigt sie das landgerichtliche Urteil, soweit es zu ihren Gunsten ergangen ist.

II.

Beide Berufungen sind zulässig, indessen nur teilweise begründet.

1. Zur rechtlichen Ausgangslage:

a) Im Laufe des Berufungsverfahrens, nämlich am 1.6.2004, ist das neue GeschmMG in Kraft getreten, mit welchem die Europäische Geschmacksmusterrichtlinie umgesetzt worden ist. Daher sind die Ausführungen der Klägerin zur unmittelbaren Anwendbarkeit dieser Richtlinie nunmehr überholt. Da die hier streitgegenständlichen Geschmacksmuster zwischen 1989 und 1996 angemeldet und eingetragen worden sind, fallen sie unter die Übergangsvorschrift des § 66 Abs.2 GeschmMG. Nach S.1 dieser Bestimmung finden auf Geschmacksmuster, die vor dem 28.10.2001 angemeldet oder eingetragen worden sind, die für sie zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen über die Voraussetzungen der Schutzfähigkeit Anwendung. Dies bedeutet insbesondere, dass für sie die bisherigen Beurteilungsgrundsätze hinsichtlich der Neuheit und Eigentümlichkeit im Sinne von § 1 Abs.2 GeschMG a.F gelten (BGH WRP 04, 1175, 1176 "Klemmhebel").

b) Dass auch KFZ-Ersatzteile geschmacksmusterfähig sein können, ist für das bisherige Geschmacksmusterrecht seit der Entscheidung "Kotflügel" des BGH geklärt (GRUR 87,518). Dies gilt jedenfalls für die äußerlich sichtbaren Teile eines Kraftfahrzeugs. Bei derartigen, jedenfalls teilweise von technischen Notwendigkeiten geprägten Produkten kommt es darauf an, ob ein ästhetischer Überschuss über die bereits durch den technischen Zweck gebotene Form erreicht wird, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Gestaltungen, die ausschließlich technisch bedingt sind, fehlt es an der Eigentümlichkeit (BGH GRUR 75,81,83 "Dreifachkombinationsschalter"). Diese Grundsätze können in gleicher Weise auf LKW-Ersatzteile angewandt werden.

c) Fraglich ist, ob Muster, deren Neuheit und Eigentümlichkeit materiell nach altem Recht zu beurteilen ist, formell die in § 39 GeschmMG neu geschaffene Vermutung der Rechtsgültigkeit für sich in Anspruch nehmen können. Dazu gehört auch die ausreichende Neuheit und Eigenart (s.Gesetzesbegründung BT 15/1075, S.53). Für das Merkmal der Neuheit kann dies ohne weiteres dahinstehen, weil schon nach altem Recht eine Vermutung der Neuheit zugunsten des Musterinhabers anerkannt war. Die Muster der Beklagten können also auf jeden Fall die Vermutung der Neuheit für sich in Anspruch nehmen.

Die Eigentümlichkeit wurde nach altem Recht hingegen nicht vermutet, sondern war für § 1 Abs.2 GeschmMG a.F. ausdrücklich festzustellen (BGH GRUR 69,90,95 "Rüschenhaube"). Der aus dem Geschmacksmuster klagenden Partei oblag es, die für eine ausreichende Gestaltungshöhe erforderlichen Tatsachen darzulegen, während der Gegner, der sich auf zusätzlichen vorbekannten Formenschatz berief, der der Eigentümlichkeit entgegenstand, diesen darzulegen und zu beweisen hatte (Eichmann/ v. Falckenstein, GeschmMG, 2.Aufl., § 14a Rn.60 m.w.N.,; a.A. Nirk/Kurtze, GeschmMG, § 13 Rn.1). Von dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist ersichtlich auch das Landgericht ausgegangen.

