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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 27.03.2002
Aktenzeichen: 5 U 206/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
1. Wenn eine Zeitschrift mit den Zahlen der Allensbacher Werbeträgeranalyse ( AWA ) wirbt, muss sie sich auch an die dortige Einteilung der Marktsegmente halten. Sie darf die Marktsegmente nicht so verändern, insbesondere verkleinern, dass sie als "Marktführerin" erscheint.

2. Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Widerruf einer irreführenden Spitzenstellungsberühmung


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 206/01

Verkündet am: 27. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Rieger, Dr. Koch nach der am 27. Februar 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 12 - vom 30.10.2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von EUR 3600.- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluß

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf EUR 51.129 festgesetzt (DM 100.000).

Tatbestand:

Die Klägerin gibt die Zeitschrift "Computer BILD Spiele" heraus, die Beklagte die Zeitschrift "PC Games". Die Zeitschrift der Beklagten befasst sich nur mit PC-Spielen, die Zeitschrift der Klägerin neben PC-Spielen auch mit Video- und Konsolenspielen. Nach den Zahlen der Allensbacher Werbeträgeranalyse ( AWA ) für das Jahr 2001 erreichte die Klägerin mit ihrer Zeitschrift 1,88 Mio Leser, die Beklagte 970.000 Leser ( Anlage Bk 1 ).

Die Beklagte behauptete im Editorial ihrer Ausgabe 9/2001 und in einer Pressemitteilung vom 31.7.2001, dass sie das meistgelesene PC-Spielemagazin und Marktführerin sei. Die Klägerin erwirkte daraufhin am 10.8.2001 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg, womit der Beklagten diese Behauptungen verboten wurden ( Aktz. 312 O 502/01). Die Beklagte erkannte die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung an ( Anlage Bk 3 ).

Mit dem vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagte auf Widerruf der verbotenen Behauptungen als unwahr in Anspruch, und zwar durch Abdruck des Widerrufs im Editorial der Zeitschrift "PC-Games" und außerdem durch Zusendung an die Empfänger der Pressemitteilung. Außerdem begehrt sie Auskunft über die Empfänger der Pressemitteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten aus der Verbreitung der Behauptungen.

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Parteivortrags und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage bezüglich der Auskunft und der Schadensersatzfeststellung stattgegeben. Die Widerrufsanträge hat es zurückgewiesen, da jedenfalls der begehrte Widerruf in der konkreten Fassung über das zur Störungsbeseitigung Erforderliche hinausgehe. Das Landgericht hatte den Parteien zuvor als Vergleichsvorschlag einen geänderten Text übermittelt, welcher jedoch von der Beklagten nicht akzeptiert worden war. Eine Änderung des Widerrufstextes im Sinne dieses Kompromißvorschlages durch Urteil hat das Landgericht für unzulässig gehalten.

Gegen das ihr am 1.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 16.11.2001 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Im Wesentlichen macht sie geltend :

Die begehrten Widerrufe stünden ihr zu. Die Beklagte nehme eine unzulässige Aufteilung des Marktes für Computerzeitschriften vor, wenn sie das Marktsegment "reine" PC-Spiele-Zeitschriften bilde und sich darin als Königin kröne. Wenn die Beklagte mit AWA-Zahlen werbe, müsse sie sich auch an die AWA-Marktsegmente halten, die die Zeitschriften der Parteien in einem Segment erfassten. Die durch die unzulässige Werbung der Beklagten verursachte Beeinträchtigung der Klägerin dauere auch an, weil gerade die Behauptung einer Marktführerschaft eine besondere Anziehungskraft auf Anzeigenkunden ausübe. Angesichts der Zahlenverhältnisse liege eine besonders krasse Form der Irreführung vor. Zudem hätten sich - unstreitig - noch am 8.1.2002 die Pressemitteilung vom 31.7.2001 und eine weitere Pressemitteilung vom 11.7.2001, die ebenfalls die Behauptung enthielte, daß "PC Games" das meistgelesene PC-Spielemagazin sei, auf der Homepage der Beklagten im Internet befunden.