An der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hat sich auch durch Inkrafttreten des neuen Geschmacksmustergesetzes nach Auffassung des Senats jedenfalls insoweit nichts geändert, als es vorliegend um nicht sichtbare Ersatzteile mit rein technischer Zweckbestimmung handelt. Selbst wenn man der Ansicht sein sollte, dass der Musterinhaber für solche Teile, die nach jetzigem Recht überhaupt nicht schutzfähig wären (§ 4 GeschmMG), die Vermutung des § 39 GeschmMG für sich in Anspruch nehmen kann, muss nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen jedenfalls derjenige Musterinhaber für technische und nach dem Einbau nicht mehr sichtbarer LKW-Ersatzteile, der - wie hier - zugleich der Hersteller dieser Fahrzeuge ist, zunächst einmal darlegen, inwieweit überhaupt Gestaltungsspielräume vorhanden waren und in welcher Weise diese ausgenutzt worden sind. Denn diese Dinge spielen sich allein in seiner Sphäre als Fahrzeugkonstrukteur ab, sind für das Gericht und den Gegner nicht ohne nähere Darlegung nachzuvollziehen und ist es dem Musterinhaber auch unschwer möglich, dies zu erläutern. Diese primäre Darlegungslast kann ihm nach Auffassung des Senats auch § 39 GeschmMG nicht abnehmen, selbst wenn man die Bestimmung hier für anwendbar hielte.

Aus der vorgeschilderten rechtlichen Ausgangslage ergibt sich für die Berufungen der Parteien Folgendes:

2. Zur Berufung der Beklagten:

a) Zum Feststellungsantrag:

Die Schutzfähigkeit der vom Landgericht als nicht beständig beurteilten Geschmacksmuster scheitert wegen der Anwendbarkeit des alten Rechts nicht schon daran, dass die nachfolgend behandelten Geschmacksmuster nicht sichtbare Bauteile betreffen (s.o. Ziff.1). Zu Recht hat das Landgericht dennoch ihre Schutzfähigkeit wegen fehlender Eigentümlichkeit verneint. Im Einzelnen:

aa) Schalldämpfer

Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts. Die Beklagte hat schon nicht ausreichend zu den bei Schalldämpfern bestehenden Gestaltungsspielräumen vorgetragen. Dies hätte sie jedoch spätestens nach Erlass des Hinweisbeschlusses des Landgerichts vom 6.7.2000 (Bl.73) tun müssen. Der Senat nimmt auf seine obigen Ausführungen unter Ziff.1 zur Darlegungs- und Beweislast bei technischen Bauteilen Bezug. Der nunmehrige Vortrag der Beklagten, dass entgegen dem Landgericht weder die quadratischen Einprägungen noch die "Doppelsicken" technisch bedingt seien - beides bestreitet die Beklagte substantiiert - ist in der Berufungsinstanz verspätet und kann auch nicht nach § 531 Abs.2 ZPO zugelassen werden.

Selbst wenn aber die quadratische Aussparungen an den Öffnungen nicht ausschließlich technisch bedingt wären und bei der Wahl der Befestigungssicken für die Zwischenwand andere Lösungen hätten gewählt werden können, schließlich auch unter Berücksichtigung der drei senkrechten Sicken im Ober- und Unterteil, erzeugt dieses Bauteil in seiner Gesamtanmutung keinen hinreichenden ästhetischen Überschuss, sondern ist so weit von seiner technischen Funktion überlagert, dass die freien Gestaltungselemente gänzlich in den Hintergrund treten.

bb) Bremsschuhe und -beläge

Auch bezüglich dieser Muster hat das Landgericht zu Recht eine hinreichende Eigentümlichkeit verneint. Zu möglichen Gestaltungsspielräumen hat die Beklagte erstinstanzlich nicht vorgetragen, so dass ihr diesbezüglicher Vortrag in der Berufungsinstanz verspätet ist. Auf obige Ausführungen wird Bezug genommen.

Selbst wenn die Beklagte aber durch die Oberflächengestaltung der Bremsbeläge , die Anordnung der Löcher und die Vertiefungen auf den beiden Schenkeln der Bremsschuhe gewisse Gestaltungsspielräume genutzt hat, reichen die gefundenen Formen aus den überzeugenden Gründen des landgerichtlichen Urteils noch nicht aus, um einen ausreichenden ästhetischen Überschuss zu erzeugen.

cc) Federabstützungen

Auch bezüglich dieser Teile hat die Beklagte erst in der Berufungsinstanz die technische Funktion und die bestehenden Gestaltungsspielräume erläutert. Der Vortrag ist verspätet und kann auch nicht als unstreitig zugrunde gelegt werden, da die Klägerin substantiiert dazu vorträgt, dass die einzelnen Merkmale nur technisch bedingt seien.

Auch hier gilt aber: Selbst wenn die von der Beklagten aufgeführten einzelnen Elemente der Federabstützungen freien Gestaltungen zugänglich sein sollten, ist die rein technische Funktion im Gesamteindruck so übermächtig, dass ein etwaiger ästhetischer Überschuss sich nicht in ausreichenden Maße erschließt.

dd) Motoraufhängungen und Getriebelager

Bezüglich der Motoraufhängungen trägt die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz dazu vor, dass lediglich der Mittelteil technisch bedingt sei. Die Klägerin bestreitet dies substantiiert. Auch dieser Vortrag ist verspätet.

Im Übrigen steht die technische Funktion selbst bei Zulassung des Vortrags der Beklagten so weit im Vordergrund , dass der Senat eine ausreichende Eigentümlichkeit nicht auszumachen vermag.

Was das Getriebelager anbelangt, hat die Beklagte weder in erster noch in zweiter Instanz dazu vorgetragen, welche Gestaltungsspielräume bei diesem technischen Bauteil bestanden. Hierzu hätte aber spätestens nach Erlass des Hinweisbeschlusses des Landgerichtes Veranlassung bestanden. Zu Recht hat daher das Landgericht die Schutzfähigkeit auch diese Bauteils verneint.

b) Zur Schadensersatzfeststellung:

Bezüglich der vom Landgericht ausgesprochenen Schadensersatzfeststellung hat die Berufung der Beklagten hingegen Erfolg. Zwar entspricht es der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und auch dieses Senats, dass eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Verwarnten angesehen werden und bei schuldhaftem Handeln des Verwarnenden Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auslösen kann (BGH GRUR 97, 741 "Chinaherde"). Diese Auffassung ist allerdings seit einiger Zeit auf Kritik gestoßen (Deutsch WRP 99,25; Ullmann GRUR 2001, 1027). Nunmehr will der 1. Zivilsenat des BGH seine Rechtsprechung jedenfalls für Verwarnungen aus Kennzeichenrechten ändern und hat einen Beschluss zur Vorlage an den Großen Zivilsenat des BGH gefasst (NJW 04, 3322).

Ob die bisherige Rechtsprechung zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung generell aufzugeben ist, kann indessen im vorliegenden Rechtsstreit dahingestellt bleiben. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass diese grundsätzlich anerkannte Haftung schon bisher nicht schematisch angewandt wurde. Denn bei dem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als "sonstiges Recht" gemäß § 823 Abs.1 BGB handelt es sich um einen offenen Tatbestand, bei dessen Erfüllung die Rechtswidrigkeit nicht indiziert ist. Diese muss vielmehr zusätzlich festgestellt werden und ist regelmäßig zu verneinen, wenn lediglich zu Unrecht bestimmte Rechte gegenüber einem anderen geltend gemacht werden, solange es ausreichende und zumutbare Möglichkeiten für den Betroffenen gibt, sich ohne Nachteile dagegen zu wehren (HansOLG, 3.Senat OLG-Rep 2004,338,339). So hat der 3.Senat des HansOLG bereits im Jahre 2000 entschieden, dass eine an den Hersteller gerichtete erste Schutzrechtsverwarnung noch keinen Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs.1 BGB auslöst (OLG-Rep. 2001, 129, 135).

Vorliegend handelt es sich um einen vergleichbaren Ausnahmefall. Die Klägerin hatte die Herstellung der streitigen Teile noch gar nicht begonnen, sondern wollte zunächst die Rechtslage klären. Durch das Schreiben vom 5.8.98 (Anlage K 1) hat sie die förmliche Abmahnung vom 8.9.98 (Anlage K 2) geradezu herausgefordert und damit zugleich die prozessualen Voraussetzungen für die Erhebung einer negativen Feststellungsklage geschaffen. Damit liegt von vornherein eine ganz andere Ausgangssituation vor, als diejenige, die die Rechtsprechung in der Vergangenheit dazu bewogen hat, unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu werten. Denn diese Rechtsprechung ist vor allem wegen der einschneidenden Wirkungen entwickelt worden, die eine solche Verwarnung für den angeblichen oder tatsächlichen Verletzer hat, der bei einer Befolgung der Verwarnung einen bereits laufenden Herstellungsvorgang stoppen muss. Der Verwarnte steht vor dem Dilemma, ob er seine Produktion nun fortsetzen soll oder nicht. Maschinen müssen unter Umständen stillgelegt werden, Arbeitsplätze können in Gefahr geraten. Eine kurzfristige Klärung der Schutzrechtslage ist in der Regel nicht möglich und meistens schwierig. Ganz besonders trifft eine Schutzrechtsverwarnung den Abnehmer des behaupteten Verletzers. Denn er kann die Schutzrechtslage noch weniger überblicken und wird sich im Zweifel lieber erst einmal der Verwarnung beugen, um sich keinen Schadensersatzansprüchen auszusetzen.