Der Vergleichsvorschlag des Landgerichts sei als Minus in den Widerrufsanträgen enthalten gewesen, so daß zumindest Berichtigungsansprüche in der vom Landgericht vorgeschlagenen Form hätte zuerkannt werden müssen.

Die Klägerin beantragt ( wobei die Hilfsanträge dem Textvorschlag des Landgerichts entsprechen ) ,

unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen ,

1. in der nächsten, für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitschrift "PC Games" den nachfolgenden Widerruf abzudrucken :

"Widerruf

In der Ausgabe 09/2001 von "PC Games" haben wir behauptet, "PC Games" sei auch weiterhin Deutschlands meist gelesenes PC-Spiele-Magazin. Diese Behauptung widerrufen wir hiermit als unwahr.

C. AG

Der Vorstand"

Der Widerruf ist im Editorial an gleicher Stelle und in der gleichen Schriftart und Schriftgröße wie der Text in "PC Games" 09/2002 abzudrucken.

2. allen Empfängers der Pressemitteilung Nr.119 vom 31.7.2001 den nachfolgenden Widerruf zuzusenden :

"Widerruf

In der Pressemitteilung Nr.119 vom 31.7.2001 haben wir behauptet, "PC Games" sei laut AWA 2001 Deutschlands meistgelesenes PC-Spiele-Magazin und "Nr.1" bzw. "Marktführer". Diese Behauptungen widerrufen wir hiermit als unwahr.

C. AG

Der Vorstand"

Der Widerruf ist in der gleichen Schriftart und Schriftgröße wie der Text der Pressemitteilung Nr.119 vom 31.7.2001 abzudrucken.

Hilfsweise beantragt die Klägerin ,

die Beklagte zu verurteilen,

1. in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Zeitschrift "PC Games" die nachfolgende Berichtigung abzudrucken :

"Berichtigung

In der Ausgabe 09/2001 von "PC-Games" haben wir behauptet, "PC Games" sei auch weiterhin Deutschlands meistgelesenes PC-Spiele-Magazin. Diese Behauptung kann nicht aufrecht erhalten werden. Unter PC-Spiele-Magazinen könnten auch solche Zeitschriften verstanden werden, die sich nicht ausschließlich - wie "PC Games" - mit PC-Spielen beschäftigen, sondern im redaktionellen Teil auch Video- bzw. Konsolenspiele behandeln. Es ist richtig, daß "PC Games" bei einer so verstandenen Definition der PC-Spiele-Magazine nicht in Anspruch nehmen kann, Deutschlands meistgelesenes Spiele-Magazin zu sein.

C. AG

Der Vorstand"

Die Richtigstellung ist im Editorial an gleicher Stelle und in der gleichen Schriftart und Schriftgröße wie der Text in "PC Games" 09/2001 abzudrucken.

2. allen Empfängern der Pressemitteilung Nr.119 vom 31.7.2001 die nachfolgende Berichtigung zuzusenden :

"Berichtigung

In der Pressemitteilung Nr.119 vom 31.7.2001 haben wir behauptet, " PC Games" sei laut AWA 2001 Deutschlands meistgelesenes PC-Spiele-Magazin und "Nr.1" bzw."Marktführer". Diese Behauptungen können nicht aufrechterhalten werden. Unter PC-Spiele-Magazinen könnten auch solche Zeitschriften verstanden werden, die sich nicht ausschließlich - wie "PC Games"- mit PC-Spielen beschäftigen, sondern im redaktionellen Teil auch Video- bzw. Konsolenspiele behandeln. Es ist richtig, daß "PC Games" bei einer so verstandenen Definition der PC-Spiele-Magazine nicht in Anspruch nehmen kann, meistgelesenes Spiele-Magazin und Nr.1 bzw. Marktführer zu sein.