Eine solche Situation ist hier nicht gegeben. Die Klägerin hatte mit der Herstellung noch gar nicht begonnen und war als langjährige Konkurrentin der Beklagten im Ersatzteilgeschäft auch ohne weiteres in der Lage, sich gegen die Beklagte zur Wehr zu setzen. Über einen Vorsprung in der Beurteilung der Schutzrechtslage verfügte und verfügt die Beklagte nicht. Wenn die Klägerin als Folge einer selbst herausgeforderten Abmahnung zunächst die Rechtslage klären will, bevor sie mit der Produktion der streitigen Ersatzteile beginnt, ist dies eine vernünftige unternehmerische Entscheidung, die sie indessen nicht zu Schadensersatzansprüchen gegenüber der Beklagten berechtigt. Wenn die Beklagte nach der Abmahnung selbst Unterlassungsklage erhoben hätte, könnte die Klägerin außerhalb der §§ 717 Abs.2, 945 ZPO ebenfalls keinen Schadensersatz verlangen, wenn sie für die Dauer des Prozesses mit der Herstellung der Ersatzteile noch gewartet hätte.

Schließlich liegt hier auch kein Fall vor, in dem die Verwarnung deshalb als rechtswidrig zu werten ist, weil der Verwarner positiv weiß, dass ihm das in Anspruch genommene Schutzrecht nicht zusteht, oder von einem falschen Sachverhalt ausgeht (OLG Düsseldorf GRUR 03, 814; OLG Hamburg OLG-Rep.04,338). Vielmehr geht es um die unterschiedliche Beurteilung schwieriger Rechtsfragen.

Die Kritik der Klägerin an dem Text der Verwarnung vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Die Verwarnung nimmt auf das Schreiben der Klägerin vom 5.8.98 Bezug, benennt jedes Ersatzteil der Klägerin mit deren eigener Artikelnummer und ordnet diesem Ersatzteil die Nummer des Musterregisters zu, welche die Beklagte als verletzt ansieht.

Da die Abmahnung der Beklagten mithin nicht rechtswidrig war, ist das Urteil des Landgerichts in diesem Punkt abzuändern und die Klage abzuweisen. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage des Verschuldens der Beklagten bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit ihrer Geschmacksmuster kommt es nicht mehr an.

3. Zur Berufung der Klägerin:

Die Berufung der Klägerin ist bezüglich der Motorraum-Verkleidungsteile begründet, im Übrigen unbegründet.

a) Trittstufengitter

Überzeugend hat das Landgericht die Neuheit und Eigentümlichkeit dieses Musters begründet. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung.

aa) Die Klägerin hat die Neuheitsvermutung, die die Beklagte für sich in Anspruch nehmen kann (s.o. unter Ziff.1), nicht widerlegt. Nach ständiger Rechtsprechung der Senate für gewerblichen Rechtsschutz des Hanseatischen Oberlandesgerichts ist ein Muster bereits dann "neu" im Sinne des hier noch anzuwendenden § 1 Abs.2 GeschmMG a.F., wenn in seiner konkreten gestalterischen Ausformung kein vorbekanntes Muster existiert. Dies ist im Vergleich zu den von der Klägerin eingereichten Trittstufengittern anderer Hersteller der Fall, selbst wenn deren von der Beklagten bestrittene Vorbekanntheit zugunsten der Klägerin unterstellt wird. Die konkrete gestalterische Ausformung unterscheidet sich von beiden Vorhaltungen schon hinreichend durch die Form und die Abmessungen der Verstrebungen innerhalb der Gitter und die Form der Riffelung (Wechsel zwischen profilierten und glatter Riffelung), wie das Landgericht im Einzelnen ausgeführt hat. Die trapezförmige Form der Einzelprofile im Muster der Beklagten findet sich im Übrigen bei keiner der Entgegenhaltungen. Diese weisen vielmehr zackenförmige, dreieckige Einzelprofile auf. Damit kann auch dahingestellt bleiben, ob die Form und die Abmessungen des Musters insgesamt bei der Beurteilung der Neuheit außer Betracht bleiben müssen, weil sie durch die Form des Trittstufenelementes, auf das das Gitter zu montieren ist, technisch vorbestimmt sind, und ferner, ob die Farbe des Musters für die Beurteilung der Neuheit eine Rolle spielt (die Musterakte enthält lediglich schwarz-weiß-Fotografien).

Die in der Berufungsinstanz zusätzlich eingereichten Entgegenhaltungen der Anlage K 16 bleiben bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit dieses Musters unberücksichtigt. Es handelt sich um neuen tatsächlichen Vortrag, für den keiner der Zulassungsgründe des § 531 Abs.2 ZPO vorliegt. Im Übrigen ist auch nicht hinreichend spezifiziert, von welchem Hersteller diese Entgegenhaltungen stammen und ob sie gegenüber dem Muster vorbekannt waren, was die Beklagte bestreitet.

bb) Zu Recht hat das Landgericht die Eigentümlichkeit des Musters bejaht. Vorliegend ist unstreitig, dass bei der Gestaltung der Trittstufengitter jedenfalls innerhalb der äußeren Abmessungen der Trittstufe, auf der es aufliegt, ein Spielraum besteht. Selbst wenn man die Abmessungen des Gitters als rein technisch bedingt unberücksichtigt und auch die Farbe außer Betracht ließe, ist dieser bestehende Gestaltungsspielraum hier in einem Grade ausgenutzt worden, der über das Durchschnittskönnen eines Mustergestalters hinausgeht. Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel der diagonal angeordneten Quadrate, der hierdurch entstehenden schrägen Verstrebungen und des Wechsels zwischen glatten und profilierten Verstrebungen in jeweils gegenläufiger Richtung. Dadurch entsteht eine reizvolle Spannung. Auch die bereits erwähnte trapezförmige Form der Einzelprofile vermittelt einen deutlich eleganteren und moderneren Eindruck im Vergleich zu den eher "martialischen" Zacken der Entgegenhaltungen.

b) Fahrzeuggriff

aa) Auch hier hat die Klägerin die Neuheit des Musters mit den eingereichten Entgegenhaltungen - Vorbekanntheit unterstellt - nicht widerlegen können. Selbst wenn man die äußeren Abmessungen und die äußere Linienführung des Fahrzeuggriffs als rein technisch bedingt ansähe, um ihn in die vorgesehene Aussparung in der Fahrertür einzupassen, stellt schon Form des Griffs und die Art seiner Anordnung über einer Mulde eine Gestaltung dar, die in dieser Weise in keiner der Entgegenhaltungen realisiert ist. Wegen der Einzelheiten kann auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen werden.

bb) Mit dem Landgericht ist auch die Eigentümlichkeit des Fahrzeuggriffs zu bejahen. Auch für die Form dieser Fahrzeugteile besteht unstreitig Gestaltungsspielraum, wie schon die von der Klägerin vorgelegten Fahrzeuggriffe anderer Hersteller belegen.

Eine hinreichende Eigentümlichkeit wäre auch dann zu bejahen, wenn man die äußere Linienführung und die umgebende Türpartie, die nicht Gegenstand des Geschmacksmusters ist, außer Betracht ließe. Der besondere "Pfiff" des Musters ist nämlich darin zusehen, dass es im Gegensatz zu sämtlichen Entgegenhaltungen den Türgriff nicht flach und quasi "windschnittig" in das Türschild integriert, sondern dass der Griff sich durch die starke Rundung deutlich hervorwölbt und über die darunter befindliche Mulde gewissermaßen hinauswächst. Die körperliche Anmutung wird durch die Verjüngung nach oben hin noch verstärkt. Das Muster lädt förmlich "zum Greifen ein". Auch diese Gestaltung geht über das durchschnittliche Können eines Mustergestalters hinaus und ist daher als eigentümlich im Sinne des § 1 Abs.2 GeschmMG a.F.anzusehen.