C. AG

Der Vorstand"

Die Richtigstellung ist in der gleichen Schriftart und Schriftgröße wie der Text in der Pressemitteilung Nr.119 vom 31.7.2001 abzudrucken.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor : Sie dürfe in ihrer Werbung die Marktsegmente einteilen , wie sie wolle ; es gäbe keine "Reichsmedienzuordnungskammer". Weiterhin sei die Fassung der Widerrufsanträge zu beanstanden. Sie entsprächen schon nicht dem, was die Beklagte behauptet habe. Zu Recht habe das Landgericht die Widerrufsanträge insgesamt als zu weitgehend angesehen. Den Hilfsanträgen sei ebenfalls nicht stattzugeben, weil sie missverständlich seien.

Im übrigen sei ein Widerrufsanspruch auch deshalb nicht gegeben, weil die Störung nicht fortwirke und die Werbung weder kreditschädigend noch ehrverletzund sei. Zwar habe die Beklagte übersehen, daß sich die Pressemitteilungen noch im Internet befunden hätten - mittlerweile seien sie entfernt worden - , doch sei auf die betreffenden Seiten - unbestritten - von September bis November 2001 überhaupt nicht und im Dezember 2001 und Januar 2002 insgesamt nur 46mal zugegriffen worden, wobei ein Großteil dieser Zugriffe den beteiligten Rechtsanwälten der Parteien zuzurechnen sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Klägerin hat weder Anspruch auf die beantragten Widerrufe noch auf die hilfsweise begehrten Berichtigungen.

1. Zu Recht ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Werbung der Beklagten gegen § 3 UWG verstößt. Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an . Wenn die Beklagte mit den vom Markt akzeptierten AWA-Zahlen wirbt, dann muss sie sich auch an die AWA-Regeln halten und darf sich nicht das von der AWA untersuchte Marktsegment für ihre werblichen Zwecke passend machen und den störenden Mitbewerber einfach ausblenden, um sich auf diese Weise als Marktführer darzustellen. In einem solchen Vorgehen liegt sicherlich ein Wettbewerbsverstoß von einigem Gewicht und dieser kann auch nicht durch die wohl eher polemisch gemeinten Ausführungen der Beklagten zur "Reichsmedienzuordnungskammer" klein geredet werden. Im Grunde besteht im vorliegenden Verfahren auch kein Streit mehr zwischen den Parteien über den Wettbewerbsverstoß als solchen, nachdem die Beklagte die entsprechende Unterlassungsverfügung als endgültig akzeptiert hat.

2. Es ist anerkannt, dass neben den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen auch solche auf Folgenbeseitigung durch Widerruf oder Berichtigungserklärung gegeben sein können. Voraussetzung eines solchen Widerrufs- oder Berichtigungsanspruchs ist stets, dass durch die wettbewerbswidrige Äußerung ein andauernder rechtswidriger Zustand hervorgerufen wird, der Widerruf es also erfordert ,dass - wie das Reichsgericht es so trefflich ausgedrückt hat - "die Behauptung, deren Widerruf begehrt wird, einen dauernden Zustand geschaffen hat, der sich für den Verletzten als eine stetig neu fließende und fortwirkende Quelle der Schädigung und Ehrverletzung darstellt" (RGZE 163, 210,215). Diese Sichtweise ist in der Rechtsprechung des BGH übernommen worden (siehe nur die Nachweise bei: BGH, GRUR 1970, 254, 256 "Remington"; vgl. im übrigen die Nachweise bei: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7.Aufl./1997, Kap.26, Rn.6 + 17). Da es als einem Gebot der Gerechtigkeit entspringend angesehen worden ist, dass der Verletzer das Seinige dazu beizutragen habe, die von ihm eröffnete Quelle der Rufschädigung wieder zu verschließen, ist überdies eine sorgfältige Abwägung der sich im Einzelfall gegenüberstehenden Interessen beider Parteien geboten ( siehe dazu: BGH, GRUR 1970, a.a.O. "Remington"), wie weiter eine umfassende Erforderlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Letzteres findet seine Rechtfertigung darin, dass der Folgenbeseitigung durch Widerruf bzw. Richtigstellung in aller Regel etwas Demütigendes anhaften wird. Wesentliche Kriterien sind also die Fortdauer der Beeinträchtigung durch die verletzende Handlung sowie das Gewicht der unrichtigen wettbewerblichen Äußerung (siehe nochmals: Teplitzky a.a.O. Rn.10-13 ).

3. In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich zur Frage der Erforderlichkeit des Widerrufs zunächst, dass die Hauptanträge der Klägerin schon deshalb keinen Erfolg haben können , weil sie zu weit gefasst sind. Ein Widerrufsanspruch kann nämlich nur insoweit zugesprochen werden, als der Widerruf auch geeignet ist, den störenden Zustand zu beseitigen oder wenigstens abzumildern. Die von der Klägerin begehrte Fassung des Widerrufs verstieße also gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, und zwar sowohl unter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit des begehrten Widerrufs, die Irreführungsgefahr der Werbung der Beklagten zu beseitigen, als auch unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, also der Wahl des am wenigsten belastenden Eingriffs. Wie die Beklagte auf S.12 ihrer Berufungserwiderung aufgezeigt hat, bestünden bei einem Widerruf der Werbeaussagen der Beklagten als unwahr mindestens vier unterschiedliche Verständnismöglichkeiten, woraus sich ergibt, dass die Widerrufe in der begehrten Form völlig ungeeignet sind, die Irreführung zu beseitigen. Sie sind zugleich nicht erforderlich und belasten die Beklagte übermäßig, wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

4. Aber auch die hilfsweise begehrte Richtigstellung, welche die Unklarheiten eines pauschalen Widerrufs als unwahr vermeidet, kann die Klägerin nicht verlangen.

a ) Betrachtet man die Sache bezüglich der Tatbestandsmerkmale "Schwere der Verletzungshandlung" und "andauernder Quell für fortdauernde Störungen" einmal kasuistisch und analysiert diejenigen Fälle, in denen in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung in den letzten Jahren die Voraussetzungen eines Widerrufsanspruchs anerkannt worden sind, so zeigt sich, dass in der Praxis von Widerrufs- und Berichtigungsansprüchen im Wettbewerbsrecht nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht und derartige Ansprüche nur vereinzelt zuerkannt worden sind :

In seiner Entscheidung "Plagiatsvorwurf II" ( GRUR 92,527) hat der Bundesgerichtshof einen Widerrufsanspruch eines zu Unrecht eines Plagiats beschuldigten Designers anerkannt, da es sich bei dem Vorwurf des Diebstahls geistigen Eigentums um einen besonders schwerwiegenden Angriff auf Ruf und Ehre handele.

In der Entscheidung "Abnehmerverwarnung" ( BGH WRP 95,489 ), der zugrunde lag, dass die eine Partei eines Patentverletzungsverfahrens den Abnehmern der anderen Partei die Kopie eines obsiegenden Urteils zugeschickt hatte, ohne darauf hinzuweisen, dass dieses noch nicht rechtskräftig war, hat der Bundesgerichtshof einen Anspruch verneint, da die dortige Klägerin den ihr bekannten Empfängern dieses Urteils selbst mitgeteilt hatte, dass das Urteil mittlerweile aufgehoben worden war. Die bei der Klägerin verbliebene Unsicherheit, ob sie damit alle Adressaten erfasst habe, rechtfertige ihr Widerrufsbegehren nicht. Ein verbleibendes Missverständnis bei den beteiligten Wirtschaftskreisen könne die Klägerin ohne weiteres durch eigenen Hinweis beseitigen ( S.493 ).