Ohne Erfolg bleibt die Einwendung der Klägerin, auch die aus technischen Elementen bestehende Rückseite des Musters sei angemeldet worden. Die Eigentümlichkeit des Musters ist in seiner Gesamtheit zu beurteilen und geprägt wird der Eindruck von der ohne weiteres als Schauseite erkennbaren Außenseite des Fahrzeuggriffs. Hieran wird sich auch ein Durchschnittsbetrachter orientieren, der den Griff in geschmacklicher Hinsicht zu beurteilen hat.

c) Blinker- und Wischerschalter

Überzeugend hat das Landgericht die Neuheit und Eigentümlichkeit dieses Musters unter Berücksichtigung der verschiedenen Entgegenhaltungen begründet. Dem hat der Senat nichts mehr hinzuzufügen. Die von der Klägerin in der Berufungsinstanz vorgelegten zusätzlichen Entgegenhaltungen (Anlagenkonvolut K 17), deren Vorbekanntheit die Beklagte bestritten hat, können als neuer tatsächlicher Vortrag keine Berücksichtigung mehr finden, da keiner der Zulassungsgründe des § 531 Abs.2 ZPO ersichtlich ist.

Dass auch rein technisch bedingte, nach dem Einbau nicht mehr sichtbare Teile Bestandteil der Geschmacksmusters sind, beeinträchtigt dessen Beständigkeit in Hinblick auf den ästhetischen Überschuss des sichtbaren Schalterkopfes nicht. Es gilt das schon zum Fahrzeuggriff Ausgeführte entsprechend.

d) Blinkerglas

Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts zur Schutzfähigkeit des Blinkerglases. Selbst wenn die äußeren Abmessungen des Glases durch die angrenzenden Bauteile technisch vorgegeben sein mögen, besteht gerade bei der Gestaltung von Scheinwerfern eines Kraftfahrzeuges, die in erheblichem Maße das "Gesicht" des Fahrzeugs prägen, ein recht großer Gestaltungsspielraum, was die Entgegenhaltungen der Klägerin zeigen und zwischen den Parteien auch nicht streitig ist (s.auch OLG Düsseldorf GRUR 97,646, 648 f "Golf-Heckleuchte II"). Das Landgericht hat überzeugend die Unterschiede zu den Entgegenhaltungen "Iveco" und "Volvo" herausgearbeitet. Die Neuheitsvermutung hat die Klägerin damit - Vorbekanntheit der Entgegenhaltungen unterstellt - nicht widerlegt.

Die Eigentümlichkeit des Musters liegt maßgeblich in der auffällig stark vorgewölbten "Blinkernase" des oberen waagerechten Abschnitts des Musters (s.vor allem Abbildungen 2.4, 2.5 und 2.7 der Musterakte) und im Kontrast zwischen der einerseits senkrechten, andererseits waagerechten Linienführung, wie sie etwa auf Abbildung 2.1 der Musterakte gut erkennbar ist. Hierdurch wird die innere Aufteilung des Scheinwerfers optisch nach außen transportiert, obwohl das äußere Glas nur aus einem Stück besteht. Demgegenüber besteht die Entgegenhaltung "Volvo" aus zwei übereinander gesetzten Gläsern und ist die "Nase" des Blinkers nur im mittleren Bereich des einen Glases angedeutet, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Nach allem hat dieses Muster eine überaus eigenwillige und ausdrucksstarke Anmutung, die gleichfalls das Durchschnittskönnen eines Mustergestalters übersteigt.

e) Kotflügelteil

Zu Unrecht rügt die Berufung der Klägerin, dass das Landgericht den gesamten, als ein Geschmacksmuster angemeldeten Kotflügel und nicht nur das streitgegenständliche Mittelteil untersucht habe. Das Landgericht hat sich nur mit dem Mittelteil befasst und zutreffend dessen Schutzfähigkeit als selbständigen Teil des angemeldeten Geschmacksmusters bejaht (S.23 oben). Die Klägerin verwechselt offenbar die Ausführungen des Landgerichts zu den Seitenschürzen des Mittelteils mit den angrenzenden seitlichen Teilen des gesamten Kotflügels.