Im Falle "Wirtschaftsregister" ( BGH GRUR 98,415 ) hat der Bundesgerichtshof einen Widerrufsanspruch gegen einen Gewerbetreibenden anerkannt, der für die Eintragung in ein Wirtschaftsregister geworben und die Werbeschreiben wie eine Rechnung gestaltet hatte, um bei den Adressaten den Irrtum zu erregen, dass sie zur Zahlung verpflichtet seien. Da dieses Vorgehen auf eine bewusste und systematische Täuschung angelegt gewesen sei, könne dem Gewerbetreibenden auch abverlangt werden, alle Adressaten erneut anzuschreiben und darauf hinzuweisen, dass es sich bloß um ein Angebot gehandelt habe, auch wenn ein solches Schreiben geeignet sei, ihn bloßzustellen ( S.416 ). Im Ergebnis hat der Bundesgerichthof die klagabweisende Entscheidung der Vorinstanz allerdings bestätigt, weil seit dem Vorfall soviel Zeit vergangen war, dass eine Fortdauer der Störung nicht mehr angenommen werden konnte.

Das Hanseatische Oberlandesgericht hat einen Pharmahersteller, der in großer Zahl sog. Patienteninformationen über verschreibungpflichtige Medikamente an Ärzte verschickt hatte, die diese unter Verstoß gegen § 10 Abs.1 HWG an die Patienten weitergeben sollten, im Wege der Folgenbeseitigung dazu verurteilt, die Ärzte aufzufordern, diese Blätter nicht mehr zu verwenden. Die Störung dauere an, weil die Ärzte ohne diese Aufforderung die Patienteninformationen weiter verteilen würden. Die Umgehung des Werbeverbots durch Einschaltung der Ärzte sei besonders schwerwiegend und die Maßnahme dem Pharmahersteller zumutbar ( NJW RR 96,1451 "Patienten-Information" mit Werbung).

Schließlich hat das Landgericht Frankfurt einen Verlag, der mit einer Mappe mit Media-Daten geworben hatte, die eine unrichtige Reichweitenaussage enthielt, dazu verurteilt, die Adressaten der Mappe dahingehend zu benachrichtigen, dass die fehlerhaften Angaben nicht aufrechterhalten würden ( GRUR 91,401 ).

b) Bei Subsumtion des vorliegend unstreitigen Sachverhalts unter die oben sub Ziff.2 genannten rechtlichen Obersätze unter Berücksichtigung der vorstehend geschilderten Fälle aus der Rechtsprechung, reichen die Umstände des vorliegenden Falles noch nicht aus, um einen Anspruch der Klägerin auf die beantragten Richtigstellungen zusprechen zu können :

aa) Soweit es um die Werbeaussage im Editorial von "PC Games" geht, fehlt es, obwohl es sich bei einer unrichtigen Spitzenstellungsberühmung sehr wohl um einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht handelt, zum einen doch an einem hinreichenden Gewicht der durch den Wettbewerbsverstoß eingetretenen Störung und zum anderen auch an einem Fortbestehen des durch die Verletzung hervorgerufenen rechtswidrigen Zustands, der noch beseitigt werden müsste.

Soweit man auf den Leser abstellt, ist zunächst schon davon auszugehen, dass nur ein beschränkter Kreis der Leserschaft überhaupt an der Lektüre des Editorials einer Zeitschrift interessiert ist, die für ein Freizeitvergnügen erworben wird. Dies mag bei einer Fachzeitschrift anders sein. Selbst wenn aber auch eine einzelne Meldung des Editorials zur Kenntnis genommen wird, ist die Mitteilung, die gekaufte Zeitschrift sei die meistgelesene PC-Spiele-Zeitschrift, für den durchschnittlichem Leser eher am Rande von Interesse. Er mag sich allenfalls nachträglich in seinem Kaufentschluss bestätigt fühlen. Entscheidend für den Kauf und für zukünftige Käufe wird jedoch der Inhalt der Zeitschrift sein. Von Gewicht und Bedeutung her ist die Wettbewerbsstörung mit den Fällen "Plagiatsvorwurf II", "Wirtschaftsregister" oder "Patienten-Information" in keiner Weise vergleichbar.

Außerdem ist nicht anzunehmen, dass eine solche kurze Editorial-Meldung dem Leser der Zeitschrift für einen nennenswerten Zeitraum im Gedächtnis bleibt. Dies wäre allenfalls dann denkbar, wenn eine solche Meldung über einen längeren Zeitraum immer wieder wiederholt würde, wofür jedoch nichts vorgetragen ist.

Gleiches gilt im übrigen für die Mitarbeiter der werbetreibenden Wirtschaft. Diese Verkehrskreise beziehen ihre Informationen, die zur Grundlage der Entscheidung darüber, in welchem Blatt, wann und in welchem Umfang Anzeigen geschaltet werden sollen, aus unmittelbar an sie gerichtete Werbeausendungen selbst, was gerade auch der anhängige Fall zeigt und was im übrigen der Erfahrung der Mitglieder des Senats aus anderen Sachen, in denen es um Reichweitenwerbung ging, entspricht, oder sie sind sogar - und dies namentlich die Agenturen - selbst Bezieher der AWA-Zahlen, so dass sie selbst unmittelbar aus der Quelle schöpfen können. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass eine einmalige Mitteilung in einem Editorial des sich als Werbeträger empfehlenden Blattes im Gedächtnis der Entscheider so fest verankert worden sein könnte, dass eine Berichtigungsmeldung unbedingt zur Folgenbeseitigung geboten erscheint.

bb) Etwas anders liegt der Fall bezüglich der Pressemitteilung, die direkt an die werbetreibende Wirtschaft verschickt worden ist. Die behauptete Spitzenstellung ist für Anzeigenkunden eine sehr wichtige Aussage, zumal sie mit den allgemein anerkannten AWA-Zahlen untermauert worden ist. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine bloße Pressemitteilung handelte, welche potentielle Anzeigenkunden in großer Zahl erhalten dürften. Anders wäre der Fall möglicherweise entsprechend dem vom Landgericht Frankfurt entschiedenen Fall zu entscheiden gewesen, wenn eine eigens hergestellte Präsentationsmappe zur Vorstellung des oder zur Erinnerung an das werbende Blatt mit den irrtumserregend aufbereiteten Media-Daten zum dauerhaften Verbleib bei dem Kunden versandt worden wäre. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche in aller Regel anspruchsvoll aufgemachte Mappe aufbewahrt oder weitergeben wird und damit als "sprudelnder Quell" störend fortwirkt, ist erheblich größer als bei einer bloßen Pressemitteilung.

Auch die Tatsache, dass die Pressemitteilung vom 31.7.2001 und eine weitere vom 11.7.2001 noch einige Zeit im Internet abrufbar waren, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn insoweit hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, dass diese lediglich im Dezember 2001 und Januar 2002 abgerufen worden seien und hierbei größtenteils von den beteiligten Anwälten. Dies ist auch plausibel , weil es wenig wahrscheinlich erscheint, dass Anzeigeninteressenten sich für eine einige Monate alte Pressemitteilungen interessieren. Im Ergebnis fehlt es damit auch hier an einer hinreichenden Schwere des Wettbewerbsverstoßes und der fortwirkenden Störung. Der soeben abgehandelte Tatbestand mag also verfahrensgemäß im Ordnungsmittelverfahren geahndet werden.

Letztendlich dürfte die Klägerin als Medienunternehmen unschwer selbst in der Lage sein, die Werbewirtschaft mit aller gebotetenen Vorsicht in der Formulierung selbst über die irreführende Werbung der Beklagten aufzuklären. Es ist davon auszugehen, dass sich der Kreis der potentiellen Anzeigenkunden von "PC Games" und "Computer Bild Spiele" jedenfalls weit überwiegend deckt, denn nach dem Vortrag der Klägerin liegt auch der Schwerpunkt ihrer Zeitschrift bei den PC-Spielen. Damit ist der Klägerin der maßgebende Adressatenkreis jedenfalls im Wesentlichen bekannt. Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Wirtschaftsregister" ausgeführt hat, ist die eigene Möglichkeit zur Folgenbeseitigung nämlich ebenfalls ein wichtiger Faktor bei der Abwägung, ob ein Widerrufs- oder Berichtigungsanspruch zuerkannt werden kann.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs.1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. Ein Grund für die Zulassung der Revision bestand nicht ( § 543 ZPO ).

Ende der Entscheidung

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