Dass gerade Kotflügel eines Kraftfahrzeugs einer ästhetischen Gestaltung zugänglich sind, hat das Landgericht unter Berufung auf die Entscheidung "Kotflügel" des BGH zutreffend ausgeführt. Zwar muss der Kotflügel sich in seinen äußeren Abmessungen an die angrenzenden Bauteile anfügen, andererseits besteht durchaus Gestaltungsspielraum, indem trotz der runden Form des Rades Abknickungen erfolgen, eine seitliche Schürze in verschiedener Form gestaltet wird und der Kotflügel durch Rillen und Wölbungen profiliert wird. Dies wird aus der Analyse des Landgerichts, die es anhand des Musters und der Entgegenhaltung eines anderen - früher verwendeten - Kotflügels der Beklagten vorgenommen hat, sehr deutlich. Die Klägerin hat mit dieser Entgegenhaltung die Neuheit des Musters nicht widerlegen können, da sich das Muster vor allem durch die tiefe, spitz zulaufende Einkerbung in der Mitte und die heruntergezogenen Seitenschürzen deutlich von dem Vorgängermodell unterscheidet. Dieses weist drei vorgewölbte streifenförmige Erhebungen und wesentlich schmalere Seitenschürzen auf.

Der Senat folgt dem Landgericht auch in der Beurteilung der Eigentümlichkeit des Kotflügel-Mittelteils. Der Mustergestalter hat durch die stark heruntergezogenen Seitenteile, die an den vier Ecken dreifach gestufte Abknickung und die markante Mitteleinkerbung insgesamt eine sehr stabile und sichere Anmutung erzeugt. Gerade im Vergleich zum schlanker, aber auch konventioneller wirkenden Vorgängermodell erweckt das Muster einen geradezu "bulligen" Eindruck. Insgesamt geht auch diese Gestaltung über das rein Handwerkliche eines durchschnittlichen Mustergestalters hinaus.

f) Motorraum-Verkleidungsteile

Hinsichtlich dieser Teile konnte in der Verhandlung vor dem Senat lediglich geklärt werden, dass sie nur beim Aufklappen des Führerhauses sichtbar werden und den Motor schützen sollen. Die genaue Anbringung blieb streitig. Allerdings ist unstreitig, dass es sich um Formteile handelt, mit denen der Motor ganz oder teilweise umgeben wird.

Die Neuheitsvermutung hat die Klägerin zwar nicht widerlegt, da zu diesem Muster keine Entgegenhaltungen eingereicht worden sind.

Indessen vermag der Senat entgegen dem Landgericht diesen Mustern keine ausreichende Eigentümlichkeit zuzuerkennen. Es handelt sich insgesamt um ein technisches Bauteil, das - anders als die vorher aufgeführten Teile - für das äußere Erscheinungsbild eines LKWs ohne Auswirkungen ist und dessen Aufgabe nur darin besteht, den Motor zu schützen. Die Verkleidungsteile müssen sich der ungleichmäßigen Form des Motors anpassen, also zwangsläufig ebenfalls ungleichmäßig sein. Bei einem solchen Muster muss ebenfalls von der Musterinhaberin eine nähere Erläuterung erfolgen, inwieweit die Formgebung einen Gestaltungsspielraum ausgenutzt hat. Dies ist nicht erfolgt, so dass die Ausführungen des Landgerichts zu diesem Bauteil nicht zu überzeugen vermögen. Daher hat die Berufung bezüglich dieses Geschmacksmusters Erfolg.

g) Zu Unrecht beanstandet die Klägerin, dass das Landgericht die Schutzfähigkeit der von ihm als beständig angesehenen Geschmacksmuster ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen beurteilt hat. Die Schutzfähigkeit eines Musters kann ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens beurteilt werden, wenn es gerade auf die Anschauungen des für geschmackliche und ästhetische Fragen aufgeschlossenen und mit ihnen einigermaßen vertrauten Durchschnittsbetrachters ankommt (BGH GRUR 79,332,336 "Brombeerleuchte"; GRUR 81,273, 274 "Leuchtenglas"). Dies gilt auch für KfZ-Ersatzteile, jedenfalls für solche, die für den Nutzer des Kraftfahrzeugs sichtbar sind (OLG Düsseldorf GRURInt 97,646,649 "Golf-Heckleuchte"). Für LKW-Ersatzteile kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten, soweit es um äußerlich sichtbare Bauelemente geht. Das Landgericht hat - abgesehen von den Motorraum-Verkleidungsteilen - nur für sichtbare Teile der Karosserie bzw. des Cockpits den Geschmacksmusterschutz selbst beurteilt. Hinsichtlich der Motorraum-Verkleidungsteile stellt sich die Frage der Einholung eines Sachverständigengutachtens jedenfalls jetzt nicht mehr, da es insoweit schon an der ausreichenden Darlegung eines ausgenutzten Gestaltungsspielraumes fehlt.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs.1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 543 ZPO.

Ende der Entscheidung

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